Nachdruck [2]

Nachdruck [2]

Nachdruck, die Verletzung eines fremden Verlagsrechtes durch Vervielfältigung eines literarischen od. artistischen Erzeugnisses. Dem bloßen Wortsinn nach bedeutet zwar N. jeder Wiederabdruck eines schon gedruckten Werkes, allein der Sprachgebrauch hat von jeher mit dem Worte N. die Bezeichnung der Widerrechtlichkeit verbunden, so daß der Begriff auf solche Nachbildungen zu beschränken ist, durch welche der eigentliche Verlagsberechtigte in der ausschließlichen Nutzung seines Erzeugnisses beeinträchtigt wurde. Dennoch hat es lange gewährt, ehe diese Widerrechtlichkeit des N-s zu allgemeinerer Anerkennung gelangte, u. erst der jüngsten Vergangenheit gebührt das Verdienst, einen kräftigen gesetzlichen Schutz gegen den N. geschaffen zu haben.

I. So lange die Bücher nur durch Abschriften vervielfältigt wurden, lag für den Autor kein dringender Grund vor, eine ausschließliche Befugniß zur Vervielfältigung seiner Geistesproducte zu beanspruchen. Es ist daher erklärlich, daß weder im Römischen Recht, noch in den Rechtsquellen des Mittelalters sich Bestimmungen entdecken lassen, welche einen Schutz des literarischen Eigenthums in diesem Sinne zum Zwecke haben. Erst als die Erfindung der Buchdruckerkunst ein leichtes Mittel der Vervielfältigung bot, die geistigen Erzeugnisse der Schriftsteller dadurch eine ganz neue Bedeutung erlangten u. in der Verwerthung der gedruckten Exemplare sich eine Quelle pecuniären Gewinnes für die Autoren eröffnete, erkannte man die wesentliche Beeinträchtigung, welche den Schriftstellern[623] u. Verlegern durch den N. erwuchs. Fast so alt, wie die Buchdruckerkunst selbst, sind die Klagen über den N. Schon Luther, Erasmus, Albrecht Dürer klagten über den unbefugten N. u. bez. die Nachbildung ihrer Werke; allein so bald auch das Gefühl der Unsittlichkeit desselben lebendig wurde, so wenig fanden sich doch im bestehenden positiven Recht Sätze, mit welchen demselben beizukommen gewesen wäre. Bei der Neuheit der ganzen Erscheinung bedurfte es erst der Bildung neuer Rechtssätze, um einen Rechtsschutz zu Stande zu bringen. Eine erste Hülfe brachten die Privilegien (Privilegia impressoria), durch welche einzelnen Buch. druckern Schutz gegen den N. bestimmter Werke gewährt wurde, in denen aber gerade dadurch, daß sie als Privilegien, d.h. als Ausnahmen, gegeben wurden, die Anerkennung lag, daß das bestehende Recht keinen Schutz gewähre. Das erste Beispiel eines solchen Privilegiums findet sich in Venedig 1469 für Johann v. Speyer; in Deutschland wurde das erste Privilegium dieser Art 1501 vom Reichsregiment für die Opera Hroswithae, in Frankreich 1507 u. in England 1518 ertheilt. Der Schutz dieser Privilegien war indessen gemeiniglich von nur geringer Wirksamkeit. Abgesehen davon, daß sie meist nur mit großen Schwierigkeiten zu erlangen waren, bildeten sie immer nur willkürliche Vergünstigungen; auch konnten sie bei der Zersplitterung der staatlichen Verhältnisse nicht soweit reichen, daß es nicht möglich geblieben wäre, das Verbot des N-s zu umgehen. Sollte wirklich nachhaltig u. umfassend geholfen werden, so mußte die Ausnahme zur Regel, die Wohlthat der Privilegien durch ein allgemeines Gesetz allen Geisteswerken zugetheilt werden. Die erste Verordnung, welche neben Censurbestimmungen etc. eine allgemeine Vorschrift wider den N. enthielt, war in Deutschland ein kursächsisches Mandat vom 27. Febr. 1686; eine zweite weitergehende Verordnung war daselbst das. Mandat vom 18. Dec. 1773, wonach alle im Lande gedruckten Werke, mochte der Verleger ein In- od. Ausländer sein, nicht nachgedruckt, noch die Nachdrucke verbreitet werden durften. In Österreich untersagten Verordnungen vom 11. Febr. 1775, 13. Jan. 1785 u. 7. Febr. 1794 den N. inländischer Werke, gestatteten ihn aber bei ausländischen. Dasselbe that das Preußische Landrecht von 1794. Ein nachhaltiger Schutz wurde durch diese Landesgesetze überall nicht geschaffen; dieser wäre nur von einem Reichsgesetze zu erwarten gewesen, welches aber, obgleich in den Wahlcapitulationen der beiden Kaiser. Leopold II. u. Franz II. versprochen wurde, daß ein Reichsgutachten darüber erstattet werden sollte, inwiefernder Buchhandel durch die völlige Unterdrückung des N-s von seinem Verfall zu retten sei, nicht erlassen wurde. Vielfach wurde der N. theils aus rechtlichen, theils auch aus politischen Gründen in Schutz genommen. In erster Hinsicht argumentirte man, daß es Jedem unbenommen sein müsse, mit seinem erworbenen Eigenthum zu machen, was er wolle, daher auch ein erworbenes Exemplar eines Buches wie abschreiben, so auch abdrucken zu lassen: daß ferner der N. in gleicher Weise ein Nachmachen sei, als die Copirung