Anhalt [3]

Anhalt [3]

Anhalt (Gesch.). I. Älteste Geschichte bis 1212. Nach der Sage geboten Anfangs in der Gegend des nachmaligen A. die Beringer, von denen der Bär im anhaltschen Wappen stammen soll. Der Sohn Beringers VII., Graf Esiko von Ballenstädt, um die Mitte des 10. Jahrh., ist der nachweisbare Stammvater des Hauses A. od. der Askanier, so von der Burg Askanien bei Aschersleben genannt; durch seine Mutter Hilda mit dem Grafen der Ostmark verwandt, erbte er Güter zwischen Elbe u. Saale. Sein Urenkel, Otto der Reiche, der sich zuerst Graf v. Ascanien u. Ballenstädt nannte, erhielt auch nach dem Aussterben der Billungen, 1106, durch seine Gemahlin Elike, Tochter des Herzogs Magnus von Sachsen, einen Theil der Billungschen Güter; er st. 1123. Sein Sohn Albrecht der Bär folgte ihm als Graf von Ballenstädt, erhielt die Lausitz, die Mark Soltwedel, eroberte von den Slaven die Mittelmark,[503] wurde Markgraf von Brandenburg, erwarb auch Orlamünde u. Plötzkau u. starb 1170, s. u. Brandenburg (Gesch.). Von seinen 7 Söhnen erhielt Dietrich die Grafschaft Werben, aus den Billungschen Gütern, Albrecht Aschersleben u. Ballenstädt, u. Bernhard das von den Slaven eroberte Land an der Mittelelbe, welches nun den Namen A. erhielt. Bernhard war ein thätiger Feind Heinrichs des Löwen u. erhielt 1180, als dessen Land vertheilt ward, einen Theil von Sachsen, worauf er sich Herzog von Sachsen nannte (s. Sachsen), er st. 1212, u. das Land wurde so unter seine Söhne getheilt, daß der ältere, Heinrich, Aschersleben u. die anhaltschen Besitzungen, der jüngere, Albrecht, Sachsen bekam. Letzter war der Stammvater der askanischen Kurfürsten von Sachsen.

II. Das Haus A. bis zur Theilung unter Joachim Ernsts Söhne (1212–1603). Heinrich I., der sich zuerst Fürst von A. nannte, st. 1251, u. von seinen 3 Söhnen erhielt Heinrich II. Aschersleben, Wegleben u. Gernrode, Bernhard Bernburg u. Ballenstädt, Siegfried Köthen u. Dessau. A) Ascherslebische Linie (1251–1315). Heinrich II. der Fette kämpfte mit dem Herzog von Braunschweig gegen Meißen u. wurde 1263 bei Besenstädt gefangen u. 1264 wieder freigegeben; er st. um 1267. Seine Söhne Heinrich III. u. Otto I. regierten Anfangs gemeinschaftlich, dann ward Heinrich Geistlicher u. überließ Otto die Regierung; dieser st. nach vielen Fehden mit Brandenburg u. Braunschweig um 1304; sein Sohn Otto II. st. 1315 sohnlos, u. Aschersleben fiel an Bernburg. B) Alte Bernburgische Linie (1251–1468). Bernhardt., der 2. Sohn Heinrichs I., st. 1286, sein 2. Sohn Bernhard II. folgte ihm u. besetzte 1315 Aschersleben, ohne darauf zu achten, daß sein Bruder Albrecht, Bischof von Halberstadt, Aschersleben für sein Bisthum in Anspruch nahm. Er st. 1318, u. seinem Sohn Bernhard III. entriß sein Oheim Albrecht 1319 Aschersleben mit Gewalt; Bernhard führte deshalb vergebens 1324 mit dem Bisthum Krieg; er st. 1348. Von seinen Söhnen st. Bernhard IV. 1354 unbeerbt, der 2., Heinrich IV., 1377, u. sein 4. Sohn (der ältere, Rudolf, wurde Geistlicher), Bernhard V., regierte mit seinem Oheim Otto III. u. später mit dessen Sohn u. st. 1420 kinderlos. Auf Otto III., der schon 1104 gestorben war, folgten seine Söhne Otto IV. (st. 1415 kinderlos) u. Bernhard VI. in gemeinschaftlicher Regierung; Letzter, ein kriegerischer Fürst, erbte 1420 auch Bernhards V. Besitzungen u. regierte nun allein. Er kämpfte gegen die Hussiten u. 1426 mit Magdeburg; vergeblich suchte er auch Aschersleben wieder zu gewinnen u. st. 1468, nachdem er kurz vorher seine Lande, soweit sie nicht Reichslehen waren, von dem Erzstift Magdeburg zu Lehen genommen hatte. Mit ihm erlosch die alte Bernburgische Linie. C) Ältere Zerbster Linie (1251–1526). Siegfried I., der 3. Sohn Heinrichs I., hatte bei der Theilung Köthen, Dessau, Koswig u. Roslau erhalten; er beschenkte u. stiftete Klöster, unter anderen zu Koswig, in welches 5 seiner Töchter traten, u. st. gegen 1298, nachdem er wahrscheinlich schon früher die Regierung seinem 4. Sohne Albrecht I. (die 3 älteren wurden Geistliche) abgetreten hatte; er brachte 1307 Zerbst an sich u. st. 1316. Seine Söhne Albrecht II. u. Waldemar I. standen Anfangs unter Vormundschaft des Markgrafen Waldemar v. Brandenburg u. regierten dann, mündig geworden, gemeinschaftlich; Albrecht residirte in Zerbst, Waldemar in Dessau. Sie nahmen gegen Ludwig den Jüngern von Brandenburg-Baiern für Kaiser Karl IV. Partei, erkannten den falschen Waldemar an, u. gönnten demselben, als sich der Kaiser mit Ludwig versöhnt u. Waldemarn seine Hülfe entzogen hatte, einen Aufenthalt zu Dessau. Albrecht u. Waldemar entsagten 1355 allen Ansprüchen auf Brandenburg, vergrößerten aber ihre Besitzungen durch Kauf. Albrecht II. st. 1362, u. Waldemar I. führte nun die Regierung für sich u. seine unmündigen Neffen Johann I. u. Rudolf, welcher letztere später Geistlicher wurde u. 1365 st. Waldemar I. blieb 1367 in dem Treffen bei Dinklar gegen den Bischof von Hildesheim, u. sein einziger Sohn. Waldemar II., starb bald darauf. Johann I. regierte nun allein, seine Residenz war Zerbst, u. daher erhielt auch die Linie den Namen A.