Bilderdienst

Bilderdienst

Bilderdienst (Bilderverehrung, gr. Ikonolatrie). Von Anfang an dachten sich die Menschen die unsichtbare Gottheit in einer sichtbaren, bes. menschlichen Gestalt, die man durch die bildenden Künste auch darstellte. Da man auch die gewaltigen Naturkräfte göttlich verehrte u. überhaupt mehrere Götter annahm, so wurden dieselben von den verschiedenen Völkern in den mannichfachsten Formen als Menschen, Ungeheuer, Thiere etc.[775] abgebildet. Im Laufe der Zeit verwechselte man diese Bilder mit den Göttern selbst u. verehrte auf Altären u. in Tempeln mit Opfern u. Gebeten. Den Juden, als Verehrern Eines Gottes, war durch Gesetze von Moses der B. u. die Verfertigung von Bildern od. Statuen Jehovahs verboten. Das Volk aber, in Ägypten damit bekannt geworden, nöthigte in der Wüste Aaron das goldne Kalb zu verfertigen. Nach der Einnahme Palästina's, da der Jehovahcultus noch nicht ordentlich eingerichtet u. allen Stämmen zugänglich gemacht war, brauchten einzelne beim Hausgottesdienst Bilder des Unsichtbaren, die bald ziemlich allgemein wurden. Mit der festern Einrichtung des Staates trat indeß der B. immer mehr in den Hintergrund u. wurde unter David u. Salomo gar nicht mehr geduldet. Nach der Trennung des Reichs aber führte Rehabeam im Reiche Israel aus politischen Gründen den B. gesetzlich ein, indem er zu Dan u. Bethel goldne Kälber aufstellte. Im Reiche Juda fand der B. wenig Eingang, da das Heiligthum Jehovahs nahe war. Nach der Babylonischen Gefangenschaft findet sich keine S pur des B-s. Eben so fremd blieben Bilder von Gott in der christlichen Kirche der zwei ersten Jahrh., u. dies war der Grund, warum man die Christen des Atheismus beschuldigte. Als Ausnahme fanden sich Bilder von Christus, Paulus u. Philosophen bei den Gnostikern, bes. bei den Basilidianern u. Karpokratianern, welche die geistigen Ideen durch sie verdeutlichen wollten u. ihnen eine gewisse Verehrung bewiesen. Von ihnen, den Manichäern u. den Heidenchristen, gingen die bildlichen Darstellungen bald auch auf die Rechtgläubigen über; zuerst als Sinnbilder, wie: Taube, Fisch, Anker, Hirt, Weinstock u. Lamm auf Siegelringen u. heiligen Gefäßen, dann auch als Gemälde von biblischen Begebenheiten, Heiligen, Märtyrern, die in den Vorhöfen der Kirchen aufgestellt wurden, um das Volk zu guten Entschlüssen zu ermuntern. Diese Sitte wurde indeß noch im 4. Jahrh. von Svnoden gemißbilligt. Als aber im 4. Jahrh. das Christenthum Staatsreligion wurde, mehr Glanz u. Pracht in den Gottesdienst kam u. viele angesehene Personen zum Christenthume übertraten, wurden im 5. Jahrh. die Bilderwerke, Malereien u. Kunstverzierungen auch in den Kirchen allgemein, u. es bildete sich eine christliche Symbolik. Dafür wirkte im Abendlande bes. Paulinus von Nola, u. da man die Bilder als Bücher der Armen u. Laien betrachtete (s. Biblia pauperum). wodurch sie belehrt u. erbaut werden sollten, so waren sie damals mehr nützlich als schädlich. Allein als die Kirchenlehrer sich dem Heidenthum immer mehr anbequemten, um heidnische Völker zum Übergang zu bewegen, als sie den Übergetretenen immer mehr gestatteten, frühere Gebräuche in äußerlich christlicher Form beizubehalten, u. die Bilderverehrung christlicher Kaiser immer üblicher wurde, so daß sie durch besondere Gesetze beschränkt werden mußte; ging im 6. Jahrh., bes. im Morgenlande, der Gebrauch der Bilder in einen Mißbrauch über. Man erzeigte ihnen nun besondere Verehrung, küßte sie, zündete Lampen vor ihnen an, räucherte mit Weibrauch, schrieb ihnen Wunder zu, betete sie an, behandelte sie also wie die Heiden ihre Götzenbilder. Dagegen eiferten alle besseren Kirchenlehrer, während sie Andere aus Eigennutz begünstigten, u. es bedurfte nur einer äußeren Veranlassung, um einen heftigen Streit darüber anzufachen. Diese gab der Kaiser Leoder Isaurier, indem er zur Abstellung des Mißbrauchs 726 den B. verbot; so entstand der langwierige Bilderstreit. Als man seine Befehle nicht befolgte, ließ er 730 die Bilder aus den Kirchen wegnehmen, entfernte den Patriarchen von Constantinopel, Germanus, u. bewirkte, ungeachtet des Tadels von Rom aus, wo Papst Gregor III. 732 sogar alle Bilderfeinde in den Bann that, daß die Bilderverehrer (Bilderanbeter, Ikonoduloi, Ikonolaträ) von den Bilderstürmern (Bilderfeinden, Ikonomachoi, Ikonokaustä, Ikonoklastä) unterdrückt wurden. Leos Gesetze gegen die Bilder hielt sein Nachfolger Constantinus Kopronymus aufrecht, ließ sie auf dem Concil zu Constantinopel 754 gegen die Bilderverehrer bestätigen u. viele Mönche, welche, nebst den Patriarchen von Alexandrien, Antiochien u. Jerusalem für die Bilder eiferten, hinrichten. Auch Kaiser Leo