Reh [1]

Reh [1]

Reh, mehre Arten aus dem Geschlechte Hirsch. a) Gemeines R. (Cervus capreolus), im Sommer gelb- od. rothbraun, im Winter aschgrau; Unterhals gelb, Bauch schmutzig weißgelb, Hinterbacken im Winter ganz weiß, im Sommer gelbweiß; um den After ein weißer Spiegel. Der Schwanz ist nicht sichtbar; der rundliche Wulst unter dem ersten Gelenk der Hinterläufe heißt Kastanie, die Haut auch Rehfell, die meisten übrigen Jagdausdrücke wie beim Hirsch (s.d.), nur noch Fiepen: Lockruf, welcher sich auf Blättern sehr täuschend nachahmen läßt u. insonderheit während der Brunst sehr beachtet wird. Thränengruben fehlen. Das Männchen (Bock, Rehbock), etwa 4–5 Fuß lang, 3 Fuß hoch, hat einen langen Haarzopf (Pinsel)[938] am Zeugungsgliede u. ein knotiges, zweistängiges Gehörn, das mehre, jedoch selten über drei Zacken auf jeder Stange bekommt u. im Spätherbst abgeworfen, bis April aber wieder ersetzt wird. Ganz jung heißt das Männchen Bockkalb, im ersten Jahre, wenn es aufsetzt (vgl. Gehörn) Spießbock (Schmalbock), im zweiten Gabelbock, später guter, braver Bock. Das Weibchen (Ricke, Geis, Hille, Reh), hat einen schmäleren Kopf, längeren u. dünneren Hals u. schlankeren Leib; es ist von ferne durch den langen, gelblichen Haarbüschel (Wasserzeichen, Schürze) am Geburtsgliede (Feigenblatte) kennbar. Gelte Ricke heißt das weibliche R. dann, wenn es nicht gebrunstet hat. Das Kalb heißt Rehkalb (Kitz), von Martini an, bis es brunftet, Schmalreh. Varietäten: das schwarze, dunkelbraune (schwarze), geschäckte weiße R. Vaterland: in Europa bis Norwegen u. Schweden hinauf, nur in Rußland nicht, u. in Asien von Sibirien bis China, Persien etc. Aufenthalt in Waldungen, bes. in Laubhölzern u. hohen Waldwiesen. Es lebt in Familiengesellschaften von 3 bis 5 Stück (Sprung). Nahrung: Klee, Kraut, Knospen, Blüthen, Laub, junge Rinde u. Zweige (daher auf jungen Schlägen schädlich), Hafer, Erbsen, Bohnenkraut, Eicheln u. Buchen, Beeren etc., in harten Wintern Birkenreißer; sie gehen gern auf Rübsen-, Raps- u. andere Saatfelder. Die Brunstzeit (Blattzeit, s. oben Fiepen) soll eine falsche u. wahre sein; jene, wo die Begattung geübt, aber die Ricke angeblich nicht befruchtet wird, fällt von Mitte Juli bis Mitte August, diese im November u. December. Beobachtungen an eingesperrten Rehen u. physiologische Untersuchungen haben aber außer Zweifel gestellt, daß die Brunst im Juli u. August die wahre ist, u. daß unbefruchtet gebliebene Rehe im November u. December vielleicht nochmals brunsten. Der Bock jagt in der angeblich falschen Brunst das R. (er treibt), folgt dem Tone des Fiepens sehr eifrig, d.h. läuft od. springt aufs Blatt, u. kämpft oft auf dem Treibplatz mit seinem Nebenbuhler auf Leben u. Tod. Die Ricke trägt 9 Monate u. setzt im Mai u. Juni 1–2 Junge an einem einsamen Orte; nach acht bis zehn Tagen gehen diese mit der Mutter u. saugen vier bis fünf Monate. Eigen ist das Schrecken od. Schmälen des Rehes, wo sie erschreckt u. überrascht einen bellenden Laut von sich geben; nach dem Schuß ist es das sicherste Zeichen, daß man gefehlt hat; sonst gibt das R. nur jenen schwachen Laut des Fiepens von sich. Beim Anschuß od. ergriffen gibt das R. auch häufig einen schreienden Laut, klagt. Krankheiten: Knotenkrankheit, Auszehrung, Ruhr, Leberfäule, Engerlinge; Feinde: Füchse, wilde Katzen u. das große Wiesel. Jagd: beim Bürschgehen, auf dem. Anstand u. bei Treibjagen wird das R. gewöhnlich, auch von Jakobi bis August aufs Blatten (s.d.) geschossen. Es gehört zuweilen zur hohen Jagd, mehr zur Mitteljagd u. wird mit der Büchse u. Flinte erlegt. Über die Fährte s. Spur. Das Wildpret ist zart u. wohlschmeckend, vorzüglich der Rücken (Rehzimmer) u. die Hinterkeulen (Rehschlägel). Das Fleisch wird meist gebraten, doch auch gedämpft od. gekocht gegessen. b) Tatarrch (Cervus pygargus), mit zackigerem Geweih, längerem Haar; an den Wolgasteppen; c) Muntschak (Indisches R., C. Muntjak), mit Schwanz, Thränenhöhlen, tief gegabelten Geweihen; auf Java u. Ceylon.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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