Schmalkaldischer Bund

Schmalkaldischer Bund

Schmalkaldischer Bund. Der Reichstag von Augsburg 1530 hatte die von den lutherischen [309] Reichsständen übergebene Augsburger Confession verworfen u. denselben war im Abschied eine kurze Frist bestimmt, in welcher sie Alles in den vorigen Stand setzen u. namentlich die eingezogenen geistlichen Güter zurückgeben sollten. Kein Prediger sollte etwas gegen die katholische Lehre drucken lassen u. alle Änderungen in der Religion wurden auf ein allgemeines Concil ausgesetzt. Als Karl V. seinen Bruder Ferdinand, einen Hauptgegner des Protestantismus, zum Römischen König wählen lassen wollte, berief der Kurfürst von Sachsen die protestantischen Fürsten u. Stände auf den 2. Dec. 1530 zu einer Berathung nach Schmalkalden, u. dort beschloß man, wenn auch die Unentschlossenheit mehrer den Abschluß eines Bundes vereitelte, den Kaiser um Verschonung mit den gedrohten Maßregeln bitten u. sich das Ansehen geben zu wollen, als sei der Bund wirklich geschlossen worden. Als aber im Januar die Wahl Ferdinands I. zum Römischen König wirklich erfolgte, von welchem die protestantischen Fürsten alles für ihre Religion fürchteten, kam im März 1531 der Schmalkaldische Bund auf 6 Jahre wirklich zu Stande. Die Verbundenen (9 Fürsten u. Grafen u. 11 Reichsstädte) waren Kurfürst Johann von Sachsen, sein Sohn Johann Friedrich, die Herzöge Ernst u. Franz von Braunschweig-Lüneburg, der Landgraf Philipp von Hessen, Fürst Wolfgang von Anhalt, die Grafen Gebhardt u. Albrecht von Mansfeld, die Städte Strasburg, Ulm, Kostnitz, Reutlingen, Memmingen, Lindau, Biberach, Isny, Lübeck, Magdeburg u. Bremen. Markgraf Georg von Brandenburg, so wie die Städte Nürnberg, Kempten, Heilbronn, Windsheim u. Weißenburg verweigerten den völligen Beitritt, waren aber einverstanden sich dem Reichsfiscal in Religionssachen zu widersetzen u. Alle für Einen Mann zu stehen. Auf einem Convent zu Frankfurt im Juni 1531 wurde das Bündniß bestätigt, u. dann Unterhandlungen auch mit den auf das Haus Österreich eifersüchtigen Kurfürsten von Baiern, so wie mit Frankreich u. England angeknüpft, in deren Folge 24. Oct. 1531 ein Bündniß mit Baiern in Saalfeld abgeschlossen wurde; Vermittelungsversuche, welche die Kurfürsten von Mainz u. von der Pfalz auf dem Reichstage in Speyer machten, mißlangen, doch kam, da der Kaiser mit den Türken beschäftigt war, am 2. August 1532 der Nürnberger Religionsfriede zu Stande, worin die Einstellung aller Feindseligkeiten bis zu einem künftigen Concil beschlossen wurde. Über die von den Evangelischen verlangte Ausdehnung des Friedens nicht blos auf die gegenwärtigen, sondern auch auf die zukünftigen Bekenner der Augsburgischen Confession, über die Kirchengüter u. die bischöfliche Jurisdiction, über die Suspension der bei den Reichsgerichten in Glaubenssachen anhängigen Processe, so wie über Zulassung der Augsburgischen Confessionsverwandten bei den Kammergerichten war nichts bestimmt. Auf dem Reichstage zu Regensburg war bes. von der Reichshülfe gegen die Türken die Rede, die, so wie Italien, der Krieg mit Frankreich, der Zug nach Algier etc. den Kaiser bis 1535 beschäftigte. Den Antrag auf ein Concil verwarf der S-e B. im Juni 1533 bestimmt. Erst 1535 verlautete von neuen Anschlägen des Kaisers gegen den Bund, u. Sachsen lud daher die Bundesglieder zu einem neuen Convent nach Schmalkalden ein, wo dann auch am 24. Decbr. 