Georgien [2]

Georgien [2]

Georgien (Gesch.) I. Älteste Geschichte bis zu der Königszeit. G. umfaßt die alten Provinzen Iberia, Kolchis, Albania u. einen Theil von Armenien; von den Einwohnern scheinen die das Flachland innehabenden Landbauer zu dem medischen od. armenischen Volk gehört zu haben, die Bergbewohner aber Skythen od. Sarmaten gewesen zu sein; nach arabischen Schriftstellern waren die Georgier Khazaren, nach ihrem eigenen Glauben stammen sie von Thogarma, Enkel Japhets, ab u. nennen sich Karthli. Den Namen des Landes, welcher erst im Mittelalter aufkam, leiten Einige von St. Georg, dem Schutzheiligen des Landes; Andere, weil hier skythische Georgi (Landbauer) eingewandert wären. Lange frei geblieben kamen die Georgier zuerst unter die Skythen, dann wurden sie den Persern unter Darios Hystaspis zinsbar, behielten aber ihre Könige (Mephe). Nach griechischen Historikern blieb G. von der macedonischen Herrschaft unter Alexander dem Gr. frei, nach georgischen Chroniken aber eroberte Alexander G. u. stellte Ason (Amason) als Statthalter hierher, der dann nach der Theilung des Reichs unter Lysimachos stand.

II. G. unter Königen aus georgischem (Pharnawastianer) u. armenischem (Arschakunianer) Stamme, 247 v. Chr. bis 265 n. Chr. Gegen den macedonischen Statthalter empörten sich die Georgier unter Pharnawas, erhielten vom König Antiochos von Syrien Hülfe, schlugen die Griechen u. tödteten Ason u. erhoben 247 v. Chr. Pharnawas (Pharsman I.) auf den Thron. So wurde dieser der erste König von G.; er residirte zu Mzchetha, führte eine Gesetzordnung ein, trennte den geistlichen u. weltlichen Stand, theilte das Volk in Große (Erißthawi), Fürsten, Adel, Kaufleute, Diener der drei ersten Klassen u. Bauern u. führte die von der Kirchenschrift unterschiedene[205] gewöhnliche Georgische Schrift ein. 215 folgte ihm sein Sohn Ssurmag (Ssaurmag, Ssaurbak); wider diesen machten die Großen eine Verschwörung, er mußte fliehen, kehrte jedoch mit Hülfstruppen zurück u. blieb König, war aber von Syrien abhängig. Da er keinen Sohn hatte, so folgte ihm 140–90 sein Eidam, der Perser Mirwan; dessen Sohn Pharnadsch führte den Parsismus ein, deshalb empörten sich die Erißthawi, von dem König von Armenien unterstützt, gegen ihn; er rief die Perser zu Hülfe, wurde aber in einer Schlacht geschlagen u. kam um. An seiner Stelle bestieg Arschak, Sohn des Königs von Armenien u. Schwiegersohn des Mirwan, 71 den Thron von G. u. hatte seinen Sohn Artag zum Nachfolger; dieser regierte 59–44 v. Chr. Gegen seinen Sohn Bartom zog Mirwan, der Sohn des Pharnadsch, welcher in Persien erzogen worden war, tödtete ihn in einer Schlacht u. wurde als Mirwan II. 11 v. Chr. König von G. Ihm folgte 1 v. Chr. sein Sohn Arschak II. Diesem machte Aderki, der Adoptivsohn u. Eidam Bartoms, von Armenien aus den Thron streitig, tödtete ihn im Zweikampf u. wurde König von G. Nach seinem Tode, 31 nach Chr., theilten seine zwei Söhne, Bartos u. Kartham, sein Land; der Erstere erhielt Schida nebst dem Theil G-s, der nördlich vom Kur liegt, der Letztere erhielt Armasi u. das Land südlich vom Kur. Bis 113 n. Chr. regierten die Fürsten beider Häuser, in Schida: Kaos, Armesel, Mirdat I.; in Armasi: Pharsaman II. (Pharasmanes), Asork, Pharsaman, in gegenseitiger Freundschaft u. kämpften vereinigt bes. gegen Armenien; unter Mirdat u. Pharsaman aber löste sich das freundschaftliche Verhältniß; der Letztere vertrieb den Erstern u. setzte an dessen Stelle in Schida seinen Erzieher Pharnawas (Pharnabazus) ein. Nach mehreren vergeblichen Versuchen der Wiedereroberung seines Landes, gelang dieselbe endlich dem Mirdat; Armasi behielten die Perser u. ließen es durch Statthalter regieren. 