Südamerika

Südamerika

Südamerika. 1) die südliche Hälfte des Continents der westlichen Hemisphäre, bildet, wie Nordamerika, ein fast rechtwinkeliges Dreieck, als dessen Hypotenuse die Küstenlinie vom Isthmus von Panama an bis zum Cap Hoorn anzusehen ist, während das Cast St. Roque an der Nordostspitze von Brasilien dessen rechten Winkel bildet. Im Norden wird[43] es vom Caraibischen Meer, im Nordosten, Osten u. Südosten vom Atlantischen u. im Westen vom Stillen Ocean bespült, im Nordwesten hängt es durch den schmalen Isthmus von Panama mit Nordamerika zusammen. Es erstreckt sich von seiner Nordspitze Punta Gallinas (12° 30' nördl. Breite) bis zu seinem südlichsten Punkte Cap Hoorn (55° 58' 41'' südl. Breite, der äußersten Spitze von Feuerland; die Südspitze des Festlandes ist dagegen Cap Froward in Patagonien 53° 54' südl. Breite) etwa 1030 geogr. Meilen weit in Meridianrichtung, während von seiner Westspitze Punta de Pariña (64° 45' westl. Länge von Ferro) bis zu seinem östlichsten Punkte, dem Cap Branco (17° 21' westl. Länge von Ferro) ungefähr 720 geogr. Meilen von Westen nach Osten mißt. Der Gesammtflächenraum wird zu 321,000 geogr. QM. berechnet, wovon ungefähr 3/4 (über 242.000 QM.) der tropischen Zone u. ungefähr 1/4 (über 78,700 QM.) der gemäßigten Zone angehören. Seine Configuration ist abgerundet, einförmig u. massenhaft; in der maritimen Gliederung steht es weit hinter Nordamerika zurück, die Küstenentwickelung ist mangelhaft, ohne bedeutende Einschnitte, Busen u. Baien; auch das dazu gehörige Inselgebiet ist unbedeutend u. beschränkt sich fast ganz auf die zersplitterten Küsten des südlichsten Theiles. Vorgebirge sind: am Caraibischen Meere: Roman; am Atlantischen Ocean: Orange, Roque, Frio, Maria, Hörn; am Stillen Ocean: Aguja, Blanco, Mala. Busen: Darien, Maracaibo, Para, Allerheiligen, Matthias, Georg, Panama, die Mündungen der großen Flüsse u.a. Die Bodengestaltung wird hauptsächlich durch das den ganzen Kontinent von Süden nach Norden durchziehende Gebirge der Cordilleren (s.d. 2), das Brasilianische Gebirgsland auf der südlichen Ostseite S-s, das Parima (Centralgebirge von Guayana) u. das Küstengebirge von Venezuela bestimmt. Diese Gebirgssysteme, welche reich an Vulkanen sind (56, darunter 26 thätige) werden durch drei große Tiefländer u. Ebenen von einander getrennt, welche den drei großen Flußsystemen entsprechen. Die nördlichste derselben umfaßt die Llanos (s.d.) im Gebiete des Orinoco, welches durch den Cassiquiari mit dem Gebiete des Amazonenstromes verbunden ist, dessen ungeheueres Tiefland einen an 145,000 geogr. QM. umfassenden, im Westen von den Cordilleren, im Norden von dem Hochlande Parima, im Süden von den Brasilianischen Südostgebirgsketten umschlossenen Raum einnimmt. Das Gebiet des Rio de la Plata umfaßt die Pampas (s.d.), an welche sich im Süden die Patagonische Steppe anschließt. Von geringerer Ausdehnung sind die Tiefebenen von Guayana u. am untern Laufe des Magdaleuenstromes; außer diesen Strömen u. deren zahlreichen Nebenflüssen sind noch der San Francisco (in Brasilien), der Rio Negro u. der Rio Colorada (beide an der Ostküste von Patagonien mündend) von Wichtigkeit. Die bedeutendsten Seen sind: der Maracaibo u. der Titiaca. Das Klima ist je nach der geographischen Lage u. der Höhe der einzelnen Theile sehr verschieden, im äußersten Süden (Feuerland) subarktisch, wie auf den höchsten Gebirgen das der rauhesten Alpennatur, an den flachen Küsten (die südlichen abgerechnet) sehr heiß u. den Europäern nicht immer zusagend. Die Gebirge haben Tierras calientes (heißes), temperados (gemäßigtes) u. frias (kaltes Klima); die höchsten