Parforcejagd

Parforcejagd

Parforcejagd, (Forciren), ein Jagen, wo man das Wild durch weniger schnelle (als das Wild) Hunde u. Jäger zu Pferde so lange verfolgt, bis es erschöpft, nicht weiter fliehen u. mit Hirschfänger, Büchse od. Pistol erlegt werden kann; unterscheidet sich also vom eigentlichen Hetzen dadurch, daß man bei diesem das Wild mit schnelleren (als das Wild) Hunden einholen u. fest machen läßt. Die P., sonst gewöhnlich im März u. April u. vom August bis November geübt, stammt durch Frankreich (daher Französische Jagd) aus dem Orient (Persien, Tartarei), war schon zu Karls des Großen Zeit in Deutschland bekannt u. wurde nur von den Franzosen verbessert u. ausgebildet; hat den St. Hubertus zum Schutzpatron, weshalb ihr zu Ehren das St. Hubertusfest, am 3. Nov. als Schluß gefeiert ward, ist aber jetzt fast allenthalben abgekommen. Sie wurde vorzüglich auf Hirsche, seltener auf Schweine angewendet. Das Ansprechen der Hirsche nach französischer Manier weicht dabei von der deutschen ganz ab, man nennt einen Hirsch mit dem zweiten, dritten, vierten Gehörn einen Hirsch vom zweiten, dritten, vierten Kopfe, mit dem fünften Gehörn schlecht jagdbar, mit dem sechsten jagdbar, mit dem siebenten od. achten Gehörn vom zweiten, dritten Kopf jagdbar etc. Die Gegend muß zur P. mehr eben, die Waldungen von Wiesen, Feldern u. Kreuzalleen durchschnitten sein. Zur Einrichtung einer P. od. völligen Jagdequipage gehörte ein starkes Personal, 1 Commandant, 1 Jagdjunker (auch Vicecommandant), 1 Jagdpage als steter Begleiter des Jagdherrn, 1 Oberjäger, Ober- od. Erzpiqueur. 3–4 Piqueurs, 3–4 Besuchknechte (hirsch- u. fährtengerechte Jäger), 1 Hundewärter mit etwa 6 Burschen u. 1 Magd, 1 Bereiter, 1 Sattelknecht, 1 Sattler od. Riemer, 1 Schmied, 1 Sporer, 28 Pferdeknechte, ferner 65–76 Pferde u. eine starke Meute von 80–150 Stück Parforcehunden (s.d.). Nach geschehenem feierlichen Auszuge der Jäger, wo dieselben in leichter u. bequemer Parforceuniform, von auffallender Farbe (oft roth), denn sie sollen gesehen werden, erscheinen, mit den Parforcepferden (s.d. unter Pferd) u. nach geschehenem Zusammentreffen auf dem Rendezvous werden vorerst 3–4 Relais von frischen Parforcehunden u. frischen Pferden, jedes zu 3–6 Kuppel Hunden, auf den gewöhnlichen Wechseln der Hirsche aufgestellt. Der Jagd vorher geht das Vorsuchen od. Bestätigen (s.b.) des Hirsches durch den Leithund u. ein Frühstück. Sobald dies geschehen ist, müssen die Piqueurs u. Besuchknechte zu Pferde steigen u., ihre Meute zwischen sich, vorausziehen; ihnen folgt der Jagdherr u. die hohen Herrschaften nach dem Orte, wo der Hirsch bestätigt ist u. der Leithundführer wartet. Dieser Ort wird nun dicht mit Jägern u. Reitern umstellt, u. darauf begeben sich einige Piqueurs u. Besuchknechte mit den Lancirhunden auf die Stelle, wo der Hirsch verbrochen ist, lösen die Koppel, u. die Hunde jagen nun den Hirsch auf (lanciren ihn). Sobald der Hirsch gesehen wird, ruft der nächste Piqueur Tayaut, Tayaut (Tajo), welchen Ruf er stets wiederholt, wenn er den Hirsch erblickt, verbricht ihn u. nimmt die Lancirhunde ab, um nun die Meute auf die Fährte zu setzen. Erscheinen mehre Hirsche od. Thiere, so reiten gleich Piqueurs od. andere Jäger zwischen das Rudel (carabiniren es) u. sprengen den rechten Hirsch ab. Die Meute, auf die Fährte gebracht u. laut bellend, u. die Jagd zu Pferde folgen nun dem Hirsch. Jäger müssen den Hunden beständig folgen, auch wohl dem Hirsche vorauseilen, um, wenn die Meute die Fährte verloren hat, den Hirsch wieder zu lanciren, od., wenn sich die Meute vereinzelt hat, zu stopfen, d.h. die vorderen Hunde (den Kopf) durch das Schwingen der Peitsche anzuhalten, bis die hinteren (der Schwanz) nachgekommen sind. Die schnellsten Hunde bekommen auch wohl ein Stück Tuch od. einen Riemen (Cravate) angehängt, um ihren Lauf zu hemmen. Auch wenn die Hunde