eines Kunstwerkes, welches Niemand verboten sei. Offenbar waren auch die Gründe so lange nur schwer zu widerlegen, als man von dem Standpunkte des Gemeinen Rechtes ausging, da alle Theorien, welche man ver schiedentlich aufzustellen suchte, um die Herausgabe eines Werkes entweder auf die Grundlage des ausschließlichen Rechtes eines Gewerbtreibenden (Kant) od. auf die Natur eines wirklichen Eigenthums des Verfassers an seinem Geistesproducte (literarisches, artistisches Eigenthum nach Fichte, Hegel, Krug, Schmid u.a.) zu stützen, im positiven Rechte keinen haltbaren Grund zu finden vermochten. In zweiter Hinsicht rühmte man wohl als Vortheile des N-s, daß er das kräftigste Mittel sei, den zu hohen Bücherpreisen zu steuern, daß ein Verbot des N-s den eigenen Unterthanen gegenüber dem Auslande Schaden zufüge u. daß der N. indirect die Verbreitung der Cultur durch den massenhaften Vertrieb der Preßerzeugnisse, namentlich gerade der besten, befördere. Ein Vertheidiger des N-s war namentlich L. F. Griesinger, welcher durch sein Buch: Der Büchernachdruck aus dem Gesichtspunkte des Rechts, der Moral u. Politik, Stuttg 1822, u. noch später durch seine Wirksamkeit in der württembergischen Kammer zur Forterhaltung des N-s nicht unwesentlich beitrug. Dennoch konnten diese Versuche, den N. in Schutz zu nehmen, die immer mächtiger werdende Überzeugung von der Unrechtlichkeit u. Schädlichkeit des N-s nicht aufhalten. Man erkannte zugleich immer mehr, daß die zur Verhinderung des N-s zu fassenden Maßregeln, wenn sie sich für Deutschland als kräftig erweisen sollten, als eine allgemein deutsche Sache zu behandeln sei. Bei der Gründung des Deutschen Bundes wurde deshalb auch, hauptsächlich in Veranlassung einer dem Wiener Congreß von den angesehensten deutschen Buchhändlern überreichten Denkschrift, in Art. 18 der Bundesacte als Aufgabe der Bundesversammlung hingestellt, bei ihrer ersten Zusammenkunft sich mit Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Preßfreiheit u. die. Sicherstellung der Rechte gegen den N. zu beschäftigen. In Folge hiervon wurde auch im Jahr 1819 der Bundesversammlung von einer dazu niedergesetzten Commission der Entwurf einer, bezüglichen Verordnung vorgelegt; allein die verschiedenen Interessender einzelnen Bundesstaaten, von denen in einigen (namentlich Württemberg) der N. blühte, verhinderten eine allgemeine Vereinbarung darüber. Inzwischen suchten wenigstens einige Staaten, namentlich Preußen, durch Particulargesetze u. Abschluß von (Conventionen dem Übel zu steuern, u. unter dem 6. Sept. 1832 kam es endlich auch zu einem ersten Bundesbeschluß, wonach vorläufig der Grundsatz festgestellt wurde, daß bei Anwendung der gesetzlichen Vorschriften u. Maßregeln wider den N. in Zukunft der Unterschied zwischen den eigenen Unterthanen eines Bundesstaates u. jenen derübrigen im Bunde vereinigten Staaten in der Art aufgehoben werden solle, daß die Herausgeber, Verlegern. Schriftsteller eines Bundesstaatessich in jedem anderen Bundesstaate des dort bestehenden Schutzes gegen den N. zu erfreuen hätten. Einen weiteren Fortschritt enthielt eine in das Schlußprotokoll der Wiener Conferenzen (s.d.) vom 7. Juni 1834 aufgenommene Punctation, wonach sämmtliche Regierungen sich dahin vereinbarten, daß der N. im Umfange des ganzen Bundesgebietes zu verbieten u. das schriftstellerische Eigenthum nach gleichförmigen Grundsätzen festzustellen u. zu schützen sei. Diese Puncttion wurde unter dem 2. April 1835 einhellig zum Bundesbeschluß erhoben. Endlich wurden durch einen weiteren. Bundesbeschluß vom 9. Nov. 1837 mehre positive Bestimmungen getroffen, durch[624] welche allen innerhalb des Bundesgebiets erscheinenden literarischen Erzeugnissen u. Werken der Kunst ein Schutz auf 10 Jahre vom Jahre des Erscheinens (für die bereits erschienenen vom Tage des Beschlusses) gewährt wurde. Dieser Schutz wurde durch einen Bundesbeschluß vom 22. April 1841 auch auf die musikalischen u. dramatischen Werke in der Weise ausgedehnt, daß den Autoren solcher Werke auf 10 Jahre nach der ersten vom Autor genehmigten od. veranstalteten Aufführung ein Verbietungsrecht gegen unbefugte Aufführungen durch Dritte eingeräumt wurde. Noch erweiterte Befugnisse schuf ein Bundesbeschluß vom 19. Juni 1845, indem derselbe die Schutzfrist regelmäßig auf Lebenszeit des Autors u. 30 Jahre nach dessen Tode erstreckte, die civil- u. strafrechtlichen Folgen des N-s genauer feststellte u. für das Beweisverfahren die Vernehmung Sachverständiger anordnete, u. ein Bundesbeschluß vom 6. Nov. 1856, welcher die Schutzfrist für Werke solcher Autoren, welche vor dem Bundesbeschluß vom 9. Nov. 1837 verstorben sind, bis zum 9. Nov. 1867 ausdehnte.

