Gutta Percha

Gutta Percha

Gutta Percha (Gutta tuban, Gummi gettania). ist eine dem Kautschuk in vieler Beziehung ähnliche Substanz, welche durch Eindicken des Milchsaftes eines Baumes, Isonandra Gutta (I. percha Hooker), welcher in die Familie der Sapotaceen od. Ebenaceen gehört u. an den Ufern der Meerenge von Malacca, Singapore, Borneo, Sumatra u.a. Inseln Ostindiens wächst, gewonnen wird. Dieser Baum wird 3 Fuß dick, 60 F. hoch, sein Holz ist weich u. fasrig, seine Früchte liefern ein fettes Öl. Um die G. P. zu gewinnen, macht man Einschnitte in den Baum; den ausfließenden Milchfast, aus welchem an der Luft die G. P. sich coagulirt abscheidet, sammelt man in großen Gruben od. Trögen an u. läßt ihn verdampfen; die so erhaltenen Stücke werden mit heißem Wasser aufgeweicht od. in cylindrische Formen gepreßt in den Handel gebracht; ein erwachsener Baum soll 20 bis 30 Pfd. G. P. liefern. Die Benutzung der G. P. in den Gegenden, wo der Baum wächst, ist schon eine sehr alte. In Singapore wurde sie zu Messerheften u. Axtstielen, in Java zu Reitgerten verwendet. Häufig findet man an malayischen Waffen Hefte u. Griffe von G. P. Montgomerie schickte 1843 die G. P. zuerst von Singapore nach London, u. seit der Zeit datirt sich ihre Einführung in Europa, welche in Bezug auf ihre technische Anwendung namentlich durch Hancock in London vermittelt worden ist. Später entstand die Londoner G. Perchacompagnie, deren Erzeugnisse überall verbreitet sind. Die ersten Artikel wurden in England 1844 verfertigt u. bis 1848 hatte die genannte Gesellschaft schon über 14,000 Centner rohe G. P. erhalten. Die rohe G. P. erscheint in dem Zustande, wie sie im Handel vorkommt, nicht als gleichmäßige Masse, sondern sieht ungefähr aus wie lockere, braunrothe Lederschnitzel, die zusammengeballt sind. Gewöhnlich ist sie verunreinigt mit Sägespänen, Rindenstückchen etc. Sie riecht eigenthümlich unangenehm wie saure Milch od. fauler Käse u. ist im Äußern dem gegerbten Sohlenleder gleich; sie ist biegsam, läßt sich aber nicht ausdehnen wie Kautschuk. Um die rohe Masse zu reinigen, wird dieselbe durch Dampf erweicht u. die erweichte Masse durch ein Drahtsieb gedrückt, auf welchem letzteren die Unreinigkeiten zurückbleiben. Die so erhaltenen einzelnen Stückchen werden durch eine mit Dampf geheizte Knetmaschine zu einem Ganzen vereinigt. Auf diese Weise gereinigt, erscheint die G. P. als braune Masse, die im Innern heller od. dunkler sieht, u. wenn sie noch eingemengtes Wasser enthält, näßlich ist. In zerrissenen Stücken ist sie durchaus undurchsichtig, in papierdünnen Blättern durchscheinend wie Horn. Sie ist bei gewöhnlicher Temperatur zähe, sehr steif u. so wenig elastisch, daß sie nach dem Biegen nicht genau die ursprüngliche Form annimmt; sie ist schwerer als Wasser, aber schwimmt auf demselben, weil sie eine Menge von Poren enthält; bei 50° wird sie weich, bei 70–80° knetbar u. formbar. Die getheilten Stücke lassen sich durch Kneten zu einem einzigen vereinigen. Nach dem Erkalten ist das Stück wieder so hart wie vorher. Im getrockneten Zustande ist die G. P. ein sehr guter Isolator für die Elektricität. Bei 130° beginnt die Zersetzung der G. P., sie wird vollständig flüssig, schäumt u. gibt Destillationsproducte, die, denen des Kautschuks ähnlich sind. Die