Change gemacht, d.h. ein anderes Stück Wild angenommen haben, müssen sie durch Klatschen mit der Peitsche u. den Ruf Hay! Hay! zurückgetrieben werden. Macht der Hirsch einen Wiedergang, d.h. geht er ein kleines Stück auf seine Fährte zurück, um dann seitwärts auszubiegen (Retouren), was meist nach derselben Seite geschieht, wie beim ersten Male, u. verfährt sich die Meute, wie gewöhnlich, so wird gestopft u. den Hunden Hourvari zugerufen, welchen Ruf man unter gleichzeitigem Blasen wiederholt, sobald man die Fährte wiedergefunden hat. Zuweilen verliert die Meute die Fährte u. der Hirsch entkommt in ein Dickicht, dann relancirt man ihn ganz auf die Art, wie bei dem Lanciren oben gesagt ist. Trifft man auf einen Wechsel u. auf das daselbst aufgestellte Relais, so wird die Jagd gestopft, die dortigen Hunde losgelassen u. die Meute so verstärkt. Ist der Hirsch endlich ganz ermüdet, was bei einem sehr feisten Hirsche in 1/2 Stunde, gewöhnlich in 2, auch erst in 6–8 Stunden erfolgt, so flieht er nicht mehr, sondern stellt sich gegen die Hunde. Jetzt versammeln sich die Jäger, um das Halali (so nennt man auch das besondere Hornsignal,[678] welches dabei geblasen wird) zu machen u. dem Hirsche den Fang zu geben, welches gewöhnlich der Herr der Jagd od. eine andere vornehme Person verrichtet. Hierbei muß jeder Jäger den Hirschfänger 2 Zoll aus der Scheide ziehen (lüften), sonst bekommt er das Waidmesser. Ist der Hirsch noch so böse, daß er Hunde spießt u. Menschen annimmt, so schleicht sich ein Jäger von hinten an denselben, um ihm die Hessen der Hinterläufte zu zerhauen. Nur wenn der Hirsch in das Wasser gegangen ist u. nicht wieder heraus will, wird er vom Jagdherrn mit einer Kugel auf den Kopf geschossen. Ist der Hirsch erlegt, so wird dem Jagdherrn der Ehrenlauf (d.h. der rechte Vorderlauf, über welchem noch 5–6 Zoll von der Haut über dem Knie sitzen bleiben, durch welche ein Schlitz gemacht ist, so daß das andere Hautende einigemal durchgesteckt werden u. der Jagdherr ihn an den Hirschfänger hängen kann) überreicht u. hierauf Curée gemacht (Genuß gegeben), d.h. der Hirsch wird aufgebrochen u. zerwirkt u. vorerst einem Jeden sein Jägerrecht (den Piqueurs Braten u. Keulen, den Besuchknechten Flanken, Mehr- u. Kehlbraten, Zunge u. Herz, Unschlitt u. Haut beiden) zugetheilt, über alles übrige aber die Haut geschlagen. Nun nimmt ein Piqueur den Kopf mit dem Gehörn, zeigt ihn unter Drehen u. Winken den Hunden u. wenn dieselben recht munter u. laut sind, werden sie unter schnellem Wegziehen der Haut an die Hirschüberreste herangelassen, welche in der Geschwindigkeit aufgezehrt sind. Im Anschießen der Hunde wird ihnen zugerufen: Halali, auch bläst man fleißig dazu u. carressirt die Hunde, bes. die jüngeren, worauf dann feierlich mit aufgestecktem Bruche nach Hause gezogen wird. Mit den Jagdhörnern werden die Hunde aufgemuntert, auch den Jägern über den Gang der Jagd allerlei Zeichen gegeben. Hierzu wurden in eigenen Jagdposten Zeichen gegeben, deren manche schon genannt sind; andere sind; Bat l'eau, wenn der Hirsch ins Wasser geht, der Sort de l'eau, wenn er es verläßt, der Fürstenruf, um fürstlichen Personen zu bezeichnen, wohin die Jagd sich wendet, etc. Die P. ist sehr kostspielig, da eine sehr bedeutende Zahl Pferde u. ein so großes Personal (Jagdequipage) dazu unterhalten werden muß (s. oben); auch ist die Unterhaltung der Meute sehr kostspielig. Der nöthige große Wildstand u. die Verheerung der Fluren schaden dem Forst- u. Landbau; das Fleisch von dem forcirten Wilde kann größtentheils nicht gegessen werden, u. die Art das Wild zu erlangen ist grausam. Die P. auf kleineres Wild ist mehr ein eigentliches Hetzen, Hafen u. Füchse werden dabei bisweilen nur mit der Hetzpeitsche getödtet. Vgl. Trainiren.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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