Auf diesen Bundesbeschlüssen beruht gegenwärtig hauptsächlich der Rechts zustand in Deutschland bezüglich des literarischen u. artistischen Eigenthums, nur sind in einzelnen Staaten diese Beschlüsse dnrch Landesgesetze noch erweitert, näher bestimmt od. modificirt worden. In Österreich erschien in dieser Beziehung ein umfassendes Patent vom 19. Oct. 1846, welches später auch auf Ungarn, Siebenbürgen u. Krakau ausgedehnt worden ist; in Preußen ein Gesetz vom 11. Juni 1837 nebst Instruction vom 15. Mai 1838 u. ein Gesetz vom 20. Februar 1854; in Baiern erhielt der Bundesbeschluß von 1837 eine weitere Ausführung durch ein Gesetz vom 15. April 1840. Im Königreich Sachsen erging unter Aufhebung aller früheren Bestimmungen ein umfassender Zusatz nebst Ausführungsverordnung vom 22. Februar 1844, wozu ein Gesetz vom 20. Juli 1855 noch eine Erweiterung gab. In Württemberg, wo früher ein Rescript vom 25. Februar 1815 den Schutz gegen N. lediglich von Privilegien abhängig machte, erschienen in Folge der Bundesbeschlüsse Gesetze vom 17. October 1838 u. 24. August 1845; im Kurfürstenthum Hessen Gesetze vom 13. Juli 1846 u. eine Verordnung vom 8. Februar 1855; in Braunschweig ein Gesetz vom 10. Februar 1842; in Sachsen-Weimar das mit dem preußischen Gesetz von 1837 wörtlich übereinstimmende Gesetz vom 11. Jan. 1839 mit Instruction vom 7. Febr. 1845; in Hamburg eine revidirte Verordnung vom 29. Nov. 1847; in Lübeck zwei Verordnungen vom 31. Juli 1841 u. 12. Juli 1845. Dieselben Grundsätze, welche in diesen Bundesbeschlüssen u. Particulargesetzen zur Anerkennung gelangten, kamen aber seit Mitte des vorigen Jahrh. allmälig auch in den außerdeutschen Ländern Europa's in gleicher Weise zur Geltung. So erschien in Frankreich seit 1791 eine ganze Reihe von Gesetzen u. Decreten zum Schutz der Rechte der Autoren (die wichtigsten vom 19. Juli 1793, 5. Febr. 1810, 9. Jan. 1828, 8. u. 29. April 1854), welche das ausschließliche Recht der Schriftsteller, Componisten etc., ihre Werke auf französischem Territorium vervielfältigen u. verbreiten zu lassen, anerkannten. Die Rechte des Autors sind danach für ihn u. seine Wittwe auf Lebenszeit den Kindern, auf 30 Jahre, anderen Erben auf 10 Jahre vom Tode des Autors od. seiner Wittwe an gerechnet, geschützt. In England wurde die erste Parlamentsacte über das. literarische Eigenthum (Copyright) im Jahr 1710 gegeben; gegenwärtig beruht das Recht hierüber bes. auf den Parlamentsacten vom 29. Juli 1814, 9. Sept. 1835, 28. Juli 1838, 1. Juli 1842, 10. Mai 1844 (über das Recht der Ausländer) u. 14. Aug. 1850. Das Autorrecht erlischt gar nicht, wenn es der Krone, den Universitäten Oxford u. Cambridge u. m. a. Collegien zusteht; sonst ist dasselbe dem Autor für seine Lebenszeit u. seinen Erben noch sieben Jahre nach seinem Tode, od. im Ganzen 42 Jahre von der Veröffentlichung an gewährleistet. Werken, welche zuerst im Ausland erschienen sind, kann der den englischen Erzeugnissen gewährte Schutz durch königliche Ordonnanz verliehen werden. In Belgien dauern die Rechte des Autors u. seiner Rechtsnachfolger nach Gesetz vom 15. Jan. 1817 (zugleich Grundlage des Niederländischen Rechts) u. Decret vom 21. Oct. 1830 bis 20 Jahre, in Spanien (Gesetz vom 10. Juni 1847) bis 50 Jahre, in Portugal (Gesetz vom 8. Juli 1851) u. Sardinien (Decret vom 5. Febr. 1828) bis 30 Jahre, in Rußland (Ukas vom 21. Januar 1846) regelmäßig bis 25 Jahre nach dem Tode des Autors. Außerhalb Europa ist noch bes. wichtig das Nordamerikanische Bundesgesetz vom 3. Febr. 1831, wonach jeder Antor, welcher Bürger u. Einwohner der Vereinigten Staaten ist, 28 Jahre lang von der Einregistrirung seines Werkes an gerechnet das ausschließliche Recht zu dessen Veröffentlichung, Vervielfältigung u. Verkauf erhält.

