Hamilton [2]

Hamilton [2]

Hamilton (spr. Hämmilt'n), eine der ältesten u. angesehensten Familien Schottlands. Robert Beaumont, Graf von Flandern, welchen König Heinrich I. 1103 zum Grafen von Leicester erhob, vermählte sich mit Elisabeth, Gräfin von Vermandois, Enkelin Heinrichs I. von Frankreich. Roberts Urenkel, Wilhelms Enkel, war unter Eduard J. 1272–1306 Großkanzler von England. Sein Sohn Gilbert, welcher zuerst den Namen Hameldon führte, gerieth wegen des Lobes, mit dem er Robert Bruce von Schottland pries, mit John Spencer in Zwist, tödtete denselben im Zweikampfe u. floh 1323 zum König Bruce von Schottland. Um den Verfolgern zu entgehen, tauschte er u. sein Diener mit zwei Holzfällern die Kleider, vor ihnen ritten die Nachsetzenden, ohne Argwohn zu haben, eben als sie aus einem hölzernen Gefäß aßen, vorüber, daher das Wort Through (spr. Troff, Trog, Mulde), das Motto des Hamiltongeschlechts, u. eine Säge, womit die Eiche gefällt worden war, zur Helmzierrath genommen wurde. Die Familien Preston, Bruntwood, Belhaven entstammen den H-s. Merkwürdig sind: 1) James H. I., Geißel in England für die Freiheit Jakobs II., leistete gegen den Grafen Douglas große Dienste, wurde 1445 zum Lord H. u. Peer von Schottland ernannt u. st. 1460. 2) James H. de Cadzow, Sohn des Vorigen, heirathete die älteste Schwester Jakobs III., Marie, die verwittwete Gräfin Bryd, welche ihm Henry Darnley, nachmaligen Gemahl der Marie Stuart, gebar. Mit Mariens Hand hatte er die Grafschaft Arran erhalten; dies war aber der Grund zu blutigen Fehden zwischen den Häusern Douglas u. H.; er st. 1479. 3) James H. III., seit 1503 Graf von Arran, Sohn des Vor., war während der Minderjährigkeit Jakobs V. an der Regierung betheiligt u. ebenfalls in Fehde mit den Douglas begriffen, versöhnte sich aber mit ihnen u. st. 1530. 4) Patrik, Neffe des Vor., geb. 1503, studirte in St. Andrews Theologie u. lernte früh Luthers Lehre kennen, bei dem er sich 1526 einige Zeit in Wittenberg aufhielt; dann trat er mit Lambert in Marburg in Verbindung u. kehrte nach Schottland zurück; als er aber hier die Grundsätze der Reformation verbreitete, wurde er zu einem Religionsgespräch nach St. Andrews berufen, ihm mehrere Sätze seiner Lehre als häretisch zum Widerruf vorgelegt u. als er nicht widerrufen wollte, 1. März 1527 verbrannt. 5) James IV., Graf von Arran, seit 1549 Herzog von Châtelherault, Sohn von H. 3), nach dem Tode Jakobs V. von Schottland 1542 als nächster männlicher Verwandter von Maria Stuart vom schottischen Parlament zum Thronerben ernannt u. während Maria's Minderjährigkeit Regent; schwach von Charakter, überließ er sich ganz fremder Willkür. Er begünstigte Anfangs die Reformation, wurde jedoch vom Cardinal Beaton u. der Königin Maria von Guise bewogen, sich dem Katholcismus wieder zuzuwenden, überließ 1554 der Königin die Regentschaft, erhielt eine Pension u. starb, nachdem er sich vergeblich bemüht hatte, wieder Einfluß zu erhalten, 1575. Außer H. 7) u. 8) hatte er noch einen Sohn Claude, welcher Stammvater der jetzigen Marquis[909] von Abercorn wurde. 6) John, Bruder des das Vor., Erzbischof von St. Andrews, hielt es, wie ganze Hans H., in den Streitigkeiten der Königin mit dem Regenten Murray u. wurde in Folge davon 1571 hingerichtet. 7) James V., ältester Sohn von H. 5), wurde als Protestant von den Guisen verfolgt u. st. 1609 im Wahnsinn. 8) John, Bruder des Vor., wurde unter Jakob VI. 1579 verbannt, ging nach England, kehrte 1585 nach dem Sturze James Stuarts nach Schottland zurück, zeichnete sich durch Treue gegen Maria Stuart aus, welche ihm vor ihrem Tode einen goldenen Ring zum Andenken sendete, wurde 1599 Marquis u. Peer u. st. 1604 9) James VI., Sohn des Vor., Günstling Jakobs VI., wurde 1609 nach dem Tode seines Oheims Graf von Arran u. 1619 Graf von Cambridge u. st. 1625. 10) James VII., Herzog von H., Clan von Fife, Graf von Cambridge, Sohn des Vor., geb. 1606, wurde mit Karl I. erzogen, diente im Dreißigjährigen Kriege mit einem selbstgeworbenen Corps 1631 mit Auszeichnung im Heere Gustav Adolfs in Deutschland u. focht namentlich bei Leipzig mit, kehrte nach England zurück u. stieg während der Unruhen in der Gunst Königs Karl I. so, daß derselbe ihn 1643 zum Herzog von H. erhob; er wurde später von Montrose der Verrätherei angeklagt u. 1645 kurze Zeit in das Schloß von Pendennis eingekerkert. 