Czartoryski

Czartoryski

Czartoryski (spr. Tschartoryski), alte slawische Familie, erst Sanguszko, später nach dem Städtchen Czartorisk, nördlich von Buzk in Volhynien, genannt, entsproß von den Jagellonen, u. zwar war Korygiell, der in der griechischen Taufe den Namen Constantin, in der katholischen den Namen Kasimir annahm u. 1300 bei Wilna fiel, ihr Ahnherr. Sie wurde 1623 in den deutschen Fürstenstand erhoben, was Joseph II. 1780 erneuerte, u. erhiel 1808 die ungarische Magnatenwürde. Die C-s theilten sich in 2 Linien: a) Czartoryski-Sanguszko, deren Familienhaupt zugleich auch den Namen Herzog von Klewan u. Zukow führt, u. b) Czartoryski- Klewan od. Czartoryski-Korzec, die in der männlichen Linie mit dem Fürsten Joseph Clemens 1810 ausgestorben ist, indem dieser nur 2 Töchter hinterließ, von denen die ältere, Prinzeß Therese, geb. 1785, seit 1856 Wittwe von dem Grafen v. Wisnicz ist, u. die jüngere, Josephine, geb. 1788, mit dem Grafen Alfred Potocki (s.d.) vermählt ist. Merkwürdig sind: 1) Michael Friedrich, geb. 1695, war Anfangs Unterkanzler, dann Großkanzler von Polen; zeigte sich den russischen Einflüssen u. Interessen geneigt, schenkte seinen Unterthanen die Freiheit u. st. 1775. 2) August Alexander, begründete die Größe seines Hauses, indem er sich mit der reichen verwittweten Gräfin Dönhoff vermählte. 1763 nach dem Tode König Augusts III., seines Gönners, sendete er seinen Neffen, den Grafen Stanislaus August Poniatowski, nach Petersburg, um dort wegen der erledigten Krone für sich od. seinen Sohn zu ambiren. Indeß Poniatowski erwarb von der Kaiserin Katharine die Krone für sich, woher eine geheime Feindschaft zwischen den Poniatowski's u. C., so wie ein Widerstreben Letzterer gegen die russische Politik, der sie bisher angehangen hatten, erwuchs. Er st. 1782. 3) Adam, Sohn des Vor., geb. 1731, mit Isabelle Gräfin Flemming vermählt, welche sich seit 1764 in Leitung der Bestrebungen der Familie C. bes. thätig bewies. Ihre Erbitterung gegen Rußland stieg, da die Kaiserin Katharina die Vermählung nicht anerkannte, welche Prinz Ludwig von Württemberg, Bruder der Gemahlin des Großfürsten Paul, mit ihrer Tochter Marianne C. 1784 geschlossen hatte. C. nahm nach der ersten Theilung Polens 1772 österreichische Kriegsdienste u. wirkte nun im Sinne Österreichs, wendete 1789 bis 1791 Alles an, tun Polen eine dauerhafte Verfassung zu geben, u. war in dieser Zeit polnischer [623] Gesandter in Dresden, suchte aber vergebens den Kurfürsten von Sachsen zur Annahme der polnischen Krone zu bewegen u. Österreich dahin zu bringen, sich für Polen zu interessiren, ja die zweite Theilung Polens 1791 wurde durch die mittelbar von C. geleiteten Bewegungen herbeigeführt; C. zog sich dann auf seine Güter zurück u. lebte abwechselnd dort u. in Wien. 1794 wirkte er von Wien aus auf die abermalige Waffenerhebung der Polen; die Fürstin Isabelle gab aus ihrem Vermögen eine bedeutende Summe, man sagt 6 Mill. Gulden, her, u. durch sie wurde zum Theil Kosciußko, den der Fürst Adam in Paris hatte ausbilden lassen, bewogen, sich an die Spitze der Insurrection zu stellen. Nach dem Mißlingen der Insurrection wurde zwar durch Fürst Repnin, einen alten Freund der Fürstin Isabelle, die Confiscation der Güter der C-s abgewendet, doch mußten 1795 die beiden Söhne C-s, gleichsam als Geißeln, nach Petersburg an den Hof gesandt werden. C. wurde 1805 österreichischer Feldmarschall, zog sich aber 1806 u. 1807 auf seine Güter in Polen zurück; 1812, als Napoleon eine Wiederherstellung Polens vorspiegelte, stellte er sich als Reichsmarschall an die Spitze der gegen Rußland gerichteten Conföderation. Nach dem für Napoleon unglücklichen Ausgang des Feldzugs von 1812, übte C. einen wesentlichen Einfluß auf Abfassung der Verfassungsurkunde aus, welche Alexander 1815 Polen ertheilte. Er st. 1823 zu Sieniawa in Galizien. Er ist auch polnischer Lustspieldichter. 