Eine bedeutsame Quelle des Rechtes über den N. bilden neben diesen Landesgesetzen neuerdings noch die internationalen Verträge, welche über diesen Gegenstand zwischen sehr vielen Staaten zu Stande gekommen sind. Die meisten Staaten gewährten, wenn sie auch für die inländischen Druckerzeugnisse den N. nicht mehr gestatteten, doch ausländischen Schriftstellern u. Verlegern ursprünglich einen gleichen Schutz nicht; der Fremde, falls er nicht ein specielles Privilegium erlangte, blieb daher der Gefahr, die Früchte seiner Arbeit zu verlieren, immer preisgegeben. Manche Gesetzgebungen sprachen zwar den Grundsatz der Reciprocität aus, d.h. sie versprachen den Angehörigen fremder Staaten den gleichen Rechtsschutz unter der Voraussetzung, daß auch im anderen Staate ihren Staatsangehörigen die Gleichstellung mit den eigenen Unterthanen gewährt würde; allein in der Ausführung hatte die Geltendmachung dieses Grundsatzes immer große Schwierigkeit. Um daher die Staatsangehörigen auch außerhalb des Landes des Rechtsschutzes gegen N. theilhaftig zu machen, bot sich als einziges kräftiges Mittel die Abschließung besonderer Staatsverträge dar. Die wichtigsten dieser Verträge sind für Österreich der Vertrag mit Sardinien vom 22. Mai 1840, welchem auch Rom, Modena, Lucca, Toscana u. Parma später beitraten; für Preußen der Vertrag mit England vom 13. Mai 1845 (ergänzt durch einen Zusatzvertrag vom 14. Juni 1855), welchem sich auch das Königreich Sachsen, die Sächsischen u. Anhaltischen Herzogthümer, Braunschweig, Oldenburg, die Reußischen u. Schwarzburgischen Fürstenthümer angeschlossen haben. Außerdem schlossen mit Frankreich noch Sachsen am 19. Mai 1856, Baden am 3. April 1854, Kurhessen u. Sachsen-Weimar[625] am 17. Mai 1853, Großherzogthum Hessen am 18. Sept. 1852, Braunschweig unter dem 8. August 1852, Oldenburg am 1. Juli 1853, Nassau am 2. März 1853, Schwarzburg-Sondershausen u. Rudolstadt am 7. Sept. u. 16. Dec. 1853, Waldeck am 4. Febr. 1854, die Reußischen Fürstenthümer am 24. Febr. u. resp. 30. März 1853, Homburg am 2. Oct. 1852 u. Hamburg am 2. Mai 1856, mit England Hannover unter dem 4. Aug. 1847 u. Hamburg unter dem 16. Aug. 1853 dergleichen besondere Staatsverträge ab. Zwischen England u. Frankreich besteht ein solcher Vertrag vom 3. Nov. 1851, zwischen England u. Belgien vom 12. Aug. 1854, zwischen Belgien u. Frankreich vom 22. Aug. 1852 mit Zusatzacte vom 27. Febr. 1854, zwischen Frankreich u. Sardinien vom 28. Ang. 1843 mit Zusatzverträgen vom 22. April 1846 u. 5. Nov. 1850, mit Portugal vom 12. April 1851, mit Spanien vom 15. Nov. 1853, Toscana vom 15. Febr. 1853 u. den Niederlanden vom 29. März 1855.

II. Der That bestand des N-s setzt zunächst als Gegenstand ein literarisches od. artistisches Erzeugniß voraus, welches in fremdem Verlagsrechte steht. Der Begriff des literarischen Erzeugnisses ist dabei so zu fassen, daß darunter jedes Product fällt, welches geeignet ist, einen Bestandtheil der öffentlichen Literatur zu bilden; als artistisches Erzeugniß hat jede mit den Mitteln der Kunst dargestellte geistige Hervorbringung zu gelten, welche geeignet ist, in den artistischen Verkehr zu treten. Umfang, Werth u. Inhalt des Productes erscheinen dabei im Ganzen gleichgültig; als Hauptkriterium ist für die literarischen Erzeugnisse in dieser Richtung nur festzuhalten, daß es der Absicht des Autors nach ein in sich geschlossenes Ganze u. als eigenes Werk des Urhebers erscheinen muß. Auch Sammelwerke, z.B. Mustersammlungen von Gedichten, Briefsammlungen, wenn sie durch systematische Auswahl u. Anordnung als Product einer eigenthümlichen Geistesarbeit zu betrachten sind, selbst Adreßbücher, Wörterbücher, historische, statistische od. mathematische Tabellen unterliegen daher dem Verbote des N-s. Würde aber ein älteres Werk, für welches kein Autorrecht mehr besteht, wieder abgedruckt, so würde, wenn auch dabei kritische Correcturen erfolgten, damit kein neues Autorrecht begründet, u. daher der N. eines solchen Wiederabdrucks kein widerrechtlicher N. sein. Ebenso wird an bloßen Zeitungsartikeln, auch wenn dieselben räsonnirenden Inhalts sind, bei Mittheilung telegraphischen, an amtlichen u. nichtamtlichen Anzeigen (Theaterzetteln), Formularen (Frachtbriefe), weil sie nicht bestimmt sind Bestandtheil der Literatur zu werden, ein widerrechtlicher N. durch Wiederabdruck nicht begangen. Dagegen haben als literarische Erzugnisse auch mündliche Vorlesungen, Predigten u. andere wissenschaftliche Vorträge zu gelten; Parlamemsreden u. Reden der Anwälte sehr der Öffentlichkeit angehören, daß ihre möglichste Weiterverbreitung auch durch dritte Hand in ihrem eigenen Zwecke liegt. Aus demselben Grunde sind auch Gesetze, Verordnungen, amtliche u. öffentliche Berichte, gerichtliche Urtheile u. dgl. an sich nicht als des Schutzes gegen den N. theilhaftig anzusehen; wohl aber würde eine geordnete Zusammenstellung solcher amtlichen Publicationen unter diesen Schutz fallen. In analoger Weise bestimmt sich der Umfang der geschützten Kunstwerke. Zu denselben gehören sowohl musikalische Werke, als Producte der bildenden Kunst, wie Zeichnungen aller Art, Sculpturen, Werke der Holzschneider u. Graveure, Bildhauer