G. P. löst sich nicht in Wasser, Alkohol, verdünnten Säuren u. Alkalien; Äther u. ätherische Öle bewirken ein Aufschwellen u. Teigigwerden, eben so wie es bei dem Kautschuk der Fall ist. In erwärmtem Terpentinöl, Kautschuköl u. Steinkohlentheeröl löst sie sich zu einer dicklichen Masse. Am besten löst sie sich in Chloroform u. Schwefelkohlenstoff. Nach Payen sind die drei Bestandtheile, aus welchen die G. P. besteht: a) Reine G. P. (Gutta), macht etwa 75–82 Proc. aus, ist weiß, unlöslich in Alkohol u. Äther, leicht löslich in Benzin, Schwefelkohlenstoff u. Chloroform; b) ein weißes krystallinisches Harz, wird bei 180° C. ölartig, ist löslich in Terpentinöl, Benzin, Chloroform, Äther u. Schwefelkohlenstoff; in heißem Alkohol löst es sich auch u. krystallisirt beim Erkalten aus; Payen nennt dieses Harz Christalbaue od. Albane, es macht 16–14 Proc. der G. P. aus; c) gelbes Harz, Fluavile, amorph, schmilzt bei 100° C., löslich in Alkohol, Benzin, Terpentinöl; die G. P. enthält 4–6 Proc. davon. Die Hauptverwendungen der G. P. sind folgende: wegen ihrer Unveränderlichkeit in feuchter Luft wird sie mit Vortheil angewendet zu Treibriemen, zu Röhren für Wasserleitungen, Feldflaschen, Feuereimern, Gefäßen zu Säuren, Vasen, Blumentöpfen, zu Pumpen, Stiefelsohlen, Überschuhen etc.; auch hat man Versuche gemacht, Brustharnische u. Helme daraus zu verfertigen, sie in der anaplastischen Chirurgie zu künstlichem Zahnfleisch zu verwenden etc. Durch[799] Aufeinanderlegen zweier erweichter reiner Schnittflächen u. Aneinanderdrücken vereinigt man die Riemenenden. Man überzieht mit G. P., als einem Nichtleiter der Elektricität, die Drähte der elektrischen Telegraphen, welche in die Erde gelegt u. durch das Wasser geleitet werden sollen (doch darf dieser Überzug nicht unmittelbar mit dem Wasser u. der Erde in Berührung kommen, weil er sonst seine isolirende Kraft nach u. nach verliert). Man verwendet sie ferner zum Abformen von Holzschnitten u. Bildwerken, zu Peitschen, Spatzier- u. Ausklopfestöcken, Messerheften, Stockknöpfen, Tabaksdosen, Brief- u. Cigarrentaschen, Bilderrahmen, Spielwaaren etc. In dünnen Blättchen dient sie als Surrogat für Thierblase u. Wachstaffet, als Gichttaffet, Unterlagenzeug für Tapezierer; in Auflösung zum Wasserdichtmachen von Zeugen u. Geschirren. Zum Wasserdichtmachen von Zeugen nimmt man 2 Theile Colophonium, 2 Thle. Erdharz od. Pech, 8 Thle. Harzöl, 6 Thle. Kalk, 12 Thle. G. P., 10 Thle. Pfeifenthon u. 3 Thle. Wasser; oft setzt man auch etwas Wachs od. Stearin zu. Zur Anfertigung von Röhnen, Treibriemen für Transmissionswellen, Schuhen, Walzen, Spindeln etc. ist eine Mischung von 16 Thln. G. P., 8 Thln. Pech, 4 Thln. Harzöl u. 6 Thln. Kalk, od. 12 Thln. Pech, 6 Thln. Kalk u. 16 Thln. G. P. zweckmäßig. In neuerer Zeit fertigt man auch allerhand Gegenstände aus einer Composition, welche G. P. enthält u. dieselben Eigenschaften besitzt wie diese. Häufig wird die G. P. gefärbt; es geschieht dies durch Hineinkneten von Zinnober, chromsaurem Bleioxyd etc. Mit Schwefel läßt sich die G. P. ähnlich dem Kautschuk verbinden, d.h. vulkanisiren; sie wird dadurch etwas elastischer u. für die gewöhnlichen Lösungsmittel unangreifbar.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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