-Zerbst. Er kaufte 1370 die Grafschaft Lindau verpfändete aber die Herrschaft Hainichen an den Grafen von Eilenburg; er starb auf einer Wallfahrt nach Jerusalem um 1382, u. seine 3 Söhne, Waldemar III. (der 1392 ohne Erben starb), Siegmund I. u. Albrecht III. regierten nach ihm gemeinschaftlich, doch erhielt Siegmund die Lehn allein. Die Brüder hatten 1393 Fehde mit Hildesheim, standen 1394 dem Erzbischof Albrecht von Magdeburg gegen Brandenburg bei u. theilten bald darauf das Land u. stiftete 2 Linien: Siegmund I. erhielt Zerbst u. das Land auf dem rechten, Albrecht III. das auf dem linken Elbufer (1396). a) Albrechtsche Linie zu Zerbst (bis 1526). Albrecht III. wurde in die Streitigkeiten des Fürsten Bernhard von Bernburg mit dem Erzstift Magdeburg verwickelt, u. bevor diese 1407 durch den Frieden von Kalbe beigelegt waren, starb Siegmund I. (1405), u. Albrecht begab sich nur nach Zerbst, um als Senior diese Stadt in Besitz zu nehmen u. die Regierung für seine noch unmündigen Neffen, von denen Georg I. am bekanntesten geworden ist, zu führen. Die Söhne Siegmunds beklagten sich indessen, daß ihr Oheim ihnen Zerbst entrissen habe, u. nach langen Zwistigkeiten kahm 1413 zu Zerbst ein Vertrag zu Stande, in welchem Albrecht III. an Georg u. seine Brüder Dessau, Köthen, Ragun, Jesnitz u. Wörlitz abtrat u. für sich das Land auf dem rechten Elbufer behielt. Die Stadt Zerbst verweigerte aber Albrecht die Erbhuldigung, als in Zukunft nur dem Senior gebührend. Albrecht half dem Burggrafen Friedrich von Hohenzollern die Mark unterwerfen, wobei er Hundelust an sich brachte, mit seinen Neffen zu Dessau aber u. mit dem Rath zu Zerbst blieb er in Feindschaft bis zu seinem Tode 1424. Seine Söhne Waldemar IV., Adolf I. u. Albrecht V. sollten gemeinschaftlich regieren. Zerbst fiel nun an den Fürsten in Dessau, doch blieb jenen ein Theil der Stadt u. des Schlosses, u. die 3 Brüder residirten in Koswig. Waldemar IV. st. 1436, Adolf I. hatte seine Residenz nach Zerbst verlegt u. lebte in steter Feindschaft mit seinem Vetter Georg von Dessau, bis ihm dieser einen Theil von Köthen abtrat u. bis 1440 durch den Kurfürsten von Brandenburg vermittelt wurde, daß die Stadt Zerbst allen Fürsten gemeinschaftlich gehören sollte. [504] Dies blieb bis 1460, wo die Fürsten Adolf I. u. Albrecht V. Zerbst wieder allein bekamen, wogegen der Theil von Köthen wieder an die Dessauer Fürsten fiel. Albrecht V. starb 1475, sein Sohn Philipp 1500. Adolf I. war schon 1473 gestorben u. seine Söhne Magnus u. Adolf II., obgleich beide Geistliche waren, führten die Regierung gemeinschaftlich. Magnus starb 1524, Adolf II. 1526, u. mit ihnen erlosch die Albrechtsche Linie. b) Siegmundische Linie zu Dessau (bis 1526). Fürst Siegmund, der 2. Sohn Johanns I., nahm lebhaften Antheil an den Reichsangelegenheiten, wurde 1401 Burggraf von Magdeburg, führte 1403 mit der Stadt Magdeburg Krieg u. starb 1405. Für seine 5 Brüder, großentheils Geistliche, führte der älteste Sohn Georg I. die Regierung. 1413 erhielten sie das Land auf dem linken Elbufer, bis ihnen 1424 wieder Zerbst zufiel, das aber 1460 wieder an die Albrechtsche Linie überging. Als Fürst Bernhard VI. von Bernburg (s. oben B) 1468 starb, erhielt Georg I. die Quedlinburgische u. Magdeburgische Lehn für die Bernburgischen Länder, war aber mit der verwittweten Fürstin in unangenehme Händel verwickelt, als er 1474 in Dessau starb. Schon 1474 hatte er seinen Söhnen Waldemar VI., Georg II., Siegmund III., Ernst u. Rudolf die Regierung übergeben; diese theilten das Land in 2 Theile. Von ihnen starben Siegmund 1487, Georg II. (der gewöhnlich in Bernburg residirte) 1511 sohnlos, Rudolf, der in kaiserlichen Diensten gewesen war, 1510. Es waren demnach nur noch 2 übrig. Waldemar VI. residirte in Köthen u. besaß dies, Ballenstädt u. halb Bernburg u. erhielt nach Siegmunds Tode, wo eine neue Theilung vorgenommen ward, zu seinem Theil noch Plötzkau von Bernburg (1498), während die Stadt Bernburg den Brüdern gemeinschaftlich blieb. Er st. 1508, u. sein Sohn Wolfgang, zugleich kursächs. Geheimerath, folgte ihm. Er beförderte die Reformation, schloß 1520 den Torgauer Bund mit ab, war 1529 unter den protestirenden Fürsten, war dann Mitglied des Schmalkaldischen Bundes, erhielt nach der Schlacht von Mühlberg einen kaiserlichen Sequester in sein Land u. bekam dasselbe erst durch Kurfürst Moritz zurück. Nach dem Erbanfall der Albrechtschen Linie 1526 regierte er mit den Söhnen seines Oheims Ernst bis 1542, dann theilte er u. trat, da er keine Söhne hatte, dem ältesten derselben, Johann II., seinen Antheil 1562 ab u. starb 1566 zu Koswig. Dessen Oheim Ernst hatte nach der 1. Theilung seinen Antheil Dessau, Jesnitz, Ragun u. einen Theil von Bernburg ruhig regiert u. starb 1516. Seine Söhne, Johann II., Georg III. u. Joachim, nahmen erst nach dem Tode. ihrer Mutter Margarethe die Reformation an. Nach dem Anfall der Albertschen Erbschaft 1526 regierten sie Anfangs mit Wolfgang gemeinschaftlich; 1542 theilten sie mit ihm u. 1546 unter sich, wo Johann II. Zerbst, Georg III. Warmsdorf, Plötzkau u. den Harz, Joachim Dessau, Ragun u. Jesnitz erhielt, doch st. Georg III. 1553 u. Joachim 