Dumas

Dumas

Dumas (spr. Dümah), 1) Matthieu, Graf v. D., geb. 1753 in Montpellier, trat jung in ein Infanterieregiment, wurde Capitän, Adjutant bei Puysegur u. Rochambeau, folgte diesem 1781 zum Amerikanischen Freiheitskriege, wurde nach diesem Kriege Major, nach 1783 zur Recognoscirung des Griechischen Archipels u. zu militärischen Sendungen nach Deutschland gebraucht, 1787 Obristlieutenant, Redacteur des Conseils des Kriegsministeriums unter Puysegur, auch Director des Kriegsdepots. Beim Ausbruch der Revolution organisirte er die Pariser Nationalgarde, wurde Oberst u. beschwichtigte 1790 die zu Bordeaux, Rouen u. im Elsaß ausgebrochenen Unruhen, wurde 1791 zur Militärcommission der Assemblée constituante berufen u. befehligte nach der Flucht des Königs die Abtheilung der Pariser Nationalgarde, welche den König bewachte. 1792 Brigadegeneral u. Commandant von Metz wurde er vom Departement Seine u. Oise zum Mitglied der Assemblée législative ernannt u. widerstrebte hier dem Terrorismus u. dem Krieg mit Österreich. Deshalb verfolgt, wanderte er nach der Schweiz aus. Nach Robespierres Sturz zurückgekehrt, trat er für das Departement Seine u. Oise in den Rath der Alten, wurde aber wegen gemäßigter Gesinnungen zur Deportation verurtheilt, entkamjedoch nach Hamburg. Vom ersten Consul zurückberufen, trat er 1801 wieder in die Armee, organisirte die beiden Reservearmeen Brunes u. Macdonalds für Italien, bei welcher letzteren er Generalstabschef war, wurde 1802 Mitglied des Staatsraths, redigirte das Gesetz bezüglich der Ehrenlegion, wurde 1804 Chef des Generalstabs bei Davoust im Lager zu Boulogne u. Divisionsgeneral, 1805 Aide maior général der großen Armee, organisirte dann die von Frankreich eroberten Länder Dalmatien u. Italien, wurde 1806 neapolitanischer Kriegsminister, dann Großmarschall des Palasts, kehrte 1808 nach Frankreich zurück, wurde Aide maior général in Spanien, bereitete 1809 den Krieg gegen Österreich vor, wurde Generalinspector aller östlichen französischen Festungen, kam bei Eßlingen zum französischen Hauptquartier, nahm Theil an der Schlacht bei Wagram u. wurde 1812 Generalintendant, machte als solcher den Feldzug nach Rußland mit u. schloß 1813 die Dresdener Capitulation ab. 1814 nach Paris zurückgekehrt, wurde er von den Bourbons zu mehreren wichtigen Commissionen gezogen u. sollte die Garde, die 1815 von Metz aus Napoleon entgegegen eilte, zurückhalten, was ihm aber nicht gelang. Napoleon übertrug ihm, trotz seines Abfalls, die Organisation der mobilen Nationalgarden. Nach der 2. Rückkehr der Bourbons inactiv, wurde er 1818 activer Staatsrath, jedoch wegen seiner Opposition gegen die Regierung in der Deputirtenkammer in Ruhestand versetzt. Er war unter den 221, die 1830 durch ihre Adresse die Julitage hervorriefen, organisirte mit Lafayette die Pariser Nationalgarde u. wurde Generalcommandant aller Nationalgarden. Seit 1831 Pair, starb er 16. Oct. 1837. Er schr.: Précis des événements milit., Hamb. 1799 f., 12 Thle., 2. Aufl. Paris 1817–24, 17 Bde. Seine Souvenirs von 1771–1836, herausgeg. Par. 1830, 3 Bde. 2) Alexandre Davy, Sohn einer Negerin, geb. 25. März 1762 auf San Domingo, diente seit 1786 in der französischen Armee, wurde 1793 Divisionsgeneral u. Commandant der Alpenarmee u. im October desselben Jahres Oberbefehlshaber in der Vendée. Seit 1795 machte er die Kämpfe in Italien u. Tyrol mit u. begleitete die Armee nach Ägypten. Auf der Rückkehr nach Frankreich wurde sein Schiff an die italische Küste verschlagen, er mußte in einem ungesunden Gefängniß unter harten Mißhandlungen lange Zeit verbringen u. starb in Folge dessen 1807. Er wurde von Napoleon als Marquis de la Pailleterie geadelt. 