Rosen [1]

Rosen [1]

Rosen, 1) im Allgemeinen alle Arten der Pflanzengattung Rosa (s.d.), da aber diese Arten nicht nur an sich sehr mannigfaltig sind, sondern die ganze Gattung vor andern geneigt ist in ihren Arten durch Verschiedenheit der Cultur u. Bastarderzeugung wieder Spielarten zu liefern, so geht daraus die so große Verschiedenheit der in Gärten cultivirten R. hervor. Bis jetzt kennt man mit den Synonymen 500 Varietäten. Alle R. gedeihen u. blühen am besten im freien Lande, doch gibt es auch viele zärtliche Arten, welche den Winter nicht im Freien aushalten u. deshalb in Töpfen gezogen werden. Sie verlangen geschützten, sonnigen, freien Standort u. kühlen, lockeren, feuchten, guten Lehmboden, welchen man mit Rindsmist gedüngt hat. Das Pflanzen geschieht im Herbst, wenn das Laub welkt, u. im März, das der Topfrosen im April ins Land. Wuchernde Arten werden alle 3–4 Jahre, nachdem sie gehörig beschnitten u. die jungen Triebe auf Augen gekürzt sind, verpflanzt, Das Verschneiden geschieht Anfangs März. Man schneidet alles alte, schwache Holz u. die Ausläufer weg, verkürzt noch 2–6 Augen u. setzt die Sträucher tiefer ein, als sie vorher gestanden haben. Alle 4–5 Jahre müssen die R. versetzt werden. Um hochämmige R. zu erziehen, cultivirt man auch Stämme von wilden R. (R. canina) od. Hagebutten, welche man zwei Jahre vor der Veredlung in einen feuchten, tiefen, fetten Boden pflanzt, wobei man nicht gut gewachsene Stämme nahe über der Wurzel abschneidet u. von den neu hervortreibenden [360] Schößlingen den schönsten aufzieht. Die Veredlung geschieht durch Pfropfen, Copuliren od. Oculiren. Um Topfrosen hochstämmig zu ziehen, cultivirt man auf den Stamm der Boursaultrose (R. alpina Boursaulti). Um die R. noch im Herbst blühend zu haben, bricht man die ersten Knospen ab, od. beschneidet die Stöcke erst, wenn die oberen Augen etwas getrieben haben. Topfrosen gedeihen am besten in einer lockern Erde von Laub u. schwarzem Rasen, von jedem 2 Theile, Flußsand 2 Theile u. Dammerde 1 Theil. Um sie zu ungewöhnlicher Jahreszeit zur Blüthe zu bringen, werden sie ein Jahr vorher in Töpfe gesetzt, den Winter über an einem kühlen Ort gegen Frost verwahrt u. dann im Gewächshaus od. geheizten Zimmer unter Mitwirkung der Sonne getrieben. Getriebene Stöcke können aber nicht wieder zu diesem Zwecke dienen, sondern müssen ins freie Land gesetzt werden. Die Überwinterung der Topfrosen geschieht bei 1–3° Wärme u. mäßigem Begießen. Die meisten Rosenarten werden durch Sprößlinge von der Wurzel aus, od. durch Ableger u. Stecklinge fortgepflanzt, seltner aus Samen gezogen. Diejenigen, welche keine Wurzelausläufer machen, vermehrt man am besten durch Senker, indem man die Wurzelschossen entweder blos im Bogen umbiegt od. sie einschneidet; sie müssen aber im Herbst abgeschnitten u. in gut gedüngtes Erdreich gepflanzt werden. Topfrosen werden leicht durch Stecklinge vermehrt. Eine andere Fortpflanzungsart ist die durch Wurzelschnittlinge, wozu man lange, fleischige starke Wurzeln in 2–3 Zoll lange Stücke schneidet, diese Ende Februar 4 Zoll von einander flach in fette Erde legt, mit 1 Zoll gut verrotteten Rindsmist u. zuletzt 2 Zoll hoch mit gewöhnlicher Erde bedeckt. Will man von R. neue Varietäten gewinnen, so überträgt man den Blüthenstaub der einen Varietät auf das Pistill der andern, indem man verschiedene Arten in enge Berührung bringt. Das Treiben der R. geschieht, indem man sie von December bis Februar umsetzt, ihnen 8–20° Wärme u. einen sonnigen Standort gibt u. sie öfter mit lauwarmem Wasser überspritzt. Eine große Sammlung od. Anlage von R. nennt man ein Rosarium. Ein Rosenmantel ist eine Rosenlaube ohne Decke, die aus einem halbzirkelförmigen, 12–16 Fuß hohen Spalier besteht, welches mit Rosa sempervivens, R. turbinata, R. villosa u.a. hochsteigenden Rosenarten umpflanzt ist u. wie ein ausgespannter Mantel einen angenehmen Aufenthaltsplatz bietet.