1561, beide unvermählt, nur Johann II. (starb 1551) hatte Söhne hinterlassen. Von diesen starb Karl, der zu Zerbst residirte, 1561, Bernhard, der Anfangs zu Dessau, später zu Zerbst seinen Sitz hatte, 1570, u. so waren denn sämmtliche anhaltschen Länder unter Joachim Ernst vereinigt. Dieser gab eine neue Landesordnung, theilte das Land in Ämter u. berief zuerst die Landstände regelmäßig, berieth mit ihnen das Steuerwesen, sorgte für das Schulwesen, errichtete das Gymnasium zu Zerbst u. st. 1586. Von seinen 7 Söhnen, deren 2 bald starben, regierte der älteste, Johann Georg I., bis 1589 unter brandenburgischer Vormundschaft. Unter ihm trat das Land zur reformirten Kirche über. 1603 theilten, nachdem August VIII. gegen 300, 000 Thlr. u. die Zusicherung der Erbfolge auf jede Landesportion verzichtet hatte, die noch übrigen 4 Brüder: Johann Georg, Christian, Rudolf. u. Ludwig die Anhaltschen Lande in 4 Theile, die Erbschutzvoigtei von Gernrode blieb dem Ältesten allein u. das Gymnasium zu Zerbst Allen gemeinschaftlich. 1609 traten die Anhaltschen protestantischen Fürsten der Union bei.

III. A. seit der Theilung von 1603. A) Linie A.-Dessau. Johann Georg I., der älteste Sohn Joachim Ernsts, s. II. C) b), st. schon 1618, von seinen 2 Söhnen, Johann Kasimir u. Georg Aribert, erhielt der Letztere 1632 die Amter Wörlitz, Klautsch u. Radegast u. st. 1643; Johann Kasimir st. 1660, seit 1652 war er Senior des Hauses A. Sein Sohn Johann Georg II., der in schwedischen u. zuletzt in brandenburgischen Kriegsdiensten stand, war ein guter Feldherr u. ein toleranter, trefflicher Regent; er starb 1693. Sein Sohn Leopold (der alte Dessauer), war in preußischen Kriegsdiensten hochberühmt; er kämpfte den Spanischen Erbfolgekrieg mit durch, nahm am Nordischen u. am ersten Schlesischen Kriege als General Theil u. ward 1712 preußischer Reichsfeldmarschall. Während des Friedens sorgte er für sein Land; er kaufte den größten Theil der Rittergüter im Dessauischen an sich, verbesserte den Ackerbau, legte neue Dörfer an u. führte das Erstgeburtsrecht in seinem Hause ein. Er war mit Anna Louise Föhse, einer Apothekerstochter aus Dessau, die aber zur Reichsfürstin erhoben wurde. vermählt, die Kinder aus dieser Ehe galten als ebenbürtig. Ihm folgte 1747 sein Sohn Leopold Maximilian, der sich ebenfalls als preußischer General einen Namen machte u. ein trefflicher Fürst war; durch strenge Sparsamkeit tilgte er die Schulden des Landes, kaufte das im Preußischen gelegene Amt Alsleben, starb aber schon 1751. Leopold Friedrich Franz, sein Sohn, folgte bis 1758 unter der Vormundschaft seiner Mutter u. seines Oheims Dietrich, des 2. Sohnes von Leopold (geb. 1702, er hatte sich als preußischer Generallieutenant bei Molwitz u. vor Neisse ausgezeichnet u. st. 1760). Auch Friedrich Franz hatte die ersten Feldzüge des Siebenjährigen Krieges mitgefochten, verließ aber nach der Schlacht bei Kollin das Heer, widmete sich, in größter Einfachheit lebend, ganz seinem Lande u. erhielt die Stadt Zerbst. Er sorgte für Schulen, Rechtspflege, Polizei, baute viele Chausseen, unternahm Fluß- u. andere Bauten u. legte den Garten in Wörlitz an. Er kaufte auch die letzten Rittergüter in seinem Fürstenthume an sich. 1797 erbte er 1/3 von Zerbst. Er trat 1807 dem Rheinbunde bei u. nahm den Herzogstitel an, nachdem sein Land von den Franzosen überschwemmt u. die Preußen geschlagen worden waren. Seine Truppen fochten in Pommern, Spanien u. Deutschland. 1813, vor der Schlacht von Lützen, ging das dessauische Bataillon zu den Alliirten über, u. später[505] erklärte sich der Herzog ganz für die Alliirten u. stellte ihnen sein Contingent. Herzog Leopold Friedrich Franz starb 1817, sein Enkel, Leopold Friedrich (Sohn des 1814 verstorbenen Erbprinzen Friedrich), folgte ihm. Er begünstigte bes. das Schulwesen, schloß sich dem preußischen Zollverein 1834 an, betheiligte sich an der Berlin-Anhalter Eisenbahn u. nahm 1844, im Einverständniß mit seinen Vettern, das Prädicat Hoheit an. Nach dem Erlöschen der Köthenschen Linie im Mannsstamm durch den am 23. November 1847 erfolgten Tod des Herzogs Heinrich, nahm, gemäß der alten Familienverträge, der Herzog von Dessau, als nunmehriger Senior des Gesammthauses, das nun auf die beiden Linien fallende Herzogthum Köthen in Besitz u. übernahm, bis zu weiterer Vereinigung mit Bernburg, die Verwaltung u. Regierung des Landes durch Patent vom 23. Nov. 1847. Die Anfangs März 1848 durch ganz Deutschland gehende Bewegung ließ auch die Anhaltischen Länder nicht unberührt. In Folge von Adressen aus Dessau u. Köthen (10. u. 13. März) an den Herzog erfolgte eine vollständige Gewährung der Volkswünsche, darunter: Emancipation der Juden u. Vertheilung von Äckern aus herzoglichen Domänen; es wurde sodann die Verwaltung von der Justiz getrennt; an die Stelle der bisherigen Landesregierung trat ein Oberlandesgericht, das Consistorium, bis jetzt mit der Regierung verbunden, wurde in eine selbständige oberste Kirchenbehörde umgewandelt, die der Regierung zuständig gewesenen Verwaltungssachen wurden der Kammer, die Aufsicht über katholisches u. jüdisches Kirchen- u. Schulwesen