Pegu

Pegu

Pegu, 1) früher ein Königreich, seit 1852 eine britische Provinz in Hinterindien, ist begrenzt im Norden von dem Birmanischen Gebiete, in Osten vom Flusse Sitang, welcher es von Tenasserim scheidet, im Süden vom Bengalischen Golf, in Westen ebenfalls vom Bengalischen Golf u. vom Yomadoung-Gebirge, welches die Grenzscheide gegen Arrakan bildet. P. hat ein Areal von 32,300 engl. od. 1527 geogr. QM., gehört zum Stromgebiet des Irawaddy u. ist bis auf die westlichen Theile durchaus ein Niederungsland, welches zur Hälfte durch das Delta des Irawaddy gebildet wird, von zahllosen Stromärmen durchschnitten ist u. in einer mit Wald- u. Rohrdickigten bedeckten[781] sumpfigen Niederung besteht. Die anbaufähigen Theile der letzteren sind sehr fruchtbar; der Hauptreichthum der Provinz besteht in dem Tekholz; es gibt Tiger, Elephanten u. andere wilde Thiere der übrigen indischen Länder; in den höheren Landestheilen Eisen u. Blei, Saphire u. Rubine. Die Zahl der Einwohner war 1858 840,203. Den Kern derselben bildet ein Volk birmanischen Stammes, welches sich selbst Mon nennt, von den Birmanen aber, deren Viele eingewandert sind, Talain genannt wird; sie sind zwar von hellerer Farbe u. von milderen Sitten als ihre Unterdrücker, gehören jedoch zu einem u. demselben Völkerstamme u. haben sich auch schon vielfach mit denselben verschmolzen. Birmanen wie Talain bekennen sich zum Buddhismus. Die Talain sprechen eine dem Birmanischen verwandte Sprache u. bedienen sich auch einer der birmanischen ähnlichen Schrift; ihre Literatur, wenn auch in der Hauptsache buddhistisch, steht an Reichthum der der Nachbarvölker nicht nach, ist aber in Europa noch gar nicht bekannt. Münzen, Maße u. Gewichte: Man rechnet in P. u. der Hauptstadt Rangun nach Ticals zu 4 Mattis od. 8 Moos od. 16 Tubees (Toques), 191/4–20 Ticals = 1 seine Mark Silber, 1 Tical = 21 Sgr. preuß. Cour.; die Ticals sind Silberstücke zu 250 engl. Grän od. 16,198 franz. Gramm; nach anderen Angaben ist der Tical von P. noch besser, 160 Ticals = 100 spanische Piaster, 1 Tical also 27 Sgr. 11/2 Pf.; eine andere Münze aus Blei, Kupfer u. Zinn gemischt, heißt Ganza, sie gilt ungefähr 1 Sgr. od. darüber, nach dem größeren od. geringeren Begehr. Längenmaße: der Taim (Elle) hat 18 Palgats (Paulgauts) od. engl. Zoll; die königliche Elle Sandang (Saundaung) hat 22 Zoll, kann aber vom König willkürlich geändert werden. Die Meile, Dain, hat 1000 Dhas, 281/2 Dains auf den Grad des Äquators; der Dha, Tha od. Bambuh hält 7 königliche Ellen; Hohlmaße sind der Ten à 4 Saits à 2 Sarots à 2 Pyis à 4 Salés à 2 Lamés à 2 Lamyets, 1 Ten od. Korb geschälter Reiß wiegt 58 engl. Pfund Avdps. Auch gilt der obige Tical (Kyat) als Gold- u. Silbergewicht, 100 Tical = 1 Vis od. Paiktha, 1 Tical = 41/2 Pagoden od. 15,377 Gramm, als Handelsgewicht hat er aber 16,5563 Gramm u. ist getheilt in 4 Math's à 2 Mus à 2 Bais à 4 große Rwés à 2 kleine Rwés; der Paiktha od. Vis ist 1,65563 Kilogr. od. 3,65 engl. Pfund; der Candy hat 150 Vis u. wird zu 500 engl. Pfd. od. 226,8 Kilogr. angenommen. In administrativer Beziehung zerfällt die Provinz P. in die sechs Districte: Rangoon (450 geogr. QM. mit 137,130 Ew.); Bassein (405 QM. mit 128,189 Ew.); Prome (250 QM. mit 100,000 Ew.); Henzadee (100 QM. mit 103,775 Ew.); Toungoo (180 QM. mit 34,957 Ew.); Tharawaddy (89 QM. mit 66,129 Ew.). Sitz des Gouverneurs, welcher Bengalen untergeordnet ist, ist Rangoon; außerdem sind als bedeutende Handelsplätze. Bassein u. Prome zu nennen. P. ist sehr gut verwaltet worden u. hat bereits einen ansehnlichen Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben geliefert. 2) Stadt darin am Küstenflusse gleiches Namens, welcher mit einem Arme des Irawaddy in Verbindung steht u. unweit Rangoon mündet, einst Hauptstadt des Reichs u. zählte damals 159,000 Ew.; von Alompra 1575 völlig zerstört, wurde es 1790 wieder aufgebaut, zählt aber nur 7–8000 Ew., meist Priester u. Arme. Die Stadt, obgleich immer Sitz eines birmanischen Gouverneurs, besteht fast nur aus Bambusrohrhäusern. Am merkwürdigsten ist der Schomadu, d.i. goldenes Heiligthum, ein Tempel des Gaudema (Buddha).

