Lothringen [2]

Lothringen [2]

Lothringen (Gesch.). Lothar II., Sohn des Kaisers Lothars I., erhielt in der Theilung mit seinen Brüdern Karl u. Ludwig Austrasien, bestehend aus dem eigentlichen L., Elsaß, der Unterpfalz, Trier, Luxemburg, Hennegau, Namur, Lüttich, Limburg, Jülich, Köln, Kleve, Geldern, Utrecht, Holland, Brabant, einem Stück von Flandern u. Stücken der Bisthümer Mainz, Trier, Köln u. das Bisthum Lüttich. Lothar führte ein unruhiges Leben; mit seinem Oheim, Karl dem Kahlen, verband er sich 857 gegen Ludwig den Deutschen, gerieth aber mit demselben nach dem Tode seines Bruders Karl von Provence, dem er 858 Mehreres von seinem Länderbesitz gegeben u. dafür, im Falle eines erbenlosen Todes, die Nachfolge zugesichert erhalten hatte, um dessen Reich in Streit, welcher 860 in dem Frieden zu Koblenz beendigt wurde. Aber aus Furcht vor Karl schloß er darauf ein Bündniß mit Ludwig u. übergab demselben zur Sicherung Elsaß. Aber bald gerieth er auch mit Ludwig in Krieg, u. 864 mußte der Papst zwischen beiden Frieden stiften. Sehr verderblich für L. waren Lothars Zwistigkeiten mit seiner Gattin Theutberge, welche er verstieß, um Walrade, die Schwester (Nichte) des Erzbischofs Günther von Köln, zu heirathen, wodurch er mit dem Papste Nikolaus I. u. Karl dem Kahlen in harte Kämpse verwickelt wurde; auch seine Verbindung mit dem Normannenanführer Rudolf war verderblich für das Land. 869 starb Lothar auf der Rückreise aus Italien u. hinterließ nur einen Sohn von Walrade, Hugo den Bastard, welcher aber nicht als ebenbürtig betrachtet wurde u. blos Elsaß erhielt. Der eigentliche Erbe L-s war sein ältester Bruder, der Kaiser Ludwig, aber Karl der Kahle bemächtigte sich des Landes u. ließ sich zum Könige krönen. Ludwig der Deutsche aber nöthigte Karl, L. in Ost- u. Westlothringen zu theilen, wovon Frankreich u. Deutschland Theile erhielt. Ostlothringen fiel 876, nach Ludwigs des Deutschen Tode, an dessen Sohn Ludwig, welcher später Herzog von Sachsen, Ostfranken u. Thüringen wurde. Karl der Kahle wollte es ihm entreißen, wurde aber am 8. Oct. 876 bei Andernach geschlagen; Ludwig starb bald darauf u. hinterließ Westlothringen seinem Sohne Ludwig dem Stammler. Dieser bestätigte den Theilungsvertrag von 870; st. aber schon 879 u. hinterließ zwei Söhne, Ludwig u. Karlmann, welche ihren Theil von L. wieder an Ludwig von Sachsen abtraten, da dieser ihre Legitimität bestritt, u. sie nicht stark genug waren, um ihm zu widerstehen. Hugo der Bastard, Lothars II. Sohn, suchte, von den Friesen unterstützt, ihm L. zu entreißen, als 882 Ludwig starb u. Kaiser Karl der Dicke L. erbte. Karl siegte zwar, wurde aber 887 auf dem Reichstage zu Tibur abgesetzt, u. Arnulf, natürlicher Sohn Karlmanns, folgte ihm als deutscher König u. König von L. Dieser trat L. 895 an seinen natürlichen Sohn Zwentiboldab, welcher es 899 gegen König Karl den Einfältigen von Frankreich vertheidigte, aber 900 von seinen Vasallen auf dem Reichstage zu Thionville entsetzt wurde, welche den König Ludwig von Deutschland zum König ausriefen. Zwentibold suchte zwar dieses zu verhindern, blieb aber am 13. Aug. 900 in der Schlacht an der Maas.