1535 der Bund auf weitere 10 Jahre erneuert u. im April 1536 auf dem Convent in Frankfurt nochmals bestätigt wurde. Im September wurden dann die Herzöge Barnim u. Philipp von Pommern, die Fürsten Johann, Georg u. Joachim von Anhalt, u. die Städte Augsburg, Frankfurt, Kempten, Hannover u. Minden als neue Bundesglieder aufgenommen; schon früher waren Eßlingen, Braunschweig, Goslar, Göttingen u. Eimbeck nach u. nach eingetreten, was 1538 auch der König von Dänemark, so wie mehre schwäbische u. elsassische, westfälische u. niedersächsische Städte u. Reichsstände (so die Grafen von Lippe) thaten. Man beschloß die Aufstellung einer stehenden Armee von 10,000 Mann zu Fuß u. 2000 zu Pferd u. theilte die Beiträge in 13 Antheile, von denen jeder eine Stimme hatte. Der Kurfürst von Sachsen u. der Landgraf von Hessen wurden zu Hauptleuten ernannt. In einem dritten Convent zu Schmalkalden im Febr. u. März 1527 wurde der kaiserliche Antrag auf ein allgemeines Concil nochmals zurückgewiesen u. die von Luther aufgesetzten, als Schmalkaldische Artikel (s.d.) bekannten Glaubenssätze von den anwesenden Theologen der Bundesglieder angenommen u. unterschrieben.

Im Namen des Kaisers wurde nun hiergegen am 10. Juni 1538 in Nürnberg der Heilige Bund (s. Ligue 4), bestehend aus dem Kaiser u. seinem Bruder, dem Kurfürsten von Mainz, Erzbischof von Salzburg, den Herzögen von Baiern, Georg von Sachsen, Erich I. u. Heinrich II. von Braunschweig. Wolfenbüttel geschlossen; Bundesoberste sollten der Herzog von Baiern u. Heinrich von Braunschweig sein, der Kaiser 1/4 der Kosten, die Übrigen 3/4 tragen. Der Kaiser war aber mit dem Vermittler dieses Bundes, dem Vicekanzler Held, unzufrieden, entließ ihn u. mißbilligte die Ligue. In den nächsten Jahren, wo der Kurfürst von Brandenburg, der Pfalzgraf von Neuburg, der Herzog Heinrich von Sachsen, die Bischöfe von Lübeck, Kamin u. Schwerin die Evangelische Lehre annahmen u. in ihren Ländern einführten, obschon sie dem Bunde nicht beitraten, u. wo der Kurfürst Hermann von Köln u. Ludwig von der Pfalz sich der neuen Lehre nicht abgeneigt zeigten u. wo auch Reformirte u. Lutheraner milder gegen einander gesinnt wurden, that der S-e B. wenig, nur vereinigte er sich auf einem Convent in Frankfurt 1539 mit dem kaiserlichen Gesandten zu einem Vertrage, welcher 15 Monate dauern u. während dessen der Nürnberger Religionsfriede in seiner Kraft u. die Kammergerichtsprocesse ausgesetzt bleiben sollten. Auch ein neuer Convent in Schmalkalden 1540 liest die wichtigsten Streitfragen unerörtert, u. eben so kam der Gegenconvent in Hagenau in demselben Jahre u. das Religionsgespräch in Worms 1541 zu keinem Ziele. Doch gab Kaiser Karl dem Reichskammergericht Befehl die Processe in Religionssachen auch ferner zu suspendiren, u. auf dem Reichstage u. Colloquium in Regensburg 1541 kam das Regensburger Interim (s. Interim 