Bremen [3]

Bremen [3]

Bremen, Herzogthum u. Provinz des Königteichs Hannover, jetzt zur Landdrostei Stade gehörig; bestehend aus dem ehemaligen Erzstift B., dem Hochstift Verden u. dem Lande Hadeln; begrenzt östlich durch die Elbe, nördlich durch die Nordsee, westlich durch die Weser u. das Gebiet der Freien Stadt Bremen, südlich durch die Landdrostei Lüneburg; nächst den genannten Grenzflüssen ist der bedeutendste Fluß im Lande selbst die Oste, die mit der Schwinge durch einen Kanal u. mit der Wumme durch den Bremer Kanal verbunden ist u. zur Elbe fließt; das Land ist Niederung, theils unfruchtbare Haide u. Geestland, bes. im Innern, theils Moor, theils auch, bes. an den Flüssen, fruchtbare Marschen; Brunnenwasser fehlt meistens od. hat moorigen Beigeschmack. Die Moore hat man seit längerer Zeit in Cultur zu setzen versucht, u. es bestehen in dem entwässerten Lande mehr als 100 sogenannte Moorcolonien. Producte: Getreide, Hülsenfrüchte, Rübsamen, Meerrettig, wenig Holz, doch viel Torf, Viehzucht (Schweine, Gänse, Bienen); lebhafter Handel mit diesen Erzeugnissen. Größe: nahe an 94 QM. mit 210,200 Ew., meist Lutherischer Confession; Verfassung repräsentativ, mit Ritterschaft u. Deputirten der Städte, s. Hannover (Geogr.) – Das Herzogthum B. war zu der Römer Zeit von den Chauken bevölkert, die, so wie die Friesen, welche die Marschländer bewohnten, im 4. Jahrh. mit den Sachsen verschmolzen u. mit ihnen an Englands Eroberung u. an den Kriegen mit den Franken Theil nahmen. Karl d. Gr. besiegte sie u. ließ seit 788 das Christenthum in Niedersachsen predigen u. gründete ein Bisthum. Der Bischof Willehad nahm seinen Sitz in B. u. ward so Gründer des Bisthums B. Ihm folgte 790 Willerich; diesem Leudrich, u. als dieser wegen seines Hochmuths von Ludwig d. Frommen abgesetzt worden war, 854 Ausgar, Erzbischof von Hamburg; unter ihm wurde das Erzbisthum Hamburg u. das Bisthum B. vereinigt. Der Sitz des Metropoliten kam wegen Hamburgs Zerstörung nach B, u. so wurde aus dem Bisthum das Erzbisthum B. Unni's (st. 934) Nachfolger war Adalgag, unter welchem dem Erzbischof vom Kaiser Otto I. die Landeshoheit über das Stift B. u. viele Vorrechte verliehen wurden, welche dessen Nachfolger noch bedeutend ausdehnten; auch kamen durch Adalgaa die Bisthümer Schleswig, Ripen u. Aarhuus zum Erzbisthum B. Der allgemein beliebte Erzbischof Bezelin (1035–43) machte sich bes. um die Befestigung der Stadt B. u. um die Aufführung steinerner Baue daselbst verdient. Sein Nachfolger war Adalbart od. Albert I., Enkel des Kaisers Heinrich III.; durch seinen Einfluß auf Kaiser Heinrich IV., dessen Lehrer u. Berather er war, machte er sich den aufrührerischen Fürsten u. Bischöfen so verhaßt, daß ihn der Kaiser 1066 entlassen mußte. Sein Nachfolger Liemar, unter dem sich die dänischen Bisthümer, nach der Gründung des Erzbisthums Lund, losrissen, wurde als Anhänger des Kaisers Heinrich IV. von dem Papst in Bann gethan, 1088 vom Herzog Lothar von Sachsen gefangen u. mußte sich u.a. durch Abtretung der Schirmvoigtei über die Stadt B. loskaufen. Obgleich ihm der Kaiser dagegen die Abteien Werden u. Elten schenkte, so war doch die weltliche Gewalt der Bischöfe sehr beschränkt worden; diese suchten deshalb die Grafschaft Stade mit dem Erzbisthum zu vereinigen, wodurch sie aber, bes. Hartwig I. (1148–68) mit Herzog Heinrich dem Löwen von Braunschweig in unglückliche Fehden verwickelt wurden. Balduins I. Nachfolger, Siegfried (1178–82), erhielt Stade vom Kaiser Friedrich I. zwar geschenkt, aber sein Nachfolger Hartwig II. (1184–1208) trat die Stadt 1189 wieder an Heinrich den Löwen ab, weshalb ihn Kaiser Heinrich VI. in die Acht erklärte, die erst 1195 wieder aufgehoben wurde. Stade wurde noch mehrmals erobert u. wieder verloren, bis Gerhard I. diese Grafschaft 1219 definitiv von dem Pfalzgrafen Heinrich, dem Sohne Heinrichs des Löwen, mit der Schirmvoigtei über B. abgetreten erhielt. Unter Gerhard II. ward 1223 der Bischofssitz, nach Beseitigung der oft wiedergekehrten Streitigkeiten der Domstifter Hamburg, wo er bisher in der Regel gewesen war, nach B. gelegt. Gerhard ließ unterhalb B. die Weser durch Ketten u. Pfähle sperren u. baute zum Schutz dieser Sperrung das Schloß