Dēkan

Dēkan

Dēkan (Dekhan, vom sanskritischen Dakschina, das rechts gelegene od. südlich gelegene Land), im Allgemeinen die ganze Südhälfte Vorderindiens, welche ein großes, im W. u. O. vom Medischen Ocean umspültes, im N. durch die Ketten des Vindhyagebirges vom eigentlichen Hindostan getrenntes Dreieck bildet. Das ganze D., das auf 25,000 QM. mit 50 Mill. Ew. geschätzt wird, ist eine Plateaulandschaft, welche nur an den Meeresküsten von einem schmalen Gürtel Tieflandes umgeben u. von demselben im Westen durch die selten über 3000 F. aufsteigenden Westlichen Ghats, im Osten durch die sich nur selten über 1500 F. erhebenden Östlichen Ghats geschieden wird. Die größte Höhe erreichendie Ghats in dem südlichsten Theil des D., in den Nilgherrybergen, die um Pik von Dodapet bis 8700 F. aufsteigen. Im Allgemeinen zeigt das innere Tafelland eine Neigung nach Osten; während es um Bangalore u. Nundidroog an 3000 F. über dem Meere liegt, sinkt es nördlich gegen Hyderabad hin auf 1800 F., in der Ebene von Salem auf 1400 F. Auch die wichtigsten Flüsse des eigentlichen D., Godavery, Cauvery, Kistna u. Pennaur folgen dieser östlichen Neigung, während sie an den Westlichen Ghats entspringen, durchbrechen sie die Östlichen u. fließen dem Bengalischen Meere zu; nach Westen zu münden außer kurzen starkfallenden Küstenflüßchen, die von den Westlichen Ghats herabkommen, nur die Nerbudda u. Tapti, deren schmalgestreckte Stromgebiete nicht dem eigentlichen Inselland des D., sondern dem Vindhyasysteme angehören. Die Küstenlandschaft im Westen heißt die Küste Malabar, die des Ostens die Küste Coromandel. Wie in physischer, so ist das D. auch in ethnographischer Beziehung von dem eigentlichen Hindostan sehr veschieden, während nördlich des Vindhya die dravidische Übervölkerung mit einigen unbedeutenden Ausnahmen vollständig von den eingewanderten arischen Indern ausgerottet od. wenigstens arianisirt worden ist, wird der größere Theil des D. noch heutigen Tages von dravidischen Völkern, wie den Tamulen, Canaresen, Telugus, Malabaren, Tulus etc. bewohnt, welche zwar von der arischen Civilisation durchdrungen wurden, aber doch ihre eigenthümlichen Sprachen, überhaupt ihre ethnographische Selbständigkeit bewahrten; nur der äußerste Nordwesten, die Thäler der Nerbudda u. Tapti sind zum Theil arianisirt.

Die älteste Geschichte des D. ist in Dunkel gehüllt. Nach der indischen Sage war es zuerst Rama, der König von Udschdschayini (Oude), der mit Heeresmacht im D. vordrang, um den Ravana, den Herrscher von Ceylon, zu verfolgen. Schon in das früheste Alterthum fällt die Eintheilung des D. in die Landschaften Dravida (Land der Tamulen), Carnata,[807] Telingana, Maharashtra u. Orissa. Im 5. Jahrh. n. Chr. blühten im D. die vier Königreiche Pandya, Kerala, Cola u. Chola (Tschola). Die erste muhammedanische Invasion machte 1294 n. Chr. Alandin, der spätere Herrscher von Delhi, welcher die maharattische Kapitale Deogiri zerstörte, einige Jahre darauf aber das ganze Maharattenland, Telingana u. Carnata eroberte; im Jahr 1325 wurde die muhammedanische Eroberung des ganzen D. durch Muhammed-Toghluk vollendet, doch war die Unterwerfung nur von kurzer Dauer. Nachdem die Hindufürsten von Telingana u. Carnata das moslemitische Joch abgeworfen hatten rebellirte das ganze D., u. 1347 begründete Hasan-Ganga die muhammedanische Dynastie der Bahmani die sich in der Folge auch die Fürsten von Telingana, sowie später (1565) die von Carnata (Bijayanagar) unterwarf. Im Laufe der Zeit verfiel jedoch das Reich der Bahmani; aus demselben entstanden die unabhängigen moslemitischen Staaten von Beejapore, Ahmednuggur, Golconda, Bedur u. Berar; die beiden letzteren gingen in der Folge in den ersteren auf. 1630, zur Zeit Shah Jehan's, war das D. unter den drei Herrschern von Ahmednuggur, Golconda u. Beejapore vertheilt. Das erste derselben wurde 1636 dem genannten Großmogul tributpflichtig, die beiden letzten unterwarf 1686 dessen Sohn Aurengzeb, so daß dieser das gesammte D. beherrschte. Allein schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. wurden die Mahratten mächtig; ihr Haupt Soho erwarb sich durch einen Frieden mit dem Großmogul das Recht, im ganzen D. Tribut zu erheben; als Vicekönig des Großmoguls waltete im D. Asos-Jah; als dieser jedoch als Vezier nach Delhi selbst berufen wurde, wußte der Begründer der Peishwadynastie, der Mahratte Balaji, die thatsächliche Oberherrschaft über einen großen Theil des Landes auszudehnen, wodurch Conflicte mit dem später in sein Vicekönigthum nach Hyderabad zurückkehrenden Asos entstanden. Beide glichen sich endlich dahin aus, daß Asos das noch gegenwärtig, wenn auch in engeren Grenzen bestehende Königreich Hyderabad (Staat des Nizam) behielt, der Peishwa sich aber zum Herrn über den ganzen, zur heutigen Präsidentschaft Bombay gehörigen Theil des D. machte; den übrigen Theil des D. behaupteten kleinere Fürsten, die von dem Nizam od. Peishwa mehr od. minder abhängig waren. Im Laufe der Zeit machte sich Mysore unter Hyder-Ali unabhängig. Gegenwärtig ist der größte Theil des D. den Briten direct unterworfen u. meist der Präsidentschaft Madras, der nordwestliche Theil aber der Präsidentschaft Bombay zugetheilt. Eine gewisse Selbständigkeit bewahren jetzt nur noch der Nizam von Hyderabad, der Radscha von Travancore, der Radscha von Kolapur u. einige kleinere Fürsten u. Lehnstrager der Ostindischen Compagnie; s. Indien (Gesch.).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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