Jus [1]

Jus [1]

Jus (lat.), Recht, sowohl in objectivem (Rechtssatz), als subjectivem Sinne (Befugniß). Die allgemeinen Eintheilungen in J. commune, J. particulare, J. singulare, J. naturale etc. s.u. Recht. Von den einzelnen Arten sind hier noch hervorzuheben J. abstinendi, so v.w. Beneficium abstinendi, s.u. Beneficium.. J. accrescendi, 1) Anwachsungsrecht, s.u. Accession; 2) Zuwachsungsrecht, s.u. Accrescenz. J. adcapitulandi, das Recht, welches die deutschen Kurfürsten dahin in Anspruch nahmen, zu der seit 1711 als ständig angenommenen Wahlcapitulation des Kaisers bei jeder neuen Wahl neue Zusätze zu machen. J. advocatiae, das Schutz- u. Schirmrecht über eine Anstalt, bes. J. advocatiae ecclesiasticae, das mit der Souveränetät unzertrennlich verbundene Recht des Staates, die Kirche u. deren Institute zu schützen u. zu schirmen. J. aggratiandi, Begnadigungsrecht, s.d. J. albinagii, Fremdlings- od. Heimfallsrecht, s.d. J. angariae, s.u. Angarien. J. apperturae, s.u. Appertur. J. armōrum, Militärhoheit od. Bewaffnungsrecht (Heerbann), die Befugniß eines Souveräns, von den Unterthanen Kriegsdienste zu verlangen, so wie auch alle für die Vertheidigung des Landes u. die Interessen des Staates gegenüber anderen Staaten nothwendigen kriegerischen Einrichtungen zu treffen, z.B. Festungen anzulegen etc. J. austraegarum, das Recht, eine Streitsache vor ein Austrägalgericht (s.d.) zu bringen. J. avocandi, Abberufungsrecht, s.u. Abberufung. J. circa sacra, das Kirchenhoheitsrecht des Staates (s.u. Hoheitsrechte), im Gegensatz des J. in sacra, der Kirchengewalt, als des Inbegriffes der Rechte, welche einer Kirche als Corporation über ihre Mitglieder in Gemäßheit des Zweckes der kirchlichen Verbindung zustehen. J. civitatis, Bürgerrecht, bes. im alten Rom der Inbegriff der politischen Rechte u. der privatrechtlichen Rechtsfähigkeit, welche allein dem römischen Vollbürger zukamen. J. collectandi, das Recht, Steuern u. allgemeine Abgaben zu erheben. J. compascŭi (J. compascendi, J. compasculationis), das Recht der Koppelhut, s.u. Hutungsgerechtigkeit. J. congrŭi, Gespilderecht, s.d. J. connubil, bei den Römern die Fähigkeit, eine vollgültige u. vollwirksame Ehe abzuschließen, s.u. Rom (Antiq.). J. cruentationis (J. feretri), Bahrrecht, s.d. u. Gottesurtheil. J. decimandi, das Zehentrecht, s.u. Zehent. J. deliberandi, so v.w. [194] Beneficium deliberandi, s.d.J. s. Privilegium de non appellando, 1) das Recht der letzten Instanz, demgemäß keine weitere Appellation mehr stattfindet; 2) zur Zeit des Deutschen Reiches das Vorrecht mehrer größerer Reichsstände, z.B. aller Kurfürsten des Hauses Sachsen etc., daß von ihren landesherrlichen Gerichten nicht an die Reichsgerichte appellirt werden durfte, vgl. Reichskammergericht. J. s. Privilegium de non evocando, sonst das Recht mancher Reichsstände, daß keiner ihrer Unterthanen vor die kaiserlichen Untergerichte gezogen u. die an den landesherrlichen Gerichten anhängigen Sachen nicht von ihnen an jene Gerichte gewiesen werden durften. J. deportŭum, das Recht mancher Bischöfe, von vacant werdenden Pfründen die Früchte des ersten Jahres (Annaten, s.d.) zu beziehen. J. detractionis (J. detractus), Abzugsgeld, s.d. J. devolutionis, 1) so v.w. Abberufungsrecht, s.d.; 2) Verfangenschaftsrecht, s.u. Devolution. J. dominĭi impetrandi, das Recht eines Pfandgläubigers, beim Mangel eines Käufers der verpfändeten Sache, dieselbe sich um die Taxe vom Regenten zum Eigenthum zuschlagen zu lassen. J. emporĭi, im Mittelalter das Recht mancher Städte, wonach alle durchgehenden Waaren eine gewisse Zeit lang in der Stadt lagern u. dort zum Verkauf gestellt werden mußten. J. episcopāle. in der Katholischen Kirche die Befugnisse eines Bischofs, in evangelischen Ländern die gesammte Kirchengewalt, s.u. Kirche. J. fisci, das