Bentinck

Bentinck

Bentinck (Geneal.), ursprünglich freiherrliche Familie in der Pfalz, kam im 14. Jahrh. nach den Niederlanden, von wo ein B. mit dem Prinzen von Oranien, dem nachmaligen König Wilhelm III., nach England zog u. dort Ahn der Grafen u. Herzöge von Portland wurde (s. Bentinck 1). A) Die Ältere Englische Linie: wurde gegründet von 1) Johann Wilhelm, Sohn Hendrik B-s von Diepenham, geb. 1648, wurde mit Wilhelm von Oranien als Edelknabe erzogen, war später dessen Günstling u. erwirkte, als Wilhelm 1688 als Kronprätendent in England landen wollte, die Hülfe Brandenburgs, im Fall er von Frankreich angegriffen werden sollte. Unter dem nunmehrigen König Wilhelm III. wurde er zum ersten Kammerherrn, Geheimen Rath u. zum Baron von Cirencester, Viscount Woodstock u. Earl von Portland ernannt. Er hatte den größten Antheil an dem Siege am Boynefluß, wohnte dann dem Congreß im Haag bei, begleitete den König auf allen Feldzügen u. leitete den Frieden von Ryswik 1697 ein. Durch Keppel aus des Königs Gunst verdrängt, wurde er 1698 außerordentlicher Gesandter am französischen Hofe u. vermittelte hier die Zerstückelung der Spanischen Monarchie, die im Haag u. zu London 1700 unterzeichnet wurde. Wilhelm, dessen Gunst er wieder erlangt hatte, starb in seinen Armen 1702. B. lebte hierauf in Holland, kehrte 1708 nach England zurück u. st. 1709 auf seinem Landgute in Berkshire. 2) Henry, Sohn des Vorigen, erhielt 1716 den Titel als Herzog von Portland u. st. 1726 zu Jamaica als Gouverneur der Insel. 3) William, Sohn des Vor., geb. 1708, war vermählt mit Margarethe Cavendish u. st. 1762. 4) William Henry Cavendish-B., Sohn des Vor., geb. 1738, folgte seinem Vater in der Herzogswürde, wurde 1783 auf kurze Zeit Lord des Schatzamtes, 1794 wieder Minister des Innern, 1801 Präsident des Geheimen Rathes, trat aber 1805 zurück u. st. 1809, 5) Will. Henry Cav. Scott, Sohn des Vorigen, geb. 1768, Herzog von Portland, 6) William Charles Cavendish-B., Bruder des Vorigen, geb. 1774, wurde 1803 Gouverneur von Madras u. nach seiner Rückkehr englischer Minister in Sicilien, wo er 1811 durch sein stolzes Benehmen die Königin Karoline zwang, nach Wien zu gehen. Bei einer 1812 ausgebrochenen Revolution auf Sicilien gab er dieser Insel eine der englischen gleiche Verfassung u. ein Parlament. 1813 landete er in Catalonien, mußte jedoch bei der Schlacht von Villa Franca die Belagerung von Barcelona aufheben u. sich wieder einschiffen; 4814 landete er in Livorno, von wo er sich nach Genua wandte, um dort, wiewohl vergebens, gegen die Einverleibung Genuas in die Sardinischen Staaten zu protestiren; 1815 lebte er in Florenz, war eine Zeitlang Gesandter in Rom, kehrte aber später nach England zurück u. wurde Parlamentsglied im Unterhause. Seit 1821 Generalgouverneur in Indien, untersagte er dort das Verbrennen der Witwen u. gestattete den Europäern, daselbst Ländereien zum Anbau u. zur Anlegung von Fabriken zu pachten. 1835 wurde er zurückberufen, ging nach Paris u. st. hier 1839. 7) Marquis von Litchfield, Sohn des Vor., geb. 1800. 