Luxemburg [1]

Luxemburg [1]

Luxemburg (Lützelburg), ehemaliges Herzogthum, seit 1839 getheilt in das deutsche Großherzogthum L. u. die belgische Provinz L. A) Deutsches Großherzogthum, grenzt östlich u. nördlichan Rheinpreußen, südlich an das französische Departement der Mosel, westlich an Belgisch Luremburg, 46,6 QM. mit 196,000 katholischen Einwohnern, welche meist Ackerbau (an der Mosel auch Weinbau) u. Viehzucht treiben. Das Land ist bergig, waldig, aber doch zu großem Theil fruchtbar. Die Hauptflüsse sind die Sure (Saur) mit ihren Nebenflüssen Vilz, Alzette (Alziz), die Ostgrenze bildet die Our, Nebenfluß[634] der Sure u. die Mosel. L. enthält die Städte: Luxemburg, Echternach, Grevenmacher, Remich, Diekirch, Vianden, Wiltz, Esch an der Alzig u. 112 Gemeinden. Das Land genießt repräsentativer Einrichtungen in Gemäßheit der 1857 vom König-Großherzog gewährten Verfassung; die executive Gewalt wird im Namen des Königs von einem Stellvertreter (seit Februar 1850 der Prinz Heinrich, Bruder des Königs) gehandhabt, welchem zwei bis drei Generaldirectoren zur Seite stehen. Die Gesetzgebung ist einer Deputirtenkammer überlassen. Der Staat gehört zum Deutschen Zollverein. Die Einnahmen u. Ausgaben belaufen sich durchschnittlich auf 3 Mill. Franken. Auf dem Bundestage nimmt L. die elfte Stelle ein, führt in Pleno drei Stimmen u. stellt mit Limburg zum achten Armeecorps 2706 Mann. Die Sprache des Volks ist die Deutsche, in höheren Kreisen herrscht die Französische vor; die amtlichen Sachen werden in beiden Sprachen veröffentlicht; Hauptstadt: Luxemburg. B) Belgische Provinz, 80,50 QM.; grenzt östlich an das Großherzogthum L., südlich an Frankreich, westlich an die Provinz Namur u. nördlich an die Provinz Lüttich; meist waldiges Hochland von tiefen Thälern unterbrochen; von den 441,704 Hectaren sind 139,100 mit Wald bedeckt, 150,460 dem Ackerbau gewidmet, das Übrige unfruchtbares Moor- u. Haideland; wenig Industrie (doch etwas Eisenbau). Eine große Entwicklung in landwirthschaftlicher u. industrieller Hinficht steht der Provinz bevor durch die seit 1858 vollendete Eisenbahnverbindung (die Linie Namur-Arlon-Luxemburg) mit den übrigen Provinzen des Landes (seit Oct. 1859 auch mit dem Großherzogthum). Während für ganz Belgien 154 Menschen auf 100 Hectaren zu stehen kommen, bietet L. deren nur 44. Die Provinz wird von dem Ardennergebirge durchzogen (höchster Punkt etwas über 500 Meter); Flüsse: Ourthe, schiffbar von Laroche an, Semoy, fließt nach Westen, u. Lesse, alle drei der Maas zuströmend. Die Provinz liefert hauptsächlich viel Kartoffeln, Wild (wilde Schweine, Wölfe u. Hirsche), die kleinen kräftigen Ardennerpferde, Hammel u. Schweine (Ardenner Schinken); der Viehhandel ist fast der bedeutendste, welcher betrieben wird. Die Einwohnerzahl betrug 1859: 173,263 Ew. Die Provinz zerfällt in die Arrondissements: Arlon, Bastogne, Marche, Neufchateau u. Virton. Hauptstadt: Arlon.

