Baden [4]

Baden [4]

Baden, 1) Bezirksamt im Mittelrheinkreise des Großherzogthums Baden, 2 QM.; 16,000 Ew.; 2) (B. in Baden, Baden-Baden), Stadt daselbst an der Oos (Oosbach) u. an einer Zweigbahn der Badischen Eisenbahn gelegen, mit Kettenbrücke bei dem nahen Kloster Lichtenthal; in dem nahen Hügel, worauf ein großherzogliches Schloß liegt, sind seltsame unterirdische Gänge, worin einst das Fehmgericht seine Sitzungen gehalten haben soll; in der Stadt drei katholische u. eine protestantische Kirche, Sammlung römischer Alterthümer (Antiquitätenhalle), im dorischen Styl gebaut, Überreste römischer Gebäude, bes. antiker Bäder u. Unterbauten eines römischen Paviments etc., weibliche Lehranstalt, Pädagogium, Armen- u. Krankenhaus, Frauenkloster, Fabriken in Leder, Strohstühlen, Seiler-, Fayance- u. Töpferwaaren, Seife, Lichtern; 6850 Ew. Die durch malerische Umgebungen u. mildes Klima schönen Bäder (wovon die Stadt ihren Namen hat), enthalten 26 im chemischen Gehalte (muriatisches Natron) sich ziemlich gleiche Quellen, von 37–54° R., wovon der Ursprung die wichtigste ist. Sie sind sehr erhitzend u. daher zu Blutkrankheiten u. Blutwallungen Geneigten zu widerrathen. Gicht u. ihre Folgen, Lähmungen, chronische Hautausschläge, Stockungen im Leber-, Pfortader- u. Gebärmuttersystem, Anomalien der Menstruation finden in ihnen Heilung. Die Quellen wirken störend auf die Magnetnadel ein. Außerdem sind noch andere Bäder, so das Stahlbad (Ludwigsbad) im Kloster Lichtenthal, die Stahlbäder zu Beuern, im Beuerner Thale Flußbäder angelegt. Die Kunst hat viel zur Verschönerung der schon an u. für sich höchst reizenden Gegend gethan, bes. aber sind neuerdings zahlreiche neue Gebäude zur Aufnahme von Fremden entstanden. B. ist daher jetzt der Aufenthaltsort der vornehmen u. reichen Welt Europa's, bes. der Briten, Russen u. Franzosen, geworden, die in dem Conversationshaus, ehedem Jesuitenkloster, Promenadenhause, der neuen Trinkhalle, dem Theater etc. Vergnügungen finden. Das Spiel ist erlaubt u. wohl das größte, das es auf dem Continent gibt. Von Anlagen sind zu bemerken die um die Stadt, der Schloßgarten, der Garten der Königin von Schweden, der Großherzogin, die Englischen Anlagen, das Geroldsauer Thal, der Mercuriusberg (Großer Stauffen), mit antikem Bild des Mercur auf welchem Berge ein hoher Thurm in antiker Form erbaut ist, auf welchem man eine weite Aussicht hat, u.a. nähere u. entferntere. Auch für Tropf-, Dampf- u. Schlammbäder sind Vorkehrungen getroffen. Vgl. Klübel. Beschreibung von B., Tüb. 1810, 2 Bde.; Schreiber, Handbuch für Reisende nach B. etc., Heidelb. 1818, 2. A. 1822; Derselbe, Baden-Baden, 2. A. Stuttg. 1843; Huhn, Beschreibung von B., Bad. 1851. Eine Stunde entfernt sind die Ruinen des alten Stammschlosses Baden, hoch über der Stadt u. ihrem jüngeren Schloß, 1046 zuerst urkundlich vorkommend, im Dreißigjährigen Kriege zerstört. – Die römischen Kaiser Trajanus, Hadrianus u. Antoninus werden als die Gründer B-s genannt; es hieß Civitas Aquensis u. erhielt später den Beinamen Aurelia. Bäder waren schon zur Römerzeit hier. 234 ward B. von den Alemannen wahrscheinlich verwüstet, bald aber von Probus wieder erbaut. Bei der Besiegung der Alemannen 496 durch die Franken kam es an diese u. ward zu Austrasien geschlagen. Dagobert II. schenkte es dem Kloster Weißenburg bei Speier, Kaiser Heinrich III. aber 1046 der Marienkirche u. Heinrich IV. 1073 dem Dom zu Speier. 1330 ward B. von dem Bischof u. der Stadt Straßburg vergebens belagert. 1363 belehnte Karl IV. den Markgraf Rudolf I. mit Stadt u. Schloß, u. seitdem führten diese den Titel Markgraf von B. u. residirten nun zu B. im alten u. seit 1470, als das neue Schloß vollendet war, im neuen Schloß. Im 30jährigen Krieg wurde es bald von Schweden, Österreichern, Badenern u. Franzosen besetzt u. von Letzteren 1643 ausgeplündert. 1688 ward es von den Franzosen eingeäschert. 1697 baute die Markgräfin Sibylle ein neues Schloß, doch verlegte Markgraf Ludwig 1706 seine Residenz nach Rastadt. Hier Waffenstillstand am 17. Juli 1796 zwischen den Franzosen u. Württembergern, s. Württemberg (Gesch.). Der Ruf B-s als Bad verbreitete sich bes. seit Ende des 18. Jahrh., u. seit 1804 that die Regierung alles, das Bad zu heben, bes. ist es aber seit 1814 in Ruf gekommen u. Modebad geworden. 