Compaß

Compaß

Compaß (v. ital. Compasso u. fr. Compas, Zirkel), 1) Instrument, um, mittelst einer beweglichen Magnetnadel, vermöge der Eigenschaft derselben sich gegen Norden zu wenden, zunächst die Richtung nach Norden u. darnach auch die übrigen Weltgegenden zu bestimmen. A) Beim See-C. ruht die Nadel in der Mitte, wo eine Öffnung angebracht u. ein Hütchen aufgesetzt ist, auf einer senkrechten Spitze, ist aber mit einer runden Scheibe von leichter Pappe in feste Verbindung gebracht, auf welcher ein Stern mit 32 gleich weit entfernten Spitzen (Windrose) gezeichnet ist; die nach dem Stift, um den sich die Nadel dreht, gezogene Linien heißen Compaßstriche (Windstriche). Zuweilen theilt man den Raum zwischen je 2 Strichen wieder in 4 Theile u. setzt dies bei Annahme der Himmelsgegenden hinzu, so S. S. W 1/4 W., d. i. Süd-Süd-West 1/4 Strich W Auf die Spitze dieses Streifs werden die Himmels, Haupt- u. Nebengegenden bemerkt u. die Nadel darauf aber so befestigt, daß deren Nordpol dem Punkt Norden auf der Windrose entspricht; der Rand dieser erhält die gewöhnliche Kreisabtheilung von 360°. Um die Schwankungen derselben beim Aufsetzen der Nadel zu beschränken, werden auf der untern Fläche kleine Flügel von Pappe angebracht, die bei der Bewegung von der Luft Widerstand erhalten. Die so vorgerichtete Nadel ist in einem kupfernen Cylinder eingeschlossen, der oben mit Glas bedeckt ist u. der Nadel auf der Spindel freien Spielraum läßt. Um den Störungen des C-es durch das Schwanken des Schiffes so viel wie möglich zu begegnen, ruht das cylindrische Gehäuse mittelst zwei entgegengesetzter Zapfen auf einem Ringe u. dieser wieder mittelst 2 Zapfen, die in ihrer Richtung um 90° von den Zapfen des Cylinders abweichen, auf einem mit seinen Spitzen aufwärts gehenden Halbkreise, der in seiner Mitte wieder auf einem Fußgestelle aufruht, um welchen die ganze Vorrichtung sich leicht drehen läßt. Meist ist auch der Cylinder, auf solche Weise schwebend, in einem viereckigen hölzernen Kasten eingeschlossen. Um die Richtung des Schiffes vermittelst des C-es zu erkennen, wird der den C. einschließende viereckige Kasten in einem besonderen, in dem Hintertheil des Schiffes befindlichem Behältnisse (Compaßhäuschen) so gesetzt, daß der Mittelpunkt genau über dem Kiel steht, 2 Seiten des Kastens dem Kiel parallel laufen, die andern beiden aber dann einen rechten Winkel bilden. An der inneren Fläche des Gehäuses sind, einander gegenüber, 2 Punkte od. Striche angebracht, welche ebenfalls genau über dem Kiele liegen. In dieser Lage heißt dann der C. Strich-C. Der Grad der Windrose, auf welchen die gedachten Striche einspielen, gibt dann den Winkel an, unter welchem die Richtung des Kiels von dem magnetischen Meridian abweicht, u. die dahin treffende Spitze des Sterns bezeichnet die Himmelsgegend, nach welcher der Kiel gekehrt ist. Nach dieser hin werden nun, wenn es sich gerade trifft, daß man nach derselben zu gelangen wünscht, die Segel senkrecht gestellt; in den meisten Fällen aber, indem der günstige Wind nur seitwärts weht, muß das Segel schief gestellt werden; es wird aber das Schiff von dieser Richtung des Kiels dann seitwärts abgetrieben, u. diese Abweichung durch den Variations-C. bestimmt, wofür der gedachte Azimuthal-C. ebenfalls benutzbar ist. Das Schiff läßt in seinem Lauf eine Furche im Wasser zurück, nach welcher man nur durch die Dioptern des C-s visiren darf, um die Himmelsgegend, nach welcher das Schiff