Raimund [1]

Raimund [1]

Raimund (ein altfranzösischer Name, eigentlich Raymond [spr. Rämong]); I. Fürsten: A) Könige von Aragon: 1) R. Berengar, Sohn des Grafen R. Berengar III. von Barcelona, folgte diesem 1131 in Barcelona, heirathete 1151 Petronella, Tochter Ramiros II. von Aragon, u. st. 1162; s. Spanien (Gesch.). B) Fürst von Antiochien: 2) R. I. von Poitiers, zweiter Sohn Wilhelms VII. von Poitiers, war erst am Hofe des Königs Heinrich I. von England, erlangte durch seine Gemahlin Constanze, Tochter des Fürsten Bohemund von Antiochien, welche er 1136 heirathete, das Fürstenthum u. blieb 1149 in einem Treffen gegen Sultan Nureddin von Aleppo; s. Antiochia 2). U) Grafen von Barcelona: 3) R. Borrel, Sohn Borrel's, geb. 972, folgte seinem Vater 993 u. st. 1017; er war vermählt mit Marie von Rodrigue u. in zweiter Ehemit Ermesinde, Tochter des Grafen Roger von Carcassonne. 4) Berengar R. I., Sohn des Vorigen, folgte 1017 unter Vormundschaft seiner Mutter Ermesinde, trat die Regierung 1023 selbst an u. fiel 1035; er war vermählt mit Sancia von Gascogne, dann mit Guisla. 5) R. Berengar I. der Alte, Sohn des Vor., folgte 1035 unter Vormundschaft seiner Großmutter Ermesinde u. st. 1076; er war vermählt mit Isabella, dann mit Almodis von la Marche. 6) R. Berengar II., Sohn des Vorigen, folgte mit seinem Bruder, Berengar R. II., gemeinschaftlich 1076; R. wurde 1082 ermordet u. hinterließ von Mathilde von Apulien einen unmündigen Sohn, 7) R. Berengar III., welcher nach seines Oheims Berengar R-s II. Tode 1093 alleiniger Graf von Barcelona wurde u. 1131 st.; er war vermählt mit Marie von Rodrigue, dann mit Douce, Erbtochter des Vicomten von Milhaud. 8) R. Berengar IV. der Jüngere, sov. w. R. 1). D) Fürsten von Oranien: 9) R. I., zweiter Sohn Wilhelms IV., 1219–1282; vermählt mit Malberone von Condorcet. 10) R. II., zweiter Sohn Wilhelms V., folgte 1239 mit seinem Bruder Wilhelm VI. u. nach dessen Tode 1248 allein in einem Theil von Oranien; vermählt mit Bigne od. Ermengard, dann mit Laura Aimar von Grignan. 11) R. III., Sohn Bertrands III., folgte diesem 1335–40; war vermählt 1291 mit Mabilla von Anduse, dann mit Anna von Viennois u. st. 1344. 12) R. IV., Sohn des Vorigen aus zweiter Ehe, folgte 1340– 1393; er war vermählt mit Constanze von Trians, dann mit Johanna, Gräfin von Genéve. Mit ihm starb das Haus Oranien im Mannsstamme aus, u. das Fürstenthum kam durch seine Tochter Maria an das Haus Chalons, s. Oranien (Geneal.). E) Grafen von Provence: 13) R. Berengar I., erheirathete mit Douce, Erbtochter des Grafen Gilbert von Rovergue u. der Gerberge von Provence, letztere Provinz, trat 1112 die Regierung dort an u. st. 1130. 14) Berengar R., Sohn des Vorigen, folgte ihm u. st. 1144; er war vermählt mit Beatrix, Erbtochter des Grafen Bernard IV. von Melgueil. 15) R. Berengar II., Sohn des Vorigen, folgte ihm u. st. 1166; er hinterließ von seiner Gemahlin Richilde, Nichte des Kaisers Friedrich I., nur eine Tochter Douce, welche ihm folgte. 16) R. Berengar III., der zweite Sohn Raimunds 1), erhielt von seinem Bruder Alfons II., König von Aragon, 1168 die Provence u. wurde 1181 ermordet. 17) R. Berengar IV., Sohn R. Berengars III., folgte seinem Oheim Alfons II. 1209 u. st. 1245. F) Grafen von Toulouse: 18) R. Rasinel, Graf von 810–817, s. Toulouse. 