L. wurde von jetzt an, als zum Deutschen Reich gehörig, von Herzögen regiert. Frankreich strebte indeß immer nach den Besitz von L.; daher wußte selbst Karl der Einfältige den Herzog Raginer vom deutschen Interesse ab u. auf französische Seite zu ziehen, wogegen Kaiser Konrad I. vergeblich einen Feldzug unternahm (912) u. nur Elsaß u. Utrecht getreu erhielt. Kaiser Heinrich I. aber stellte die vorige Verbindung durch Tractate, sowohl mit Karl von Frankreich (welcher sich um deutsche Hülfe gegen seinen Gegner Robert bewarb), als mit Rudolf von Burgund (welcher Karl gefangen hielt); nicht nur wieder her (921, 923, 935), sondern befestigte sie noch durch die Vermählung seiner Tochter Gerberge mit Raginers Sohn Giselbert. Giselbert, dessen Leben eine Kette von Trenlosigkeit war, ertrank 939 im Rhein, als er Andernach entsetzen wollte, welches vom Kaiser Otto I. belagert wurde. An seine Stelle trat Heinrich, Bruder des Kaisers Otto I., welcher aber von den Lothringern zur Abdankung genöthigt u. durch Giselberts Sohn, Heinrich, ersetzt wurde. Heinrich st. schon 944; ihm folgte Konrad von Franken, welcher 947 Luitgarde, Tochter des Kaisers Otto I., heirathete, aber 953 sich in eine Verschwörung gegen seinen Schwiegervater mit dessen Sohn Ludolf einließ u. deshalb L. verlor, welches des Kaisers Bruder Bruno, Erzbischof von Köln, erhielt. Diesem wurden zwei andere Herzöge untergeordnet: der eine, Gottfried, sollte das Land an der Maas, der andere, Friedrich, das an der Mosel regieren. Von dieser Zeit an theilte sich das Herzogthum in Nieder- L. zwischen Rhein, Maas u. Schelde, u. Ober- L., zwischen dem Rhein u. der Mosel bis an die Maas). Bruno nahm aber 959 den Titel Erzherzog, an um dadurch seine Oberherrschaft über beide Herzöge zu bezeichnen.

[530] A) Ober-L. (Lothringia mosellana). Herzog Friedrich I., st. 984 u. ihm folgte sein Sohn Dietrich I., welcher als Gegner des Kaisers Heinrich II. auftrat u. mit Theoderich, Grafen von Luxemburg, viel zu kämpfen hatte, welcher ihn 1011 überfiel u. bis 1017 gefangen hielt. Er st. 1026; da sein Sohn Friedrich II., der schon 1027 starb, blos Töchter hinterließ, so fiel Ober- L. an den Herzog Gozelo I. von Nieder- L., welcher es bis zu seinem Tode (1043) regierte. Dann gab Kaiser Heinrich III. Nieder- L. dessen älterem Sohne, Gottfried, u. Ober- L. dem jüngeren, Gozelo II., u. nach dessen Tode 1046 dem Grafen Albrecht von Elsaß. Gegen diesen begann Gottfried von Nieder- L. Krieg, um Ober-L. zu erobern, u. gewann 1048 eine Schlacht, in welcher Albrecht blieb. Nun belehnte der Kaiser dessen Bruder Gerhard von Elsaß mit Ober-L., u. dieser ist der Stammvater aller nachmaligen Herzöge. Herzog Gottfried II. von Nieder-L. gab aber seine Ansprüche auf Ober-L. nicht auf, u. obgleich ihn der Kaiser seiner Würde entsetzte, so erregte er doch stets neue Händel u. nahm den Herzog Gerhard endlich gefangen. Erst 1056 endigteder Papst durch einen Vergleich diesen Streit, u. Gerhard wurde freigelassen u. regierte bis 1070. Ihm folgte sein Sohn Dietrich II. der Beherzte (st. 1115), welcher als getreuer Anhänger des Kaisers Heinrich IV. diesem gegen die Sachsen u. den Papst Gregor VII. beistand u. deshalb von Letzterm in den Bann gethan wurde. Unter ihm riß die immer mächtiger u. unabhängig werdende Geistlichkeit bedeutende