1) a) zu Stande, welches 1542 auf dem Reichstage in Speier, wo es dem Kaiser bes. an Erlangung der Türkenhülfe von den Protestanten lag, bestätigt u. auf fünf Jahre ausgedehnt wurde. Die Protestanten fühlten sich durch diese Umstände so ermuthigt, daß sie fester als je auf der Recusation des Kammergerichts beharrten, daß Sachsen u. Hessen einen Kriegszug gegen den Herzog Heinrich II. von Braunschweig unternahmen, daß Sachsen das [310] Bisthum Naumburg in jeder Hinsicht beschränkte u. daß sie die Reformation im Erzstift Köln, welches der Erzbischof Hermann lutherisch zu machen strebte, unterstützten. Alles dies reizte aber die Katholischen zum Widerstand; schon 1543 in Nürnberg hintertrieben sie mehre Zugeständnisse, welche König Ferdinand den Protestanten machen wollte, u. obschon es die Reichstage in Speier 1544 u. in Worms 1545 ziemlich beim Alten ließen, so wurde doch der Friede zu Crespy im Sept. 1544 mit Frankreich wohl hauptsächlich geschlossen, damit Kaiser Karl eine Religionsvereinigung mittelst eines allgemeinen Concils herstellen könne. Allein da die Genossen des S-en B. es sich beharrlich weigerten auf diesem zu erscheinen u. ein neues Colloquium in Regensburg 1546 fehlschlug, wurden des Kaisers Rüstungen immer offener u. die Schmalkaldischen Bundesglieder kamen in Frankfurt u. später in Worms u. Hannover zusammen, um sich über die Mittel zum Widerstande zu berathen. Nach Luthers Tode erschienen im Juni 1546 auf dem Reichstage in Regensburg, wo der Kaiser die protestantischen Fürsten persönlich zu erscheinen beschworen hatte, sehr viele Fürsten nur nicht die wichtigsten, der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen u. der Landgraf Philipp von Hessen, auch theilte sich der Reichstag in zwei Theile, einen katholischen u. einen protestantischen, u. immer deutlicher zeigte sich der Ausbruch des Kampfes. Der Papst versprach hierzu 200,000 Ducaten, bewilligte für ein Jahr die Hälfte der Kircheneinkünfte in Spanien u. erlaubte für 300,000 Ducaten Kirchengüter zu verkaufen. Der Kaiser ließ nun eifrig werben, nahm selbst protestantische Fürsten, so die Markgrafen Johann u. Albrecht von Brandenburg, in seine Dienste u. gab dem Grafen v. Büren Befehl 20,000 M. aus den Niederlanden u. Ottavio Farnese 12,000 M. Italiener u. 6000 Spanier aus dem Mailändischen herbeizuführen; er selbst sammelte über 8000 M. bei Regensburg. Ein Brief des Kaisers an die süddeutschen protestantischen Stände, worin diese ermahnt wurden sich bei der bevorstehenden Züchtigung einiger widerspenstigen Stände ruhig zu verhalten, brachte auf einmal Leben in die Rüstungen der Protestanten. Württemberg u. die süddeutschen Städte brachten binnen wenig Wochen ein Heer von 12–14,000 M. unter der Anführung Sebastian Schärtlins bei Ulm zusammen, u. der Kurfürst von Sachsen u. der Landgraf von Hessen sammelten 16,000 M. Fußvolk, 9000 Reiter u. 1400 Schanzbauern bei Meiningen u. brachen Ende Juli nach Schwaben auf. Der Kaiser sprach nun am 20 Juli 1546 über beide Letzte die Reichsacht aus, welcher die Schmalkaldischen Bundesglieder am 21. Sept. einen völligen Fehdebrief an den Kaiser entgegenstellten.