4) Elisabeth, geb. Gräfin v. Flemming, geb. 1744 in Warschau, Gemahlin des Vor., lebte meist auf ihrem Landsitz Pulawy, wo sie viele Kunstschätze sammelte (Tempel der Sibylle); sie lebte den Künsten u. Wissenschaften u. war Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Durch die Revolution von 1830 von Pulawy vertrieben, ging sie nach Galizien u. st. dort 1835 in Wysok. 5) Adam, ältester Sohn der Vor., geb. 14. Jan. 1770, machte 1795 den Insurrectionskrieg unter Kosciußko mit, wurde 1795 mit seinem Bruder Constantin nach Rußland geschickt, wo er die Zuneigung des Großfürsten, nachmaligen Kaisers Alexander in so hohem Grade erwarb, daß ihm dieser den Gesandtschaftsposten in Turin u. 1803 nach seiner Thronbesteigung das Amt des Ministers des Auswärtigen übertrug. Er that im Verein mit Czacki viel für das Unterrichtswesen in den polnischen Provinzen u. unterzeichnete 1805 das Bündniß mit England gegen Frankreich. Darauf legte er sein Amt als Minister nieder u. lebte ziemlich zurückgezogen als Mitglied des russischen Reichsrathes u. des polnischen Administrationsrathes. Obwohl anscheinend dem Kaiser, den er auf den Feldzügen von 1806 u. 1807 begleitete, treu ergeben, unterliegt es keinem Zweifel, daß er mit dem fortwährend conspirirenden polnischen Adel unter der Hand in Verbindung blieb. Das Ziel der C-s war auf die Erwerbung der Krone Polens gerichtet, u. der Sohn hielt sich, für den Fall seines Vaters Absichten fehl schlugen, den Weg offen durch des Kaisers Gunst zu erreichen, was jener mit Gewalt anstrebte. Sehr zweideutig wurde seine Stellung, als sein Vater 1612 sich Napoleon anschloß, während er selbst an des Kaisers Alexander Seite blieb. Eine Entfremdung zwischen ihm u. dem Kaiser trat erst ein, als sein Plan, Vicekönig von Polen zu werden, scheiterte u. Zayonczek zum Statthalter des Königreichs ernaimt wurde. An der polnischen Constitution von 1815 hatte er ebenfalls Tyeil u. erhielt die Würde Senator-Palatin des Königreichs Polen. Auf den ersten Reichstagen sprach er stets zu Gunsten Polens; inzwischen erregten die geheimen Verbindungen des polnischen Adels, deren Knotenpunkt die Universität Wilna, an welcher C. als Curator fungirte, war, die Besorgniß des Großfürsten Constantin. C. wurde seines Amtes enthoben, u. es begann die Untersuchung gegen die der politischen Umtriebe verdächtigen Studenten der Universität, wobei sich indeß C. der Unschuldigen auf das Eifrigste annahm u. die Schuld der Übrigen in milderem Lichte darzustellen suchte. Er selbst zog sich darauf nach Pulawy, der Besitzung seiner Mutter, zurück u. begab sich später ins Ausland, um den Zeitpunkt abzuwarten, wo sich für die Erfüllung seiner Hoffnungen eine günstige Gelegenheit bieten würde. Um indeß vor dem Verlust seines Vermögens gesichert zu sein, erhob er auf seine Güter Hypotheken aus den russischen Banken. Bei den Polnischen Revolutionen von 1830 u. 1831 trat C. auf Lubeckis Einladung an die Spitze der polnischen Regierung u. repräsentirte, gemäßigten Charakters, die Tendenzen der hohen Aristokratie, indem er durch allmälige Reformen zur Unabhängigkeit vom Auslande zu gelangen hoffte. Als Senatspräsident hierdurch den heftigeren Demokraten verhaßt, wußte er die Wahl der Polen zum Generalissimus an des Fürsten Michael Radziwills Stelle auf Skrzynecki zu lenken (s. Russisch-polnischer Krieg von 1831). In der letzten Phase des Polnischen Krieges legte er 15/16. Aug. 1831 die Präsidentschaft der provisorischen Regierung nieder, nachdem er vergeblich