122 n. Chr. wurde Mirdat u. der persische Statthalter von den Armeniern, zu denen Pharnawas mit Pharsamans Gemahlin u. Kindern (er selbst war vergiftet worden) geflohen war, u. Römern, denen sich Pharnawas unterworfen hatte, geschlagen u. getödtet. Adam, Pharsamans Sohn, wurde König von G.; diesem folgte 125 sein unmündiger Sohn Pharsaman (Pharasmanes) III., unter der Vormundschaft seiner Tante Ghadani. Er war ein Günstling des Kaisers Hadrian, wurde von demselben in der Erweiterung seines Reichs unterstützt u. machte dem Kaiser selbst einen Besuch in Rom. Sein Sohn Amsasp, 182–186, wurde von den Armeniern gefangen u. hingerichtet, u. an seiner Stelle ein armenischer Prinz, Rew Marthili (d.i. der Gerechte), König, welcher das noch rohe Volk cultivirte; seine Nachfolger waren: sein Sohn Watsche, 231–246; Bakur, 246–262; Mirdat u. Asphagur; unter dem Letztern fielen die Perser 265 in G. ein u. vertrieben den König; die Großen baten den Perserkönig um seinen. Sohn Mirian als König.

III. G. unter Königen aus dem persischen Geschlecht der Khosronianer. Unter Mirian kam 314 die Sta. Nino nach G., welche den König zum Christenthum bekehrte; dieser rottete die heidnische Lehre seines Volkes bis 318 ganz aus, u. auf sein Verlangen schickte ihm Kaiser Constantin den Eustathius von Antiochien als Bischof mit mehren christlichen Geistlichen zu. Ihm folgten 342 sein Sohn Bakar, 364 dessen Sohn Mirdat II., 370 dessen Sohn Barsabakar; als nach dessen Tode 395 seine drei Söhne Pharsaman, Mirdat u. Tirdat uneinig waren, so wählten die G-er einen andern Tirdat, welcher G. von der persischen Knechtschaft befreite u. das Christenthum immer weiter ausbreitete. Ihm folgten 405 Pharsaman IV., Sohn Barsabakars; 408 sein Sohn Mirdat III., der in persischer Gefangenschaft starb; 413 sein Enkel Artschil, welcher die Perser vollends aus G. vertrieb u. die letzten Reste des Parsismus ausrottete; Mirdat IV., 424–446, dessen Sohn u. Nachfolger Wakhtang Gurg-Aslan (von den Griechen Gyrgenes genannt), nahm den Griechen den Kaukasus, Mingrelien, Abchasien u. eroberte Erzerum, machte dann mit den Griechen Frieden u. heirathete eine byzantinische Prinzessin, zog mit Khosroës nach Sindiah, erbaute 455 Tiflis, stiftete die geistliche Würde eines Katholikos von G. u. st. 499; sein Sohn Datschi (regierte von 499–528) verlegte die Residenz von Mzchetha nach Tiflis. Nachdem aus dieser Dynastie noch Pharsman V. (bis 532), Pharsaman VI. (bis 557), Bakur II. (bis 568) u. Stephan I., welcher ein Schützling des Kaisers Justinian war, da sich die Georgier der Perser nicht mehr allein erwehren konnten, bis 574 regiert hatten, endigte dieselbe mit Letzterem.

IV. Unter den Guramiden, 574–767. Nach Stephan folgte Guram. Dieser war ursprünglich ein Jude, der nach Armenien ausgewandert u. unter Stephan nach G. zurückgekehrt war. Stephan hatte ihn zum Oberanführer seiner Truppen gemacht, u. da er sich dem byzantinischen Kaiser zu empfehlen wußte, so setzte ihn dieser nach Stephans Tode als König von G. ein; er hatte in Constantinopel den Titel als Kuropalates erhalten u. führte denselben auch als König fort, u. nach ihm mehrere seiner Nachfolger. Er erfocht mehrere Siege über die Perser, u. ihm folgte 600 sein Sohn Stephan II., welcher 619 in einer Schlacht gegen den Kaiser Heraklius blieb; Heraklius setzte als seinen Nachfolger Adarnases I. ein, nach welchem seit 639 dessen Sohn Stephan III. regierte. Unter dessen Nachfolger, Mirman, kamen auch Muhammedaner nach G. u. versuchten, wiewohl vergebens, ihre Religion daselbst auszubreiten; unter Artschil II., Mirmans Bruder (regierte 668–718), erneuerten sie ihre Einfälle, der König wurde gefangen u., da er seinen Glauben nicht aufgeben wollte, hingerichtet; deshalb wird Artschil noch jetzt in der Georgischen Kirche als Märtyrer verehrt. Seine Söhne, Johann u. Dschuanscher, verwalteten darauf das Reich; mit Letzterm starb 787 die Dynastie der Guramiden aus.