Bergspitzen tragen Schnee u. heißen Nevados. Die Producte sind in allen drei Naturreichen höchst mannigfaltig, wie überhaupt S. zu den reichsten u. gesegnetsten Ländern der Erde gehört, viele Wälder mit den stärksten Bäumen sind noch unter keiner Axt gewesen (Urwälder); die Vegetation der Ebenen ist eine höchst üppige, doch ist sowohl sie als die der Gebirge noch lange nicht vollständig bekannt, eben so die Thierwelt, welche im Allgemeinen wenig Repräsentanten der größeren Säugethiere aufzuweisen hat, während Vögel u. Insecten außerordentlich reich u. in prachtvollen Arten vertreten sind; das Mineralreich bringt Überfluß an Gold, Silber u. vielen anderen Metallen (Platina, hier zuerst gefunden), Diamanten, Smaragden u. anderen Edelsteinen; Vieh (verwilderte europäische Zuchtthiere); eigentümlich sind ihm: Meerkatzen, eine Riesenschlange, Zitteraal, Meerschwein, Kondor u.a. Die Cultur des Bodens ist im Ganzen zur Zeit noch sehr gering; das Land öffnet sich derselben zwar immer mehr u. wird sich vielleicht noch mehr öffnen, wenn die Ruhe der einzelnen Staaten noch mehr gesichert u. die Eifersucht gegen die Europäer wird beseitigt worden sein; es dürften sich aber auch in den schönsten Strichen (in den Llanos) jeglichem Anbau bedeutende Schwierigkeiten dadurch entgegenstellen, daß die Ströme beim Austreten in der Regenzeit Strecken von mehren tausend QM. unter Wasser setzen. In anderen Gegenden wirkt das Klima entgegen. Die Hauptbenutzung des Bodens besteht jetzt bes. im Plantagenbau; der Bergbau ist zwar sehr ergiebig, wird aber mit Ausnahme von Chile überall noch sehr wenig rationell betrieben, sieht jedoch der Vervollkommnung entgegen. Die Gesammtbevölkerung wird auf 16–17 Millionen geschätzt, darunter viele zur Indianischen Race gehörige Ureinwohner, als Pescheräh, Patagonier, die vielen Stämme in Brasilien, Kolumbien etc. Eingewandert sind viele Europäer (bes. Spanier u. Portugiesen), sowie Neger als Sklaven eingebracht; außerdem gibt es noch Mischlinge der verschiedensten Art; die Zahl der Weißen wird auf ungefähr 6 Millionen gerechnet, von denen die spanischer Abkunft namentlich auf der westlichen, die portugiesischer Abkunft bes. auf der östlichen Seite vertreten sind; die Besitzungen der Engländer, Franzosen u. Holländer (Guayana) sind verhältnißmäßig gering. Deutsche finden sich vorzüglich in Chile, wo sie namentlich auf das wissenschaftliche Element von großem Einfluß sind; außerdem finden sich noch viele Deutsche u. auch einige deutsche Colonien in den südöstlichen Provinzen von Brasilien. In politischer Hinsicht zerfällt S. in die einzelnen Staaten u. Staatencomplexe: Columbia (od. die drei Republiken Venezuela, Neu-Granada [Granada-Confederation] u. Ecuador), Peru, Chile, Bolivia, die Argentinische Confederation, Buenos-Ayres, Paraguay (sämmtlich als Südamerikanische Freistaaten bezeichnet), das Kaiserthum Brasilien, die Colonien Guayana (in das Französische Guayana [Cayenne], das Holländische [Paramaribo od. Surinam] u. das Britische [Essequibo] zerfallend) in Patagonien u. Feuerland. Über die Geschichte S-s im Allgemeinen s. Amerika V. A), über die specielle dagegen die Artikel der einzelnen Staaten u. Südamerikanischer Revolutionskrieg. 2) Spanisches S., sonst die drei Vicekönigreiche Neu-Granada, Peru u. La Plata, u. die zwei Generalcapitanerien Chile u. Caracas, zusammen 188,947[44] QM. mit 6,564.000 Ew.; 3) Portugiesisches S., so v.w. Brasilien; 4) Französisches S., so v.w. Cayenne; 5) Niederländisches u. 6) Britisches S., so v.w. Guayana.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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