Kunstakademie

Kunstakademie

Kunstakademie, nennt man entweder eine Vereinigung von Künstlern, od. eine Lehranstalt für höhere Kunstausbildung; gewöhnlich jedoch sind beide Elemente als Lehrer u. Schüler in Beziehung zu einander gesetzt, wenn dieß auch in den verschiedenen Staaten auf verschiedene Weise der Fall[894] ist. Auf einer vollständigen K. sind Baukunst, Bildhauerei, Malerei u. Kupferstechkunst vertreten. Die Akademien in Belgien, in Oberitalien u. in Deutschland sind im Wesentlichen nur Kunstschulen, während die Akademie der schönen Künste in Paris, welche eine Abtheilung des Instituts ausmacht, so wie die Akademie in London nur geschlossene Vereine von Künstlern sind; in Paris besteht daneben noch eine eigene Kunstschule, in London ertheilen die Mitglieder der K. aus eigenem Antriebe nur ein wenig Kunstunterricht. In der Akademie von San Luca in Rom bilden beide Elemente ein zusammenhängendes Ganzes. Der angehende Künstler soll hier nicht nur im Modelliren, Zeichnen u. Malen nach der Antike u. nach natürlichen Vorbildern (Modell) Correctheit in Form u. Farbe, so wie die dazu nothwendige Technik erlernen, sich in der Composition u. Ausführung eigner Werke versuchen u. üben u. die Gesetze u. Gewohnheiten derselben sich aneignen, sondern er soll auch mit allen, Hülfswissenschaften, Anatomie, Perspective, Ästhetik, Kunstgeschichte etc., bekannt u. vertraut werden. Die K-n entstanden mit dem Verfall der Kunst zu Ende des 16. Jahrh., welchem Lod. Carracci, mit seinen Verwandten in Bologna entgegenarbeitete, indem er die Aufgaben der Kunst nach den klassischen Vorbildern in ein System brachte u. dasselbe als Gesetz aufstellte. Nach demselben wurde von jedem großen Künstler das vermeintliche Beste aufgesucht u. in der Summe dieser einzelnen Vorzüge die Aufgabe des Künstlers erkannt. Ihm nachfolgend entstanden an mehren Orten K-en als Conservatorien der Kunst; wobei sich eine früher unbekannte Rangordnung der Künstler nach Directoren, ersten, zweiten, dritten etc. Professoren von selbst einstellte. Das ganze System der K., hervorgegangen aus der Periode des Verfalls der Kunst, trägt allerdings alle Merkmale dieser Zeit an sich, u. nie würde es eine mit schöpferischen Kräften beglückte erdacht haben. Daher waren von der Zeit an, als in Deutschland neue eigenthümliche Bestrebungen auftraten, diese überall von einer Reaction gegen die Akademien begleitet, u. mehrere der größten neuern Künstler begannen u. durchliefen in Opposition gegen dieselben ihre Bahn (Overbeck, Cornelius, Carstens etc.). Inzwischen haben die K-en nicht nur viele zur Kunstbildung unentbehrliche Mittel, welche außer ihnen schwer zu gewinnen sind, sondern gehören auch in der That so zu dem modernen Staatsorganismus, daß an ihrer Stelle eine Lücke unerträglich fallen würde. Deshalb beschäftigt man sich an manchen Orten damit, sie in Übereinstimmung mit den wahren Anforderungen einer lebendigen individuellen Kunstausbildung umzugestalten, u. namentlich den einzelnen Lehrern einen mehr gesonderten Einfluß (nach dem Vorbild der Meister in alten Zeiten) einzuräumen. In neuester Zeit sind namentlich in Preußen eingreifende Reformen des Akademiewesens (z.B. von Kugler) in Vorschlag gekommen. Gegenwärtig werden die K-en gewöhnlich durch ein von der höheren Staatsbehörde berufenes Collegium von Künstlern verwaltet, welches durch Nichtkünstler vervollständigt wird u. dessen Mitglieder den Charakter von Beamten tragen. Die namhaftesten K-en sind: Die Akademie San Luca in Rom, gestiftet von Fed. Zucchero 1593, doch erst 1715 constituirt; die Akademie der schönen Künste zu Paris, gegründet von Louis XIV. 1948, u. die Bauakademie daselbst von Colbert 1671 (Ecole spéciale des beaux arts). Ein Filial dieser Akademie ist die Französische Akademie in Rom in der Villa Medici. In Deutschland hatte Nürnberg die erste K., 1662 von Sandrart gestiftet, die namentlich unter der Malerfamilie Preisler blühte, sich aber wegen Mangels an Mitteln nur mühsam erhielt u. 1818 in eine Provinzialkunstschule verwandelt wurde. Die K. von Berlin ist 1694–99 gestiftet u. 1786 neu organisirt, die zu Dresden 1647 gestiftet u. 1764 mit denen zu Leipzig u. zu Meißen vereinigt. Die K. von Wien gründete Joseph I. u. Karl VI. vollendete sie 1726, 1850 wurde sie aber aufgehoben (s. Kunstschule). Die K. von München wurde 1770 gestiftet, aber 1807 vom König Maximilian I. neu begründet, die von Düsseldorf von Friedrich Wilhelm III. 1820. Die K. von Madrid entstand 1752, die zu London 1768. In Belgien sind K-en zu Brüssel, Brügge, Antwerpen, in Holland zu Amsterdam u. anderwärts. Die K. zu Kopenhagen besteht seit 1738, die zu Stockholm 1733, in Petersburg seit 1757. Die K. in Florenz (Società promotrice delle belle arte) wurde 1850 gegründet.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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