etc.; nur machen auch hier solche Werke, welche schon ihrer Bestimmung nach dem öffentlichen Genuß u. der öffentlichen Anschauung preisgegeben sind, wie z.B. öffentliche Denkmäler u. die Bauwerke der Architekten, eine selbstverständliche Ausnahme. Die eigentliche Delictshandlung aber, wodurch der N. verübt wird, beruht in der Herstellung solcher Exemplare des Werkes, welche verwerthbar u. dadurch geeignet sind, eine Beeinträchtigung des ursprünglich Berechtigten (des Autors od. seines Verlegers) herbeizuführen, während eine geistige Benutzung des fremden Erzeugnisses zu eigenen neuen Werken natürlich Jedermann freigestellt bleibt. Auf unwesentliche Abänderungen in der Form u. dem Ausdrucke kommt dabei Nichts an; sie vermögen den Thatbestand eines N-s nicht aufzuheben. Allein es wird namentlich sehr schwierig zu entscheiden, ob die Abänderung des Originales eine solche ist, welche als eigene geistige Arbeit zu betrachten sei od. nicht. Hier bedarf es oft der genanen Beurtheilung des einzelnen Falles u. eines sachverständigen Gutachtens. Übersetzungen aus einer Sprache in die andere können gemeiniglich nicht als N. betrachtet werden, da der Übersetzer, indem er den Geist zweier Sprachen zu durchdringen hat, in der That auch eine selbständige geistige Thätigkeit entwickelt. Die meisten Gesetzgebungen setzen daher auch der Übersetzungsfreiheit keine Schranken; andere sichern den Schutz gegen Übersetzungen nur insofern, als sie dem Autor das Vorrecht zu solchen Übertragungen für eine gewisse Zeitdauer u. bei einem ausdrücklich erklärten Vorbehalt reserviren. In dieser Weise gewährt z.B. das österreichische Gesetz einen Schutz auf ein Jahr, wenn der Autor entweder das Werk gleichzeitig in mehreren Sprachen erscheinen ließ od. doch auf dem Titelblatt od. in der Vorrede des Originalwerks die Veranstaltung sich ausdrücklich vorbehielt. Von letzterem Grundsatz gehen auch die meisten internationalen Verträge aus, nur daß sie die Schutzfrist zum Theil anders bestimmen. So ist in den meisten Verträgen, welche Frankreich mit anderen Staaten abgeschlossen hat, ingleichen in dem Preußisch-Englischen Vertrag die Schutzfrist auf fünf Jahre festgesetzt, vorausgesetzt überdies, daß der Autor sein Werk in einem der contrahirenden Länder binnen drei Monaten einregistriren ließ u. die Übersetzung auch innerhalb Jahresfrist, wenigstens theilweise, erschienen ist. Bei Auszügen finden die Bestimmungen über N. jedenfalls dann Anwendung, wenn sie, abgesehen von stylistischen Abweichungen u. Auslassungen, auf eine Wiedergabe des Hauptwerkes nach seinem wesentlichen Inhalte berechnet sind. Dagegen begeht, wer nur einzelne Citate aus fremden Werken, wenn auch wörtlich mittheilt, entweder um sie zu widerlegen, od. zu beleuchten u. zur Beweisführung zu benutzen, keinen N. Bei musikalischen Compositionen findet sowohl in den Gesetzgebungen, als in den Ansichten der Rechtslehrer über die Frage, wie weit die Benutzung einer Melodie als N. zu betrachten sei, große Verschiedenheit. Nach einer unter den deutschen Musikalienhandlungen abgeschlossenen Conventionalacte vom 12. Mai 1830 wird die Melodie als ausschließliches Eigenthum des Verlegers anerkannt, u. jedes Arrangement, welches die[626] Töne des Componisten wiedergibt u. nur auf mechanischer Vorrichtung beruht, soll als N. angesehen sein. Variationen, Phantasieen, Märsche, Tänze, Potpourris über fremde Melodieen sollen dagegen als selbständige Werke betrachtet werden. Das französische Recht betrachtet aber selbst Potpourri's u. Variationen als verbotenen N. Jedenfalls müssen bloße Klavierauszüge u. Arrangements für einzelne Instrumente als N. gelten. Am schwierigsten wird die Beantwortung der Frage, was N. sei, bei den Werken der Malerei u. Bildnerei. Am weitesten geht auch hier das französische Recht, welches schon jede Copie eines Gemäldes etc. als unerlaubt ansieht, die meisten anderen Legislationen legen dagegen dabei darauf Werth, daß eine Vervielfältigung auf mechanischem Wege stattgefunden habe, welche dem Interesse des Autors wirklich Schaden drohte. Daher gilt die Verfertigung einer Copie nach diesen Gesetzen erst dann als N., wenn nach ihr eine Vielheit mechanischer Abdrücke od. Nachbildungen hergestellt worden ist, welche durch ihre Billigkeit den käuflichen Werth des Originals herabzudrücken geeignet sind. Auf die Größe, den Maßstab, das Material u. Kunstverfahren (z.B. Lithographien statt Kupferstich etc.) kommt dabei Nichts an; wohl aber hat man solche Nachbildungen, bei denen eine verschiedene Kunstgattung zur Herstellung gewählt ist, z.B. Nachbildung eines Werkes der plastischen Kunst im Wege der Malerei od. umgekehrt, ebenso auszunehmen, als Darstellungen, welche das artistische Erzeugniß in karikirter Manier wiedergeben. Eine gleiche Ausnahme ist bei der Benutzung künstlerischer Ideen bei Hervorbringung solcher Gegenstände anzunehmen, die selbst nicht mehr dem Kunstgebiete angehören, wie z.B. bei Production von Spielereien (Flaschenstöpsel mit Portraitköpfen) u. Gegenständen des täglichen Gebrauchs, z.B. Bildern auf Tassen, Tellern, Pfeifen, Schnupftüchern etc., wiewohl bei letzteren Gegenständen Manche auch einen eigentlichen N. statuiren.

