Reliquien

Reliquien

Reliquien (v. lat.), 1) Überbleibsel von berühmten Personen der Vorzeit od. Gegenstände, welche mit denselben in nächster Berührung gestanden hatten, wie deren so viele in Museen u. Privatsammlungen aufbewahrt werden; 2) in der Katholischen Kirche Überreste von heiligen Personen u. von Dingen, welche von diesen herrühren, so Gebeine von Aposteln, Märtyrern u. sonstigen Heiligen, Kleidungsstücke, Marterwerkzeuge etc., welche sorgfältig aufbewahrt u. verehrt werden. Nach katholischer Lehre (Conc. Trid. sess. 25) sollen die R. der Profanation entzogen u. in Ehren gehalten werden, wie die Sitte u. die Sitte u. gegen berühmte Personen erheischt.[36] Die R. wurden von frühester Zeit an geehrt. Bei dem Tode eines Märtyrers suchten die Christen selbst mit Lebensgefahr in den Besitz ihrer Gebeine, ihres Blutes, ihrer Asche zu gelangen, wie die Gefährten des St. Polycarp, welche dessen Gebeine aufhoben. In den Zeiten der Verfolgungen wurden solche R. in den Katakomben bei Rom unter einer steinernen Tafel verschlossen, um zum Theil auch im Altare als Grabmal (Sepulcrum) die Grundlage für den Opferkelch zu bilden. Auf diesen Gebrauch stützt sich die spätere Verordnung der Kirche, daß in jedem Altare eine R. von den Gebeinen eines Heiligen eingeschlossen u. mit dem bischöflichen Siegel versehen sein soll. Auch reicht der Gebrauch über den Gräbern der Martyrer Basiliken zu bauen in die ersten Zeiten des Christenthums. Auf die Verehrung der R. machte im 4. Jahrh. Vigilantius den ersten Angriff, gegen welchen sich Hieronymus in einem eigenen Schriftchen der Reliquienverehrung annahm. Im 8. Jahrh. traf der sogenannte Bildersturm auch die R., u. der gegen jenen gerichtete Bannstrahl des zweiten Concils von Nicäa 787 bezog sich auch auf die Gegner der Reliquienverehrung. Die Reformation hat die R. u. deren Verehrung gänzlich verworfen. Eine andere Frage ist es, ob alle R. wirklich echt sind. Es kann nicht geläugnet werden, daß im Mittelalter, bes. nach den Kreuzzügen, mancher Mißbrauch, ja Handel mit denselben getrieben wurde, wogegen sich aber die Kirche energisch erhob u. zuerst im vierten Concil vom Lateran 1215 erklärte, daß ohne Bewilligung des Papstes keine neue R. zur öffentlichen Verehrung ausgesetzt werden dürfe, während das Concil von Trient diese Beaufsichtigung den Bischöfen übertrug. Es ist demgemäß auch nicht Glaubenssatz, daß diese oder jene R. echt sei, u. kein Katholik ist verpflichtet R. zu verehren. Jedes Land hat seinen Nationalheiligen u. sehr häufig auch dessen Gebeine, so wie jede Kirche die eines od. mehrer Heiligen, gewöhnlich des Pfarrpatrons, die meist in goldenen u. silbernen Särgen u. Kästchen mit den kostbarsten Edelsteinen auf den Altären zur Verehrung ausgestellt werden. Solche Behälter heißen Reliquiarien. Legenden u. Urkunden berichten von zahlreichen Wundern, welche durch Berührung der R. geschehen sein sollen, so soll die Sta. Helena, die Mutter Constantins d. Gr., das Kreuz Christi aufgefunden u. von denen der Schächer durch ein Wunder unterschieden haben, indem ein Kranker in Jerusalem mit dem echten Kreuze berührt, gesund wurde. In Deutschland sind die berühmtesten R. der heilige Rock Jesu im Dome zu Trier (s.d.), welcher zuletzt im Jahre 1844 unter Zuströmen einer unermeßlichen Volksmenge ausgestellt wurde (was die Deutschkatholische Bewegung in Deutschland hervorrief) u. die Aachener Heiligthümer (s.u. Aachen 3), welche alle 7 Jahre mit großer Feierlichkeit, zuletzt im Jahre 1860, öffentlich gezeigt werden. Der Besuch solcher Ausstellungen von R. ist mit Ablaßertheilung verbunden.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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