Der Krieg begann in Oberdeutschland; Schärtlin sollte nach Tyrol vorgehen u. den italienischen Hülfsvölkern den Eintritt nach Deutschland wehren. Die kaiserlichen Truppen zogen sich bei Füssen zusammen u. nach Baiern zurück. Schärtlin durfte sie aber nicht verfolgen, da er das baierische Gebiet nicht verletzen u. den Baiernherzog gegen den S-n V. nicht aufregen sollte. Er besetzte daher nur die Ehrenberger Klause u. die meisten Pässe, wurde aber nach Günzburg zurückberufen, wo sich das Bundesheer sammelte u. seine unentschlossenen Führer, der Kurfürst von Sachsen u. Landgraf von Hessen, bedenklich zauderten. Erst als der Kaiser sich mit den Italienern vereinigt hatte u. Mitte Augusts nach Regensburg u. Ingolstadt marschirte, rückte das Bundesheer den 31. August vor das Lager bei Ingolstadt, beschoß dasselbe erfolglos u. zog den 4. September ab, um dem Grafen Büren entgegen zu gehen, welcher mit 20,000 M. aus den Niederlanden heranrückte, sich aber durch geschickte Manövers mit dem Kaiser bei Ingolstadt vereinigte. Nun griff Karl an, drängte die Protestanten vor sich her u. bewog dieselben nach dem gefährdeten Sachsen zurückzukehren. Dort hatte Herzog Moritz von Sachsen, des Kurfürsten Vetter, zwar versprochen während der Abwesenheit dessen Lande zu schützen, sich aber durch geheimen zu Regensburg geschlossenen Vertrag (10. Juni 1546) mit dem Kaiser verbündet u. die Vollziehung der Acht übernommen. (wahrscheinlich um die kurfürstlichen Lehen nicht in fremde Hände fallen zu lassen, sondern in die seinige zu bekommen). Im October fielen böhmische u. schlesische Kriegsvölker in das Voigtland ein, Moritz erschien auch, u. Plauen ergab sich ihm, sowie Schneeberg, Zwickau, Altenburg u. Torgau; nur Eisenach, Gotha u. Wittenberg hielten sich. Am 23. November verließ Kurfürst Johann Friedrich, nachdem ein Friedensantrag des S-n B-es vom Kaiser zurückgewiesen worden war, mit dem Bundesheere das Lager von Giengen, nur 9000 M. unter dem Herzog von Württemberg zurücklassend, u. zog nach Sachsen. Nach einem vergeblichen Versuche des Kurfürsten von Brandenburg zwischen Johann Friedrich u. Moritz den Frieden zu vermitteln, eroberte der Kurfürst Ende Decembers 1546 sein Land zurück u. belagerte vom 6. Januar 1547 an Leipzig, mußte aber den 27. Januar abziehen. Dagegen überfiel er am 2. März den Markgrafen Albrecht von Brandenburg, welchen der Kaiser dem Herzog Moritz mit 7000 M. zu Hülfe schickte, bei Rochlitz, schlug ihn u. nahm ihn gefangen. Ohne Schwierigkeiten eroberte nun der Kurfürst Annaberg, Freiberg, Meißen, Chemnitz u. fast das ganze Land des Herzogs Moritz bis auf Leipzig, Dresden u. Pirna. Moritz bekam nun einen Waffenstillstand von einem Monat bewilligt, u. man unterhandelte während desselben zu Mitweida um Ausgleichung der Streitigkeiten. Karl V. hatte sich aber währenddem Ende November u. im December u. Januar auf die oberdeutschen Reichsstände geworfen, Bopfingen, Nördlingen, Dünkelsbühl, Rothenburg an der Tauber u. Ulm erobert, u. am 3. Januar unterwarf sich der Herzog von Württemberg durch den Vertrag von Heilbronn u. die übrigen süddeutschen Reichsstände wenige Tage darauf, sie baten den Kaiser um Verzeihung u. zahlten Strafe (Württemberg 300,000, Augsburg 150,000, Ulm 150,000, Frankfurt 80,000, Strasburg 30,000 Goldgulden). Auch der protestantisch gewordene Erzbischof Hermann zu Köln räumte sein Erzstift. Im Januar nöthigte der kaiserliche General Jobst von Krämmingen in Westfalen die dortigen Grafen u. Städte dem S-n B-e zu entsagen, zog dann nach Niedersachsen u. belagerte Bremen. Der Graf von Mansfeld schlug auch die kaiserlichen Völker bei Drakenburg am 24. Mai. Doch endigte hier die Nachricht von der Schlacht von Mühlberg die Feindseligkeiten. Mit dem Hauptheer