getrieben wird, zu bestimmen. Der Strich-C. zeigt also stets die Richtung des Kiels, der Variations-C. den wirklichen Lauf des Schiffes an, u. diese beiden Data reichen hin, um in jedem Falle der Bestimmung[315] des wirklichen Laufs des Schiffes zur Hauptgrundlage zu dienen. Um nun das Schiff genau Strich halten zu lassen, steht der C. mit dem bei Licht erleuchteten C-häuschen stets vor dem Matrosen, der beim Steuerruder ist, der unablässig darauf sieht, daß der C. den vorgeschriebenen Grad beibehält, u. das Rad, welches das Steuerruder dreht, sogleich rechts od. links in Bewegung setzt, um die abweichende Richtung des Schiffes sogleich zu verbessern. Um den See-C. zu Beobachtungen des Azimuths der Sonne zu benutzen (als Azimuths-C.), werden von 2 entgegengesetzten Stellen des oberen Randes der Büchse Dioptern angebracht, von deren Mitte auf der inneren Fläche der Büchse Perpendicularlinien herab gezogen sind. Um das Azimuth auch in einiger Höhe nehmen zu können, wird die eine Diopter viel höher als die andere angebracht; man spannt dann von der hohen zur niedrigen einen Faden aus, welcherdie Hypotenuse eines über dem Durchmesser der Windrose vertical stehenden rechtwinklichen Dreiecks bildet. Die Büchse wird dann gedreht, bis der Schatten dieses Fadens auf die Mitte der hohen Diopter fällt; es zeigt dann der Grad der Windrose, auf welchen die von der Diopter herabgehende Perpendicularlinie trifft, den Abstand des Verticalkreises der Sonne von dem magnetischen Meridian od. das magnetische Azimuth an. Mittelst Visirens durch die Dioptern kann man auch das Azimuth eines Sternes finden. Es sind aber die wahren Himmelsgegenden von denen, welche die C-e nach dem magnetischen Meridian angeben, um die Abweichung der Magnetnadel verschieden, die an jedem Orte, wo man sich befindet, u. für eine bestimmte Zeit statthat. Diese muß man also kennen, od. auch durch Aufnahme des magnetischen Azimuths von Sonne od. Sternen ausmitteln, indem man den Unterschied von dem wahren, od. dem aus der geographischen Breite les Orts u. der Höhe der Sonne u. des Sterns bekannten Meridian berechnet. Man hat, um die Declination zu finden, das Declinatorium (Abweichung s-C.), einen mit einer freibeweglichen Magnetnadel versehenen, rechtwinkligen Glaskasten, von dem 2 Wände mit dem geographischen Meridian parallel sind. Der Winkel, welchen die Nadel mit diesen Wänden bildet, od. die Declination (s. Magnetismus) wird durch eine Gradeintheilung angegeben. Der C. dient bes. auch B) als Feld-C. zum Aufnehmen von Gegenden mit dem Meßtisch, s. Boussole; dann auch zu Bestimmung der Weltgegenden, bei dem Bergbaue, C) als Berg- od. Gruben-C., von dem die Setz-, Hänge- u. Zulege-C-e in ihrer Einrichtung nur wenig abweichend sind. Ersterer gleicht einer gewöhnlichen Boussole (s.d.) zum Stellen, u. der Hänge-C. hat 2 Haken, womit er an einer Schnur aufgehängt wird, daß sich die Nadel immer in horizontaler Ebene bewegt. Er dient dazu, wagrechte Winkel zweier beliebiger Richtungen u. dergleichen Neigungswinkel einzelner Linien gegen die Magnet- od. Mittagslinie zu messen. Doch ruhet der Hängecompaß nicht auf einem versetzbaren Gestell, sondern an einer ausgespannten Schnur, welche zugleich den Winkelschenkel, dessen Lage bestimmt werden soll, vorstellt, da ein Bergwerk das Aufstellen von Stativen lange nicht an allen Orten gestattet. Auch bedarf es keiner Diopter, da die Winkelschenkel durch die ausgespannte Schnur angegeben