Stücke von L. ab. Dietrichs Sohn, Simon I. (Sigismund), von mütterlicher Seite der Bruder des Kaisers Lothar II., folgte 1115, hatte mit dem Erzbischofe Adelbert von Trier harte Kämpfe zu bestehen, begleitete 1137 den Kaiser nach Italien u. st. 1139. Sein Sohn u. Nachfolger Matthias I. wurde 1148 excommunicirt, weil er den Landfrieden während eines Kreuzzuges nicht hielt; er kämpfte 1153 mit dem Bischof von Metz, welcher ihm Hamburg u. Luxemburg entriß, erwarb aber 1155 Nancy, begleitete den Kaiser Friedrich I. auf mehren Feldzügen u. st. 1176. Sein Sohn Simon II. lag mit seinem Bruder Friedrich, Grafen von Bitsch, u. mit dem Domstift von Toul in langem Streite, unterdrückte die Großen, gab strenge Gesetze gegen die Feinde der Kirche u. st. 1205 in einem Kloster kinderlos. Sein Bruder Friedrich I. folgte ihm, trat aber die Regierung 1206 seinem Sohne Friedrich II. ab; dieser focht unglücklich gegen den Grafen von Bar u. st. 1213. Theobald I., sein Sohn, ergriff die Partei Ottos IV. gegen Kaiser Friedrich II. u. wurde von Letzterem 1218 gefangen. Er st. 1220, u. ihm folgte sein Bruder Matthias II., der an allen großen Ereignissen seiner Zeit Theil nahm u. stets ein Gegner des Kaisers Friedrich II. war. Als er in Nancy 1251 starb, folgte ihm 1304 sein Sohn Friedrich III., welcher 1273 u. 1280 mit Metz Krieg führte. Theobald II., sein Sohn, demüthigte die Großen u. bestimmte 1306 auf einem Landtage, daß auch vie Töchter des Herzogs das Land erben könnten, ein Beschluß, welcher später zu vielen Streitigkeiten Anlaß gab. Auch Theobald II. führte mit Metz Krieg, begleitete 1310 den Kaiser Heinrich VII. nach Italien u. st. 1312; sein Sohn Friedrich IV. legte einen Streit, in welchen sein Vater kurz vor seinem Tode mit Frankreich verwickelt wurde, schnell bei, züchtigte dann einige Vasallen u. nahm in dem deutschen Kaiserstreit für Friedrich von Österreich gegen Ludwig den Baier Partei, wurde aber 1322 bei Mühlberg mit gefangen. Auf Verwenden des Königs von Frankreich befreit, blieb er 1328 bei Kassel. Rudolf, sein Sohn, folgte Anfangs unter Vormundschaft seiner Mutter Isabella von Österreich. Mündig geworden, besiegte er 1337 den Grafen von Bar, stand 1340 dem König von Castilien gegen Bretagne bei, bekriegte dann den Bischof von Metz, zog 1346 mit König Philipp VI. von Frankreich gegen die Engländer zu Felde u. blieb bei Crecy, worauf sein Sohn Johann I. unter der Vormundschaft seiner Mutter, Maria von Blois, zur Regierung kam. L. nahm fortwährend an dem Kriege gegen England Theil, u. Johann wurde bei Poitiers 1356 u. 1364 bei Aurai in der Bretagne gefangen; 1365 zog er den Deutschen Rittern in Preußen zu Hilfe u. focht 1382 gegen die Engländer bei Rosabecque. Ihm folgte 1390 sein Sohn Karl I., welcher 1391 Tunis belagerte u. alle Christensklaven dort befreite, 1399 den Deutschen Rittern in Preußen gegen Lithauen beistand u. 1407 die vereinigten Fürsten von Luxemburg, Bar, Jülich, Berg, Nassau u. A. bei Nancy gänzlich schlug. Mit der Stadt Neufchateau in Streit verwickelt u. von dieser bei seinem Lehnsherrn, dem König von Frankreich, verklagt, verhöhnte er dessen Aufforderung, sich in Paris zu verantworten, u. wurde deshalb vom Parlament zum Tode verurtheilt. 1414 versöhnte er sich mit dem König, wurde 1418 Counetable des Reichs u. st. 1431.