Luxemburg bezeichnete ursprünglich das Gebiet der alten Burg Lucelinburg (im Mittelalter Lützelburg). Letztere ging 963 durch Tausch in den Besitz des Grafen Siegfried von den Ardennen über, dessen Nachkommen nach 1120 sich Grafen von L. nannten. Als der Letzte dieses Stammes, Konrad II., 1136 gestorben war, erbte das Land dessen Muhme Hermefinde, verheirathet an den Grafen Gottfried von Namur; ihr folgten ihr Sohn Heinrich I. der Blinde, Graf von Namur u. Luxemburg, st. 1196; dessen zweiter Schwiegersohn Waleram, Graf von Limburg u. Marquis von Arlon, st. 1226; dessen Sohn Heinrich II. st. 1274; Heinrich III., st. 1288 in der Schlacht bei Worringen, Heinrich IV. (als deutscher Kaiser Heinrich VII.), st. 1313, Johann der Blinde, König von Böhmen, starb in der Schlacht bei Crecy 1346, dessen Sohn Karl (als deutscher Kaiser Karl IV.) 1354 L. zu Gunsten seines Bruders. Wenceslas zum Herzogthum erhob. Dieser hinterließ das Land seinem Neffen Wenzel, welcher dei älteste Sohn des Kaisers Karl IV. war u. 1378 selst zum Kaiser erwählt wurde. Von ihm wurde das Herzogthum (mit welchem seit 1364 auch die Grafschaft Chiny verbunden wurde) 1388 seinem Vetter, dem Markgrafen von Mähren verpfändet; 1409 ging es ebenfalls unterpfändlich über an Elisabeth von Görlitz, Wenzels Muhme, welche letztere, durch die Umstände gedrängt, ihre Rechte an den Herzog Philipp den Guten von Burgund abtrat, welcher 1451 das Land in Besitz nahm. Seitdem ist die Geschichte L-s mit der der übrigen niederländischen Provinzen verflochten. Im Pyrenäischen Frieden 1659 ging ein Theil des Herzogthums Thionville, Montmedy etc. an Frankreich verloren. Unter französischer Herrschaft 1797–1815 bildete es das Departement des Forêts. Der Wiener Congreß erhob L. zu einem besonderen deutschen Bundesstaat, unter dem Namen eines Großherzogthums, unter dem Scepter des Königs der Niederlande, u. die Stadt L. wurde zur deutschen Bundesfestung erklärt. Die östliche Grenzlinie des Großherzogthums folgte dem Laufe der Mosel bis zur Mündung der Sure, dann aufwärts dem letzteren Flusse bis zur Mündung der Our, endlich dem Laufe der Our bis zur Grenze des ehemaligen Cantons St. Böth, welcher an Preußen kam. Vereinigt mit L. wurde damals ein Theil des Herzogthums Bouillon u. des Landes Lüttich. Bei der Belgischen Revolution von 1830 schloß sich L. der Bewegung an u. verblieb mit Ausnahme des Festungsrayon bei Belgien dis 1839, wo die bereits 1831 beschlossene Lostrennung des wallonischen Theiles des Großherzogthums zu Gunsten Belgiens, gegen Abtretung eines gleich großen Stückes von Limburg an die Niederlande endlich von beiden kriegführenden Parteien angenommen wurde. Nachdem 1840 König Wilhelm I. abgedankt u. Wilhelm II. den niederländischen Thron bestigen hatte, octroyirte er 12. Oct. 1841 eine ständische Verfassung für L. Am 1. April 1842 schloß sich das Großherzogthum L. dem Zollverein an.1848 wurde die Verfassung abgeändert (vom 25. April bis 23. Juni von der Ständeversammlung berathen, am 9. Juli im Haag sanctionirt u. 10. Juli beschworen) u. der belgischen Constitution ziemlich ähnlich (mit Einkammersystem) nachgebildet. Am 17. März 1849 starb König Wilhelm II., sein Nachfolger Wilhelm III. verweigerte den Eid auf die luxemburger Verfassung u. ernannte im Febr. 1850 seinen Bruder, den Prinzen Heinrich, zum Statthalter von L. Von da an entspann sich ein fortwährender Kampf zwischen Volksvertretung u. Regierung; im Sommer 1854 wurde die Kammer aufgelöst, die Regierung erhielt bei den Neuwahlen zwar die Majorität, vertagte aber nichts destoweniger nach manchen Kämpfen mit der parlamentarischen Opposition die Kammer am 20. Nov. 1856 u. octroyirte, da das in der Constitution vorherr schende demokratische Princip nicht mit der deutschen Bundesverfassung u. den alten u. neuern Bundesbeschlüssen (23. Aug. 1851) vereinbar sei, am 1. Dec. 1856 eine neue Verfassung, das Einkammersystem wurde darin zwar beibehalten, der Kammer selbst blieb jedoch kaum etwas anderes als das Recht der Registratur des ministeriellen Willens. Da die Regierung bei den Neuwahlen im Herbst 1857 in der Minorität blieb, so octroyirte sie am 17. Nov. 1857 auch ein neues Wahlgesetz, wonach die Gemeinderäthe den einzigen Wahlkörper des Landes[635] bilden. Das Nähere s.u. Niederlande (Gesch.). Vgl. E. Münch, Das Großherzogthum L., Braunschweig 1831.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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