V. G. unter Bagratiden bis zur Theilung, 787–1424. 787 wurde Aschot, ein Sohn Adernases Bagrations, eines Vetters des Königs Adarnases, König von G.; aber er wurde von dem Araber Chalil vertrieben u. ermordet, u. in Tiflis nun ein arabischer Statthalter eingesetzt. Zwar empörten sich die Georgier, u. Chalil fiel in einer Schlacht, doch unterwarf sich sein Sohn Muhammed G. wieder. Zu ihm kam Aschots Sohn, Bagrat (Pancratius) Kuropalates, der 841 auch als Beherrscher von G. unter arabischer Oberherrschaft[206] eingesetzt wurde. Unter seinem Nachfolger David I. (855–881) war Ruhe; aber unter Adarnases II. (regierte 881–924) fielen die Perser ein u. suchten die Christen von ihrem Glauben zu bringen; 130 Fürsten u. Adelige wurden damals gefangen nach Persien geschickt u. dort hingerichtet. Seine Nachfolger waren: 925 sein Sohn Sumbati, 958 Bagrat II. Regwani (d.i. der Dumme), 991 Gurgem u. 1008 Bagrat III. Unter Bagrats Sohne Georg I. (1014–27) fiel der byzantinische Kaiser Basilius II. in G. ein, um das Land in Besitz zu nehmen, welches ihm Bagrat vermacht hatte; Georg ward geschlagen u. floh, der Kaiser zog sein Heer aus dem von Einwohnern entblößten G. u. machte später mit Georg Frieden, doch blieb G. abhängig von Byzanz. Bagrat IV., Georgs Sohn (reg. 1027–72), machte sich zwar nach Basilius Tode unabhängig, doch wurde er vom Kaiser Romanus wieder unterworfen. Unter ihm kam der, von seinem Vater nach Griechenland gesendete Philosoph Joan Patritsi nach G. zurück u. übersetzte den Plato u. Aristoteles ins Georgische. Überhaupt that Bagrat viel für Sprache u. Literatur. 1070 wurde G. von Alp Arslan unterworfen, u. zum Zeichen ihrer Unterthänigkeit mußten die Großen des Volkes ein Hufeisen in den Ohren tragen, was Viele veranlaßte, zum Islam überzutreten. Die Eroberung G-s vollendete unter Bagrats Nachfolger Georg II. (reg. 1072–89), Alp Arlans Sohn, Melik Schah, doch wurde Georg von demselben wieder eingesetzt. Unter ihm kamen mehrere tatarische Horden aus Persien nach G., die sich am Kur bei Ghori niederließen u. von da aus das Land plünderten u. die Einwohner als Gefangene fortschleppten. Ein glücklicher Regent war sein Sohn David II. (IV.) Aghma Schenebli (d.i. der Wiedererbauer od. Erneuerer, 1089–1130), der die Fremden vertrieb u. die Spuren ihrer Verwüstung durch Neubauten verwischte, auch Schirwan, die ganze Gegend am Schwarzen Meere bis Trapezunt hinauf u. viele armenische u. persische Städte eroberte; auch sein Sohn Dimitri (Demetrius, reg. 1130–50) war tapfer u. focht glücklich gegen die eindringenden Perser; er ging 1150 in ein Kloster u. übergab die Regierung seinem Sohne David III. (V.), da aber dieser in demselben Jahre starb, so folgte dessen Sohn Georg III. (1150–1171). Gegen ihn hatte sich sein Vetter Demetrius verschworen u. einen großen Anhang gewonnen, doch fing ihn Georg in der Festung Lori u. ließ ihn blenden. Da Georg III. keinen Sohn hatte, so folgte ihm 1171 seine berühmte Tochter Assi-Thamar. Auf die Bitten des Volkes vermählte sie sich erst mit einem russischen Fürsten Andrei, u. als sie sich von demselben wegen seines unwürdigen Betragens hatte scheiden lassen, mit David, einem Fürsten der Osseten aus dem Hause Bagrats. Andrei, darüber ergrimmt, kam mit russischen u. iberischen