In den Officinen werden die Rosenblätter mehrfach gebraucht: blaßrothe (Flores rosarum incarnatarum), die blaßrothen, wohlriechenden Blumenblätter von Rosa centifolia, auch von R. bifera, R. damascena, R. turbinata, welche, theils getrocknet, theils eingesalzen, aufbewahrt u. zu Streupulver bei wunden Stellen kleiner Kinder, als Zusatz zu einigen veralteten Formeln, z.B. zu dem Electuarium Requies Nicolai, u. bes. zu Bereitung des Rosenwassers benutzt werden; rothe (Flor. rosae gallicae s. rubrae), von Rosa gallica, getrocknet von sammtartiger Purpurfarbe, angenehmem Geruch, adstringirendem Geschmack, zur Bereitung der Rosenconserve, der säuerlichen Rosentinctur u. für sich geschnitten zur Verzierung mancher Species, z.B. des Räucherpulvers, benutzt. Rosenhonig (Mel rosarum), abgeschäumter Honig, mit einem starken wässerigen Aufguß von Rosenblättern, zur Syrupsdicke eingekocht, bei leichten Zufällen von Bräune, Mundgeschwüren, Schwämmchen als Pinselsaft gebräuchlich. Rosenöl s.d. Rosensalbe Unguentum rosatum, u. pomadinum), 8 Theile frisches Schweinefett mit 2 Theilen weißem Wachs zusammengeschmolzen, durch anhaltendes Reiben in einer hölzernen Schale mit 2 Theilen Rosenwasser zu einer sehr weißen Salbe vereinigt u. mit wohlriechenden Ölen parfümirt, als Grundlage mancher Salben u. als Haarpomade in Gebrauch. Rosenspiritus Spiritus rosarum), Spiritus über eingesalzene Rosenblätter destillirt, s.u. Eau A). Rosentinctur Tinctura rosarum acidula), aus 3 Theilen rothen Roseblättern, 1 Theil verdünnter Schwefelsäure u. 24 Theilen heißem Wasser, durch Maceration u. Durchseihen bereitete Flüssigkeit von angenehmer rother Farbe. Rosenwasser (Aqua rosarum), über frische (od. jetzt gewöhnlicher über eingesalzene) Rosenblätter destillirtes, stark u. angenehm, wie Rosen riechendes Wasser, häufig als Constituens von Augenwassern etc., auch in der Küche als Zusatz zu manchen Bäckereien angewendet. Die Rosenbäume stehen deshalb in der Umgegend von Mekka u. am Galiläischen Meere in hohem Werth; eine Rosenstaude wird mit ungefähr 30–00 Gulden bezahlt u. die Bäume werden den Töchtern der Armenier, welche sich mit deren Anbau bes. beschäftigen, als Heirathsgut mitgegeben. Das Rosenwasser erhält dort verschiedene Namen u. hat verschiedenen Werth. Auch macht man daraus Rosenbrod: frische Rosenblätter werden mit dem Wiegemesser klein gewiegt, mit Mehl u. einigen Eiern zusammengeknetet, der dadurch erhaltene Teig dann aufgetrieben, in Stücken geschnitten, getrocknet u. aufbewahrt; man bereitet mit Milch Suppen, od. auch Brei daraus. Rosenessig (Acetum rosarum), durch Übergießen rother Rosenblätter (Rosa gallica) mit heißem Essig, Digeriren u. Durchseihen bereitet, von rother Farbe; wird auch, nebst etwas Stangenpfeffer, Muskatenblume, Zimmt u. Gewürznelken in einem Glase, mit gutem