8) Georg Friedr. Cavendish-B., Bruder des Vor., geb. 1802, diente erst in der Armee, die er als Major verließ, worauf er Privatsecretär bei seinem Oheim Canning wurde; seit 1826 war er Mitglied des Parlaments, wo er sich meist zu Peels Politik bekannte; er st. 1848. Ihm wurde 1851 in Cavendish Square ein Denkmal errichtet. Lebensbeschreibung von Benj. D'Israeli, Lond. 1851. B) Die Jüngere Niederländische od. Deutsche Linie stammt von einem Seitenverwandten B-s 1), nämlich von Graf Wilhelm (s. unt. 9), der, Reichsgraf geworden, 1733 mit Charlotte Sophie, Erbtochter des letzten Grafen von Aldenburg, Anton II. (s. Bentinckscher Erbfolgestreit), die reichsunmittelbare Herrschaft Kniphausen, die unter dänischer Hoheit stehende Herrschaft Varel (s. b.) u. beträchtliche Güter im Oldenburgischen erheirathete. Charlotte Sophie übertrug 1754 ihren zwei Söhnen u. Namens derselben deren Vater ihre deutschen Besitzungen, weigerte sich aber später, da sie mit ihrem Gemahl in Unfrieden lebte, diesen Vertrag zu vollziehen, u. Dänemark erhielt daher 1757 von dem Reichshofrath Auftrag, den Gemahl Charl. Sophiens in den Besitz dieser Güter zusetzen, worauf bis 1759 der Vater als Vormund, von da an aber der mündig gewordene ältere Sohn, Christian Friedrich Anton, dieselben verwaltete. Diese Güter waren später Gegenstand eines Rechtsstreites zwischen den beiden Brüdern u. ihren Nachkommen, der erst zu Ende des vorigen Jahrh. zu Gunsten der älteren westfälischen Linie entschieden wurde. a) Diese Ältere Westfälische Linie, durch Christian Friedrich Anton (s. unten 11), ältestem Sohn von B. 9) u. 10) gestiftet, besaß Kniphausen u. Varel als Fideicommiß, u. der Stifter hinterließ bei seinem Tode 1768 von seinen 3 Söhnen dem ältesten, Wilhelm Gustav Friedrich (s. unten 12) dasselbe. Derselbe übergab die Familiengüter seinen Söhnen, als er aber 1835 zu London starb, trat b) die Jüngere Linie, gestiftet von Wilh. Gust. Friedrichs Bruder, Johann Karl (s. unten 16) protestirend gegen diese Besitzansprüche u. Erbfolgeprätensionen auf, u. bes. war von dessen Söhnen (s. unten 17)– 19) der mittlere der Eifrigste, um die Ansprüche[573] seiner Agnaten rechtlich zu bestreiten. Über diesen ganzen Streit s. Bentiuckscher Erbfolgestreit. Der 2. Sohn von Charlotte Sophie, Erbgräfin von Aldenburg, vermählten Gräfin B., Joh. Albert, geb. 1737, war zeitig nach England in Seedienste gegangen u. hatte dort c) die Jüngere (Jüngere Englische) Linie gestiftet. Er st. 1775. Von seinen 2 Söhnen starb Wilhelm, Graf B., als britischer Admiral 1813, der 2., Johann, wurde 1771 geb. Auch sie hatte an jener Protestation der Gültigkeit der Erbfolge Theil. 9) Wilhelm, Graf B., Herr zu Rhoon u. Pendrecht, jüngerer Seitenverwandter von B. 1), geb. 1704; war Präsident des Rathes der Staaten von Holland u. WFriesland, ward von Karl VI. zum Reichsgrafen erhoben u. erheirathete 1733 mit Charlotte Sophie von Aldenburg, Tochter des Grafen Anton II., die Herrschaften Kniphausen u. Varel; er st. 1773 u. ist Stammherr der Niederländischen Linie B. Über dessen Streit mit seiner Gemahlin u. seine Succession, s. Bentinckscher Erbfolgestreit. 10) Charlotte Sophie, geb. 1715, Erbtochter des Grafen Anton II. von Aldenburg, mit Vorigem 1733 vermählt, gerieth mit ihm über die deutschen Güter in Streit, der bald nach der Geburt des 2. Sohnes die Trennung beider Gatten zur Folge hatte; sie lebte nun zu Kopenhagen Wien u. Berlin, von Friedrich II. u. Maria Theresia hoch geachtet, besaß eine kostbare Bibliothek u. Münzsammlung, von welcher sie einen Katalog drucken ließ u. welche an den Herrn v. Donop zu Meiningen kam; sie st. 1800 zu Hamburg. 11) Graf Christian Friedr. Ant., ältester Sohn von B. 9) u. der Vor., geb. 1734, regierte seit 1759 u. st. 1768; er war vermählt mit Marie Katharine Baronesse von Tuyll (st. 1793). 