Hülfstruppen nach G., um sein Erbrecht auf das Land durch die Waffen geltend zu machen, allein er wurde besiegt u. g. fangen, jedoch von Thamar freigelassen. Die Königin starb 1198, u. ihr folgte ihr u. Davids Sohn Lascha Georg IV.; unter ihm fiel Dschingis-Khan in G. ein u. verwüstete das Land; Georg starb aus Gram darüber 1211, u. ihm folgte sein natürlicher Sohn David IV., unter der Vormundschaft seiner Tante Rußudan, Tochter Assi-Thamars, welche den Thawgirisi, Fürsten von Artahani heirathete. 1226 wurde G. von Dschelal Eddin, dem Sultan von Chowaresm, erobert; nach dessen Sturz durch Mangu-Khan kam G. unter diesen, welcher es durch vier Feldherren seines Heeres (Noine) verwalten ließ. Die Königin Rußudan hielt sich in Imerethi auf; als sie 1237 starb, setzte Mangu-Khan den oben genannten David IV. Sain od. Soßlan (d.i. der Schöne), u. David Narin (d.i. der Neuangekommene), Sohn von Rußudan u. Thawgirisi, welche beide bis jetzt als Geißeln an seinem Hofe gelebt hatten, als Könige von G. ein. Sie regierten Anfangs in Eintracht, aber 1241 theilten sie das Land so, daß Soßlan David Obergeorgien od. Karthli (Karthli, Okhaltsikhe, Kakheti, Satabago u. Schirwan), Narin David aber Niedergeorgien od. Imerethi (Imerethi, Mingrelien, Swanethi u. Abkhasien) bekam. Doch dauerte diese Theilung nicht lange, denn nachdem Soßlan David 1272 auf einem Zuge gegen den persischen Usurpator Abagha geblieben war u. sein Sohn Demetrius II. Thawdadebuli (der Selbstopferer) sich dem Schah Argun zum Wohl für sein Land übergeben hatte u. 1288 hingerichtet worden war, so gab Argun 1289 Obergeorgien auch dem Wakhtang II., Sohn Narin Davids, Könige von Imerethi, u. so wurde das Reich wieder vereinigt. Diesem folgte 1294 David V. (VII), Sohn des Demetrius II.; weil er sich aber von Persien unabhängig machen wollte, so nahm ihm der Schah Khasan-Khan die Regierung u. gab dieselbe Davids Bruder Wakhtang III. Unter diesem kam Schah Arab nach G., um die Einwohner zum Islam zu zwingen; Wakhtang wurde 1304 ermordet u. die Herrschaft Georg) V., Sohn Davids V., unter der Vormundschaft seines Oheims Georg, gegeben, welcher seinem Mündel nach dessen Tode als Georg VI. folgte. Er eroberte alle Länder G-s, die sich nach u. nach losgerissen hatten, wieder u. vertrieb auch die Perser aus G. Sein Sohn David VI. (VIII., 1346–60) regierte in Frieden; aber unter dessen Sohn Bagrat VI. (1360–96) fiel Tamerlan in G. ein, nahm Tiflis u. führte den König gefangen nach Persien, u. nachdem er ihn dort zum Islam gezwungen hatte, schickte er ihn mit 12,000 Persern nach G. zurück, diese aber überfiel Bagrats Sohn Georg an der Grenze u. hieb sie nieder; da kam Tamerlan wieder u. bezwang das Land von Neuem. Noch zweimal machte Tamerlan unter Bagrats Sohn, Georg VII. (reg. 1396–1407), verheerende Einfälle in G., aber nach Tamerlans Tode gelang es dem tapferen Georg, alle Muhammedaner aus G. zu vertreiben. Die Kämpfe gegen die Perser dauerten unter seinem Bruder, Constantin I. (reg. 1407–14), fort; mehr Ruhe genoß sein Vetter Alexander I. (reg. 1414–24), der nur gegen Aserbidschan Krieg führte, sonst die Wunden seines Landes heilte u. die verheerten Städte u. Kirchen wieder aufbaute. 1424 wurde Alexander Mönch u. theilte G. unter seine drei Söhne.