1648 sammelte er ein Heer für Karl I., fiel in England ein, wurde aber von Cromwell gefangen u. 9. März 1649 enthauptet. 11) William, Bruder des Vor., seit 1639 Graf von Lanark u. Staatssecretär von Schottland, diente erst Karl I., dann, in Oxford verhaftet, dem Parlament u. endlich wieder der königlichen Partei, wurde nach seines Bruders Tode 1650 von Karl II. zum Herzog von H. ernannt, empfing bei Worcester im Kampfe für Karl II. 1651 eine tödtliche Wunde, woran er starb. Da H. keine Erben hinterließ, gingen seine Titel nun an 12) William Douglas, Graf von Selkirk, Gemahl Anna's, der Tochter James VII., über, welcher 1694 st. Seine Söhne waren, außer H. 13) u. 19), noch: Charles, der die Grafschaft Selkirk erhielt u. dieselbe auf seinen Bruder John vererbte; seine Nachkommen nennen sich wieder Douglas; Archibald, st. 1757 als Admiral. 13) James, Graf von Arran, vierter Herzog von H., ältester Sohn des Vor., wurde 1711 als Herzog von Brandon Peer von England, nahm den Herzogstitel wieder auf, welchen Cromwell seiner Familie genommen hatte; er erschoß in einem Duell den Lord Mohun am 15. Novbr. 1712, wurde aber von dessen Secundanten, Lord Macarthney, wieder erlegt. 14) James, sechster Herzog von H., starb 1758, vermählt mit Elisabeth Gunning, der nachherigen Herzogin von Argyle. 15) James Georg, Sohn des Vor., siebenter Herzog von H., wurde 1761 auch Marquis von Douglas u. Graf von Angus; er u. sein Bruder Douglas starben ohne männliche Erben, daher folgte 16) Archibald, Oheim des Vor., 1799 als neunter Herzog von H. u. st. 1819. 17) Alexander, Sohn des Vor., geb. 1767, vorher Marquis von Douglas u. Elydesdale, trat 1802 für Ashton in das Parlament u. ging 1806 als Gesandter nach St. Petersburg; er kehrte 1807 nach England zurück, folgte 1819 seinem Vater als zehnter Herzog von H. u. starb 18. Aug. 1852 in London. 18) William Alex Anthony Archibald, Sohn des Vor., geb. 19. Febr. 1811, wurde nach seines Vaters Tode 1852 elfter Herzog von H. u. ist seit 1843 vermählt mit Marie, Tochter des verstorbenen Großherzogs Karl von Baden. 19) Georg, Graf von Orkney, fünfter Sohn von H. 12) u. Bruder des Vor., wurde 1690 Oberst, focht in den Schlachten am Boynefluß, bei Antrim u. in den Belagerungen von Limerick u. Namur. Wilhelm III. ernannte ihn 1696 zum Grafen von Orkney u. Pair von Schottland. Er war Waffengefährte Marlborough's, trat 1710 in den Geheimen Rath, focht 1712 als General der Infanterie in Flandern unter Ormond u. st. 1737 als Gouverneur des Schlosses Edinburgh u. Lordlieutenant von Clydesdale in London. 20) Anthony, Graf von H., stammend von einem jüngeren Zweige der Familie H., geb. 1646 in Irland, ging mit seinen Eltern nach Frankreich, als Karl II. dort einen Zufluchtsort suchte, u. nach dessen Thronbesteigung 1660 wieder nach England. Er wurde unter Jakob II. Befehlshaber eines Infanterieregiments in Irland u. erhielt den Oberbefehl in Limerick. Nach der Verheirathung seiner Schwester mit dem Grafen Grammont, wählte er Frankreich zu seinem Aufenthalt u. st. 1720 in St. Germain en Laye; er schr.: Epitre au Comte de Grammont, u. bes. Contes de féerie (Zénéide, les quatres Facardins, le bélier, fleur d'épine, wo er sich als sehr anmuthigen Mährchenerzähler zeigte, gesammelt Par. 1805, 3 Bde.); Gesammelte Werke, ebd. 1812, 5 Bde.; Auserlesene Werke, deutsch von F. Jacobs, Zür. 1807; auch gab er die Memoiren des Grafen Grammont, seines Schwagers, heraus. 21) William, geb. 1704 in Schottland, focht 1745 für den Prätendenten, wanderte aus, kehrte später zurück u. erhielt seine Güter wieder. Er st. 1754 in Lyon, wo er sich der Gesundheit wegen aufhielt; Odendichter. Gedichte, herausgeg. Glasg. 1748, Edinb. 1700. 22) William, Enkel von H. 12) u. Sohn des Admirals Archibald H., geb. 1730, wurde 1764 Gesandter in Neapel, trug viel zur Ausgrabung von Pompeji u. Herculanum bei u. besoldete mehrere Jahre hindurch den Abbé Piaggi aus eigenen Mitteln zum Abwickeln u. Entziffern der Papyrusrollen. Er verheirathete sich 1791 mit der Folgenden u. bewirkte 1793 den Allianztractat zwischen Neapel u. England. 