Hölle [1]

Hölle [1]

Hölle (im Alt- u. Mittelhochdeutschen, hella, helle), heißt ursprünglich die Unterwelt überhaupt, als Aufenthaltsort der Verstorbenen, u. entspricht dem griechischen Hades (s.u. Griechische Mythologie); dann bes. diejenige Abtheilung der Unterwelt, wo die Gottlosen im Leben nach dem Tode die Strafen für die Sünden abzubüßen haben. Die Vorstellungen von diesem Orte sind bei den verschiedenen Völkern sehr verschieden, bes. zeichnen sich in phantastischer Ausmalung von Schauder u. Schrecken aller Art die heidnischen Völker aus, s. die einzelnen Religionen. Auch bei den alten Hebräern ist der Scheol die gemeinsame Behausung aller Gestorbenen; er ist ein stiller, finsterer, reizloser Ort, in der Tiefe der Erde gelegen, wo die dort Versammelten in einem schlummerähnlichen, unthätigen, freudelosen, unempfindlichen Zustande sich befinden. Erst in der Apokryphischen Literatur kommt die Hoffnung auf einstige Änderung dieses Zustandes vor, nämlich daß die fromm Entschlafenen am Tage der Entscheidung von da wieder auferstehen, die Gottlosen aber zu Strafen verdammt werden, u. der Aufenthaltsort dieser wird nun die H. (Geenna, s.d.), ein furchtbarer Abgrund u. feuriger Pfuhl, ein Ort namenloser u. unendlicher Qual, welche sie mit den bösen Engeln theilen. Im Neuen Testamente bezeichnet H. einen bestimmten Ort, wo sich die Verdammten befinden, welche von der Seligkeit des Himmels ausgeschlossen sind; jedoch wird dabei nicht immer an den Ort selbst, sondern auch an den Zustand der Unseligen gedacht, u. darauf beziehen sich auch die hierbei vorkommenden Bilder vom Wurm, Feuer, Frost, Heulen, Zähnklappen etc. In der christlichen Dogmatik versteht man daher unter H. einen uns unbekannten,[481] von dem Orte der Seligen (Himmel) durch unübersteigliche Weite getrennten Ort, wohin die Verdammten nach dem Jüngsten Gericht verstoßen u. wo sie in Gesellschaft der bösen Geister ewige Strafe leiden werden. Die Höllenstrafen hat man getheilt in natürliche, die nothwendigen Folgen der begangenen Verbrechen, z.B. Gewissensbisse, Entbehrung gewohnter Genüsse etc.; u. arbiträre, die Gott jenen noch hinzusetzen werde. Die Feuerflammen, der Teufel mit der Gabel u. dergl. Vorstellungen gründeten sich nicht auf Stellen der Bibel, sondern meist auf bildliche Darstellungen des Mittelalters. Nach der Bibel sollen diese Strafen der Bösen in der H. kein Ende nehmen, u. man hat daher von jeher in der Kirche die Ewigkeit der H. behauptet. Jedoch fand auch die mildere Ansicht ihre Vertreter, u. man sprach theils von einer relativen Ewigkeit der Höllenstrafen, insofern die Sünder, auch wenn sie sich zu Gott wenden, doch ewig hinter den Bekehrten zurückbleiben; theils von einer hypothetischen Ewigkeit der Höllenstrafen, insofern die Strafen nur so lange fortdauern, als sich die Sünder nicht bessern. Diese Ansicht, welcher sich schon Clemens von Alexandrien u. Origenes, später aber die Wiedertäufer zuneigten, deren Meinung die Augsburgische Confession Art. 17 ausdrücklich verwirft, gewann unter den neueren Dogmatikern viele Anhänger, welche entweder die hypothetische Ewigkeit der H. mit der relativen verbanden, od. die hypothetische allein vertheidigten. Sie beriefen sich dabei auf die Weisheit u. Barmherzigkeit Gottes u. bezeichneten die biblischen Ausdrücke über die Strafen der H. als jüdische Bilder, welche nicht zum christlichen Dogma werden könnten. Die Katholiken nehmen für die, welche für die H. zu gut, aber für den Himmel noch nicht reif sind, den Zwischenzustand des Fegefeuers (s.d.), nach dessen Überstehung Seligkeit eintritt, an. Vergl. Meyer, Commentatio de notione Orci apud Hebraeos, Lübeck 1793; Thieß, Über die biblischen u. kirchlichen Lehrmeinungen der Höllenstrafen, Hamburg 1791.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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