3) Jean Bapt., geb. 1800 zu Alais im Departement Gard, studirte in Genf Chemie, ging 1821 nach Paris u. wurde 1823 Repetitor der Chemie an der Polytechnischen Schule u. Professor der Chemie am Athenée u. später an der Universität, vom 31. Oct. 1849 bis 10 April 1851 war er Minister des Ackerbaues u. Handels, trat 1852 in den Senat u. wurde 1856 Vicepräsident des Oberraths des öffentlichen Unterrichts. D. ist der bedeutendste unter den französischen Chemikern, seine vorzüglichsten Untersuchungen betreffen die Alkaloide, die Ätherverbindungen, den Holzgeist in seinen Verbindungen, die ätherischen Ole, den Indigo, die Weinsäure u. die Einwirkung der Alkalien in der Hitze auf organische Körper. Er schr.: Phénomènes qui accompagnent la contraction de la fibre musculaire, 1823; Leçons[392] sur la philosophie chimique, Par. 1837 (deutsch von Rammelsberger, Berl. 1839); Essai sur la statique chimique des êtres organisés, Par. 1841, 2. Aufl. 1843 (deusch von Vieweg, Lpz. 1844); Thése sur la question de l'action du calorique sur les corps organiques, Par. Traité de chimie appliquée aux arts, ebd. 1828–43, 6 Bde. (deutsch von Alex u. Engelhardt, Nürnb. 1830–44, 6 Bde., Weim. 1844, 6 Bde., von Buchner, Nürnb. 1844–49, 8 Bde.); Mémoires de chimie, 1843. 4) Alexander Davy, Marquis de la Pailleterie, Sohn von D. 2), geb. 1803 in Villers-Cotterets, kamnach einer ziemlich verwahrlosten Erziehung 1823 nach Paris u. mußte dort, da die Vermögensverhältnisse seiner Mutter sehr derangirt waren, eine Schreiberstelle auf dem Bureau des Herzogs von Orleans annehmen, dessen Bibliothekar er später wurde u. bis 1830 blieb; seine freie Zeit benutzte er, um seiner mangelhaften Bildung nachzuhelfen, u. wandte sich mit Vorliebe der Dichtkunst zu. Sein erster dramatischer Versuch fällt in das Jahr 1828. Die Gunst des Herzogs von Orleans sicherte den Erfolg der ersten Aufführung seines Heinrich III. im Februar 1829. D. folgte in der Anlage seines Dramas der romantischen Richtung, in Folge des Einflusses, welches die Lecture der großen Dramatiker Englands u. Deutschlands auf ihn geübt hatte. Aber auch in anderer Weise war dieser Einfluß unverkennbar, da ganze Stellen aus fremden Dichtern den Dumasschen Personen in den Mund gelegt waren. Größere Erfolge als mit seinen ersten historischen Trauerspielen erreichte er, als er sich 1831 auf das Gebiet des bürgerlichen Schauspiels begab u. die Nachtseiten der Gesellschaft in scenisch wirksamer Weise auf die Bühne brachte. Später wechselte er mit bürgerlichen u. historischen Dramen, welche schnell auf einander folgten (durchschnittlich zwei in einem Jahr) ab, stets darauf bedacht, durch die grelle Wirkung des Schauerlichen, der wüsten u. rohen Leidenschaft den abgestumpften Gaumen der großen Menge zu kitzeln. Dieselbe Frivolität offenbarte er in seinen Lustspielen, von denen mehrere sich auf dem Theater eines glänzenden Beifalls erfreuten. Nicht weniger erfolgreich waren seine umfangreichen Arbeiten auf dem Gebiete der Novelle u. des Romans, seit dem Erscheinen von Les trois musquetaires 1843 u. der drei Fortsetzungen dieses Romans. Trotz der Versündigungen an dem gesunden Menschenverstande, an geschichtlichen Thatsachen, an der vernünftigen Weltordnung, der Sitte u. dem Rechte, welche sich in seinen Romanen häufen, errang D. einen fast beispiellosen Erfolg, indem er, von einem richtigen Instinct geleitet, den Verstand seiner Leser durch die lebendige Schilderung tiefergreifender u. die Neugier reizender Scenen nicht zur Besinnung kommen ließ. Wie Eugen Sue u. ähnliche Schriftsteller der neuesten Literaturperiode Frankreichs schmeichelte er den niedrigen Leidenschaften der Menge u. hing seiner schriftstellerischen Thätigkeit den Mantel der socialen Reform um. Zugleich wurde seine dichterische Production immer mehr ein industrielles Geschäft. Seine Bedürfnisse steigerten sich mit den ungeheuern Summen, die ihm von den Verlegern der großen Zeitungen für Ausfüllung ihrer