19) R. I., folgte als erster Erbgraf 852 seinem Bruder Fredelon in Toulouse u. Rovergue, wozu er noch Querci erwarb; er st. 864, s. ebd. 20) R. II., Sohn Eudo's, 918–923, s. ebd. 21) R. Pontius III., Sohn des Vorigen, 923–950, s. ebd. 22) R. IV. von St. Gilles, sogenannt wegen seiner Besitzung St. Gilles in Languedoc; Sohn von Pontius, geb. 1042, erhielt 1060 St. Gilles, 1066 Rovergue, Nismes u. Narbonne, weshalb er den Titel Herzog von Narbonne annahm, u. 1088 Toulouse, eroberte noch ansehnliche Landstriche in Südfrankreich u. zog beim ersten Kreuzzug mit nach Palästina, wo er 1105 vor Tripolis starb, s. u. Toulouse (Gesch.) u. Kreuzzüge (Gesch.). Erwar vermählt mit der Erbtochter Bertrands von Provence; da er sich von dieser wegen zu naher Verwandtschaft scheiden mußte, mit Mathilde von Sicilien u. nach deren Tode mit Elvira, Tochter Alfons' IV. von Castilien. 23) R. V., Sohn von Alfons, geb. 1134; folgte 1148 seinem Vater mit seinem Bruder Alfons II. u. st. 1194, s. u. Toulouse; er war vermählt mit Constanze, Tochter Ludwigs des Dicken von Frankreich, verstieß sie aber später. 24) R. VI. der Alte, Sohn des Vorigen, geb. 1156, folgte seinem Vater 1194; unter ihm begannen die Verfolgungen der Albigenser, in welche er als ihr Beschützer selbst verwickelt, excommunicirt u. fast aus allen seinen Ländern vertrieben wurde, welche er jedoch wieder erhielt (s. u. Albigenser u. Toulouse); er st. 1222, mit dem Ruhme eines aufgeklärten Christen u. trefflichen Regenten, im kirchlichen Banne; vermählt in zweiter Ehe mit Beatrix von Beziers. 25) R. VII. der Jüngere, Sohn des Vorigen, geb. 1197, folgte seinem Vater 1222; 1229 erhielt er den Frieden vom König Ludwig IX., wogegen er Narbonne u. mehre Herrschaften an die Krone abtrat, u. mußte die Absolution vom Banne mit einer großen Geldsumme u. mit dem Versprechen, 5 Jahre zur Bekämpfung der Ungläubigen aus seinem Lande zu gehen, erkaufen; er gerieth nachher mit der Inquisition u. den päpstlichen Legaten in Streit u. st 1249 in Milhaud, auf einem Kreuzzug begriffen, s. u. Toulouse. Vermählt mit Sancia, Schwester des Königs Peter von Aragonien; nachher mit Margarethe von la Marche. Er war ein Begünstiger der Troubadours u. der Wissenschaften u. stiftete 1228 die Universität zu Toulouse. G) Grafen von Tripolis: 26) R. I., Sohn des Grafen Pontius; war vermählt mit Hodierna, Tochter des Königs Balduin II. von Jerusalem u. Schwester der Melusine, Gemahlin des Königs Fulco von Jerusalem, folgte seinem Vater 1137–1151, wo er von den Assassinen ermordet wurde, s. u. Tripolis. 27) R. II., Sohn des Vorigen; folgte demselben 1151 als Graf von Tripolis u. vermählte sich mit Ezelina, Wittwe des Fürsten Walther von Galiläa, er st. 1187 ohne Nachkommen. 28) R. III., Sohn des Fürsten Bohemund III. von Antiochien, folgte 1187 auf den Vorigen u. st. 1200; er hatte von seiner Gemahlin Alix, Tochter des Fürsten Rupin von Armenien, einen Sohn, R. Rupin, für welchen R-s III. Bruder Bohemund [802] Tripolis während seiner Minderjährigkeit verwalten sollte, aber Bohemund riß Tripolis an sich. II. Großmeister der Johanniter: 29) R. de Puy (Podio), Großmeister 1120–1160. 30) R. Berengar, aus einer vornehmen Familie in der Dauphiné, st. 1373. 31) R. Perellos, 1697–1720. 32) R. Despuig, 1736–1741.