Auf Karl I. folgte dessen Tochter Isabelle, welche mit René von Anjou vermählt war, wodurch das Haus Anjou auf den Thron von L. kam; aber Anton von Vaudemont, Karls Neffe, bestritt die weibliche Nachfolge u. nahm René 1431 gefangen. René erhielt, nach einem Ausspruch des Baseler Concils, die Belehnung vom Kaiser Sigismund u. ging, 1436 freigelassen, nach dem 1435 ihm durch Erbschaft zugefallenen Königreich Neapel; er kehrte erst 1442 nach L. zurück, worauf 1444 endlich die nach dem frühern Vertrag zu Basel bestimmte Heirath zwischen seiner Tochter Jolantha u. Friedrich, Antons Sohn, vollzogen wurde. 1453 trat Rene L. an seinen ältesten Sohn Johann II. ab, welcher 1455 in Toscana siegreich gegen die Aragonier focht, von König Karl VII. von Frankreich zum Gouverneur von Genua ernannt wurde u. von dort aus 1459 vergeblich sich bemühte, Neapel zu erobern.1464 kehrte er nach L. zurück, trat auf kurze Zeit dem Bunde der französischen Prinzen gegen den König Ludwig XI. bei, zog 1468 gegen Aragon, um Catalonien zu erobern, auf welches Land er Ansprüche zu haben glaubte, u. st. 1470 in Barcelona, worauf sein Sohn Nicolaus Herzog von L. wurde. Dieser verband sich mit Karl dem Kühnen von Burgund gegen Frankreich, st. aber schon 1473, unvermählt, in Nancy.

Nach Johann wurde nun sein Neffe René II., Sohn Friedrichs u. seiner Schwester Jolantha, Herzog von L., wodurch das Haus Vaudemont auf den Thron von L. kam. René II. hatte mit Karl dem Kühnen, welcher auch auf L. Ansprüche machte, harte Kämpfe zu bestehen.1475 wurde Nancy von den Burgundern erobert u. René zur Flucht nach Lyon gezwungen. Von dort aus verband er sich mit den Schweizern, eroberte Nancy wieder u. schlug am 5. Januar 1477 bei Nancy die Burgunder, wo Karl der Kühne selbst blieb.[531] Von jetzt blieb er im ruhigen Besitz L-s bis zu seinem 1508 erfolgenden Tode. Sein Sohn Anton der Gute setzte die Hauptlinie fort, ein Nebenzweig breitete sich aber in Frankreich aus, von welchem die Familie der Guisen (s.d.) mit den Herzögen von Aumale (s.d.) abstammte. Anton begleitete den König Franz I. von Frankreich nach Italien u. war mit in der Schlacht bei Marignano, blieb aber in den Kriegen zwischen Frankreich u. Karl V. neutral. Sein jüngerer Sohn, Nicolaus, bekam das Herzogthum Mercoeur, sein älterer, Franz I., folgte ihm 1544 in L., dieser st. schon 1545, u. es folgte ihm sein Sohn Karl II. der Große unter der Vormundschaft seiner Mutter, Christiane von Dänemark. Während seiner Minderjährigkeit eroberte König Heinrich II. Metz, Toul u. Verdun u. vereinigte diese mit Frankreich. 1559 trat Karl die Regierung selbst an, verglich sich 1571 mit Frankreich wegen der Grafschaft Bar u. vereinigte Bitsch mit L. 1580 stiftete er die Universität Pont-a-Mousson a. schloß 1594 mit König Heinrich IV. einen Vergleich, wodurch seine Ansprüche auf die Provence u. Anjou, so wie alle Grenzen der Rechte L-s festgestellt wurden. Er st. 1608; sein Sohn Heinrich II. der Gute vertrieb die in L. zur Unterstützung der Protestanten anwesenden deutschen Truppen u. bestimmte seine älteste Tochter Nicola, die mit seinem Neffen Karl verheirathet war, zu seiner Nachfolgerin. Karl III. trat auch 1624, nach Heinrichs Tode u. nachdem sein Vater Franz II. auf die Nachfolge verzichtet hatte, die Regierung an. Seine Regierung war eine Kette