dem Ministerium zugewiesen. Am 31. Juli trat der vereinigte Landtag von Dessau u. Köthen, wozu beide Landestheile eine gleiche Zahl Abgeordneter geschickt hatte, in Dessau zur Berathung einer gemeinsamen Verfassung zusammen; das Gesammtministerium für die gemeinsamen Angelegenheiten bildeten Habicht, v. Goßler u. Köppe. Diese Verfassung, eine ziemlich freisinnige, wurde am 29. October vom Herzoge bestätigt. Aber bereits 1849 begann das Zurückgehen von den Errungenschaften des vorigen Jahres, der constituirende Gesammtlandtag löste sich am 12. März auf, das Ministerium Habicht wurde am 11. Juli entlassen, u. v. Plötz zum Vorsitzenden im neuen Staatsministerium ernannt, dem noch v. Goßler u. Vierthaler angehörten. Jetzt erfolgte der Anschluß Dessaus an das Dreikönigsbündniß. Der seit 15. August wieder versammelte Vereinigte Landtag wurde, weil sich die Regierung mit demselben nicht über die Verfassungsrevision einigen konnte, nebst den beiden Sonderlandtagen am 12. November aufgelöst. Auch war vor Kurzem preuß. Militär in A. eingerückt zum Schutz der Souveränetät des Herzogs. Mit dem neuen, am 18. December eröffneten Vereinigten Landtag wurden im Jahr 1850 wesentliche Veränderungen in der Verfassung vereinbart, daß aus derselben die hervorstechend demokratischen Sätze verschwanden, freilich auch die Patrimonialgerichtsbarkeit u. der eximirte Gerichtsstand aufgehoben wurde. Am 9. Juli 1850 wurde sowohl der Vereinigte Dessau-Köthensche Landtag als auch die beiden Sonderlandtage entlassen. Das zügellose Treiben des demokratischen Vereinswesen, welches seinen stärksten Ausdruck in einem in Dessau abgehaltenen großen Verbrüderungsfeste fand, veranlaßte die Regierung 1851 zur Erlassung eines Gesetzes gegen den Mißbrauch der Presse, so wie auch am 7. Mai gegen die Freien Gemeinden in Dessau. Den 21. Juli wurde der Vereinigte Landtag, so wie die beiden Sonderlandtage aufgelöst u. am 4. November die Verfassung vom 29. October 1848 u. die Grundrechte des deutschen Volkes aufgehoben. Zur Regelung der Verfassungsverhältnisse für die sämmtlichen Anhaltschen Herzogthümer sollte eine besondere Commission in Berathung treten. Im März 1852 erschien eine neue Gemeindeordnung u. ein Gesetz über Unterthanen- u. Heimathsverhältnisse. Anfangs März hatte inzwischen auch die Verfassungscommission ihre Arbeiten geschlossen u. den Entwurf einer für sämmtliche Anhaltsche Herzogthümer, beziehungsweise zunächst für Dessau-Köthen, berechneten Verfassung zu Stande gebracht, der seinen Grundzügen nach auf dem alten ständischen Verfassungsgesetz betreffs der Gesammtlandschaft beruhte. Am 5. Februar 1853 kam endlich nach jahrelangen Verhandlungen mit Bernburg die völlige Vereinigung Köthens mit Dessau zu Stande u. am 7. Mai zur Ausführung, wonach der Herzog von Bernburg seine bisherigen Rechte etc. an Köthen an den Herzog von Dessau übertrug, die vormals gesonderten Ministerien zu Einem als Herzoglich Anhaltsches Gesammtministerium verschmelzen, in gleicher Weise alle Behörden u. ebenso, bis die Verbindung der Anhaltschen Gesammttruppen stattfinden könne, das köthensche u. dessauische Contingent vereinigt werden u. der Herzog von Bernburg als Entschädigung für seine Abtretung von 1851–59 jährlich 7000, vom 1. Jan. 1860 bis zu seinem Ableben jährlich 19,000 Thaler Rente erhalten sollte, während der Herzogin auf die Zeit ihres etwaigen Wittwenstandes 6000 Thaler jährliche Rente ausbedungen waren. Das Gesammtministerium ward nun aus den bisherigen dessauischen u. köthenschen Ministern v. Goßler u. v. Plötz u. dem Ministerialrath Walther gebildet. Durch Gesetz vom 24. Aug. wurde, unter Aufhebung des Jagdgesetzes von 1848 das Jagdrecht auf fremdem Grund u. Boden u. durch Verordnung im Novbr. der besondere Gerichtsstand für das Militär wieder hergestellt. Am 3. Jan. 1854 trat die vereinigte Regierung für Dessau-Köthen zum ersten Male zusammen; ebenso erfolgte die Vereinigung der Consistorien u. der Finanzverwaltung. Vorläufig blieb nur die beiderseitige Staatsschuldenverwaltung getrennt. Die völlige organische Vereinigung der beiden Bundescontingente unter Aufhebung der köthenschen Kriegscommission trat im Juni ein. Am 22. April war die Vermählung des Erbprinzen Friedrich mit der Prinzessin Antoinette, Tochter des verstorbenen Prinzen Eduard von Sachsen-Altenburg zu Altenburg erfolgt. Die Verfassungsfrage war insofern in ein neues Stadium getreten, als der engere Ausschuß der alten Landschaft des gesammten Herzogthums, bes. die Ritterschaft von Bernburg u. Köthen, im Jahre 1853 eine Beschwerde bei dem Bundestage gegen den von der dessauischen Regierung veranlaßten Gesammtverfassungsentwurf erhoben hatte, indem die Protestirenden sich auf ihr Recht beriefen, bei Verfassungsfragen gehört zu werden etc., der Bundestag aber ihren Antrag auf Rehabilitation ihrer Rechte anerkannt hatte. Mit dem 1. Juni 1855 trat ein neues Polizeistrafgesetzbuch in Kraft, wie es die Vereinigung der[506] bisher hinsichtlich der Polizeigesetzgebung sehr verschieden gestellten Herzogthümer erforderte. Am 18. Juli 1855 wurde die Erbprinzessin Antoinette von einem Prinzen entbunden.

