Atheïsmus

Atheïsmus

Atheïsmus (v. gr.), 1) eigentlich u. ursprünglich die Vernachlässigung des äußern Religionscultus, wo Einer thut, als wäre kein Gott, dem er zur Verehrung verpflichtet wäre; auch 2) der Zweifel u. Unglaube an die Volksreligion in einer geordneten Form; so hatten mehrere griechische Philosophen den Beinamen Atheos, weil sie an die Wahrheit u. Richtigkeit des populären Gottesglaubens nicht glaubten, so Diagoras Melios, Theodoros Kyrenios, Euemeros, Bion u. A.; daher auch 3) die ihre väterliche Religion verließen u. eine andere[869] annahmen, od. auch 4) deren Religion keine Götterbilder duldete, aus welchen beiden letzteren Gründen die Christen von den Heiden des A. angeklagt wurden. In der christlichen Kirche galt nach der Feststellung des Dogma von der Dreieinigkeit als A. 5) der Zweifel an der Wahrheit dieser Kirchenlehre. In der Religionsphilosophie ist A. 6) die Meinung von der Grundlosigkeit des Glaubens an ein göttliches Wesen. Dieser A. ist entweder dogmatisch, wenn man mit bestimmten Gründen beweisen will, daß es keinen Gott gebe (Gottesläugnung); od. skeptisch, wenn man nur die Zulänglichkeit des Beweises von dem Dasein Gottes läugnet. Auch unterscheidet man theoretischen A., welcher nur die objective Wirklichkeit der Idee von Gott verwirft, aber eine subjective Gültigkeit für das Leben anerkennt; u. einen praktischen A., der auch die subjective Gültigkeit der Gottesidee läugnet u. diese Idee nicht aus der Vernunft, sondern aus der Erziehung des Menschen stammen läßt. Unter idealistischem A. versteht man die Meinung, daß das Göttliche nur in dem Ich u. seiner Ideenwelt bestehe. Da der Glaube an Gott jedem Menschen von Natur einwohnt, so entspringt der A. aus einer Verirrung des Verstandes, welcher entweder jenen ursprünglichen Glauben verkennt, oder ihm keine objective Wahrheit zugesteht, indem er vergißt, daß alle Wahrheit zuletzt nur eine innere Gewähr hat u. sich auf Glauben gründet. Eine solche Verirrung des Verstandes ist nur da möglich, wo derselbe eine gewisse Freiheit des Denkens erreicht u. sich dem Einfluß des Glaubens entzogen hat, in Zeiten, wo die Philosophie bis auf einen gewissen Grad ausgebildet, die Sitten aber verderbt u. die Religion erkaltet ist. Am offensten predigte die materialistische Philosophie der Encyklopädisten in der Mitte des 18. Jahrh. in Frankreich den A., wie dies bes. der Verfasser des Systéme de la nature gethan hat. Die deutsche Philosophie hat sich nie so weit verirrt, u. Fichte ward mit Unrecht des A. beschuldigt, indem er blos die gewöhnlichen Begriffe von Gott bestritt; nur die Naturforscher der neuesten Zeit haben auf dem Gebiete des Materialismus wieder den A. gepredigt, s. u. Materialisten. Vgl. Buddeus, Theses de Atheismo, Jena 1717 (deutsch, ebd. 1723); Heidenreich, Briefe über den A., Lpz. 1796; Reimann, Historia atheismi, Hildesh. 1725; Sylv. Maréchal u. Lalande, Dictionnaire des athées, 1799.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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Synonyme:

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  • Atheismus — (von altgr. ἄθεος (átheos) „ohne Gott“ bzw. „gottlos“) bezeichnet im engeren Sinne die Überzeugung, dass es keinen Gott gibt. Zum Atheismus im weiteren Sinn gehören auch andere Abgrenzungen vom Glauben an Gott, beispielsweise Ansichten, nach… …   Deutsch Wikipedia

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  • Atheismus — »Gottesleugnung«: Das seit dem Ende des 16. Jh.s bezeugte Fremdwort ist eine nlat. Bildung zu griech. á theos »ohne Gott, gottlos, Gott leugnend« (zu griech. a »un «, vgl. 2↑ a..., ↑ A..., und griech. theós »Gott«). – Der Anhänger des Atheismus… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Atheïsmus — (v. griech. athĕos, »ohne Gott«). die Leugnung des Daseins Gottes oder einer Gottheit. Der A. stellt nicht eine besondere philosophische Weltansicht oder gar ein System vor, sondern bezeichnet nur die Opposition gegen irgend eine Art von… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Atheïsmus — (grch.), das Leugnen des Daseins Gottes. – Atheíst, Gottesleugner …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Atheismus — Atheismus, Gottesläugnung, ist diejenige Richtung der Denkkraft, nach welcher der Mensch das Dasein eines höchsten Wesens bestreitet. Eine herrliche Gabe wurde dem Menschen in der Fähigkeit zu denken. Aber gerade dieses Geschenk wissen und… …   Damen Conversations Lexikon

  • Atheismus — Atheismus, die Leugnung Gottes; die Unterscheidung eines skeptischen A., eines dogmatischen, eines theoretischen und praktischen haben keinen Werth, denn was man A. nennt, ist nur das Zurücksinken des Menschen von dem Glauben an den wahren Gott… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Atheismus — Atheismus,der:Religionslosigkeit·Irreligiosität·Freigeisterei;Gottlosigkeit·Unglaube·Ungläubigkeit(Rel) …   Das Wörterbuch der Synonyme

  • Atheismus — Sm erw. fach. (16. Jh.) Neoklassische Bildung. Neoklassische Ableitung zu gr. átheos gottlos, die Staatsgötter leugnend , zu gr. theós Gott und negierendem gr. a (a ). Täterbezeichnung: Atheist; Adjektiv: atheistisch.    Ebenso nndl. atheïsme, ne …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Atheismus — Gottlosigkeit; Heidentum; Glaubenslosigkeit; Ungläubigkeit; Gottesleugnung; Religionslosigkeit; Unglaube * * * Athe|ịs|mus 〈m.; ; unz.〉 Ablehnung, Verneinung der Existenz Gottes, Weltanschauung ohne Gott [→ Atheist] * * * Athe|ịs|mus …   Universal-Lexikon

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