heftiger Streitigkeiten mit dem französischen u. kaiserlichen Hof, in denen er sich seines Bruders Nikolaus Franz (s.d.) als Unterhändlers bediente u. in deren Folge er endlich 1670 sein Land an Frankreich verlor; sein Bruderssohn Karl IV., Schwager des Kaisers Leopold, mochte 1675, zur Regierung berufen, dieselbe wegen der harten Bedingungen im Nymweger Frieden nicht antreten (st. 1690), u. erst dessen ältester Prinz, Leopold Joseph Karl, wurde im Frieden zu Ryswijk 1697 restituirt, doch mußten alle Befestigungen von Nancy, Bitsch etc. geschleift werden. Der Herzog hinterließ 1729 die Regierung seinem ältesten Prinzen Franz Stephan; allein König Ludwig XV. von Frankreich nahm L. kurz darauf 1733 im Polnischen Erbfolgekriege in Besitz u. erhielt es mit dem Herzogthum Bar im Wiener Frieden 1735 einstweilen auf lebenslang für den König Stanislaus Leszczynski von Polen, für dessen Todesfall aber mit völliger Souveränetät für die Krone Frankreich abgetreten. Dagegen bekam Franz Stephan das Großherzogthum Toscana als Entschädigung angewiesen (s.u. Toscana). Doch wurde dem Herzogthum L. sein Sitz u. Stimmrecht 1736 bei deutschen Reichs- u. Kreistagen vorbehalten, daher die Fürsten, welche lothringische Besitzungen hatten, bis zum Lüneviller Frieden (1801) wegen derselben im Reichsverband blieben. Nach dem Tode des Königs Stanislaus (22. Febr. 1766) wurde L. dem Französischen Reiche einverleibt, bildete ein eigenes Gouvernement (Provinz) u. seine Geschichte fällt mit der Frankreichs zusammen. Welche Departements 1790 daraus gebildet wurden, s. Lothringen (Geogr.).

B) Nieder-L. (Lotharingia Mosana, L. Ripuaria). In der Theilung L-s unter Bruno, 954, hatte Herzog Gottfried I. Nieder-L. od. das Land zwischen Maas, Rhein u. Schelde vom Kaiser Otto I. erbalten; dieser st. 964 in Italien, wohinerden Kaiser begleitet hatte. Ihm folgte sein ältester Sohn Gottfried II., u. nach dessen unbeerbten Tode, 976, belehnte Kaiser Otto II. den Prinzen Karl, Bruder des Königs Lothar von Frankreich, mit Nieder-L., jedoch so, daß L. Reichslehn bleibe u. Karl sich den Ansprüchen widersetze, welche Frankreich auf dieses Land machte. Die Erfüllung dieser Bedingung war der Hauptgrund, daß ihm nach dem Tode seines Neffen Ludwig V. in Frankreich Hugo Capet als Thronfolger vorgezogen wurde. Zwar versuchte Karl das Kriegsglück gegen Hugo, aber Laon fiel 991 in Hugo's Hände u. der Herzog gerieth mit seiner Familie in dessen Gefangenschaft u. st. 1001 als Gefangener in Orleans. Otto, Karls Sohn, folgte seinem Vater, st. aber 1005 ohne Nachkommen, u. nun belehnte Kaiser Heinrich II. den Sohn des Grafen von Verdun, Gottfried III., mit Nieder-L. Dieser erhielt sich das Land gegen den Grafen von Löwen u. Namur; bekriegte 1018 im Auftrage des Kaisers den Grafen Dietrich von Holland, wurde aber besiegt u. gefangen, bald darauf wieder befreit unter der Bedingung zwischen Holland u. dem Kaiser den Frieden zu vermitteln, was ihm auch gelang. Er st. 1023 ohne Erben. Sein Bruder Gozelo I. der Große, Markgraf von Antwerpen, erhielt hierauf vom Kaiser Nieder-L., erklärte sich Anfangs gegen dessen Nachfolger Konrad II., versöhnte sich aber später mit demselben u. erhielt nach dem Tode des Herzogs Friedrich von Ober-L. (1027) auch dieses. Er besiegte 1037 den Grafen Odo von Champagne, welcher L. erobern