B) Linie A.-Bernburg. Fürst Christian, der 2. Sohn Joachim Ernsts, hatte 1603 die Regierung von Bernburg übernommen, doch kam er bis 1624 selten in sein Land, da er erst in kurpfälzischen Diensten u. unter Friedrich von der Pfalz Statthalter in Böhmen gewesen u. 1620 flüchtig geworden war. Durch die Vermittelung Sachsens u. Brandenburgs ward er mit dem Kaiser versöhnt (über sein Wirken im Dreißigjährigen Krieg, s.d.). Seit 1618 war er Senior des Hauses A. u. st. 1630. Ihm folgten seine Söhne Christian II., der schon zu des Vaters Lebzeiten Theil an der Regierung nahm, u. der noch unmündige Friedrich. 1635 theilten sie u. stifteten folgende Linien: a) Friedrichsche od. Harzgerodische Linie 1635–1709. Friedrich, der jüngere Fürst, war fast stets auf Reisen u. nahm sich erst von 1656 der Regierung thätig an; 1661 wurde er Senior des Hauses, führte das Erstgeburtsrecht 1665 ein u. st. 1670. Sein Sohn, Wilhelm, that viel für die Bergwerke u. st. 1709 ohne Sohn. Das Land fiel an Vernburg zurück. b) Christiansche od. eigentliche Bernburgsche Linie, bis 1709. Christian II., der ältere Fürst, erhielt Bernburg. Er stand bei Kaiser Ferdinand III. in großem Ansehen, war oft in Wien u. st. 1656. Sein Sohn Victor Amadeus folgte, er verbesserte die Cultur des Landes, that viel für Rechts- u. Polizeipflege, baute Brücken, Waisen- u. Arbeitshäuser, bezahlte die Landesschulden u. kaufte große Güter. Unter jhm fielen Plötzkau (1665) u. die Harzgerodischen Ämter (1709) an Bernburg zurück. Er führte 1677 das Erstgeburtsrecht ein, weshalb u. wegen der 2. Heirath seines ältesten Sohnes, er mit seinen Söhnen vielen Verdruß hatte; st. 1718 erblindet. Sein Sohn, Karl Friedrich, folgte ihm, st. aber schon 1721, er war in 1. Ehe mit Sophie Albertine v. Solms-Sonnewalde, den in 2. aber, gegen Willen seines Vaters, mit Wilhelmine Charlotte, Tochter des Canzleiraths Nüßler, vermählt, u. ließ dieselbe nach seinem Regierungsantritt zur Gräfin v. Ballenstädterheben, konnte es jedoch nicht durchsetzen, daß seine Söhne von ihr (die 1723 zu Grafen v. Bärenfeld erhoben wurden) successionsfähig wurden. Ihm folgte sein Sohn aus 1. Ehe, Victor Friedrich. Er kaufte ebenfalls viele Güter, ward 1755 Senior des Hauses A., that viel für Verbesserung des Landes, was jedoch so wenig anerkannt wurde, daß ein Aufstand 1752 ausbrach; st. 1765. Friedrich Albrecht, sein ältester Sohn u. Nachfolger, hatte früher in preußischen, seit 1761 in dänischen Diensten gestanden; er verlegte die Residenz nach Ballenstädt, war Beförderer des Ackerbaues, wirkte vortheilhaft auf Rechtspflege u. Verwaltung, baute Landstraßen u. vermehrte u. verbesserte die Schulen; 1789 wurde er Senior des Hauses A. u. st. 1796. Unter seinem Sohne Alexius Friedrich Christian fiel 1797 der 3. Theil des Fürstenthums Zerbst an Bernburg. Auch er nahm 1806 den Herzogstitel an, trat 1807 dem Rheinbunde bei, stellte gleich Dessau, nothgedrungen, sein Contingent für Napoleon, aber 1813 im October gegen Frankreich, wurde 1817 Senior des Hauses A. u. st. 1834. Er war von seiner 1. Gemahlin Marie Friederike von Hessen 1817 geschieden, in 2. morganatischer Ehe 1818 mit deren Hofdame, Fräulein v. Sonnenberg (als Frau v. Hoym), u. als diese in demselben Jahre starb, mit deren Schwester vermählt, welche ebenfalls den Namen Frau v. Hoym führte. Ihm folgte 1834 sein Sohn Alexander Karl, dem ein seit 1833 bestehender, aus 5 Mitgliedern gebildeter Conferenzrath zur Seite stand, welcher die oberste Leitung der Landesverwaltung in der Hand hatte. Der Conferenzrath besaß schon vor dem Jahre 1848, trotz seiner klugen Haltung, keine Sympathien im Volke. Über der wenig günstigen Lage der Finanzverhältnisse u. den mittelalterlichen Justizwesen übersah man die mancherlei guten Einrichtungen, die man der Regierung verdankte. Bei dem Eintritt der deutschen Bewegung im März 1848 glaubte nun der Conferenzrath am klügsten zu handeln, wenn er selbst dem Volke entgegenkäme, u. so ließ er eine Proclamation des Herzogs vom 14. März das Volk selbst zur Darlegung seiner Bitten u. Wünsche unter Vermittelung der berichtigenden u. berathenden Obrigkeiten auffordern. Das Volk überreichte darauf am 20. März eine Petition, die Frucht mehrerer großen Volksversammlungen in Bernburg, welche im Wesentlichen die allgemeinen deutschen Forderungen enthielt, u. bekam am 24. März ein befriedigendes Rescript. Durch die zögernde Politik der Regierung, sowie durch die allmälige Wiederbeschränkung der verliehenen Freiheiten ward jedoch die Anfangs friedliche Stimmung gestört, u. nun erhielt Bernburg am 3. Mai ein verantwortliches Ministerium (v. Kersten, v. Braun, v. Salmuth