Weinessig übergossen, auf Tafeln gebraucht. Rosenwein, Blüthenblätter der R. in starken Wein gehängt; er erhält dadurch den Geruch u. Geschmack derselben. Rosenperlen, kleine, schwarze Perlen aus frischen Rosenblättern bereitet, welche in einem eisernen Pillenmörser fein gerieben, von dem hierbei sich bildenden gerbsaurem Eisen sehr bald schwarz gefärbt, dann unter Zusatz von Gummi arabicum od. Traganth zu einer Pillenmasse verarbeitet, als solche auf der Pillenmaschine ausgerollt, dann getrocknet, durchstochen u. zu Ketten angereiht werden. Sie nehmen nach einiger Zeit eine vollkommen dunkelschwarz glänzende Farbe an, der Glanz wird noch durch Befeuchten mit Spiritus, Lack od. dergl. erhöht.

Von jeher war die R. Gegenstand eifrigster Pflege. R. waren bei den Alten das Symbol der Jugend u. blühenden Lebens kraft, eben so der Vertraulichkeit. Das alte Israel u. alle Stämme des Morgenlandes pflegten sie. Nach griechischer Sage war sie da entstanden, wo Aphrodite dem Meere entstiegen war. Reich an R. war bes. die Insel Rhodos, welche auch den Namen davon erhalten haben soll. Auch die Römer liebten die R. sehr u. ließen sie mit ungeheuern Kosten aus der Ferneholen, bis sie zur Zeit des Kaisers Domitian die Kunst erlernten im Winter die R. zur Blüthe zu treiben. Übrigens verfertigte man aus R. Kränze, womit man sich bei Gelagenbekränzte; stopfte mit Rosenblättern die Ruhekissen u. Tischpolster[361] aus, um den Wohlgeruch zu genießen, auch Salben u. Öle wurden aus R. gemacht. Die Todten wurden mit R. u. Myrthen bekränzt, zum Zeichen des Wiederauflebens in neuer Jugendkraft, u. die Gräber mit R. bestreut (s. Rosation). Auch war die R. das Zeichen der Verschwiegenheit (s. Sub rosa). Als Symbol der Freude u. als Krone der Heiligen kommt die geweihete Goldene Rose (s.d.) vor, welche der Papst an hervorragende, bes. um die Kirche verdiente Personen schenkt. Unter den Festen, welche den R. ihren Ursprung verdanken, ist das Rosenfest zu Salency (s.d.) das berühmteste. In der Cultur der R. ausgezeichnet haben sich namentlich Frankreich, Belgien u. England. Vgl. Rössig, Die R. nach der Natur gezeichnet u. colorirt, 7 Hefte, fortgesetzt 8.–12. Heft von Waitz, Lpz. 1804–20; Redoute, Les roses, beschrieben u. classificirt von Thory, 3 Bde., Par. 1819; Lindley, Monographie der R., Lond. 1819; v. Biedenfeld, Das Buch der R., Weim. 1840; Kannegießer, Die Gattungen der R., Freib. 1810; Selbstherr, Die R. in 95 Arten, Bresl. 1832; Paul, Die Cultur der R. in Töpfen, aus dem Englischen von Courtin, Stuttg. 1854; Döll, Der Rosengarten, aus dem Englischen, Lpz. 1855; Topf, Der Rosengärtner, Erf. 1857; Otto, Der Rosenzüchter, Erl. 1858. 2) So v.w. Rosaceen; 3) so v.w. Bau der Bienen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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