die europäischen Cabinete um Unterstützung seiner Pläne angerufen hatte, begab sich dann als Volontair zu dem Streifcorps des General Romarino u. trat mit diesem nach Galizien über. Seine Güter, namentlich Pulawy, wurden confiscirt, doch blieb er reich genug, um mit fürstlichem Glanze leben zu können. Von der Amnestie (1831) ausgeschlossen, nahm er seit 1832 seinen bleibenden Wohnsitz in Paris. Die aristokratische Partei der polnischen Emigranten in Paris u. Großbritannien erkannte ihn im März 1846 als Haupt an, dagegen wurden unmittelbar darauf seine Güter im österreichischen Galizien mit Beschlag belegt. Er versäumte nun nichts, um die Agitation der Polen für Befreiung ihres Vaterlandes zu unterstützen. Da indeß die emigrirten Polen selbst in schwer zu versöhnende Parteien gespalten waren, so gelang es ihm nicht, Einheit in ihre Bestrebungen zu bringen. Das Jahr 1848 gab seinen Wünschen neue Nahrung; im März 1848 erließ er eine Adresse an Deutschlands Völker, worin er dieselben zur Verbindung mit Frankreich u. zum Aufstand gegen ihre Regierungen aufforderte u. ihnen rieth, die Polen dazu zu Hülfe zu rufen. Auf seiner Reise von Paris nach Polen, wurde in Köln am 26. März eine große Versammlung in seiner Gegenwart gehalten, wo die dortigen Häupter der deutschen Demokratie ihm große Sympathie bewiesen. Im April d. I. gab er den Bauern auf seiner Herrschaft Sieniawa in Galizien ihre Besitzungen eigenthümlich u. erließ ihnen alle Frohndienste. Im Mai hob der Kaiser von Österreich den über C-s Güter 1846 verhängte Sequester auf. Die republikanische Regierung Frankreichs versuchte C. im Mai[624] 1848 durch eine an die Nationalversammlung gerichtete Denkschrift vergebens zu bewegen, für die Wiederherstellung Polens mit dem Ländercomplex von 1773 aufzutreten. Ebenso ging die ungarische Insurrection 1849 u. der orientalische Krieg 1854 u. 1855 vorüber, ohne daß Rußland durch polnische Umtriebe gefährdet wurde. Die versöhnende Politik Kaiser Alexanders II. vermochte C. u. seine Anhänger nicht, ihre Stellung zur russischen Regierung aufzugeben, sie protestirten vielmehr förmlich gegen die vom Kaiser im Juni 1856 gebotene Amnestie. Fürst Adam ist seit 1817 vermählt mit Anna geb. Prinzessin Sapieha. Außer einer Tochter, Prinzessin Isabella (geb. 1832 u. 1857 vermählt mit dem Grafen Johann Dzialynski), hat er nur 2 Söhne, s. C. 7) u. C. 8). Vgl. Fürst Adam C. u. seine Stellung zur Sache Polens (mit den Reden des Fürsten an die polnische Emigration), Lpz. 1850. 6) Maria Anna, Schwester des Vor., geb. 15. März 1768, 1784 vermählt mit Herzog Ludwig von Württemberg, welche Ehe 1792 getrennt wurde; sie schrieb den Roman Matrina, Warschau 1818, u. st. 1854. 7) Witold, Sohn von C. 5), geb. 1824, trat 1845 in spanische Dienste; er ist seit 1851 mit Marie geb. Gräfin Grocholska vermählt. 8) Prinz Ladislas, Bruder des Vor., geb. 1828; vermählt seit 1855 mit Marie Amparo, geb. Gräfin v. Vista-Alegra, Tochter der Königin Christine von Spanien u. des Herzogs v. Rianzares (geb. 1834). 9) Constantin Adam Alex., Bruder von C. 5), geb. 28. Oct. 1773, war zweimal vermählt: in 1. Ehe mit Angelica geb Prinzessin Radziwill (st. 1808), welche ihm C. 10), u. in 2. Ehe mit Gräfin Marie Dzierzonowska (st. 1842), welche ihm C. 11)–13) gebar. 10) Prinz Adam Const., ältester Sohn des Vor., geb. 1804, seit 1848 in 2. Ehe mit Elisabeth geb. Gräfin v. Dzialinsky vermählt. 11) Prinz Alexander, Bruder des Vor., geb. 1811, seit 1840 vermählt mit Marcelline, geb. Prinzessin Radziwill. 12) Prinz Constantin, Bruder des Vor., geb. 1822; u. 13) Prinz Georg, geb. 1829.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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