III. Gelehrte, Geistliche u. Heilige: 33) St. R. von Pennaforte (R. de Rupe forti) geb. 1175 auf dem Schlosse Pennaforte in Catalonien, stammte von den Grafen von Barcelona, studirte die Rechte, wurde Lehrer zu Bologna u. 1219 Canonicus zu Barcelona u. 1222 Dominicaner; 1230 nahm ihn Papst Georg IX. zum Beichtvater u. Großpönitentiarius an u. ließ ihn 1230 eine neue Decretalensammlung veranstalten (Decretalium Gregorii IX. compilatio), welche nun an die Stelle der alten Extravagantensammlung trat. Nach Spanien zurückgekehrt, wurde er 1238 Ordensgeneral; legte aber 1240 seinen Posten nieder, widmete sich dem beschaulichen Leben u. st. 1275; er wurde heilig gesprochen. Seine Decretalen erschienen Mainz 1473, Fol., Rom 1474, Lyon 1718, Fol., Verona 1744. Adam hat sie in Hexameter gebracht, Köln 1498, 1502, Ven. 1569. 34) St. R. nonnatus (weil er aus der Mutter Leib geschnitten war), geb. 1200 zu Postello in Catalonien, trat in den Orden de la Merced in Barcelona u. wurde 1230 Generalprocurator seines Ordens, als welcher er nach Rom geschickt u. mehrmals nach Afrika gesendet wurde, um Christensklaven loszukaufen; er predigte dort ungescheut u. zog sich dadurch Gefangenschaft zu, in welcher er, ungeachtet eines Schlosses, welches ihm vor dem Munde gelegt war, gepredigt haben soll. 1237 lösten ihn seine Ordensbrüder aus, indem ihn Gregor IX. zum Cardinal ernannt hatte. Er st. 1240 u. wurde canonisirt. Er ist in Spanien bes. als Wunderthäter sehr verehrt. 35) R. Martius, spanischer Dominicaner, wurde 1250 Vorsteher der acht Collegien, worin seine Ordensbrüder Behufs der Bekehrung der Mauren u. Juden die Orientalischen Sprachen erlernen sollten; er selbst war eine Zeitlang Missionär in Tunis u. st. 1286; er schr. u.a.: Pugio fidei contra Mauros et Judaeos, herausgegeben von Jos. de Voisin, Par. 1651, u. von J. B. von Carpzov, Lpz. 1687. 36) R. von Sabunde, aus Spanien, war Arzt u. Lehrer der Medicin, Philosophie u. Theologie zu Toulouse um 1430, der letzte Realist von Bedeutung, schrieb in Spanischer Sprache ein Werk über die natürliche Theologie, welches lateinisch (Theologia naturalis od. Liber naturae s. creaturarum), zwischen 1480 u. 1488, von Mart. Flach, Strasb. 1496, Lyon 1507, Paris 1509, Frankf. 1635 u. Amsterd. 1661, zuletzt von F. v. Seidl, Sulzb. 1852 (ohne den Prologus, welcher seit 1595 auf den Index gesetzt ist) im Auszug als De natura et obligatione hominis s. Viola animae, Köln 1700 erschien. Er behauptete in demselben, der Mensch habe zwei Bücher von Gott erhalten, woraus er die wichtigsten Erkenntnisse von Gott u. seinem Verhältnisse zu Gott od. seiner Bestimmung schöpfen könne: das der Offenbarung, welches aber durch Menschensatzung verfälscht sei, u. das unverfälschte der Natur; daher man die Aussprüche jenes ersteren durch die des letzteren, also durch die menschliche Vernunft, rechtfertigen u. beweisen müsse. Vgl. Holberg, De theologia naturali Raimundi de Sab., Halle, 1843; Matzke, Dir natürliche Theologie des R. v. S., Berl. 1846; Huttler, Die Religionsphilosophie des R. v. S., Augsb. 1851; Kleiber, De Raimundi vita et scriptis, Berl. 1856. 37) R. Lullius, so v.w. Lullus 2).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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