werden, u. bestehen deshalb nur aus dem C. u. aus dem Hängezeug. Der C. der Bergleute unterscheidet sich von der Feldboussole eigentlich nur durch die Eintheilung des Kreisringes, die hier nicht nach Graden, sondern nach Stunden, deren 24 auf den ganzen Kreis gehen u. die dann weiter in Viertel, Achtel, Sechzehntel etc. eingetheilt sind. Vorherrschend wird jedoch in neuerer Zeit die Eintheilung der Stunden in 15 ganze od. 30 halbe Grade, weil sie mit der gewöhnlichen Kreistheilung zusammenfällt. Außerdem hat der Gruben-C. noch zwei andere Verschiedenheiten, nämlich die Bezifferung geht von rechts nach links u. der Ost- u. Westpunkt ist verwechselt. Das Hängezeug besteht aus zwei rechtwinkelig verbundenen Stücken, dem Hängebogen u. dem Hängekranz; beide sind aus hart geschlagenem Messing gearbeitet. Der Hängebogen ist etwa eine Drittellinie dick u. einen halben Zoll breit; seine Weite richtet sich nach dem C., welcher in dem Hängekranz, der ungefähr die doppelte Dicke u. Breite des Bogens hat, gesetzt wird. Es ist dieser ein wagrecht liegender Ring, dessen Weite den C. faßt; an den beiden Enden eines Durchmessers, der Süd- u. Nordlinie des Hängeringes, sind 2 cylindrische Zapfen mit scheibenartigen Ansätzen, um welche er sich in Lagern, die am Hängebogen befestigt sind, ein Stück vertical drehen kann. In einem zweiten Durchmesser des Hängekranzes liegen 2 Körner, welche den in der Richtung OW od. 6h u. 18k liegenden u. mit entsprechenden Vertiefungen versehenen C. so aufnehmen, daß derselbe um seine Ost-Westlinie vertical gedreht werden kann. Vermittelst dieser Drehung u. jener der Süd-Nordlinie kann der C. leicht horizontal gestellt werden. Ältere Instrumente haben die Süd-Nordlinie unbeweglich, indem diese gleich rechtwinklich mit dem Hängebogen zusammengeschraubt ist; der Hängebogen hat an seinen Enden Haken, durch die er an eine festgespannte Schnur senkrecht aufgehängt wird. Soll mit diesem C. der horizontale Winkel zweier Richtungen in einem Bergwerke bestimmt werden, so spannt man zunächst die Schnur nach dem rechten Schenkel aus u. hängt das Instrument so ein, daß der NPunkt vom Scheitel des Winkels abgewendet ist; hierauf stellt man den Stundenring im Hängekranz wagrecht u. notirt das Ergebniß am Nordende der Nadel; dasselbe Verfahren wendet man darnach für den linken Schenkel an; hat man endlich beide Streichwinkel bestimmt, so ist deren Differenz der gesuchte Winkel. Den rechten Schenkel stellt man um deswillen voran, weil die Bezifferung des Hänge-C. von rechts nach links hin fortschreitet. Die neuesten u. vorzüglicheren Constructionen zum Bau von Boussolen sind von den Mechanikern F. W. Breihaupt in Kassel u. Ertel u. Sohn in München. – Die Chinesen hatten schon im 3. Jahrh. des Magnet als C. auf ihren Schiffen, u. im 4. Jahrh. leitete sie derselbe auf offenem Meere nach dei. Küsten OAfrikas u. Arabiens. Wahrscheinlich ist auf diesem Wege die Kenntniß der Eigenschaft des Magneten zu uns gekommen. Schon der Irländer Frook (geb. 1068) gedenkt dessen in einem Geschichtswerke über die Entdeckung von Island; Guyot von Provins in seinem Gedicht La Bible vom Jahre 1190. Die Entdeckung der Azoren 1387 u. der tropischen Westküste Afrikas 1346 beweisen die Bekanntschaft der Europäer damit. Italiener, Engländer, [316] Holländer, Franzosen haben zu mehrerer Vervollkommnung desselben beigetragen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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