Lucca, bei den Römern

Lucca, bei den Römern

Lucca, bei den Römern, ist eine der ältesten Städte in Oberitalien u. gehörte zu Ligurien; sie lag am Fuße des Apenninus u. am Flusse Ausus. Seit 178 v. Chr. Colonie der Römer, wurde es seit der Zeit des Augustus zu Etrurien, später zu Gallia cisalpina gerechnet. Cäsar hielt hier während des Gallischen Krieges, 56 v. Chr., Winterquartiere, wo er sein Bündniß mit Crassus u. Pompejus erneuerte. Das alte Amphitheater ist noch fast vollständig erhalten. Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches erfuhr L. gleiche Veränderungen mit Genua u. anderen Landschaften Italiens. 550 eroberten es die Gothen unter Totila, denen es nachher die Byzantiner unter Narses nach siebenmonatlicher Belagerung wieder abnahmen. Es gehörte nach der Eroberung Tusciens durch die Longobarden zu dem königlichen Tuscien u. hatte[564] eigene Grafen, die unter den oberitalischen Grafen die mächtigsten waren, wie sie denn auch nachher mit Bonifacius I. od. Adalbero I. Herzöge von Toscana wurden, s.u. Toscana (Gesch.). L. kam dann an das Königreich Italien u. mit diesem an das Deutsche Reich, von dem es sich aber schon im Lombardischen Städtebund u. noch mehr zur Zeit des großen Interregnums zu befreien suchte; bes. seit 1120 fing es an sich zur Republik zu bilden u. erkaufte sich unter Rudolf I. 1288 die Befreiung von dem kaiserlichen Statthalter. 1213 begab es sich unter die Schutzherrschaft des Königs Robert von Neapel, welcher Vicarien hier einsetzte. Doch vermochten diese wenig, da die Familie Castruccio seit der Vertreibung des Uguccione della Faggiuolo, welcher 1314 L. erobert hatte. 1316 an der Spitze des Staates stand. Seit 1322 waren die Luccheser die siegreiche Partei gegen Florenz u. Pistoja. Der Admiral Castruccio Lastracani, der Held von L. u. die Seele aller bisherigen Großthaten u. Siege des Staates, welcher L. auch auf die Seite der Ghibellinen brachte, wurde durch den Zug des Kaisers Ludwig nach Italien noch mächtiger, der Kaiser machte diesen, seinen getreuen Anhänger 1328 zum Herzog von L. u. schlug zu seinem Gebiete große Stücke von Florenz u. Pisa. Als Castruccio starb, folgten seine Söhne nicht als Herzöge, sondern L. wurde wieder Republik, u. der Kaiser setzte den Grafen Burkart (von den Italienern Comte Porcaro genannt) als Gouverneur ein. Aber nach Kurzem verlausten die deutschen Söldner, welche sich L-s bemächtigt hatten, um sich wegen ihres rückständigen Solds bezahlt zu machen, die Herzogswürde an den Genuesen Gerardo Spinola für 30,000 Ducaten. Dieser regierte mild, da er sich aber der Florentiner nicht erwehren konnte, so übergab er 1331 dem König Johann von Böhmen die Schutzherrschaft über L. Johann versetzte L. um 35,000 Ducaten an das Haus Rossi in Parma. Als er von dem Städtebund geschlagen u. vertrieben worden war, wurde L. von den Siegern, unter pisauischer Oberhoheit, 1335 dem Mastino della Scala, Herrn von Verona, übergeben, worüber dieser mit Florenz zerfiel, welchem Staate von dem Bunde L. zugesagt war. Erst 1339 wurde Friede geschlossen u. den Florentinern ein Stück Gebiet abgetreten. 1388 machte sich L., bei der Anwesenheit des Kaisers Karl IV. von Pisa unabhängig u. erkaufte 1370 vom Kaiser Karl IV. seine Freiheit um 25,000 Goldgulden. Bald aber schloß es sich wieder an Pisa an, um sich gegen Florenz zu halten. Inzwischen hatte Johann Galeazzo von Mailand die Schutzherrschaft über L. erhalten; nach seinem Tode 1402 warf sich Paolo Guiniti zum Herrn auf, er wurde aber im Kriege mit den Florentinern von diesen u. dem mit ihnen verbundenen Maria Visconti von Mailand gefangen, u. Letzter nahm L. für sich. Durch Nicolo Piccinino erwarb L. 1430 seine