Das Reich Pegu soll um 1100 von einem König, welcher über das Meer kam, gestiftet worden sein. Dessen Nachkommen erweiterten das Reich so, daß Bressapukan, welcher 1518 den Thron bestieg, neun Königreiche (unter diesen auch Ava u. Birma) beherrschte, u. damals jeder Statthalter dieser Reiche davon 3 Mill. Rupien Goldes Einkünfte hatte. Er wurde von den Arbeitern, welche Ava zu seinen Bauten stellen mußte, 1539 ermordet. Das Reich zerfiel nach seinem Tode in mehrere Parteien, u. Para Mandara, König von Birma, benutzte dies, um sich nicht nur zu befreien, sondern auch das Reich P. zu unterjochen. Er eroberte dazu Martaban, Prome, Ava u. ward von einem seiner Statthalter ermordet, welcher hierauf König ward. Madaregri unterjochte Siam, Laos u. mehre Reiche. Auch diese Reiche machten sich wieder unabhängig, u. 1596 ward sogar die Hauptstadt P. von Tungu, welcher den Arrakanern gegen P. beistand, erobert, u. das Reich kam in die Hände des Königs von Arrakan, dem es um 1613 der von Ava wieder abnahm. Um diese Zeit war auch der Portugiese Philipp de Brito einmal eine Zeit lang in P. König u. verwaltete das Reich für Portugal, wurde aber von dem König von Ava gefangen u. hingerichtet. Bis 1740 blieb nun P. eine Provinz von Ava, riß sich dann los u. unterwarf sich bald die benachbarten Länder, selbst Ava. Schon 1753 empörte sich jedoch der Birmane Alompra, nahm die Hauptstadt Ava u. 1757 auch P. ein, u. seitdem stand P. als Provinz unter der Herrschaft der Birmanenkaiser. In dem ersten birmanischen Kriege war P. der Hauptschauplatz des Kriegs: im zweiten (1852) ward Rangoon am 14. April 1852 von den Briten, bald darauf die Hafenstadt Bassein, am 3. Juni die Stadt P. selbst, wo die Birmanen ihre Hauptmagazine angelegt hatten, u. am 7. Juli, sowie nachmals am 9. u. 10. Octbr., die Stadt Prome erobert. Die Stadt P. wurde vorläufig zwar aufgegeben u. von den Birmanen wieder besetzt, aber am 21. November abermals erstürmt u. 20. Dec. 1852 nebst der ganzen Provinz dem Indobritischen Reiche einverleibt (s. Birma).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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