Illyrien [2]

Illyrien [2]

Illyrien (Gesch.). Die Illyrier waren ein zahlreicher, weitverbreiteter, roher, nach Einigen mit den Thraciern verwandter Volksstamm u. wurde vor Alters von einzelnen Häuptlingen beherrscht. Ihre Zerrissenheit ließ sie trotz ihrer großen Menschenzahl u. weiten Verbreitung nie zu einer politischen Macht u. Geltung kommen, sowie sich auch im Innern nie ein selbständiges Staatsleben entwickelte. In I. waren auch Celten eingewandert u. machten von hier aus mehrere Raubzüge, s.u. Celten. Bardylis, einer der einheimischen Häuptlinge, zwang den König Alexander von Macedonien, um 394 v. Chr., zum Tribut u. nahm ihm Gebiet ab. König Perdikkas von Macedonien wollte den Tribut verweigern, aber die Illyrier griffen ihn 360 an, u. er selbst blieb in einer Schlacht gegen sie. Dagegen war Philipp II. glücklicher, der entriß ihnen 359 Alles wieder u. unterwarf sich auch I. Klitos u. Glaukias, Söhne des Bardylis, herrschten, Erster über das eigentliche I., Letzter über die Taulantier u. suchten sich wieder frei von den Macedoniern zu machen, wurden aber von Alexander dem Großen im Gehorsam erhalten. Glaukias stand dem Antigonos bei, verlor aber darüber Epidamnos u. Apollonia. Pyrrhos, König von Epiros, eroberte auch das übrige Gestade I-s, welches jedoch Agron wieder gewann. Agron wurde in einen heftigen [827] Kampf mit den Römern verwickelt. Seine Wittwe Teuta hatte sich mehre abgefallene Inseln wieder unterworfen; Jessa, welches sie auch unterwerfen wollte, rief die Römer zu Hülfe, u. da die Illyrier die italienischen Küsten u. die römischen Bundesgenossen mit ihrer Seeräuberei beunruhigten, übernahmen die Römer den Schutz der Issenser u. schickten Gesandte an Teuta. Diese aber ließ die Gesandten ermorden, u. daraus entspann sich der Illyrische Krieg (Seeräuberkrieg). 229 v. Chr. zogen die Consuln L. Postumius Albinus u. Cn. Fulvius Centumalus nach I. u. eroberten, durch Abfall der Unterthanen der Teuta, leicht die Küste I-s u. durch den Verrath des Demetrios, des illyrischen Statthalters von Pharos, die Insel Kerkyra. 228 mußte Teuta Frieden schließen, Tribut versprechen, den größten Theil des Küstenlandes abtreten u. sich verpflichten, nur zwei, u. zwar unbewaffnete Fahrzeuge nicht über Lissos hinaus zu schicken. Zwar suchte Pineus, Sohn der Teuta, unter der Vormundschaft des Demetrios, ganz I. gegen die Römer zu vereinigen, er wurde aber überwunden; gleiches Schicksal hatten mehrere spätere Versuche der illyrischen Fürsten, sich von dem Römerjoche zu befreien, so der des Königs Gentius, welcher sich mit König Perseus von Macedonien verband, aber 168 v. Chr. von dem römischen Prätor L. Anicius geschlagen, in seiner Hauptstadt Scodra belagert, gefangen u. mit seiner Gemahlin Etleva u. seinen Sohnen Skardiletus u. Pleuratus zu Rom im Triumph aufgeführt wurde. 176 v. Chr. wurden die Liburner unterworfen, 128 die Japoden besiegt u. 119 die Dalmatier von L. Cäcilius Metellus geschlagen; 49 v. Chr. besiegte Cäsar die Illyrier bei einer neuen Empörung; unter Augustus wurden sie 39 v. Chr. von Asinius Pollio wieder geschlagen u. endlich 23 v. Thr. durch den Sieg des Statilius Taurus völlig unterworfen u. das Land unter dem Namen Illyricum zur römischen Provinz gemacht, u. zwar Anfangs zu einer senatorischen, später zu einer kaiserlichen. Unter den Römern wuchs I. an Reichthum u. Ansehen u. es war in drei Conventus juridici eingetheilt: den zu Scardona für die Japoden u. Liburner, den zu Salona u. Narona für die Dalmatier. In dieser Periode bildeten die Illyrier bes. die Dalmatier, einen wesentlichen Theil der römischen Legionen, waren mehrere Schriftsteller, wie Appianus, u. mehrere hohe Staatsbeamte, selbst Kaiser (z.B. Valens) Illyrier. Als Theodosius theilte, kam das eigentliche I. zum Abendländischen Reich, bei dem es bis 476 blieb, wo es ein Bestandtheil des Byzantinischen Kaiserthums wurde. Um 550 ließen sich slawische Colonisten, aus Rußland kommend, in I. nieder, sie machten sich bald unabhängig u. stifteten die Königreiche Dalmatien u. Kroatien (s. b.). 1020 kam das ganze Land wieder unter Byzantinische Herrschaft, allein 1040 riß es sich von Neuem los. Im 11. Jahrh. entstand auch das Reich Rascien (s.d.), welches später in Serbien u. Bosnien zerfiel, aus illyrischen Provinzen. Die nordwestlichen Provinzen des alten I. wurden in derselben Zeit zum Deutschen Reich geschlagen u. bildeten das Herzogthum Kärnten, Krain, die Grafschaften Görz u. Gradiska; so in mehrere Besitze zersplittert war I. bald von eigenen, unabhängigen Fürsten als Kroatien, Dalmatien, Bosnien, Serbien, Kärnten u. Krain (s.d. a.) regiert, bald von den Ungarn, bald von den Byzantinern, bald von Venedig theilweise bezwungen; dennoch bestand der alte Name I. noch immer. So blieb es bis zu Anfang des 15. Jahrh., wo Venedig sich bes. das Küstenland am Adriatischen Meere erwarb. Sehr wurde den Venetianern diese Erwerbung durch die Türken streitig gemacht, die ihnen nach u. nach immer mehr abnahmen, bis sie endlich nur auf einen schmalen Küstenstrich beschränkt waren. Der Passarowitzer Frieden (1713) vermehrte das Gebiet Venedigs am Adriatischen Meere, u. der Name I. kam um diese Zeit fast nur bei den venetianischen u. türkischen Besitzungen am Adriatischen Meere vor, wo man Türkisch I. u. Venetianisch I. unterschied. 1797 kam Venetianisch I. durch den Frieden von Campo Formio an Österreich. 1809 gab Napoleon den Provinzen, welche Österreich im Frieden von Schönbrunn unmittelbar an Frankreich abtrat, den Namen Illyrische Provinzen, u. vereinte sie zu einem besonderen, von Frankreich abhängigen Staat (s. Illyrien [Geogr.] 2). Im Pariser Frieden kam I. wieder an Österreich, welches es 1816 zu einem Königreich erhob (s. ebd. 3).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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