rückte nämlich Kaiser Karl V. gegen Sachsen heran. Geschreckt verließen die einzelnen Bundesglieder, selbst der Landgraf von Hessen, die Armee des Kurfürsten, u. als der Kaiser am 13. April von Eger aus, wo er sich mit Moritz von Sachsen vereinigt hatte, in Sachsen[311] einrückte, war has kurfürstliche Heer kaum 10,000 M., das des Kaisers dagegen 35,000 M. stark. Am 22. April lagerte der Kaiser bei Mügeln u. kam dem Kurfürsten, welcher 3 Stunden davon in Meißen stand u. auf die Hülfe der hussitischen Böhmen harrte, ganz unerwartet. Mit Mühe ließ sich der Kurfürst bewegen bei Meißen über die Elbe zurückzugehen u. die Brücke abzubrennen. Er wollte nun über Mühlberg Wittenberg erreichen, beeilte aber diesen Zug nicht, da er voraussetzte, daß die Kaiserlichen nicht über die Elbe könnten. Aber denselben war eine Furth verrathen worden, u. erst nach dem Übergange der Kaiserlichen entschloß sich der Kurfürst zum Rückzug. Am 24. April gegen Mittag ereilte ihn das kaiserliche Heer in der Lochauer Haide bei Mühlberg; man focht nur in abgesonderten Haufen u. Einzelne gegen Einzelne. Die Sachsen wurden allenthalben geworfen u. das ganze Heer bis auf etwa 400 M. gefangen, auch der Kurfürst selbst, von allen Seiten umzingelt u. im Backen verwundet, mußte sich einem meißnischen Edelmann Thilo von Trott ergeben. Außer dem Kurfürsten wurden noch der Herzog Ernst von Braunschweig u. mehre Grafen gefangen, der Kurprinz entkam verwundet nach Wittenberg. Der Kaiser empfing den Kurfürsten hart u. übergab ihn dem Herzog Alba zur Hast, rückte nun vor das von dem Kurprinzen mit 3000 M. besetzte Wittenberg, konnte es aber in Ermangelung von Geschütz u. Schanzgräbern nicht belagern. Er glaubte leichter zum Ziele zu kommen, wenn er den Kurfürsten zum Tode verurtheilte, u. ließ ihm daher am 10. Mai das Todesurtheil eröffnen. Doch am 19. Mai vermittelte der Herzog Moritz, der Kurfürst von Brandenburg u. der Herzog von Kleve die Wittenberger Capitulation, in welcher Kurfürst Johann Friedrich der Kur entsagte, Wittenberg u. Gotha übergab u. bis auf Weiteres Gefangener des Kaisers blieb. Seine Länder wurden dem Herzog Moritz zugesprochen, doch sollten Johann Friedrichs Kinder 50,000 meißnische Gülden erhalten, welche in verschiedenen Ämtern in Thüringen u. Franken angewiesen wurden (s. Sachsen S. 681). König Ferdinand wollte die heimgefallenen Lehen einziehen, allein Moritz tauschte sie gegen das von ihm besessene Herzogthum Sagan ein. Wittenberg wurde nun übergeben, u. Moritz empfing die Belehnung mit der Kur 1548 zu Augsburg. Jetzt war blos der Landgraf Philipp von Hessen, dessen frühere Friedensanträge unberücksichtigt geblieben waren, noch zu unterwerfen, u. die Kurfürsten Joachim von Brandenburg u. Moritz von Sachsen, sein Schwiegersohn, unterhandelten mit ihm über die Bedingungen, welche er zwar anfangs verwarf, später aber annahm u. versprach, dem Kaiser Abbitte zu leisten, dem S-n B-e zu entsagen, dem Kammergericht zu gehorchen, sich in keine Bündnisse gegen den Kaiser einzulassen, demselben stets den Durchzug durch sein Land zu gestatten, seine Vesten bis auf eine zu schleifen, sein Geschütz auszuliefern u. 150,000 Gulden Strafe zu zahlen, den Herzog Heinrich von Braunschweig aus der Gefangenschaft zu entlassen, Alles unter der Bedingung, daß ihn der Kaiser nicht gefangen setzte. Der Kaiser gab nun das Concept einer Erklärung von sich, daß der Landgraf nicht mit einiger Gefängnißstrafe belegt werden sollte, in der Reinschrift vom 2. Juni 1547 war aber »einiger« mit »ewiger« vertauscht. Philipp wurde daher, als er die Abbitte den 19. Juli zu Helle geleistet hatte, verhaftet u. trotz aller Protestation der Kurfürsten von Sachsen u. von Brandenburg gefangen mit dem kaiserlichen Hoflager fortgeführt.