VI. G. seit der Theilung bis zur Unterwerfung unter Rußland, 1424–1802 u. 1810. A) Imerethi. Der älteste Sohn Alexanders, Wakhtang IV., erhielt Imerethi nebst Swanethi, Odischi, Abchasethi, Alani u. Ghuria. Da Wakhtang 1431 ohne Erben starb, fielen die Fürsten von Odischi u. Ghuria ab u. machten sich zu Selbstherrschern; in Imerethi aber setzte sich ein Nachkomme[207] der Rußudan, Georg I., auf den Thron, welchem 1460 Bagrat I. u. 1510 dessen Enkel Bagrat II., 1590 seine Neffen Leo u. Roßtom u. 1605 dessen Sohn Georg II. folgte. Zu Letzterm kamen die, vom persischen Schah vertriebenen Könige von Karthli u. Kakheti u. auf sein Verwenden kehrte der Erstere wieder zurück. Sein Nachfolger Alexander, seit 1639, unterwarf sich 1650 der Krone Rußland. Alexanders Nachfolger, Bagrat III., seit 1660, hinterließ keine Erben, darum fiel Imerethi 1672 bei seinem Tode mit an Wakhtang, der seinem Sohne Artschil das Reich gab; nachher erhielt es Irakli (Heraklius), aus dem Hause Kakheti, nachdem derselbe dem alten Könige Georg III in Karthli wieder hatte weichen müssen. Einige führen die Reihe der imerethischen Könige nach Bagrat, mit Alexander II. (1683–95), Simon (1695–1707), Alexander III. (1720 bis 1725), Georg III. u. Theimuraz (1729 bis 1745) fort, ohne daß sie nur Artschil u. Irakli erwähnen. Die Geschichte von Imerethi ist weniger wichtig, weil die Hauptangriffe u. Kämpfe gegen die immerwährenden Feinde, Perser u. Lesgier, den beiden andern Reichen zufielen. 1745 war auf Theimuraz sein Neffe Salomo I., Sohn Alexanders III., gefolgt; gegen ihn empörten sich 1768 die Großen des Reichs, vertrieben ihn mit türkischer Hülfe u. setzten seinen Vetter Theimuraz auf den Thron. Salomo bat Rußland um Hülfe, ehe aber diese Hülfe kam, vertrieb er die Türken wieder aus Imerethi, u. als 1769 Graf Tottleben mit einem russischen Heere ankam, fand er nur noch in einigen Festungen türkische Besatzung. Nachdem die Russen Imerethi von den Türken gesäubert hatten, verließen sie 1772 das Land. Salomo starb 1782 ohne Erben, daher setzten die Großen des Reichs David, einen Sohn des Königs Georg, als König ein. Dieser vertrieb den Prinzen David, einen Sohn Artschils u. Neffen des Königs Salomo, aber David wendete sich an seinen Großvater, Irakli II. von Kakheti; dieser fiel mit einem Heere in Imerethi ein, schlug den König David u. letzte 1793 seinen Enkel David als Salomo II. auf den Thron. Doch kam der vertriebene König mit lesgischen Truppen nach Imerethi zurück u. vertrieb den Salomo. Dagegen schickte Irakli Hülfstruppen nach Imerethi, welche den David schlugen u. Salomo wieder einsetzten. Nachdem G. von den Russen 1802 als russische Provinz erklärt worden war, wurde auch König Salomo von den Russen 1810 entsetzt u. Imerethi dem russischen Reiche einverleibt. 1838 wurde es mit den übrigen Theilen G-s zu einer Provinz (Grusien, Tiflis) vereinigt. Von dem vertriebenen König David, der mit einer Fürstin Orbelianow verheirathet war, lebte ein Sohn, Prinz Constantin, später in Petersburg; auch stammen die Fürsten Bagration aus georgischem Königsstamme.