III. Der Schutz wider den N. wird, wie die bereits unter I. angeführten Gesetze zeigen, immer nur auf eine kürzere od. längere Zeit gewährt. Hierin, wie auch in anderer Beziehung, zeigt sich, daß das Autorrecht der juristischen Auffassung nach nicht unter den rechtlichen Begriff eines wirklichen Eigenthums, wenn auch manche Gesetze (namentlich das österreichische vom Jahre 1846) diesen Ausdruck gebraucht haben, gestellt werden kann; als einzig richtiger Gesichtspunkt erscheint dafür vielmehr nur der, daß durch das Verbot des N-s ein ausschließliches Recht zeitweiliger vermögensrechtlicher Nutzung in gleicher Weise begründet wird, wie dies etwa bei einem gewerblichen Realrechte der Fall ist. Die Einhaltung einer Frist, nach deren Ablauf das geistige Product freigegeben wird, empfahl sich aber überall dadurch, daß der Schutz nicht so weit ausgedehnt werden dürfte, daß er den geistigen Verkehr unverhältnißmäßig störte, u. daß man annahm, es werde, wenn der Autor od. dessen Nachfolger im Rechte eine Zeit lang die ausschließliche Nutzung gehabt habe, die Ausbeute des Werkes für ihn als erreicht erscheinen. Die Berechnung der Schutzfrist regelt sich zunächst nach dem Gesetz; indessen können daneben auch noch besondere Privilegien in Betracht kommen, deren Ertheilung durch das Bestehen eines gesetzmäßigen Schutzes insofern nicht ausgeschlossen ist, als dadurch die Rechte des Autors od. Verlegers auch noch über die gesetzliche Schutzfrist hinaus gewährt werden können. Privilegien dieser Art sind noch in neuerer Zeit z.B. für die Werke von Schiller, Goethe, Herder, Jean Paul, Wieland durch Bundesbeschlüsse, mehrfach außerdem auch durch einzelne Landesgesetze, namentlich für gewisse Regierungspublicationen, ertheilt worden. Wo die Berechnung der Frist nach Jahren vom Erscheinen des Werkes an geschieht, ist das Jahr des Erscheinens selbst ungezählt zu lassen, u. es muß daher erst nach Ablauf dieses Jahres die bestimmte Zahl von Kalenderjahren abgelaufen sein, ehe die Schutzfrist als zu Ende gegangen angesehen werden kann; wo die Frist dagegen vom Tode des Autors an, wie nach Deutschem Bundesrecht, berechnet wird, entscheidet über den Anfang der Berechnung der bestimmte Todestag. Bei Werken, an denen mehre Personen zugleich Autorrechte haben, z.B. Zeitschriften od. Werken mehrer Verfasser, kommt es zunächst darauf an, ob dieselben in der Art unzertrennlich zusammenhängen, daß der Antheil der verschiedenen Verfasser daran untheilbar erscheint, od. nicht. Erscheint der Antheil als ein selbständig trennbarer Bestandtheil, so berechnet sich die Schutzfrist für jeden Theilhaber besonders; im anderen Falle kann das Verlagsrecht nicht früher als erloschen betrachtet werden, als bis die Schutzfrist für den zuletzt verstorbenen Miturheber verflossen ist. Für Werke, welche nicht unter dem wirklichen Namen des Autors, sondern anonym od. pseudonym erscheinen, so wie für Werke, welche erst nach dem Tode des Verfassers herausgegeben werden, wird die Schutzfrist nicht nach dem Todestage des Autors bei echnet, sondern hier beginnt nach Deutschem Rechte die Frist sobald, als sie erschienen sind. Als pseudonym jedoch gilt ein Werk nicht, welches zwar nicht unter dem Familiennamen, wohl aber unter einem notorischen Schriftstellernamen des Verfassers erschienen ist; auch tritt, wenn ein ursprünglich anonym erschienenes Werk später unter dem Namen des Autors zur Publication gelangt, für die neue Publication die gewöhnliche Schutzfrist solcher Werke ein, welche einen Autornamen tragen. Mit dem Aufhören der Schutzfrist wird das Werk Gemeingut Aller, so daß die Vervielfältigung desselben von da einem Jeden freisteht, u. bes. Derjenige, welcher das Werk nunmehr druckt, dadurch kein Recht erlangt, daß dieser Druck als ein neues Preßerzeugniß geschützt werde.