12) Wilh. Gust. Friedr., Sohn des Vorigen, geb. 1702 im Haag, erhielt schon als sechsjähriger Knabe die Fideicommißgüter seines Hauses, stand bis 1787 unter Vormundschaft seiner Mutter, lebte als Besitzer der Herrschaft Rhoon u. Pendrecht (deshalb auch Graf B.-Rhoon) in Holland, trat 1787 zu Rotterdam u. im Haag, wo er Schout u. Bailly war, als Parteihaupt für Oranien auf, war auch für die Bewaffnung der Niederlande 1792–94 thätig, wurde aber nach der Abreise des Erbstatthalters 1795 verhaftet u. bis 1798 in der Citadelle von Woerden gefangen gehakten. Er ging, freigelassen, nach Deutschland, wo seine Gemahlin Ottoline, geb. v. Reede, die Regierung in Kniphausen u. Varel geführt hatte, nahm als englischer Obrist an der Expedition des Herzogs von York 1799 Theil u. wirkte zu Gunsten des Erbstatthalters. Später ging er nach Rußland, um Entschädigung wegen der Herrschaft Jever zu suchen, konnte. aber nichts als ein Jahrgehalt von 5000 Rubel erhalten. 1807 wurden seine Besitzungen mediatisirt u. kamen erst an Holland, dann 4810 an Frankreich. Als er Anfangs 1813, von dem Präfecten seines Departements mündlich dazu veranlaßt, beim Herannahen der Russen einige Maßregeln als Landesherr traf (s.u. Bentinckscher Erbfolgestreit), wurde er verhaftet, nach Wesel gebracht u. dort zur Verbannung u. Confiscation seiner Güter verurtheilt, 1814 aber durch die Alliirten befreit. Seine Güter fand er aber sequestrirt in oldenburgischen Händen vor, u. Oldenburg behauptete diese auch, bis 1825 der Vergleich von Berlin zu Staude kam u. er 1826 die Landeshoheit wieder erhielt. Er hatte von seiner ersten Gemahlin, Ottoline geb. v. Reede, welche 1799 starb, 2 Töchter u. 1 Sohn, der 1813 starb. Darnach lebte der Graf mit einer Bauerstochter, Sara Margarethe Gerdes, in Gewissensehe, ließ dieselbe aber 1826 durch Trauung legitimiren. 1827 trat er dem ältesten Sohne aus dieser Ehe das deutsche Fideicommiß ab, begab sich nach London u. starb dort als britischer Generalmajor 1835; die Gräfin Sara st. 11. Febr. 1856 auf Schloß Varel. Seine 3 Söhne waren: 13) Graf Wilhelm Friedrich, geb. 1801, erhielt 1827 von seinem Vater die Mitregentschaft über die Bentinckschen Güter, verzichtete aber 1833 auf die Succession u. ging nach Missouri in NAmerika; 14) Gustav Adolf, Bruder des Vor., geb. 1809, erhielt, nach der Übersiedelung seines Bruders nach Amerika, die Mitregentschaft u. den Besitz der Güter; 15) Friedrich Anton, Bruder des Vor, geb. 1812. 16) Johann Karl, Bruder von B. l2), geb. 1163, großbritannischer Generalmajor, st. 1. Decbr. 1833; er war vermählt mit Jacobea, Tochter des Grafen Athlone in Irland u. Reichsgrafen von Reede de Ginckel, von welcher er 3 Söhne hatte: 17) Wilh. Friedrich Christ., geb. 1787, vermählt 1841 mit Pauline Albertine v. Münnich, gest. im Haag 1855; 13) Karl Anton Ferdinand, geb. 1792, königl. großbritannischer Generalmajor, ist jetzt Chef u. vermählt seit 1846 mit Mechtild, geb. Gräfin zu Waldeck (geb. 1826), der Erbgraf Heinrich ist geb. 1846; u. 19) Graf Heinrich Joh. Wilh., geb. 1796, königl. großbritannischer Generalmajor, vermählt seit 1829 mit Renira, Tochter des Baronet Sir James Hawkins Whitshed (geb. 1798). S. Benlinckscher Erbfolgestreit.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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