Gelenk

Gelenk

Gelenk, 1) (Articulus, Ant.), am Menschen- u. Thierkörper die Stelle, wo Knochen (od. bei niederen Thieren die diese vertretenden Festgebilde) Verbindungen mit anderen eingehen, die eine mehrere od. mindere Beweglichkeit derselben verstatten. Immer wird diese Gelenkverbindung (Gelenkfügung, Articulation) durch Zwischenkörper bewirkt. Der Endtheil eines Knochens, der sich in verschiedener Form, kugelig, als Gelenkhügel (Condylus), vertieft, als Gelenkgrube (Fossa glenoidalis), od. auch mehr od. minder sich verflachend darstellt, ist immer mit Knorpelsubstanz (Gelenkknorpel) überzogen. Als Arten dieser Articulationen unterscheidet man: a) unbewegliche Articulation (Synarthrosis), in der, wo nicht alle Beweglichkeit aufgehoben, doch kaum noch einige Statt hat, wie in der Verbindung der Beckenknochen u. der einzelnen Theile des Brustbeines b) straffe G-e (Amphiarthrosis), wo einige Beweglichkeit Statt findet, wie die der Rückgrathswirbel u. der Hand- u. Fußknochen unter sich; c) eigentliche G-e (Diarthrosis), die aber wieder folgende Unterabtheilungen haben: aa) beschränkte Diarthrosen: aaa) Charniergelenke (Ginglymus), wo die sich berührenden Knochenenden in Art eines Charniers in einander greifen u. so eine Seitenbewegung unmöglich machen, wie die G-e zwischen Ober- u. Vorderarm Ober- u. Unterschenkel; bbb) die Rotation (Drehgelenk) mit freier Seitenbewegung, entweder mittelst Seitenflächen, wie die Bewegung des oberen u. unteren Endes der Speiche gegen die der Ellenbogenröhre, wobei zugleich der Kopf der Speiche, indem er sich um seine Achse dreht, ein Angelgelenk bildet, od. mittelst zapfenartiger Verbindung, wie die Articulation des Epistropheus mit seinem Zapfentheil in dem Atlas; bb) Freigelenk; hierher gehören: aaa) das tiefe G. (Enarthrosis), bei dem ein Gelenkkopf in eine tiefe Gelenkgrube aufgenommen ist; blos im G. des Oberschenkelknochens in der Pfanne; bbb) das flache G. (Arthrodia), bei welchem der breite Gelenkkopf des einen Knochens so mit der flachen Gelenkhöhle des anderen verbunden ist, daß er nach allen Seiten frei beweglich ist, wie der Oberarmknochen in der Gelenkhöhle des Schulterblattes. Doch hat jedes G. des Körpers auch wieder seine eigene Weise. Alle als freie unterschiedene G-e haben aber Folgendes übereinstimmend: alle sind mittelst Bänder (Gelenkbänder) zusammengefügt, deren hauptsächlichstes sackförmig die überknorpelten Knochenenden überzieht u. so ein Kapselband bildet, das durch Seitenbänder noch mehr Befestigung erhält. Innerhalb der Kapselbänder bildet sich nun eine eigene Höhle (Gelenkhöhle, Gelenkkapsel), welche mit einer eigenen lymphatisch schleimigen Feuchtigkeit (Gelenkschmiere, Aqua articulorum, Synovia) erfüllt ist, welche die Schlüpfrigkeit der G-e erhält u. von eigenen Drüsen, die in den Gelenkhöhlen in Haufen zusammen liegen (Gelenkdrüsen), abgesondert wird. Diese Gelenkschmtere u. der Druck der Luft sind die beiden wichtigsten Unterstützungsmittel der Gelenkfunction; die schlüpfrige Synovia, alle bei der Bewegung entstehenden Lücken ausfüllend, schmiegt sich zwischen die platten Knorpelflächen der Gelenkköpfe[114] u. hebt deren Friction fast gänzlich auf; der Luftdruck aber unterstützt nicht nur die gleichmäßige Vertheilung der Gelenkschmiere, sondern trägt auch wesentlich zur Festigkeit der G-e u. zur Schonung der Muskelkraft bei. Die Gelenkkapseln nämlich schließen die Gelenkhöhle luftdicht ab, der äußere Luftdruck preßt die Gelenktheile fest gegen einander (wie die Gebr. Weber am Oberschenkel nachgewiesen haben) u. so kommt es, daß die Knochen zur Festhaltung in den G-en keine besondere Muskelwirkung durch ihre Schwere in Anspruch nehmen. In einigen G-en (wie im Unterkiefergelenk) befinden sich auch Zwischenknorpel (eigentlich Gelenkknorpel), zu Bewirkung der Verbindungen der überknorpelten Knochenenden; 2) (Bot.), der Punkt, wo zwei Glieder eines gelenkigen Theiles zusammenstoßen, der aber weder eingezogen (sonst Articulum) noch aufgetrieben (sonst Nodus) sein darf; 3) (Geniculum), die Verbindungsstelle eines gegliederten Theiles; gelenkig (geniculatus), was Gelenke hat, od. was in Winkel knieartig gebogen; 4) (Technol.), Zusammenfügung zweier fester Körper, vermittelst welcher sie bewegt werden können; 5) der Ort, wo dies stattfindet; 6) ein einzelner, so beweglicher Theil einer Sache; daher Gelenkkette, eine nicht aus Ringen, sondern aus, durch Bolzen verbundenen länglichen Platten zusammengesetzte Kette; 7) die hervorstehende Kante an kupfernen Gefäßen; wird auf dem Gelenkambos, welcher auf der einen Seite einen scharfen Haken hat, geschmiedet; 8) (Bergb.), eiserne Bügel am Kübel zur Befestigung des Seiles u. dessen Handhabung.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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