IV. Die Folgen einer Verletzung des Autors- u. Verlagsrecht durch N., in denen eigentlich der rechtliche Schutz gegen den N. beruht. (tnd theils privat-, theils strafrechtliche. In privatrechtlicher Hinsicht ist der Nachdrucker verpflichtet, dem Autor od. Verlagsberechtigten vollen Eratz des Schadens, u. zwar sowohl des positiven Schadens, als des Ersatz trifft jeden Urheber od. Miturheber des N-s, selbst denjenigen, welcher sich auch nur aus Fahrlässigkeit des N-s schuldig gemacht hat, solidarisch; bloßen Gehülfen ist diese Ersgtzpslicht nur nach Particularrechten (z.B. in Österreich u. Sachsen) auferlegt. Ausnahmsweise soll aber nach dem Bundesbeschlusse von 1845 die volle solidarische Haftpflicht auch diejenigen treffen, welche mit N. wissentlich Handel treiben, insoweit nicht allgemeine Rechtsgrundsätze dem entgegenstehen. Nach der[627] letzteren Beschränkung kommt es darauf an, ob der Sortimentsbuchhändler im Vor aus wegen der Verbreitung des N-s sich mit dem Urheber des N-s verständigt hatte. War dies der Fall, so muß die solidarische Haftpflicht gegen ihn jedenfalls in Bezug auf die ganze Zahl der Exemplare eintreten, zu deren Vertrieb er sich mit dem Nachdrucker perabredet hatte. War von ihm aber nicht eine solche vorherige Verständigung angeknüpft worden, so kann der Sortimenter nur bis zum Betrag derjenigen Exemplare solidarisch verhaftlich betrachtet werden, welche von ihm mit dem Bewußtsein, daß die Exemplare N. seien, debitirt wurden, Auf den Beweis des Schadens finden zunächst die allgemeinen Grundsätze Anwendung, so daß namentlich der Verletzte die Führung desselben zu übernehmen hat. Weil indessen diese Beweisführung im einzelnen Falle wegen der Unbestimmtheit der Rücksichten, von denen die Höhe des Schadens abhängt, sehr oft auf Schwierigkeiten stößt, so enthalten die Gesetze der meisten Stagten aushülflich die Bestimmung, daß die Entschädigung nach dem Verkaufspreise (d.i. im Zweifel nicht der Ladenpreis, sondern der Preis, um welchen das Werk dem Sortimenter abgelassen wird) einer ihrem Maximum nach fixirten Anzahl von Exemplaren der rechtmäßigen Ausgabe berechnet werden darf, deren Festsetzung innerhalb der gegebenen Grenze dem richterlichen Ermessen anheimgegeben ist. In dem Bundesbeschluß vom 19 Juni 1845, welchem das preußische, sächsische, baierische, hamburgische u. braunschweigische Gesetz getreu gefolgt ist, ist dies Maximum auf 1000 Exemplare festgesetzt; nach dem großherzoglich hessischen Gesetz ist der Nachdrucker verpflichtet, an den Verleger den Ladenpreis von 500 Exemplaren der Originalausgabe u. an den Autor od. dessen Rechtsnachfolger ein Honorar von 15 Gulden für den Bogen zu zahlen. Das österreichische Gesetz bestimmt die Entschäeigung auf 25–1000 Gulden; das französische Gesetz verpflichtet den Nachdrucker den Verkaufswerth von 3000, den Verkäufer den Preis von 300 Exemplaren als Entschädigung zu zahlen. Zur Sicherung seiner Ansprüche, sowie zur Verhütung eines etwa nur versuchten, aber noch nicht vollendeten N-s u. weiterer Verbreitung der bereits fertigen Exemplare steht dem Berechtigten überdies die Befugniß zu, auf Beschlagnahme der zur Herstellung des N-s vorbereiteten Platten, Formen u. dgl., Zerlegung des Satzes u. Wegnahme der vorhandenen Exemplare anzutragen, welche letztere dann entweder vernichtet od. auf Verlangen dem Verletzten ausgeantwortet werden. Die strafrechtlichen Folgen bestehen darin, daß dem Nachdrucker neben der Verpflichtung zum Schadensersatz auch eine Geldbuße auferlegt wird. Diese Buße ist nach der Gesetzgebung der meisten Staaten eine öffentliche, keine Privatstrase, ihre Zuerkennung ist aber nach fast allen Gesetzgebungen von einem Antrage des Verletzten abhängig gemacht. Die Höhe der Buße selbst ist in den einzelnen Ländern verschieden festgesetzt Die deutschen Bundesbeschlüsse haben ihre Normirung den Landesgesetzgebungen überlassen u. nur für den Fall, daß keine Not in festgesetzt sein sollte, die Erkennung von Geldbußen bis zu 1000 Gulden vorgeschrieben. Das preußische Gesetz bestimmt dieselbe auf 50–1000 Thlr, das österreichische auf 25–1000 Gulden, das sächsische bis zu 1000 Thlr., das baierische zwischen 50 u. 1400 Gulden, das kurhessische bis zu 600 Thlr., das großherzoglich hessische gegen den Nachdrucker gleich dem Ladenpreise von 100–1000 Exemplaren u. gegen den wissentlich mit N. Handeltreibenden gleich dem Ladenpreise von 40–200 Exemplaren. Nach Französischem Recht wird gegenden Vervielfältiger auf 100–2000 Francs, gegen den Verbreiter auf 25 bis 500 Fres.: nach Englischem Recht auf 5–20 Pfd. Sterl., bei importirtem N. auf 10 Pfd. St. u. den doppelten Preis jedes importirten Exemplars erkannt. Im Unvermögensfalle wird die Strafe in entsprechende Freiheitsstrafe verwandelt. Übrigens tritt, wenn mit dem N. etwa noch ein anderes Verbrechen, z.B. Betrug, concurrirt, zugleich die darauf gesetzte Strafe nach den Regeln über Concurrenz von Verbrechen ein.