Wittenburg, um einen höheren Zoll zu erzwingen. Die Bremer zerstörten aber diese Speyrung u. das Schloß. Die Erzbischöfe residirten daher späterhin auch nicht mehr in der Stadt B., sondern in benachbarten Schlössern, bes. zu Bremervörde. Die Stadt B., durch Handel reich geworden, entzog sich aber im 13. Jahrh. mehr u. mehr der Gewalt der Erzbischöfe u. machte sich fast ganz unabhängig, was durch die Gunst einiger Erzbischöfe u. durch die beständigen Fehden, welche dieselben mit ihren Lehnsleuten u. Grenznachbarn führten, befördert ward. Im 14. Jahrh. gerieth unter dem Erzbischof Johann (1302–27) der Zustand des Landes in so große Verwirrung, daß nach seinem Tode Niemand Erzbischof werden wollte, bis endlich der Domprobst Burchard Grelle die Würde annahm u. die Ordnung mit fester Hand wieder herstellte, aber schon 1344 st. Erzbischof Gottfried Graf von Arensberg (1349–63) lebte fortwährend in Fehde mit Oldenburg, u. sein Nachfolger Albert II., Prinz von Braunschweig, verschwendete in zahlreichen Fehden u. durch anderen Aufwand seine Einkünfte, so daß bei seinem Tode (1395) fast alle erzbischöflichen Schlösser verpfändet waren. Otto II. (st. 1407) u. Johann II. (st. 1421) lösten zwar die Schlösser wieder ein; aber Nikolaus (1421–37) gerieth durch seinen Krieg mit Braunschweig u. gegen die Friesen in eine so große Schuldenlast, daß er sich nur durch Abtretung der Grafschaft Delmenhorst an Oldenburg[273] von derselben befreien konnte. Seine Nach folger Balduin II. (st. 1442) u. Gerhard III. (st. 1463) regierten klug u. friedlich, so auch Heinrich II. (st. 1496); dieser lebte aber von 1465 an in Münster, wo er ebenfalls zum Bischof erwählt worden war, u. bekümmerte sich um das Erzstift B. wenig. Johann III. (st. 1511) folgte ihm u. ernannte 1500 den Prinzen Christoph von Braunschweig zu seinem Coadjutor, da der Adel u. mehrere benachbarte Fürsten mit seiner Erhebung unzufrieden waren, u. er sich auf diese Weise den Schutz Braunschweigs sichern wollte. 1499 ward er mit Herzog Magnus von Sachsen-Lauenburg in Krieg verwickelt, der mit abwechselndem Glück geführt wurde; auch mit den Friesen hatte er zu kämpfen. Unter dem verschwenderischen u. grausamen Christoph (1511–1558) begann die Reformation sich auch in B. zu verbreiten. Vergebens verfolgte er sie; er ward vom Domcapitel abgesetzt u. in ein Kloster gesperrt. Sein Bruder u. Nachfolger Georg (st. 1566) regierte friedlich, ebenso dessen Nachfolger Heinrich III. von Sachsen-Lauenburg (st. 1585) u. Johann Adolf, Prinz von Schleswig (legte 1596 sein Amt nieder). Diesem folgte sein Bruder Johann Friedrich (st. 1634), der in den Dreißigjährigen Krieg verwickelt wurde. Er wurde erst von den Dänen, dann von den Kaiserlichen abgesetzt, später aber von den Schweden restituirt. Sein Nachfolger Friedrich, Prinz von Dänemark, letzter Erzbischof von B., ward 1644 von den, Dänemark bekriegenden Schweden verjagt u. das Erzbisthum B., mit Ausnahme der Stadt, u. das Stift Verden verblieben nun den Schweden im Frieden von 1648 als Entschädigung für die Kriegskosten unter dem Titel von Herzogthümern. Mittelpunkt der Verwaltung wurde Stade. Bei der 1675 gegen Schweden erklärten Reichsacht besetzten die Häuser Braunschweig u. der Bischof in Münster, Bernhard v. Galen, B. u. Verden, gaben es aber 1679 zurück. 1709 ward B. u. Verden von den Schweden an Hannover versetzt u. von Preußen u. Wolfenbüttlern besetzt. 1712 eroberte es Dänemark bei dem Kriege mit Karl XII. (s. Nordischer Krieg), verkaufte es aber 1715 für 600,000 Thaler an Hannover, dem es auch Schweden im Frieden von 1720 gegen eine Summe von 190,000 Thaler förmlich abtrat (s. ebd); 1803 ward es von den Franzosen occupirt. 1806 ward es auf kurze Zeit von Frankreich an Preußen abgetreten, 1810 ein Theil zum Königreich Westfalen geschlagen, bald aber von Napoleon zurückgefordert u. das Ganze als Departement der Wesermündungen mit Frankreich, 1813 aber wieder mit Hannover vereint. Vgl. Pratie, Die Herzogthümer B. u. Verden, Breumen 1757 f., 2 Thle; Kobbe, Geschichte u. Landesbeschreibung der Herzogthümer B. u. Verden, Göttingen 1824, 2 Thle.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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