B) Karthli (Karduel, welches nun den Namen G. führt). Karthli mit Tscherkessien u. Satabago erhielt der zweite Sohn Alexanders Dimitri (III) I.; er wurde 1469 Mönch u. ließ den Thron seinem Sohne Constantin II., unter welchem G. unter den Schutz der Perser kam. Sein Sohn David (VII. IX.) I., 1505–1524, verwaltete auch Kakheti u. vereinigte es auf einige Zeit mit seinem Reiche, allein der Schah von Persien fiel in Karthli ein, nahm Tiflis u. trennte beide Reiche wieder. David ging 1524 in ein Kloster u. übergab seinem Bruder Georg VIII. (I.) die Regierung. Diesem folgte 1534 Luarsab I., Sohn Davids I., der, weil König Leo von Kakheti ins Kloster ging, auch dessen Reich erhielt; er war ein weiser u. tapferer Fürst u. focht glücklich gegen die Türken u. Perser; ihm folgte 1558 sein Sohn Didi Simon I. (der Große), welcher in die Gefangenschaft der Perser gerieth. Da unterdessen die Türken G. erobert hatten, so ließ der Schah den König Simon frei, um die Türken zu vertreiben, was ihm auch glückte. Um sich zu rächen, fielen die Türken wieder ein, nahmen Simon 1599 gefangen u. brachten ihn nach Constantinopel, wo er auch starb. Unter seinem Sohn Georg (IX.) II. wurde Akhalzike von den Türken genommen u. zur türkischen Provinz gemacht; auch er unterwarf sich dem russischen Czar Feodorowitsch Gudenow u. starb 1603, worauf ihm sein Sohn Luarsab II. folgte, welcher dem Tatarkhan von der Krim, welcher auf seinem Heimzuge durch G. Beute daselbst machen wollte, eine Niederlage beibrachte u. sich deshalb die Achtung des Schah Abas erwarb; nachher aber bei dem Schah verläumdet, wurde er von demselben bekriegt u. floh, von seinen Unterthanen verlassen, zu König Georg von Imerethi. Auf Georgs Bitten wurde Luarsab wieder in sein Reich eingesetzt, aber, da er den Islam nicht annehmen wollte, von dem Schah 1622 hingerichtet. Da Luarsab keine männlichen Erben hatte, so folgte ihm Bagrat I., ein Prinz aus dem Hause Kakheti. Nach dessen Tode wählten die Georgier Simon II., einen Vetter Luarsäbs, diesen aber ermordete 1628 Theimuraz von Kakheti u. wurde selbst auch König von Karthli, mußte jedoch in Folge eines unglücklichen Kampfes mit den Persern noch einmal fliehen. Der Schah setzte 1634 Roßtom, einen Neffen Simons I. von Karthli, als König ein. Als dieser kinderlos starb, folgte ihm 1658 der Bagratide Wakhtang V. (bei den Persern Schah-Naos), ein Fürst von Mukrani, der alle drei Reiche wieder unter sich vereinigte. Karthli wurde nun der Mittelpunkt des Reichs; Wakhtang starb 1676; sein Sohn Artschil ging früh nach seiner Thronbesteigung nach Rußland, wo er für immer blieb, deshalb regierte sein Bruder Georg (XII.) III., u. da sich dieser der Hoheit von Persien entziehen wollte, so wurde er 1688 abgesetzt u. an seine Stelle Irakli (Heraklius) I., Sohn des Theimuraz, zum König gemacht; dieser unterwarf sich den Persern, nahm den Islam an u. bekam den Namen Nasar Ali Khan, wurde später König von Imerethi (s. oben A) u. Georg III. wurde wieder in Karthli eingesetzt. Auf Georg folgte 1703 Wakhtang VI., welchen der Schah, da er den Islam nicht annehmen wollte, nach Persien rief u. ihm 1711 seinen Bruder Jeße zum Stellvertreter setzte. Dieser nahm den Islam u. mit diesem den Namen Ali Kuli Khan an; auch Wakhtang mußte endlich den Islam annehmen u. kehrte 1719 nach G. zurück; er machte sich sehr verdient um das Gesetzbuch (s.u. Georgische Sprache u. Literatur). Da 1722 Schah Thamas Wakhtangs Reich dem Könige Constantin von Kakheti überlassen hatte, so floh er u. schenkte Karthli den Türken, die es auch sogleich besetzten; Wakhtang selbst ging 1724 nach Rußland, u. sein Bruder Jeße wurde wieder König u. erhielt von den Türken den Namen Ali Pascha. 1744 erhielt Theimuraz, König[208] von Kakheti, das Reich Karthli, weil er dem Schah große Dienste geleistet hatte, da er aber demselben zwei Mill. Rubel Silber entrichten sollte, so fiel er von dem Schah ab; er hatte auch sehr viel mit inneren Aufständen zu kämpfen; 1760 wurde er von seinem Sohn Irakli vertrieben u. ging nach Rußland, wo er auch 1762 starb; Karthli kam wieder an Kakheti.

