Persephŏne

Persephŏne

Persephŏne (Persephonīa, Phersephone [d.i. Todbringerin], Proserpina, Deïone, Kore), Tochter des Zeus u. der Demeter. Pluto raubte sie ihrer Mutter; der Ort, wo der Raub geschah, wird verschieden angegeben: Eleusis, Hermione, Nysa in Karien, Heraklea Pontika, Hipponium in Italien, die Gegend bei Syrakus od. am Ätna, bes. bei Enna auf der Insel Sicilien, als P. gerade mit ihren Gespielinnen Blumen pflückte. Als Demeter den letzten Schrei der Tochter hörte, ergriff sie heftigster Schmerz, mit zerrissenem Schleier, fliegendem Haar u. im Trauergewand lief sie über Land u. Meer u. suchte neun Tage lang die geliebte Tochter, bis sie am zehnten Tage von dem allsehenden Helios erfuhr, wo jene sei. Im Gram darüber verbarg sie sich in die stillste Einsamkeit, u. die Folge ihres Zornes war eine allgemeine Unfruchtbarkeit auf dem Erdboden. Deshalb willigte Zeus ein, daß sie ihre Tochter zurückerhalten solle, wenn diese im Hades noch nichts genossen habe. P. hatte aber bereits einen halben Granatapfel gegessen u. mußte daher die Hälfte des Jahres in der Unterwelt bleiben, wo sie Pluto's Gemahlin wurde u. mit demselben das Schattenreich beherrschte; die andere Hälfte verlebte sie auf der Oberwelt bei ihrer Mutter. P. ist das Kind der Erdmutter Demeter, die unzertrennliche Gefährtin derselben, die Freundin des Dionysos, die Gespielin der Nymphen u. der himmlischen Göttinnen, so lange sie der Oberwelt angehört; aber zugleich auch die Gemahlin des Pluto u. Königin der Unterwelt, so lange sie in dieser weilt. Nach diesen entgegengesetzten Beziehungen scheint ihre Bedeutung zu wechseln od. verschieden aufgefaßt zu werden; dieselbe ist durch jenen Vertrag ihrer Mutter mit Zeus u. dessen Vollführung bestimmt, nämlich das im Wechsel der Jahreszeiten kommende u. gehende vegetabilische Leben der Erde u., auf das Allgemeine übertragen, der ewige Wechsel zwischen Leben u. Tod im irdischen Leben überhaupt. Als Herrscherin der Unterwelt an Plutos Seite thronend, ist P. furchtbar u. ernst, die Herrin u. Führerin der schrecklichen Erinnyen, finster u. grausam gegen das Leben, welches zuletzt in das Grab, die Kammer der P., hinabsinkt. P. blieb der Sage nach kinderlos; Spätere erst lassen sie von Hermes drei Kinder gebären, von Pluto (od. von Zeus) den Dionysos Zagreus, von Zeus die Melinoë. Der Cultus der P. in Verbindung mit dem der Demeter u. des Pluto gehört zu den ältesten des griechischen Naturglaubens; auch Herodot führt ihn auf die Pelasger zurück; verehrt wurde sie bes. in Arkadien, Messenien, Lakonika, Sikyon, Korinth, Phlius, Argos, Hermione, Megara, Eleusis, Böotien, Phokis. Lokris, Thessalien, Epirus, auf den griechischen Inseln, in Kleinasien, Sicilien u. Großgriechenland, in Kyzikus hießen ihre Feste Perephattia; auch wurde sie mit ihrer Mutter in den attischen Thesmophorien, in den weitverbreiteten Theogamien u. Anakalypterien, so wie bes. in den Eleusinien (s.d.) gefeiert. Die Verbindung des Pluto u. der P. wurde im Cultus jährlich um die Zeit der Ernte u. der neuen Aussaat als ein geheimnißvolles, aber wohlthätiges Naturereigniß begangen, indem sich die schöpferischen Mächte des Erdbodens von Neuem zu befruchten schienen. Geweiht waren ihr die Waldtauben, auch das Haar der Sterbenden, welches sie selbst od. der Tod abschnitt. Attribute der P. sind: Ähren, Mohn, der Narcissus, bes. der Granatapfel. Abgebildet wird sie streng u. ernst; man sieht sie öfters mit ihrem Gemahl auf einem Throne u. gleich ihm mit einem zweispitzigen Schwerte in der Hand; auf Münzen erscheint sie mit Ähren bekränzt. Der Raub der P. u. das Suchen ihrer Mutter ist auf antiken Vasenbildern, Münzen, Sarkophagreliefs etc. oft dargestellt; Nikomachos malte den Raub. In Rom hatte sie als Proserpina meist griechischen Cultus u. hieß auch Libitina. Den Raub der P. benutzte Claudianus zu dem epischen Gedicht: Raptus Proserpinae. Vgl. Preller, Demeter u. P., Hamb. 1837.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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