u. v. Krosigk). Am 31. Juli trat der Landtag zur Verfassungsberathung zusammen, u. dieselbe war schon am 7. October beendigt; hervorstechende Punkte waren: directe Wahlen ohne Census, Trennung der Kirche u. Schule, unentgeltliche Aufhebung der Jagd, der Exemtionen, Privilegien etc., progressive Einkommensteuer, suspensives Veto. Als das Ministerium am 13. October einen dem Landtag nicht genügenden Bescheid gab, so erklärte sich der Landtag selber bis zu der Sanction der Verfassung einstimmig für permanent. In Folge der Absendung einer Deputation an den Herzog wählte derselbe ein neues Ministerium (Kersten-Mey) u. dies schritt auch rasch vorwärts, so daß die beschlossene Verfassung schon am 31. October revidirt u. redigirt war. Nur die Bestätigung des Herzogs fehlte noch u. dieselbe blieb auch aus, da derselbe seine Residenz verlassen u. sich nach Quedlinburg begeben hatte. Es erschien nun auf Bitten des Herzogs am 16. November der Oberappellationsgerichtsrath v. Ammon aus Köln als Reichscommissär in Bernburg, wonach der Herzog wenigstens wieder nach Ballenstädt zurückkehrte u. das neue Ministerium (v. Krosigk) sich in Verbindung mit dem Landtag setzte, wobei stark die Rede davon war, daß der Herzog von Dessau die Regentschaft des Landes, doch bei vollgewährter Selbständigkeit Bernburgs, übernehmen möchte. In Folge dieser Verhandlungen, wobei es nicht ohne Kränkungen gegen den Herzog Seiten des Landtages abgegangen war, wurde am 14. December der Landtag aufgelöst u. zugleich eine octroyirte Verfassung propagirt, deren Revision dem nächsten Landtag vorbehalten bleiben sollte. Die nun auf den 18. Februar 1849 ausgeschriebenen Neuwahlen, die überwiegend demokratisch ausfielen,[507] gaben Veranlassung zu einem Tumult in Bernburg, wobei ein verhafteter Demokrat gewaltsam aus dem Gefängniß befreit u. darauf von dem Militär auf die Tumultanten gefeuert wurde; das Ministerium sprach den Belagerungszustand über Bernburg aus u. rief preußisches Militär herbei, welches erst nach 5 Monaten Bernburg verließ, während der Belagerungszustand am 11. April wieder aufgehoben wurde. In der Folge schloß sich Bernburg am 9. Juni dem Dreikönigsbündniß an. Am 21. August trat der Landtag zusammen u. die gesetzgeberische Thätigkeit schritt rasch vor. Im Aug. 1849 sprach ein Gesetz die Trennung der Verwaltung von der Justiz aus; im Februar 1850 erschienen Gesetze wegen Aufhebung der 7 Patrimonialgerichte des Landes u. Organisation von Untergerichten, ferner zur Verhütung des Mißbrauchs der Presse u. Regelung des Vereins- u. Versammlungsrechts u. die vom 29. Februar 1850 datirte Verfassung wurde als Landesverfassungsgesetz am 15. Mai publicirt, zugleich mit dem Wahlgesetz u. einer Gemeinde- u. Kreisordnung. Am 23. März schloß das Ministerium den Landtag. Bei dem außerordentlichen Landtage, welcher im Juli einberufen wurde, gab es Conflicte mit der Regierung, die deshalb die Protokolle vom 26. Juli mit Beschlag belegte u. am 1. September den Landtag ganz auflöste. Mit dem am 2. November 1851 eröffneten, überwiegend conservativ gesinnten Landtage, vereinigte sich die Regierung über verschiedene wesentliche Verfassungsmodificationen, wie über Wiedereinführung der Todesstrafe, Abschaffung der unbedingten Theilbarkeit des Grundbesitzes, der Aufhebung der Grundrechte etc. In der nächsten Diät vom 1. Nov. 1852 beschäftigte sich der Landtag außer mit Gesetzentwürfen über die Abänderung mehrerer Bestimmungen der Militärstrafgesetzgebung u. über die Eidesformel bes. mit dem Finanzetat u. nahm im April 1853 die Mittheilung wegen der Abtretung Köthens an Dessau entgegen. Der neue Landtag trat am 1. November zusammen, zunächst nur für finanzielle Arbeiten. Der Herzog stiftete eine Militärdenkmünze als Belohnung für in den Jahren 1848 u. 1849 erprobte Treue. Der nächsten Session der Stände vom 1. Nov. 1854 an fiel die Aufgabe zu, die auch auf die bernburgischen Verfassungsverhältnisse bezüglichen u. von der Bundesversammlung anerkannten Ansprüche der Ritterschaft des Landes mit den aus dem neuen Verfassungsgesetze herfließenden Rechtszuständen in Einklang zu bringen u. somit zugleich auf die Organisirung der von der Bundesversammlung empfohlenen Anhaltschen Gesammtverfassung hinzuarbeiten. Demzufolge ging die Landschaft zunächst an die Berathung einer, dem neuen dessauischen Gesetze ganz nachgebildeten Gemeindeordnung als Grundlage für die angestrebte Umbildung des staatlichen Organismus. Hinsichtlich der zu Ende gehenden Militärconvention mit Preußen sprach sich die Regierung für deren Erneuerung aus, da die nun schon seit Jahren mit Dessau gepflogenen Verhandlungen wegen Bildung