1798 beim Einrücken der Franzosen ging er mit dem König nach Palermo, 1800 aber nach England zurück; ein Theil seiner Kunstschätze ging ihm hierbei durch Schiffbruch an der englischen Küste verloren. Er beschäftigte sich in London vorzüglich mit Ordnen seiner Manuscripte u. starb daselbst 6. April 1803; er schr.: (Observation on mount Vesuvius, Lond. 1772; Campi Phlegraei, ebd. 1776, Suppl. 1779. Von den Hamiltonschen Vasen wurde die erste Sammlung 1765 von dem Senator Porcinari gekauft, beschrieben in Antiquités ét rusques, grècques et rom., herausgeg. von d'Hancarville, ebd. 1775, 4 Bde., die zweite kaufte das Britische Museum, 1791 von Tischbein durch 240 Umrisse in 4 Foliobänden bekannt gemacht. Nach seinem Tode schrieb noch über seine Sammlungen Kirk, Gravures au trait d'après les tableaux etc. de vases étrusques etc., recueillis par feu Sir W. H., ebd. 1806. 23) Lady Emma Harte H. geb. 1760 in der Grafschaft Chester, natürliche Tochter eines Dienstmädchens[910] Namens Harte, wurde im 13. Jahre Kindermädchen in Hawarden u. ging, 16 Jahr alt, als Dienstmädchen zu einem Kaufmann nach London, kam dann als Kammerfrau zu einer Dame, wo sie viel Romane las u. große Liebe zum Theater faßte, auch ein großes Nachahmertalent bewies. Hierüber vernachlässigte sie jedoch ihren Dienst, wurde entlassen u. trat als Magd in eine Taverne ein. Hier wollte sie einen jungen Walliser, einen angeblichen Verwandten, der zum Matrosen gepreßt worden war, durch Fürbitte beim Capitän. (nachherigem Admiral) Sir John Willet Payne, befreien, welcher ihren Wunsch unter der Bedingung gewährte, daß sie seine Mätresse würde. Payne nahm sie darauf aus der Taverne u. ließ ihr eine sorgfältige Erziehung geben, trat sie jedoch bald an den Chevalier Featherstonhaugh ab, der sie auch bald wiederverließ. So aus dem Überfluß in bittere Armuth gestürzt, wurde sie öffentliche Dirne u. diente u.a. bei Graham's Himmlischem Bett (s.d.) als nackte Statue der Hygiea, kam hierdurch in die Mode, lernte den Lord Greville kennen, wurde dessen Mätresse u. zeugte drei Kinder mit ihm. Eben wollte er sie heirathen, als ihm 1789 der Ruin seiner Finanzen dies unmöglich machte. Um nun den Oheim Greville's, Sir William H. (s. den Vor), Gesandten in Neapel, zur Hülfe u. zur Einwilligung in ihre Heirath zu bewegen, ging sie nach Neapel, fesselte aber dort diesen dergestalt, daß er mehrere Jahre mit ihr lebte u. sie 1791 selbst heirathete. Sie wurde am neapolitanischen Hofe vorgestellt u. die Vertraute der Königin Karoline. Dennoch gab sie ihr früheres zügelloses Leben nicht auf, sondern zog mehrere Männer, u. And. Nelson, an sich. Nach der Schlacht von Abukir wurde Nelson ihr erklärter Liebhaber. Durch sie wurde die feindliche Gesinnung des spanischen Cabinets gegen England verrathen, worauf dieses alle spanischen Schiffe ohne Kriegserklärung wegnahm. Die Franzosen drangen 1798 in Neapel ein u. vertrieben die Königsfamilie u. den englischen Gesandten; 1799 wendete sich aber das Glück, die königliche Familie u. die H. kehrten nach Neapel zurück. Hier zeigte sie sich höchst blutdürstig, denn sie veranlaßte Nelson, die Grausamkeiten der Reaction zu unterstützen. 1800 kehrte sie mit ihrem Gemahl nach England zurück. Nelson begleitete sie u. lebte auf einem Landhause mit ihr; sie gebar ihm hier eine Tochter, welche auf Nelson's Namen getauft wurde. 1805 blieb Nelson bei Trafalgar u. ihr Gemahl st. 1806. Sie ergab sich nun ganz der Ausschweifung, verschwendete Alles, lebte dann bei Calais von einer kleinen Pension u. st. 16. Jan. 1815. Lady H. benutzte ihr bewunderungswürdiges Nachahmertalent zu plastischen Vorstellungen, die sie erfand, wenigstens zuerst darstellte, wozu sie bes. die Darstellung antiker Statuen, wenigstens von Momenten aus dem Alterthum, wählte, s. Attitude. Auch Erfinderin des Shawltanzes soll sie sein.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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