IV. handhabte die Gesetze gegen sie mit Hülfe des Heeres streng. Doch dessen Witwe Irene brauchte die, bei Volk u. Klerus noch beliebte B-verehrung als Mittel, sich den Thron zu sichern, versammelte im Einverständniß mit dem neu ernannten Patriarchen Terasios von Constantinopel daselbst u. 787 in Nikäa eine Synode, welche die Verehrung der Bilder durch Niederfallen, Küssen, Beräuchern etc. wieder herstellte. So blieb es auch unter den Kaisern Nikepboros u. Michael bis 813, obwohl immer viele B-feinde waren. Da durch die Hitze des Streits die B-verehrung bis zur abgöttischen Anbetung gesteigert worden war, verbot Leo V. dieselbe durch die Synode in Constantinopel u. bestrafte die Ungehorsamen, meist Mönche, an deren Spitze Tbeodoros Studita stand. Kaiser Michael II. gab die B-verehrung frei, ohne dadurch die B-freunde zu befriedigen; Kaiser Theophilus aber, seit 829, erneuerte gegen dieselbe die strengsten Maßregeln. Gleich nach seinem Tode ließ seine Witwe Theodora 842 den B. wieder herstellen u. das Andenken dieses B-sieges durch das Fest der Orthdoxie verewigen, das noch jetzt in der griechischen Kirche am Sonntag Invocavit, welcher daher der orthodoxe Sonntag heißt, gefeiert wird (vgl. Buddeus, De festo orthodoxo, Jena 1726). Seitdem blieb auch im Morgenlande die B-verehrung herrschend. Die Folgen des Streites waren eine große Entsittlichung der Geistlichkeit u. der Verlust Italiens für die griechischen Kaiser. Im Abendlande war während des Bilderstreits die Ansicht über den B. würdiger, u. die Italiener behaupteten, daß man zwar die Bilder beibehalten könne, daß sie aber nicht verehrt werden dürften. Bes. die fränkische Kirche war dagegen auf der Synode zu Gentiliacum 767, u. Karl d. Gr. ließ 790 der 2. Synode zu Nikäa eine Widerlegungsschrift: De impio imaginum cultu (Libri carolini) entgegensetzen, die den Gebrauch der Bilder nur zur Verzierung zuließ, u. die B-verehrung auf der Synode zu Frankfurt 794, mit Beistimmung der Englischen Kirche, verdammen. Vom 9. Jahrh. an neigten sich die Päpste immer mehr zu der B-verehrung hin, wodurch sie auch im Abendlande bald überall Eingang fand. In der Römisch-kathölischen Kirche blieb der B., u. das Tridenter Concil hat sich in den Beschlüssen der 25. Session darüber dahin ausgesprochen, daß man die Bildnisse von Christus, der Heiligen Jungfrau[776] u. den andern Heiligen aufbewahren u. denselben die gebührende Ehre u. Achtung erweisen solle, nicht als wenn in denselben etwas Göttliches od. eine besondere Kraft, weshalb sie zu verehren wären, sich befände, od. als ob man Etwas von denselben erbitten od. ein Vertrauen auf sie setzen sollte, sondern weil die denselben bewiesene Ehrenbezeigung auf die Urbild er, welche sie bezeichnen, bezogen würde, so daß die Katholischen durch die Bilder, welche sie küssen, vor denen sie das Haupt entblößen u. sich beugen, Christum anbeten u. die Heiligen, deren Gestalt sie darstellen, verehren. Eine Folge des B-s sind die Willfahrten zu den berühmten Gnadenbildern. Die Griechische Kirche unterscheidet sich von der Römischen nur darin, daß sie nur gemalte u. ausgelegte (Reliefs.) Bilder duldet. Von den übrigen orientalischen Christenparteien beobachten alle, außer den Nestorianern, Thomaschristen u. den russischen Roskolniten, diese Bilderverebrung, womit der Glaube an die wunderthätige Kraft gewisser Bilder, ihr Umhertragen bei Processionen, um Schutz u. Segen zu erhalten, ihre Bekleidung mit kostbaren Stoffen u. Edelsteinen u. die Gewohnheit, sie zu beschenken, bei allen Bilderdienern zusammenhängt. Die Reformation erklärte sich entschieden gegen den B. Luther verstattete die Duldung der Bilder zwar als Zierde u. zur erbaulichen Erinnerung, wie er sich denn auch gegen Karlsstadt Zerstörung der Bilder u. Altäre in Wittenberg 1522 entschieden aussprach. Die schweizerischen Reformatoren erklärten sich gegen alle Bilder, ließen sie aus der Kirche wegnehmen u. in manchen Gegenden wurden sie mit wahrer Wuth zerstört, so bes. in den Niederlanden. Noch jetzt werden sie nicht in der Reformirten Kirche u. den von ihr ausgegangenen Particularkirchen der Presbyterianer, Methodisten, Quäker etc. geduldet. Im Islam ist aller B. streng verboten, ja es wird sogar für Sünde geachtet, ein lebendes Wesen, wenn auch zu einem andern Zwecke als dem der Anbetung, abzubilden. Vgl. Wessenberg, Die christlichen Bilder, ein Beförderungsmittel des christlichen Sinnes, Constanz 1827 2 Bde; Schlosser, Geschichte der Bilder stürmenden Kaiser, Frankf. a. M. 1812; Marx, Der Bilder streit der Byzantinischen Kaiser, Trier 1839.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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