C) Kakheti (Kaket). Kakheti nebst Schirwan bis Derbend mit der Hauptstadt Gremi bekam 1424 bei der Theilung der jüngste Sohn Alexanders, Georg (VIII.) I., der unter persischem Schutze stand; 4492 folgte ihm Alexander (II.) I., den sein Sohn Georg II. 1511 ermorden ließ, nachdem er seinen Bruder Demetrius geblendet hatte; bei Georgs Tode 1520 war sein Sohn Didi Leo (d.i. Leo der Große) noch minderjährig, weshalb David, König von Karthli, auch Kakheti mit verwaltete; als Leo volljährig geworden war, schlug er die Perser aus seinem Lande u. half dem Sultan Soliman die Araber aus Palästina vertreiben; nach seiner Rückkehr ging er in ein Kloster, u. Kakheti kam an Karthli. 1586 erhielt Kakheti wieder einen eignen Fürsten an Alexander (III.) II., der sich dem russischen Czar Fedor Iwanowitsch als Vasall unterwarf; am Terek wurde eine russische Colonie angelegt. Deshalb war Schah Abas sehr erzürnt auf Alexander u. beredete dessen vierten Sohn Constantin, welcher bei ihm lebte u. den Islam angenommen hatte, seinen Vater zu ermorden; dieser zog mit 2000 Persern nach G., fing seinen Vater u. seinen Bruder Georg u. ließ Beide 1605 hinrichten; aber die georgischen Fürsten vereinigten sich u. schlugen ihn, u. er blieb zuletzt vor Tiflis. König wurde sein älterer Bruder David I., dessen Gemahlin Katewan von dem Schah nach Persien gefordert u. wegen ihres Glaubens zu Tode gemartert wurde; deshalb wird sie in der Georgischen Kirche als Märtyrerin verehrt. Auf David folgte 1610 sein Sohn Theimuraz I.; weil er Luarsab von Karthli hatte unterstützen wollen, fiel Schah Abas 1620 in Kakheti ein u. verwüstete das Land. Theimuraz war 1623 nach Imerethi geflohen u. suchte dann in Constantinopel u. Rußland, wiewohl vergebens, Hülfe gegen Persien; 1628 wieder zurückgekehrt, vereinigte er Karthli mit seinem Reiche (s. oben B). 1634 verlor er sein Land abermals, welches dann Wakhtang V. erhielt u. so alle drei Reiche vereinigte; in Kakheti setzte Wakhtang seinen Sohn Artschil ein u. Theimuraz starb 1659, nach vergeblichem Versuche, sein Geschlecht wieder auf den Thron zu bringen, auf einer Reise nach Persien. Nach Artschil folgte 1686 Irakli I., u. als dieser König von Karthli geworden war, David II. (bei den Persern Iman Kuli-Khan); unter diesem fielen 1714 die Lesgier zuerst in G. ein. Nach David regierte seit 1720 Iraklis Sohn Constantin III., welcher auch den Islam annahm u. nun Muhammed Kuli-Khan hieß; 1722 überließ ihm der Schah Thamas auch Karthli (s. oben B); aber die Türken entrissen es ihm wieder, nahmen ihn gefangen, ermordeten ihn 1731 u. besetzten Unterkakheti selbst, während sie in Oberkakheti seinen Bruder Theimuraz II. als König einsetzten; aber Theimuraz vertrieb mit persischer Hülfe die Türken aus G. u. erhielt Karthli von dem Schah. In Kakheti folgte ihm 1744 sein Sohn Irakli II.; er hatte oft mit den Lesgiern u. gegen die von seinem Vater abfallenden Khane zu kämpfen. Nachdem er 1760 seinen Vater vertrieben hatte (s. oben), verband er Karthli mit seinem Reiche; klug u. tapfer machte er sich dem Schah gefällig, unterstützte viele Nachbarfürsten gegen ihre. Feinde u. hielt Kurden u. Lesgier von seinen Grenzen ab; 1770 kam ihm Tottleben mit einem russischen Heere gegen die Türken zu Hülfe; sie machten einen Einfall in Akhalzike, da sie sich aber veruneinigten, setzte Irakli den Feldzug allein fort u. schlug die Türken u. Lesgier bei Aspinse; nach vielen Kriegen schloß Irakli endlich mit dem Sultan Frieden. Nach dem Tode des Schah Kerin Khan verlangte dessen Nachfolger Ali Murat Khan, daß sich Irakli wieder unter persischen Schutz begeben sollte, allein dieß wollte er nicht, sondern unterwarf sich lieber der russischen Krone; die Unterwerfungsurkunde wurde am 24. Juli 1783 in Georgiewsk abgeschlossen