3) B. bei Wien (bei den Römern Aquae [s.d. 2]), Stadt an der Wien-Gloggnitzer Eisenbahn u. an der Schwechat im Kreise Unterwienerwald des österreichischen Landes unter der Enns (über welche 1814 eine eiserne Brücke erbaut wurde, die aber nach der Vollendung wieder einstürzte), Militärhospital, Schauspielhaus, Färberei, Fertigung von Fourniren, Stahl- u. Messingwaaren; 6000 Ew. Auch hier Warmbäder, salinische Schwefelwasser, nur mäßig warm (von 23–30° R.), milchig, von Schwefellebergeruch; die salzigen Bestandtheile darin sind unbedeutend, doch setzt sich am Fußboden eine salzige Substanz (Badener Salz) an, die wie Glaubersalz gebraucht wird. Dagegen ist das B-er Wasser reich an geschwefeltem Wasserstoffgas (in 1 Pf. 34/9 Kubikzoll, nebst kohlensaurem Gas 17/9 Kubikzoll). Es steigt daher beständig aus ihm ein seiner Nebel mit Schwefelgeruch auf; auch setzt sich an die Wände Badeschwefel an. Es sind 16 Bäder mit Gebäuden eingerichtet (Ursprungsbäder [die vornehmsten], Theresienbäder, Herzogsbad, Antonsbad, das Militärbad etc.). Auch für Dunstbäder u. Schlammbäder sind Einrichtungen hier. Nur wenig wird es innerlich gebraucht, als Bad aber in Krankheiten, die von Schwäche herrühren, gichtisch-rheumatischen Übeln, Lähmungen, [167] Hautkrankheiten u.a. mit sehr großem Erfolg, nur weniger erhitzend. Man badet gemeinschaftlich, Männer u. Frauen in Bademänteln, zusammen in Bassins, die 40–150 Personen fassen. Über den Bädern befinden sich Gallerien für Zuschauer. Bei der Nähe von Wien u. der reizenden Lage dient es mehr als Vergnügungs- denn als Curort, u. zieht jährlich 10–15,000 Menschen an sich; weshalb es auch mit Bequemlichkeiten, Einrichtungen u. Anlagen in der Umgegend versehen ist, die den Aufenthalt daselbst angenehm machen. Bes. ist das Helenenthal, an dessen Eingang die Weilburg, neugebaute Sommerresidenz des Erzherzogs Karl, mit schönen Anlagen, liegt, höchst reizend; in ihm eine durch Felsen 1826 gebrochene, 50 Schritte lange u. 10–12 Schritte breite Wölbung. Auch die Langschen, Schönfeldschen u. Alexandrowitzschen Anlagen sind schön. Vgl. Schenk, Die Schwefelquellen von Baden, Wien 1825; Meyer, Beschreibung von Baden, ebd. 1820; Rollet, Baden in Österreich, ebd. 1838; 4) B. in der Schweiz, Bezirk, 8 QM.; 49,000 Ew., im Schweizercanton Aargau; 5) (Castellum thermarum, Ober-B.), Hauptstadt darin, an der Limmat, mehrere Klöster, Ruinen eines alten Schlosses (1712 zerstört), 2900 Ew. Die Warmbäder, salinisches Schwefelwasser, mit schwefelsaurem Natron u. Kalk u. etwas geschwefeltem Wasserstoffgas (in 17 Quellen), werden jetzt meist nur von Schweizern besucht u. nur zum Baden, selten zum Trinken benutzt; man lebt hier ein vergnügungsvolles, oft zügelloses Badeleben. Das Wasser (37–42° R.), muß erst eine Zeit lang verkühlen, ehe es benutzt wird; man braucht es bes. bei hartnäckigen Hautkrankheiten, Rheumatismen, Gicht, Lähmungen u. anderen chronischen Leiden. Sehr üblich ist hier das Schröpfen. Hier wurden auf der Würfelwiese die Badener Würfel gefunden; diese Würfel mit Punkten sind wie gewöhnliche, Einige halten sie für Naturerzeugnisse, Andere für wirkliche römische Würfel, die mit anderen Krämerwaaren in einem Magazin dort verschüttet worden seien. Vgl. Löwig, Die Mineralquellen von B., Zür. 1837._– B. war schon den Römern bekannt u. hieß damals Aquae Helvetiae (A. Flaviae), es theilte dann die Schicksale des Aargau's. Im 11. Jahrh. gehörte B. den Grafen v. Lenzburg als besondere Grafschaft, die dann 1172 durch seine Gemahlin Richensa an den Grafen Hartmann v. Kyburg fiel, im 12. Jahrh. kam sie an die Habsburger, bis 1415, wo sie die Eidgenossen vom Herzog Friedrich von Österreich eroberten; Kaiser Sigismund verpfändete aber B. an Zürich, welches Luzern, Schwyz, Unterwalden, Zug u. Glarus, später auch Bern u. Uri, an der Pfandschaft Theil nehmen ließen. Hier 1526 (erfolglose) Disputation Ecks mit Zwingli u. Öcolampadius gegen die schweizerische Reformation; ebenso erfolglos war das zweite Religionsgespräch 1589. Im Aarauer Frieden, 1712, erhielten Zürich u. Bern den alleinigen Besitz von B. Hier den 7. Sept. 1714 Friede zwischen Österreich u. Frankreich, welcher den Spanischen Erbfolgekrieg endigte, s.u. d. Hier ferner 1718 Friedensvertrag zwischen Zürich, Bern u. St. Gallen. Die Stadt B. war immer ein Theil der Grafschaft gewesen; 1424–1712 wurden die jährlichen u. viele außerordentliche Versammlungen der Eidgenossen dort gehalten. 6) (Unter-B.), Dorf mit Mineralquellen im Schweizercanton Wallis, im Bezirk Leuk, s.d.; 480 Ew.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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