wollte, an der Orne u. st. 1043 (1044). Kaiser Heinrich III. gab seinem ältesten Sohne Gottfried IV. dem Großen od. dem Bärtigen Nieder-L., Ober-L. aber dessen Bruder Gozelo II. (s. oben). Gottfried suchte Ober-L. zu behalten, aber der Kaiser bekriegte ihn u. sperrte ihn 1045 auf ein Jahr in Giebichenstein ein. Da er nach dem Tode seines Bruders Gozelo 1046 Ober-L., um dessen Besitz er sich wieder vergeblich beworben hatte, verwüstete, wurde 1048 ihm vom Kaiser auch Nieder-L. genommen. Friedrich von Luxemburg erhielt nun das Land, Gottfried aber zog nach Italien, bekriegte mit dem Papst Leo IX. die Normannen u. heirathete 1053 die Gräfin Beatrix von Modena. Friedrich st. 1065 ohne Söhne zu hinterlassen, u. Kaiser Heinrich IV. setzte nun Gottfried IV. wieder als Herzog von Nieder-L. ein. Ihm folgte 1069 sein Sohn Gottfried V. mit dem Höcker, welcher 1071 Holland eroberte u. 1075 dem Kaiser Heinrich IV. gegen die Sachsen beistand, aber 1076 auf Betrieb des Grafen Robert von Friesland zu Antwerpen ermordet wurde. Er hinterließ keine Kinder, hatte aber seinen Neffen Gottfried von Bouillon adoptirt, welcher ihm als Markgraf von Antwerpen folgte, während Kaiser Heinrich IV. seinen ältesten Sohn, Konrad, mit L. belehnte. Da Gottfried VI. von Bouillon dem Kaiser in allen seinen Kriegen so treulich half, so belehnte ihn dieser 1089 mit Nieder-L.; 1095 zog Gottfried ins Gelobte Land, wurde 1099 König von Jerusalem u. st. 1100 ohne vermählt gewesen zu sein. In Nieder-L. folgte ihm bis 1106 Heinrich I., Graf von Limburg. Da Herzog Heinrich dem Kaiser Heinrich IV. bis zu seinem Tode gegen seinen rebellischen Sohn beigestanden hatte, so wurde er von diesem, welcher 1106 als Kaiser Heinrich V. zur Regierung kam,[532] sogleich seines Lehns beraubt. Gottfried VII. od. I. (weil er als Stammvater der erblichen Herzöge von Nieder-L. betrachtet wird) der Große od. der Bärtige, Graf von Löwen, erhielt nun Nieder-L.; diesen entsetzte aber 1128 Kaiser Lothar u. setzte Waleram, Heinrichs I. Sohn, als Herzog ein. Waleram hatte mit Gottfried VII. schwere Kämpfe zu bestehen, u. als er 1139 starb, gab Kaiser Konrad III. diesem Nieder-L. wieder. Gottfried aber st. auch schon 1140, u. sein Sohn Gottfried VIII. (II,) der Jüngere nach 3 Jahren; diesem folgte sein 17jähriger Sohn als Herzog Gottfried IX. (III.) der Muthige; er erbte einen Krieg mit Mecheln, der bis 1159 dauerte; auch mit Limburg hatte er 1143–55 Krieg zu führen u. st. 1190. Sein Sohn Heinrich I. (II.). der Krieger, machte, als 1191 Graf Philipp von Flandern starb, vergebens Ansprüche auf dessen Land; 1197–98 unternahm er einen Zug ins Gelobte Land, nahm dann Partei für Otto von Braunschweig gegen Philipp von Schwaben u. führte bis zu seinem Tode (1236) fast fortwährend Kriege. Sein Sohn Heinrich II. (III.) der Großmüthige hob kurz vor seinem Tobe (1248) die Todte Hand in allen seinen Besitzungen auf. Seit Heinrich II. nannten sich die Herzöge von Nieder-L. nach Brabant, dem Haupttheil ihrer Besitzungen, Herzöge von Brabant, daher ist die fernere Geschichte Nieder-L-s unter Brabant erzählt. Philipp I., welcher 1427–1429 (1430) regierte, war der letzte Herzog von Nieder-L.; er starb ohne Erben, u. das Land fiel an Burgund.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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