Concilium

Concilium

Concilium (lat., Synode, Kirchenversammlung), die Versammlung der Kirchenvorstände, um über Angelegenheiten der Religion u. Kirche zu berathschlagen u. zu entscheiden. Die Concile sind A) Allgemeine Concile (Ökumenische Concile, Generalconcile), d. i. Versammlungen der aus der ganzen katholischen Welt zusammenberufenen Vorstände, zur Entscheidung der allgemeinen Kirchenangelegenheiten. Zu einem Ökumenischen C. gehört: a) daß alle Bischöfe, die in Verbindung mit dem Primat (Papst) sind, berufen werden, doch brauchen nur solche Bischöfe zu erscheinen, die wirklich als Repräsentanten u. Organe der ganzen Kirche angesehen werden können. Die Berufung steht ordentlicher Weise dem Primat zu, darum ist aber, wenn die Zusammenberufung von dessen Seite aus irgend einer Ursache unterbleibt, das auf eine andere Weise sogar gegen den Willen des Papstes berufene C. noch nicht ungültig. Die ersten Concilien wurden selbst von den Kaisern berufen, freilich nach der Behauptung der katholischen Kirche, auf Verlangen od. doch mit Einwilligung des Papstes. b) Daß dabei Stimmenfreiheit u. Ordnung ist; die Bischöfe (Patres concilii) od. ihre Stellvertreter haben gleiches Stimmrecht, auch die Cardinäle, Äbte, Prälaten u. Ordensgenerale; andere zu Concilien zugezogene Priester u. Gelehrte (Doctores concilii) haben blos eine consultative Stimme. Der Papst führt den Vorsitz u. die Leitung der Verhandlungen als Primas der Kirche in Person od. durch Legaten. Sonst präsidirten die Kaiser bei einigen orientalischen Concilien, jedoch nach Ansicht der katholischen Kirche nicht als Schiedsrichter, sondern als Schirmer u. Vollstrecker. Die Entscheidung hängt von der Mehrheit der viritim abgegebenen Stimmen ab; nur in Kostnitz wurde nach den 4 Nationen, der deutschen, französischen, italienischen u. englischen gestimmt. c) Daß das C. von der Kirche angenonmen u. vom Papste bestätigt wird; durch letzteres wird dessen Rechtmäßigkeit u. canonische Haltung erklärt. Die Aussprüche Ökumenischer Concilien sind keine neuen Dogmen, sondern nur Auslegungen u. Erklärungen dessen, was ursprünglich in Schrift u. Tradition schon, obwohl verhüllt (implicite) vorhanden war, u. stehen, nach der Lehre des Katholicismus, unter dem unmittelbaren Einfluß des Heiligen Geistes u. sind unfehlbar (s. Infallibilität), wenn sie über Gegenstände des Glaubens u. der Sitten u. den in der Schrift gegründeten u. in der Überlieferung bewahrten Glauben der Kirche aussprechen. Die Unfehlbarkeit erstreckt sich aber weder auf Disciplinarsachen, noch auf historische, politische, wissenschaftliche Bestimmungen, noch auf die Entscheidungsgründe od. gelegenheitlich u. nebenbei eingeflochtenen Bemerkungen. Ob u. wiefern auch der Papst dem C. unterworfen sei, s. u. Papst. Die Disciplinarverordnungen der Ökumenischen Concilien sind zwar in der Regel für alle Gläubigen verbindlich, jedoch nicht unabänderlich. Diese Glaubensverordnungen wurden sonst Dogmata, die Disciplinarverordnungen Canones genannt; in dem Trienter C. hingegen werden jene ausschließlich mit dem Namen Canones, diese mit Capita od. Decreta bezeichnet. Über die Anzahl der bisher gehaltenen Ökumenischen Concilien ist man nicht ganz einig. Der römische Theil begann die Ökumenischen Concilien schon mit dem im Jahr 47 (51) zu Jerusalem gehaltenen Apostolischen Concil (s.d.). In der von Sixtus V. in der Vaticanischen Bibliothek aufgestellten Liste derselben werden folgende 18 aufgezählt: 325 das 1. in Nicäa, 381 das 1. in Constantinopel, 431 das 1. in Ephesus, 451 in Chalcedon, 553 das 2. in Constantinopel, 680 das 3. in Constantinopel (das Trullanische), 787 das 2. zu Nicäa, diese 7 werden von der Griechischen u. Lateinischen Kirche für ökumenisch gehalten; die Lateinische Kirche nimmt außerdem noch folgende an: 866 das 4. in Constantinopel, 1123, 1139, 1179 u. 1215 das 1. bis 4. Lateranensische, 1245 u. 1274 das 1. u. 2. in Lyon, 1311 in Vienne, 1439 in Florenz, 1512 das 5. Lateranensische, 1545 in Trient. Außer den ersten 7 nimmt die Griechische Kirche noch das Constantinopolitanische von 692 als C. quinisextum zur Ergänzung des 5. u. 6. als ökumenisch an. Die Concile in Pisa 1409, in Kostnitz 1414, in Basel 1431, werden, obgleich sie Concilien der allgemeinen Kirche waren, in Rom nicht für ökumenisch erkannt; letzterem