Freiheit wieder. L. behielt bei den Veränderungen, welche Italien erschütterten, seine Verfassung als aristokratische Republik unter der Regierung eines Oberhauptes (Gonsaloniere) u. eines aus Bürgern erwählten Senates, bis es in der französischen Zeit zum Königreich Etrurien geschlagen, dann 1805 an Elisa, der Schwester Napoleons u. Gemahlin des Fürsten Felix Bacciochi, geschenkt wurde, welche daher auch Herzogin von L. hieß. 1815 wurde es von den Österreichern besetzt u. durch den Wiener Congreß der ehemaligen Königin von Etrurien, Infantin Marie Luise, einer Tochter des Königs Karl IV. von Spanien, u. deren Kindern unter dem Titel eines Herzogtums, mit völliger Souveränetät überlassen. Da in Folge des Congresses die Erzherzogin Marie Luise, zweite Gemahlin des Kaisers Napoleon, nebst Piacenza u. Guastalla auch Parma erhalten hatte, so sollte nämlich die Infantin Maria Luise u. deren Sohn Karl Ludwig von Bourbon, Neffe u. rechtmäßiger Erbe des letzten Herzogs von Parma, das Herzogthum L. bis dahin erhalten, wo diese beiden letzteren nach dem Tode der ehemaligen Kaiserin zum Besitz von Parma gelangen würden, worauf L. an Toscana fallen sollte; wogegen, wenn Karl Ludwig ohne Erben sterben würde, Parma an Österreich u. Piacenza an Piemont gelangen sollte. Unter diesen Bestimmungen übernahm die Infantin Maria Luise 1818 die Regierung u. führte dieselbe bis zu ihres Sohnes Volljährigkeit 1819. Wie unter seiner Mutter, welche am 13. März 1824 starb, so erfreute sich das Land auch unter Herzog Karl (s.d. 89) ungetrübter Ruhe. Der Herzog selbst lebte meist außer Landes auf Reisen. Auch die verhängnißvollen Jahre 1830 u. 1831 gingen an dem Lande ruhig vorüber, u. als die Minister, wie in den benachbarten Staaten so auch hier politische Untersuchungen anstellen wollten, ertheilte der Herzog am 26. August 1833 eine Amnestie, wodurch die Ruhe auch ferner erhalten wurde. Die Aufregung des Jahres 1840 theilte sich, wie anderen italienischen Völkern, so auch den Lucchesen mit, u. bes. war die fortwährende Finanznoth des Herzogs u. der dadurch erzeugte Mangel an Ordnung in der Verwaltung des Staatsschatzes der Gegenstand lauter klagen, welche sich bes. gegen die Persönlichkeit des derzeitigen Finanzministers, Ward, eines geborenen Engländers von niederem Stande, richteten. Als sich nach dem Auftreten des Papstes Pius IX., 1846 ganz Italien in nationaler Begeisterung erhob u. für Verwirklichung der Idee thätig wurde, Italien in eine Gesammtheit zu verschmelzen, nahm die Aufregung auch in L. bald einen sehr entschiedenen u. ernsten Charakter an, wogegen sich der Herzog bestimmt weigerte, den Wünschen des Volles, Errichtung einer Bürgergarde, Freilassung der Gefangenen u. Gewährung von Preßfreiheit, irgend welche Concession zu machen Darüber kam es endlich am 31. August zum Aufruhr, worauf der Herzog einer am 1. Sept. an ihn gesandten Deputation des Staatsraths alle Reformen verhieß, welche in Toscana gegeben wären od. noch gegeben werden würden. Aber bereits am 15. Sept. verließ er das Land, ging mit seiner Familie nach Modena u. entsagte in einem am 7. Oct. erscheinenden officiellen Abdicationsdecret der Regierung, u. das Herzogthum L. wurde mit Toscana vereinigt. Herzog Karl stipulirte sich, bis zur einstigen Besitznahme von Parma, die Fortführung des Titels als Herzog von L. u. eine monatliche Apanage von 60,000 Lire von Toscana. Der Großherzog von Toscana ergriff am 11. Oct. durch den Marquis Rinuccini Besitz von dem Lande. Seitdem bildet L. einen integrirenden Theil Toscana's; vgl. Mazzaroso, Storia di L., Lucca 1833.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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