besondere Vorrecht der Staatskassen, s.u. Fiscalgerechtigkeit. J. glandemiarĭum (Mastrecht), das Recht, Schweine in einem fremden Walde die gefallenen Eckern abweiden zu lassen. J. glandis legendae (Eckerichtsrecht), das Recht, die gefallenen Eicheln in einem fremden Walde zu sammeln. J. grutiae, das Recht, unverbundenes Holz auf einem Flusse zu flößen, s.u. Flöße. J. intradae, das Recht des Landesfürsten, die Überreichung der Thorschlüssel von der Bürgerschaft einer Stadt zu verlangen. J. italĭcum, die Privilegien, welche zunächst den unterworfenen u. als Bundesgenossen angenommenen Staaten Italiens von den Römern eingeräumt, später aber nach besonderer Verleihung auch manchen außeritalischen Städten u. Staaten ertheilt wurden, s.u. Rom (Antiq.). Ähnlich war das J. Latii, die Vortheile u. Privilegien, welche die lateinischen Städte von den Römern eingeräumt erhielten. J. lignandi, Beholzungsrecht, s.d. J. derffendi et suc cedendi, das Recht eines späteren Pfandgläubigers, durch Bezahlung der Pfandschuld eines vorgehenden Pfandgläubigers in des Letzteren Stelle einzurücken. J. optionis, 1) (Legatum optionis), das letztwillig eingeräumte Recht, sich eine Sache aus der Erbschaft auswählen zu können; 2) Kührrecht, s.d. J. paupertatis, Armenrecht. J. postliminii, s.u. Postliminium.. J. praesentandi, das Recht, für ein erledigtes Amt, namentlich ein Kirchenamt, eine Person in Vorschlag zu bringen, die hauptsächlichste Befugniß des Patronatrechts, s.d. J. primarum (primariarum) precum, Recht der ersten Bitte, das Vorrecht des Papstes u. mancher weltlicher Fürsten, in den Collegiatstiften u. Domcapiteln ausnahmsweise gewisse Stellen zu verleihen. Ein solches Recht besaßen auch die deutschen Kaiser, indem ihnen die Befugniß zustand, an jedem reichsunmittelbaren Stifte auf die erste nach ihrer Thronbesteigung zur Erledigung gelangte Pfründe einen Candidaten zu präsentiren. J. primae noctis (J. connagii, franz. Braconnage), das vermeintliche Recht des Leibherrn, bei Eingehung der Ehe seiner Leibeigenen die erste Nacht nach der Trauung mit der Braut allein zuzubringen; eigentlich nur als Recht des Leibherrn, seine Einwilligung zu der Verheirathung des Leibeigenen zu ertheilen u. deshalb von ihm eine gewisse Abgabe zu erheben, nachweisbar. J. propolii, Vorkaufsrecht. J. reformandi, früher das Recht, daß der Landesherr die Religionsübung im Lande beliebig bestimmen, daher auch willkürlich verändern u. über das Kirchenvermögen nach seinem Gutdünken disponiren könne; seit dem Westfälischen Frieden durch Feststellung des sogen. Annus decretorius in der Weise beschränkt, daß dem Landesherrn nur gestattet war, derjenigen Confession, welche im Jahr 1624 noch keinen Besitzstand im Lande gehabt hatte, die Auswanderung zu befehlen, wogegen die Confession, welche in dem gedachten Jahre bereits im Besitzstand gewesen war, in diesem belassen od. in denselben wieder eingesetzt werden mußte. J. relationis, nach der römischen Staatsverfassung das nur den Magistraten u. in der Kaiserzeit den höchsten kaiserlichen Beamten zustehende Recht, in dem Senat etwas vortragen zu dürfen. J. reluendi, Einlösungsrecht.J. volutionis s. recadentiae, Fallrecht, s.d. 2). J. sequēlae, so v.w. Eilende Folge, s.u. Abwesenheit. J. spolii (J. spoliorum), im Mittelalter das Recht, wonach die Könige u. Landesfürsten, dann auch die Schirmvögte u. Patrone den Nachlaß der Prälaten ganz so, wie den eines Hörigen in Anspruch nahmen. suffragii et honorum, nach römischem Recht die Befugniß, in den Volksversammlungen mitzustimmen u. zu der Stelle eines römischen Magistrates gelangen zu können, s.u. Rom (Antiq.). J. tinelli, s.u. Tinellum.. vitae ac necis, das Recht über Leben u. Tod.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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