eines anhaltschen Truppencorps zu keinem befriedigenden Ergebniß geführt hatten. Am 8. Oct. 1855 ernannte der Herzog wegen seiner geschwächten, der möglichsten Schonung bedürftigen Gesundheit, seine Gemahlin Friederike zur Mitregentin, so zwar, daß alle landesherrlichen Beschlüsse u. Verfügungen von Beiden gemeinsam erlassen u. vollzögen werden, daß jedoch in Behinderungsfällen aus Gesundheitsrücksichten des Herzogs auch die alleinige Vollziehung von Gesetzen etc. durch die Mitregentin volle Gültigkeit hat. c) Bernburg-Schaumburg-Hoymsche Nebenlinie. Obgleich Victor Amadeus (s. oben) das Erstgeburtsrecht eingeführt hatte, so übergab er doch seinem 2. Sohn Leberecht das Amt Hoym u. einige Güter, aber ohne Landeshoheit. Dieser vermählte sich 1692 mit der Erbtochter des Grafen von Nassau-Schaumburg, brachte die Herrschaft Schaumburg an sich u. gab seinem ganzen Besitz den Namen A.-Bernburg-Schaumburg-Hoym. Leberecht starb 1727; sein Sohn Victor Amadeus Adolf st. 1772; dessen Sohn Karl Ludwig übernahm dann die Regierung bis 1806, u. mit dessen Söhnen Victor Karl Friedrich u. Friedrich Ludwig Adolf, welche beide im December 1812 starben, erlosch diese Linie (vgl. Westarp); Hoym fiel an Bernburg zurück, Schaumburg aber als Allodium den Anhalt-Schaumburgischen Prinzessinnen Hermine u. Adelheid zu. Noch lebt von dieser Linie Prinzessin Emma (s.d.) verwittwete Fürstin von Waldeck.

C) Jüngere Linie A.-Zerbst. Rudolf VII., 4. Sohn Joachim Ernsts, erhielt 1603 das Fürstenthum Zerbst als Antheil; er st. schon 1621 u. hinterließ den erst 5 Monate alten Johann II. Seine Mutter, Tochter des Grafen Johann XVI. von Oldenburg, zog mit ihm nach Oldenburg, u. als Vormund regierte Fürst August. Als Johann zur Regierung kam, führte er die Lutherische Lehre statt der Reformirten in Zerbst ein, weshalb es zu manchen Händeln mit der Stadt kam; 1667, wo er st., erbte er von seinem Oheim mütterlicher Seits die Herrschaft Jever in Ostfriesland. Sein Sohn, Karl Wilhelm, folgte, Anfangs unter Vormundschaft seiner Mutter, seit 1674 selbständig; er führte die Primogenitur ein, jedoch so, daß die nachgeborenen Prinzen einen Antheil an der Regierung behielten, schloß einen Erbvertrag mit den anderen Anhaltischen Linien, wurde 1718 Senior u. st. noch in diesem Jahre. Sein Sohn, Johann August, st. 1742 ohne Erben, u. nun fiel das Land an die Enkel des Fürsten Johann u. Söhne von dessen 6. Prinzen Johann Ludwig, Johann Ludwig (st. 1746) u. Christian August (st. 1747); worauf Friedrich August, der Sohn Christian Augusts, unter der Vormundschaft seiner Mutter, Prinzessin von Holstein-Gottorp, zur Regierung kam; 1752 wurde er für mündig erklärt; auch er st. 1793 ohne Kinder, u. sein Land fiel an Dessau, Bernburg u. Köthen, die es 1797 theilten, die Herrschaft Jever aber an die Kaiserin Katharina II. von Rußland, der Schwester des Fürsten Friedrich August.

D) Linie A.-Köthen. a) Erste Köthensche Linie, gestiftet 1603 von Ludwig VIII., jüngstem Sohn des Fürsten Joachim Ernst, einem musterhaften Fürsten; st. 1649. Sein Sohn Wilhelm Ludwig folgte unter Vormundschaft seines Oheims August u. regierte seit 1660 allein; st. aber schon 1665 unbeerbt, u. Köthen fiel nun an die Söhne Augusts von A.-Plötzkau. b) Plötzkau-Köthensche Linie. August hatte zwar 1603 auf seinen Antheil gegen eine Summe von 300, 000 Thlr. verzichtet (s. oben II. C) b), bewog aber später seinen Bruder Christian von Bernburg,[508] ihm das Amt Plötzkau abzutreten. Dieser Fürst beschäftigte sich viel mit Alchemie, führte die Vormundschaft über die unmündigen Fürsten von Köthen u. Zerbst u. st. 1653. Von seinen Söhnen st. der älteste, Ernst Gottlieb, 7 Monate nach dem Vater; die beiden anderen, Leberecht u. Emanuel, regierten über Plötzkau gemeinschaftlich, bis ihnen 1665 Köthen zufiel, worauf sie Plötzkau wieder an Bernburg abtraten u. Köthen gemeinschaftlich regierten. c) Zweite Köthensche Linie. Fürst Leberecht st. kinderlos 1669 u. Emanuel im Nov. 1670; seine Gemahlin, eine Gräfin von Stollberg, gebar 1671 nach seinem Tode Emanuel Leberecht u. führte die Vormundschaft mit dem Fürsten Johann Georg von Dessau über ihren Sohn bis zu ihrem Tode 1691; 1692 trat Emanuel Leberecht die Regierung an, begünstigte die Lutheraner u. hatte deshalb viel Zwist mit der Reformirten Geistlichkeit u. wegen seiner unebenbürtigen Ehe (mit Fräul. v. Rath) mit seinen Agnaten. Er führte die Primogenitur ein u. st. 1704; von seinen 2 Söhnen folgte der ältere, Leopold, unter der Vormundschaft seiner zur Reichsgräfin erhobenen Mutter. 