wird die ökumenische Eigenschaft u. Autorität meist nur bis zur 24. Sitzung beigelegt. Die große Conferenz von 192 Prälaten am 8. Dec. 1854 in Rom, wobei das Dogma, von der unbefleckten Empfängniß Mariä proclamirt wurde, war kein C. B) Particular-Concilien, die wieder in a) National-Concilien b) Provinzial-Concilien, c) Diöcesan-Concilien (Concilia civilia) zerfallen, sind in großer Menge gehalten worden, u. obwohl sie weder infallibel, noch inappellabel u. irreformabel sind, wurden sie doch stets für höchst wichtig u. zweckmäßig gehalten. Das C. in Basel, das Trienter, so wie andere frühere u. spätere päpstliche u. Conciliarvorschriften, verordneten, daß die Diöcesansynoden alljährlich, die Provinzialsynoden in[330] 3 Jahren einmal gehalten werden. Bei den National- u. Provinzialsynoden ist der Primas od. Metropolit Präsident u. Geschäftsleiter, bei den Diöcesansynoden der Bischof. In neuerer Zeit sind sie fast ganz außer Übung gekommen. Das aus mehr als 100 Bischöfen bestehende National-C. in Paris 1811 wurde wieder aufgelöst, weil es den kirchenwidrigen Eingriffen u. Forderungen Napoleons widerstand. Die jüngsten National-Concilien sind die 1822 zu Preßburg in Ungarn u. 1849 in Würzburg. Die Diöcesansynoden (namentlich von Carlo Borromeo herrlich benutzt) unterblieben wohl größtentheils durch die Bischöfe, die jetzt alle kirchlichen Diöcesanangelegenheiten allein höchstens mit Zuziehung ihres Consistoriums, abmachten, ohne ihren übrigen Clerus zur Berathung u. Theilnahme zuzuziehen. Vgl. Sammlungen der Conciliarbeschlüsse: Die der älteren bis ins 12. Jahrh. im Auszuge im Decretum Gratiani; die Acta conciliorum saec. XV., herausg. von Karajan. Neuere von Jak. Merlin, Par. 1523 f., 2 Bde., Fol., u. ö.; von Peter Crabbe, Köln 1538, 2 Bde., Fol., u. 1551, 3 Bde.; Lor. Surius, Köln 1567, 4 Bde., Vened. 1585, 5 Bde., Fol.; Sev. Binius, Köln 1606–18, 5 Bde., Fol; Par. 1636, 10 Bde., Fol.; Rom 1608–11, 4 Bde, Fol.; in der Buchdruckerei des Louvre in Paris 1644 in 37 Bdn., Fol.; von den Jesuiten Labbe u. Cossart, Par. 1671 f., 18 Bde., mit Supplementen von St. Baluzius, Par. 1683, Fol.; Hardouin, ebd. 1715, 12 Bde., Fol.; Coleti, Ven. 1728 ff., 23 Bde., Fol.; von Mansi, Florenz 1759–98, 31 Bde., bis 1590 reichend; von Bruns, Conciliorum Canones in der Bibliotheca ecclesiastica, Berl. 1839, 2 Bde; Disch, Concilienlexikon (enthält alle Concilien vom 1. in Jerusalem bis auf die neueste Zeit), Augsb. 1843–45, 2 Bde. Ausgabe einzelner Concilien u. Sammlungen von Concilien einzelner Länder: Die alten französischen Concilien von I. Sirmondi, Par. 1629, 3 Bde., dazu Supplement von P. de la Lande, Par. 1666, Fol.; die neueren französischen von L. Odespun, Par. 1649; die deutschen bis 1747 von I. F. Schannat, I. Hartzheim, H. Scholl u. Äg. Neißen, Köln 1759–90, 11 Bde., mit Register von A. I. Hesselmann; Die National-, Provinzial- u. vorzüglich Diöcesan-Concilien vom 4. Jahrh. bis zum Triteutiner, von Binterim, Mainz 1850, 7 Bde.; die spanischen von Jos. Aguirre, Madr. 1781, Fol., u. m. Die Protestanten schreiben den Concilien in Sachen des Glaubens nicht ein so hohes Ansehen zu, wie die Katholiken. Sie erkennen nur die Schriften der Bibel als Glaubensnorm an u. halten um so weniger die Concilien für inspirirt u. infallibel, indem auch eine ganze Gesellschaft irren kann, da aus den Concilien Widersprüche u. Irrlehren hervorgingen u. der Glaube an Inspiration etc. der Concilien erst im 4. Jahrh. sich regte. Als ökumenisch werden von den Protestanten 4 (auch wohl 6) anerkannt, als: das in Nicäa 325, in Constantinopel 381, in Ephesus 431 u. in Chalcedon 451 (von Einigen noch das 2. u. 3. von Constantinopel 553 u. 680). Protestantische Concilien beruft u. beaufsichtigt der protestantische Landesherr als Summus episcopus. Sie können demnach ihrer Natur nach nur Provinzial-, höchstens National-C., nicht ökumenisch sein. Die lutherischen Colloquien gleich nach der Reformation ersetzten sie nicht. Dagegen sind ähnliche Versammlungen jetzt in der Protestantischen Kirche Deutschland (Generalsynode in Berlin, Evangelische Conferenz in Berlin etc.) u. in der Reformirten Kirche der Niederlande u. der Frankreichs (s. Reformirte Kirche) gehalten worden.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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