Feuilletons gezahlt wurden, u. da er außerdem sich in gewagte Speculationen einließ, so war er genöthigt, die Schriftstellerei fabrikmäßig zu betreiben. Oft erschienen zwei, ja drei Romane von ihm gleichzeitig, u. nur dadurch, daß er zu den Arbeiten Anderer, wie z.B. Maquets, seinen Namen hergab od. sich das Material zutragen ließ, wird D-s beispiellose Productionsfähigkeit erklärlich. Während der Februarrevolution versuchte D. als politischer Schriftsteller Einfluß auf die Tagesereignisse zu gewinnen, aber die von ihm gegründeten Blätter Le mois u. das Tageblatt La France républicaine, beide mit stark socialistischer Färbung, gingen bald unter, u. vergeblich waren seine Bemühungen um einen Sitz in der Nationalversammlung. Darauf übernahm er das Théâtre historique, auf welchem er seine u. andere damals vielgelesene Romane u. Novellen dramatisirt zur Aufführung brachte. Nach dem Staatsstreich im December 1851 ging er nach Brüssel, von wo er 1853 wieder zurückkehrte. Mit seinen neuesten Romanen u. Dramen hat er wenig Glück gemacht. Er schrieb die Dramen: Henry III. et sa cour, Par. 1829; Stockholm, Fontainebleau et Rome, ebd. 1830; Napoléon (Tableau), ebd. 1830 (deutsch von Spindler, Leipz. 1832), Antony, ebd. 1831; Charles VII., ebd 1831; Don Juan de Maraña, ebd. 1837; Therese, ebd. 1832, Angèle, ebd. 1834; Catharine Howard, ebd. 1834; Caligula, ebd. 1838; Louise Bernard (1843); L'alchymie, 1839; Lorenzino, (1842); Comte Hermann (1849) u. v. a.; die Lustspiele: Le Laird de Dumbisky, 1843; Le mari de la veuve, 1832; Kean, 1836; Mademoiselles de Belle-Isle, 1838; Un mariage sous Louis XV., 1841; Les demoiselles de St. Cyr, 1843; Halifax u. Mariage ou tambour u. v. a. Von seinen Romanen, Novellen u. prosaischen Werken sind die wichtigsten: Souvenirs d'Antony, 1835; Le capitaine Paul, 3 Bde.; Gaule et France, 1832; La comtesse de Salisbury, 1839; Crimes célèbres, 1839 u. 1840, 8 Bde.; Chroniques de France; Le capitaine Pamphile, 1840, 2 Bde.; Aventures de John Davys, 1840, 4 Bde.; Le maître d'armes, 1840, 3 Bde.; Les Stuarts, 1840; Excursion sur les bords du Rhin, 1841–42, 3 Bde.; Une année à Florence, 1841, 2 Bde.; Le chévalier d'Harmental, 1834, 4 Bde.; Georges, 1843, 3 Bde.; Filles, lorettés et courtisanes, 1843; Ascanio, 1843, 5 Bde.; Les trois musquetaires, 1843–44, 8 Bde.; Le comte de Monte-Christo, 1844–45, 12 Bde.; Histoire d'un casse-noisette, 1844–45, 2 Bde.; Gabriel Lambert, 1844, 2 Bde.; Cécile, 1844, 2 Bde.; Le château d'Eppstein, 1844, 3 Bde.; Fernande, 1844, 3 Bde.; Une fille du Régent, 1845, 5 Bde.; Les Médicis, 1845, 2 Bde.; Vingt ans aprés, 1845, 10 Bde.; La Reine Margot, 1845, 6 Bde.; Michel-Ange et Raphaël Sanzio, 1846, 2 Bde.; L'abbaye de Peyssao, 1846, 2 Bde.; Le bâtard de Mauléon, 1846, 4 Bde.; Le chevalier de Maison-Rouge, 1846, 4 Bde.; La dame de Montsoreau, 1846, 8 Bde.; Les deux Dianes, 1846, 2 Bde.; Louis XIV. et son siècle. 1846; Dix ans plus tard, ou le vicomte de Bragelonne, 1847; Les quarante-cinq., 1847; Le véloce, ou Tanger, Alger et Tunis, 1848; Mémoires d'un médecin, 1848; Le collier de la Reine,[393] 1848; Ange Pitou, 1848; Louis XV., 1848; Les mille et un fantômes, 1849; Louis XVI., 1850; La femme au collier de velours, 1850; La vie de Louis-Philippe, 1851; Les Mohicans de Paris, 1855; L'ingénue, 1854, 5 Bde.; Le page du duc de Savoye, 1855, 5 Bde.; La jeunesse de Louis XIV., 1855; Le capitaine Richard, 1856, 2 Bde.; Les grands hommes en robe de chambre Henri IV, 1855; Louis XIII. et Richelieu, 1855, 3 Bde.; Les compagnons de Jéhu, 1857, 5 Bde.; Le meneur de loups, 1857, 2 Bde.; Charles le Téméraire, 1857, 2 Bde.; Le chasseur de sauvagines, 1857, 2 Bde.; Les louves de Machecone, 1858, 2 Bde.; Salvator, 1858, 1.–9. Bd.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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