u. 1785 ratificirt. Samoilow erhielt den Oberbefehl über die russischen Truppen in G.; er bestrafte die Lesgier für ihren Einfall in G. u. schlug die Türken, welche einen Angriff auf G. gemacht hatten. Nachdem die Angelegenheiten so ziemlich geordnet waren, kehrten die Russen 1787 heim; die Kämpfe mit den Lesgier dauerten fort; auch mit Imerethi, wo Irakli seinen, von ihm als König eingesetzten Enkel Salomo II. schützen mußte (s. oben A), hatte er Krieg. Der neue Schah von Persien, Aga Muhammed Khan, verlangte wieder die Unterwürfigkeit G-s, u. da sich Irakli als russischer Vasall weigerte, so zogen die Perser, mit den Imerethiern verbunden, gegen Kakheti u. eroberten am 11. Sept. 1795 Tiflis. G. galt nun für persisch; die russischen Hülfsarmeen kamen zu spät zur Hülfe, denn die Perser waren schon abgezogen; nach Katharinens Tode zog Paul I. alle russische Truppen aus G. u. 1798 starb Irakli; ihm folgte sein Sohn Georg (XIII) IV.; gegen die Lesgier kämpfte sein Sohn Johann, gegen die Türken sein Sohn David; da der neue Schah Baba Khan seine Anforderung wegen Unterwerfung erneuerte, unterwarf Georg G. nun gänzlich den Russen; der Abschluß geschah durch Peter Kowalinski, u. als Georg 1800 starb, wurde sein Sohn David zum einstweiligen Befehlshaber von G. ernannt, 1802 aber wurde durch Knorring, nachdem schon vorher russische Gerichtshöfe mit russischem Rechte eingeführt waren, zu Tiflis das Manifest Kaiser Alexanders publicirt, nach welchem G. eine russische Provinz wurde; der bisherige Befehlshaber, Prinz David, wurde russischer Generallieutenant, Civilgouverneur wurde Peter Kowalinski, der Sitz der Regierung blieb in Tiflis, zu den obersten Staatsstellen wurden außer Russen auch georgische Große u. Edle gezogen. Seitdem ist G. unter russischer Herrschaft geblieben. Am 11. April 1850 starb Marie, die Gemahlin des letzten Königs Georg, in Moskau. Vgl. außer den von Georgiern selbst geschriebenen Geschichtswerken (s.u. Georgische Literatur): Eugenj, Historische Schilderung von G. (russisch), deutsch von Schmidt; G. A. von Breitenbauch, Geschichte der Staaten von G., Memmingen 1788; Chronique géorg., aus dem Georgischen von Brosset, Par. 1831; Brosset, Raport sur un voyage archéologique dans la G., Petersb. 1850 f.; Derselbe, Histoire de la G., Petersb. 1850 (georgisch u. französisch).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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  • Georgien [3] — Georgien (in Nordamerika), so v.w. Georgia …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Georgĭen — (Karthweli oder Karthli der Eingebornen, Gurdschistan der Iranier, Iberien der Alten, Wrastan der Armenier, Grusien der Russen), bis 1799 selbständiges Königreich (s. Mzchet) in Transkaukasien, umfaßte besonders das obere und mittlere Kurtal und… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Georgien — Georgĭen, russ. Grusien, pers. und türk. Gurdschistan, im Altertum Iberia, Landschaft im westl. Transkaukasien, die Hauptbestandteile der russ. Gouv. Kutais und Tiflis sowie des Gebietes Batum bildend und nach den daselbst wohnenden Georgiern… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Georgien — Georgien, das alte Iberien, bei den Russen Grusien genannt, Provinz in Russisch Kaukasien, zwischen Daghestan, Schirwan, Armenien und dem schwarzen Meere, in die Verwaltungsbezirke Kacheth, Karthli, Mingrelien und Gurien eingetheilt, zählt auf… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Georgien — საქართველო sakartwelo Georgien …   Deutsch Wikipedia

  • Géorgien — Cet article concerne la langue géorgienne. Pour le peuple géorgien, voir Géorgiens. Géorgien ქართული Parlée en  Géorgie …   Wikipédia en Français

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