V. Neben der Verbreitung durch den Druck bildet bei dramatischen u. musikalischen Werken die öffentliche Aufführung derselben eine Art der Verbreitung, welche in gleicher Weise, wie die Verbreitung derselben durch den Druck, die vermögensrechtliche Nutzung des Geistesproductes wesentlich zu beeinträchtigen im Stande ist. Zum Schutz des Rechtes des Autors wurden daher die Bestimmungen über den N. in analoger Weise auch auf die unbefugte, d.h. ohne Erlaubniß des Urhebers vorgenommene, Aufführung solcher Werke ausgedehnt. Für Deutschland ist dies bes. durch die Bundesbeschlüsse vom 22. April 1841 u. 12. März 1857 geschehen Der erstere Beschluß gewährte nur den ungedruckten Werken dieser Gattung einen Schutz; durch den zweiten Beschluß wurde dieser Schutz auch auf gedruckte Werke ausgedehnt. Die öffentliche Ausführung eines dramatischen od. musikalischen Werkes im Ganzen od. mit Abkürzungen darf hiernach nur mit Erlaubniß des Autors, seiner Erben od. sonstigen Rechtsnachfolger stattfinden, so lange das Werk nicht durch den Druck veröffentlicht worden ist. Das ausschließende Recht, diese Erlaubniß zu ertheilen, steht dem Autor lebenslänglich u. seinen Erben od. sonstigen Rechtsnachfolgern noch 10 Jahre nach seinem Tode zu. Auch in dem Falle, daß der Autor das Werk durch den Druck veröffentlicht, kann er sich u. seinen Erben od. sonstigen Rechtsnachfolgern das ausschließende Recht, die Erlaubniß zur öffentlichen Aufführung zu ertheilen, durch eine Erklärung vorbehalten, welche jedem einzelnen Exemplare seines Werkes auf dem Titelblatt vorgedruckt sein muß. Ein solcher Vorbehalt bleibt dann auf die gleiche Zeit wirksam, auf welche die Aufführung bei einem ungedruckten Werke gesichert ist. Jede Beeinträchtigung durch unbefugte Aufführung eines solchen dramatischen od. musikalischen Werkes verleiht dem Autor, resp. seinen Erben u. Rechtsnachfolgern, einen Anspruch auf volle Entschädigung. Die Bestimmung dieser Entschädigung wurde nach den Bundesbeschlüssen den Landesgesetzgebungen überlassen, welche dieselbe meist dahin normirt haben, daß dem Verletzten der volle Ertrag der unbefugten Aufführung, welcher zu diesem Zwecke auch sofort mit Beschlag, belegt werden kann, als Schadensersatz zugewiesen worden ist. Zu welchem Zwecke übrigens die Aufführung stattfand, ob der Unternehmer dabei in der Absicht eigenen Gewinnes handelte, od. die Aufführung etwa zum Besten Anderer, z.B. zur Unterstützung wohlthätiger Anstalten, unternahm, bleibt dabei gleichgültig. Nur die Privataufführungen in einer Gesellschaft bleiben von dem Verbote ausgeschlossen, weil in[628] solchen keine Beeinträchtigung des Autorrechts zu finden ist. Außerdem tritt, bei dem eigentlichen N., auch hier nach mehren Landesgesetzgebungen noch eine öffentliche Strafe durch Auferlegung einer Geldbuße ein, die indessen meist geringer, als beim N. (in Österreich bis 200 Gulden, in Preußen bei Aufführung ungedruckter Werke 10–100 Thlr., bei Aufführung bereits gedruckter 5–50 Thlr. u., wenn die Aufführung auf einer öffentlichen Bühne stattfand, überdies Entrichtung eines Drittheils der ganzen resp. halben Einnahme zur Ortsarmenkasse) bemessen ist. Ähnlich sind auch die Bestimmungen in andern Ländern, z.B. in Frankreich, wo die unbefugte Aufführung neben Confiscation der Einnahme zum Besten des Autors eine Geldbuße von 50–500 Frcs. nach sich zieht, u. in England, wo den Schuldigen alternativ eine Strafe von 40 Schill., od. Confiscation der erzielten ganzen Einnahme, od. Ersatz des nachweisbaren Schadens nebst Erstattung des doppelten Betrags der Proceßkosten an den Berechtigten trifft.

Vgl. Pütter, Der Büchernachdruck, Gött. 1774; Ehlers, Über die Unzulässigkeit des Büchernachdrucks, Dessau 1784; Gräff, Darstellung des Eigenthums u. der Eigenthumsrechte des Schriftstellers, Lpz. 1794; Krause, Über den Büchernachdruck, Stuttg. 1817; (Krug), Kritische Bemerkungen über Schriftstellerei, Buchhandel u. N., Lpz. 1823; Kramer, Die Rechte der Schriftsteller, Heidelb. 1827; (Schmid), Der Büchernachdruck aus dem Gesichtspunkte des Rechts, der Moral u. der Politik, gegen Griesinger, Jena 1823; Schröter, Das Eigenthum im Allgemeinen u. das geistige Eigenthum insbesondere, Bresl. 1840; Berger, Beiträge zum Büchernachdruck, Lpz. 1841; Hölzl, Über den Büchernachdruck, Wien 1840; Schnaase, Über das künstlerische Eigenthum, in den Annalen für die Rechtspflege u. Verwaltung, Trier 1843, Heft 1 des 3. Bds.; Volkmann, Die Werke der Kunst in den deutschen Gesetzgebungen zum Schutze des Urheberrechts, Münch. 1856; Eisenlohr, Das literarisch-artistische Eigenthum u. Verlagsrecht, Schwer. 1855; M. Friedländer, Der einheimische u. ausländische Rechtsschutz gegen N. u. Nachbildung, Lpz. 1857; Harum, Die gegenwärtige österreichische Preßgesetzgebung, Wien 1857; Jollg, Die Lehre vom N. nach den Beschlüssen des Deutschen Bundes, Heidelb. 1852; O. Wächter, Das Verlagsrecht mit Einschluß der Lehren vom Verlagsvertrag u. Nachdruck, Stuttg. 1857; Schletter, Handbuch der deutschen Preßgesetzgebung, Lpz. 1846; Eisenlohr, Sammlung der Gesetze u. internationalen Verträge zum Schutze des literarisch-artistischen Eigenthums in Deutschland, Frankreich u. England, Heidelb. 1856.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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