1715 wurde er mündig, bes. war er bemüht, die Irrungen zwischen den Reformirten u. Lutheranern, welche unter der vormundschaftlichen Regierung seiner lutherischen Mutter neu entstanden waren, beizulegen; auch hatte er Händel mit seinem Bruder, welcher die Primogenitur nicht anerkennen wollte. Er st. schon 1728 ohne männliche Erben, u. sein Bruder August Ludwig folgte ihm, der viel für die Culturales Landes that, aber durch einen Proceß mit der Tochter seines Bruders, Gisela Agnes, in große Schulden kam. 1747 ward er Senior der Anhalt. Häuser u. st. 1755. Sein Sohn Karl Georg Leberecht, der nacheinander in dänischen, preußischen u. als Feldmarschalllieutenant in kaiserlichen Kriegsdiensten stand, war sein Nachfolger. Er wirkte für Verbesserung der Rechtspflege, that viel für Ackerbau u. Industrie u. st. 1789 zu Semlin im Feldzuge gegen die Türken. Sein Sohn August Christian Friedrich, ebenfalls in kaiserlichen Kriegsdiensten stehend, folgte, nahm 1797, nach dem Frieden von Leoben, seinen Abschied, vermehrte sein Land 1797 durch den 3. Theil von Zerbst, nahm 1806 den Herzogstitel an, trat 1807 dem Rheinbunde bei, stellte sein Contingent für Napoleon, organisirte 1810 sein Land ganz auf französische Weise, machte es erst zu 2, dann zu 1 Departement, errichtete einen Staatsrath, führte den Code Napoléon ein, stiftete 1811 einen Verdienstorden u. st. 1812. Auf ihn folgte, unter Vormundschaft des Herzogs Friedrich Franz von Dessau, sein Sohn Ludwig August Karl Friedrich Emil, geb. 1802. Dieser hob sogleich die französischen Einrichtungen wieder auf, starb aber schon 1818 u. mit ihm erlosch die ältere Linie Köthen. Das Land fiel nun an den Fürsten Friedrich Ferdinand von A.-Pleß, der die 3. Linie A.-Köthen stiftete (siehe e). d) Linie A.-Pleß. Friedr. Erdmann, der 2. Sohn des Fürsten August Ludwig von Köthen u. der Bruder des Fürsten Karl Georg Leberecht, hatte 1765 von dem Grafen von Promnitz die Herrschaft Pleß in Oberschlesien als Schenkung unter den Lebenden erhalten. Er stiftete die Linie A.-Pleß, die eine Secundogenitur der Hauptlinie bildete, u. st. 1797. Sein Sohn, Friedrich Ferdinand, folgte ihm in Pleß u. nach dem Aussterben der Hauptlinie 1818 auch in Köthen, wogegen sein jüngerer Bruder, Heinrich, u. als dieser 1830 die Regierung in Köthen erhielt, Ludwig Fürst von Pleß ward; dieser st. 5. Nov. 1841 u. Pleß fiel wieder an die Hauptlinie. So ward Friedr. Ferdinand Stifter der e) neuesten Linie Köthen. Friedrich Ferdinand, der bereits 1807 als preußischer General den Oberbefehl in Schlesien geführt hatte, trat 1825 in Paris zur katholischen Confession über, erbaute eine katholische Kirche in Köthen u. hob die 1818 erfolgte Vereinigung der Reformirten u. Lutherischen Glaubensgenossen 1824 wieder auf. Er war mit Julie, Gräfin von Brandenburg, natürl. Tochter Friedrich Wilhelms II. von Preußen, vermählt Er st. 830, u. ihm folgte sein Bruder Heinrich, der damals Fürst von Pleß war; dieser schloß sich dem preußischen Zollverein an u. unterstützte die magdeburg-hallische Eisenbahn. Das Land war in bedrängten Finanzverhältnissen, da die Schuldenmasse in der letzten Zeit, namentlich unter der Regierung des Herzogs Ferdinand, über das Doppelte gestiegen war u. sich bis auf 4 Millionen Thlr. belief. Mit der Berufung des preußischen Regierungsrathes von Goßler zum Präsidenten bei dem Landesdirectionscollegium u. der Ernennung des Geh. Regierungsrathes Vierthaler zum Mitgliede der Staatsschuldencommission im Jahre 1846 schien der Herzog ernstlich eine Ordnung in die finanziellen Wirren bringen zu wollen, stieß aber dabei auf neue Schwierigkeiten wegen des agnatischen Consenses. Die Überlassung der, mit dem Tode des noch einzigen Bruders des Herzogs, Ludwig von A.-Köthen-Pleß (st. 5. Nov. 1841), wieder an den Herzog gefallenen Herrschaft Pleß in Oberschlesien an den Grafen Hochberg gegen eine Jahresrente von 30, 000 Thlrn. im Jahre 1846, war jedenfalls auch durch die Finanzverlegenheiten bedingt worden, obschon die Grafen Hochberg, als Schwesterkinder des Herzogs, bei dem Erlöschen der Köthenschen Linie die nächste Anwartschaft auf Pleß hatten. Herzog Heinrich starb 23. Nov. 1847, u. da mit ihm die Linie im Mannesstamm erlosch, so fiel Köthen an Dessau, s. oben A). Literatur: Beckmann, Historie des Fürstenthums Anhalt, Zerbst 1710, 7 Thle., Fol.; dessen Accessiones histor. Anhalt., ebd. 1716, Fol.; Bertram, Gesch. des Hauses u. Fürstenthums Anh., fortges. von Krause, Halle 1780–82, 2 Bde.; Stenzel, Handb. der Anhalt. Gesch., Dess. 1820; Lindner, Gesch. u. Beschr. des Landes Anhalt, ebd. 1833; u. Ders. Mittheilungen aus der Anh. Gesch., ebd. 1830.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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