Sancerre [1]

Sancerre [1]

Sancerre (spr. Sangßähr), 1) Arrondissement, östlich im französischen Departement Cher; 373/5 QM., 75,000 Ew.; 2) Hauptstadt desselben, am Kanal du Berry u. unweit der Loire; mehre Fabriken in gewebten Waaren, Leder u. dgl., Weinbau, etwas Handel; 4000 Ew. – Die Stadt nebst Zubehör tauschte Eudo II., Graf von Champagne, 1014 von seinem Bruder, dem Bischof von Beauvais, um seinen Antheil an Beauvais ein, u. S. blieb nun bei den Grafen von Blois u. Champagne bis auf Thibaut den Großen, welcher 1152 S. als Grafschaft seinem dritten Sohne Stephan I. gab. Dieser hatte unglückliche Kriege mit den Grafen von Nevers, ergriff mit mehren französischen Herren 1173 die Partei Heinrich Kurzmantels gegen dessen Vater, König Heinrich II. von England, u. trat 1180 der Verbindung gegen den König Philipp August bei (vgl. Frankreich, Gesch. S. 525), blieb aber vor Acre. Ihm folgte sein Sohn Wilhelm; als dieser 1218 in Constantinopel, wohin er mit Peter von Courtenay zur Besetzung des byzantinischen Throns gegangen, aber von dem Kaiser Theodor gefangen worden war, im Gefängniß gestorben war, folgte ihm sein Sohn Ludwig I. Unter ihm verkaufte Graf Thibaut IV. von Champagne die Oberherrlichkeit über S. an die Krone Frankreich. Ludwig I. st. 1268, sein Sohn Johann I. um 1280; dessen Sohn Stephan II. kämpfte mit in der Schlacht bei Courtenay u. besetzte nachher Lille; er st. 1306; ihm folgte sein Bruder Johann II., diesem 1326 sein Sohn Ludwig II., welcher 1346 bei Creci blieb; sein Sohn Johann III. kämpfte 1355 gegen die Engländer, wurde 1356 bei Poitiers gefangen, vernichtete 1364 eine Bande Tard-Venus, welche in S. einfallen wollte, zog 1383 mit nach Flandern u. nahm 1390 Theil am Zuge des Herzogs Ludwig I. von Bourbon nach Afrika; er erwarb Bois-Gibaut. 1403 folgte ihm seine Tochter Margarethe; sie war viermal vermählt: mit Girard von Retz, Berand II., Dauphin von Auvergne, Jakob von Maulévrier, Marschall von Frankreich, u. Johann Lourdin, Connetable von Sicilien; als sie 1419 starb, folgte ihr u. Berands II. Sohn Berand in S. u. zugleich in der Dauphine von Auvergne. Um die Angriffe der Engländer auf Berry zurückzuschlagen, verlangte König Karl VII. von Berand 1423 die Aufnahme königlicher Besatzung in den Plätzen von S. bis zur Beendigung des Kriegs, wofür er demselben die Schlösser u. Castelaneien von Issoudun, von Saphorin, von Neuhaus, von la Cote S. André u. von Voiron in der Dauphiné gab. Auf Berand folgte 1426 seine Tochter Johanne, vermählt mit Ludwig von Bourbon u. Grafen von Montpensier (in S. Ludwig III.), u. hinterließ bei ihrem Tode 1436 ihre Besitzungen ihrem Gemahl Ludwig, doch trat dieser S. 1451 an Johann IV., Herrn von Beuil, Sohn Johanns von Beuil u. Margarethens, der Schwester Berands, ab. Dieser hatte 1444 an der Spitze einer Armagnakencompagnie für den Herzog von Österreich gegen die Schweizer gefochten u. war 1450 Admiral geworden; 1461 verlor er die Admiralität u. starb zwischen 1474 u. 1477. Sein Sohn Anton verkaufte 1493 die Baronie Montfaucon an Jakob von Chazeron u. st. 1506; Jakob, des Vor. Sohn, zog mit Karl VIII. u. Ludwig XII. gegen Italien u. st. 1513; sein Sohn Karl starb an den Wunden, welche er 1515 bei Marignan erhalten hatte; u. als sein Sohn Johann V. 1537 vor Hedin geblieben war, folgte ihm sein Oheim Ludwig IV., Sohn Jakobs, welcher 1544 Dizier gegen die kaiserliche Armee lange vertheidigte, 1557 bei St. Quentin focht u. 1560 die Verschwörung von Amboise entdeckte, aber sich sehr edel gegen den dabei compromittirten Prinzen von Condé benahm. Ihm folgte 1563 sein Sohn Johann VI., welcher, wie sein Vater, treue Anhänglichkeit an die Könige bewies. Von ihm erbte 1638 S. sein Sohn René, vermählt 1626 mit Francisca von Montelais, von welchem S. 1640 Heinrich von Conde erwarb; von Louise Elisabeth verw. Conti, Heinrichs Urenkelin, erhielt S. 1775 durch ihr Testament ihr Enkel, der Graf von la Marche, nachher Prinz von Conti.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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