Karl V. erließ nun das Ausschreiben zu einem neuen Reichstag in Augsburg u. brachte dort im September wieder ein allgemeines Concil in Vorschlag; allein obgleich die Protestanten scheinbar diesmal ihre Einwilligung gaben, so zerschlug sich doch die Sache dadurch, daß der Papst das Concil von Trient nach Bologna verlegte u. hierdurch mit Karl V. selbst in Differenzen kam. Dem im Mai 1548 verkündeten u., wie es schien, ohne Widerspruch angenommenen Augsburger Interim (s. Interim i) b), welches die Sache ziemlich bei dem damaligen Zustand ließ, widersetzte sich Kurfürst Moritz, jetzt als Haupt der Evangelischen auftretend, ernstlich u. ließ durch eine nach Leipzig berufene Versammlung von Theologen das Leipziger Interim (s. Interim i) c) verfassen, welches Abänderungen des Augsburger enthielt u. welches er, ob es gleich den Protestanten nicht genügte, in seinem Lande mit Strenge einführen ließ. Karl V. wollte nun, um die Kaiserwürde in seiner Familie erblich zu machen, seinen Sohn Philipp II. entweder durch Rücktritt Ferdinands zum Römischen König od., wenn sich dies nicht thun ließe, zum zweiten Römischen König ernennen lassen, aber dadurch erregte er die Unzufriedenheit der Protestanten u. Katholiken. Kurfürst Moritz, welcher, seitdem Karl V. sich weigerte den Landgrafen Philipp zu entlassen, ein Gegner des Kaisers geworden war, benutzte diese Stimmung u. sammelte unter dem Vorwand der Vollziehung der Acht gegen Magdeburg wegen Nichtannahme des Interims ein Heer von 18,000 M., zu welchem ihm das Reich monatlich 60,000 Fl. Sold zahlen mußte, mehrte dies bis auf 26,000 M. u. nahm mehre Feinde des Kaisers, bes. den württembergischen General Johann von Heydegg, in seine Dienste. Die Belagerung Magdeburgs begann am 29. Sept. 1550, aber absichtlich zog Moritz dieselbe in die Länge, schloß insgeheim am 5. Oct. 1551, in Verein mit dem Landgrafen Wilhelm von Hessen u. der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, mit dem König von Frankreich zu Friedewald in Hessen ein Bündniß, mit dem Versprechen zur Vertheidigung deutscher Freiheit u. zur Befreiung des Landgrafen Philipp den Kaiser zu bekriegen, u. es wurden ihm hierzu von Heinrich II. 240,000 Thaler Subsidien für 3 Monate u. für jeden folgenden 60,000 Thlr. versprochen, wogegen Metz, Toul u. Verdun Frankreich als Reichsvicariate, so wie bei der künftigen Kaiserwahl die Stimme des Kurfürsten für sich od. eine sonstige ihm angenehme Person zugesagt wurde. Den 9. November 1551 capitulirte Magdeburg, aber trotz dieser Übergabe wußte Moritz seinen Anschlag durch das Vorgeben zu verhehlen, daß er nicht eher seine Truppen verabschieden könne, bevor er Geld zu ihrer Bezahlung habe. Karl V. befand sich damals in Innsbruck u. meinte keine Gefahr von Moritz zu besorgen zu haben. Schon war das Quartier für Moritz, welcher sich angeblich selbst auf das Concil zu Trient begeben wollte, daselbst bestellt, als er von Dresden abreiste u. am 20. März mit 25,000 M. aus Thüringen nach Franken aufbrach, sich bei Schweinfurt am 23. März mit dem Landgrafen Wilhelm von Hessen verband, in Rothenburg den Markgrafen Albrecht von Kulmbach an sich zog, am 1. April[312] vor Augsburg stand, am 3. April diese Stadt einnahm u. dort ein Manifest gegen den Kaiser erließ. Erschreckt sendete ihm dieser seinen Bruder Ferdinand nach Linz entgegen u. ließ ihm die Befreiung seines Schwiegervaters, des Landgrafen von Hessen, anbieten. Allein Moritz verlangte, daß auch Frankreich in den Frieden eingeschlossen werde, u. man kam blos über einen Waffenstillstand überein, welcher am 20. Mai beginnen sollte. Um die Zwischenzeit zu nützen, drang der Kurfürst den 12. Mai gegen die Alpen vor, besetzte Füssen, zerstreute die kaiserliche Armada bei Reiten, stürmte den 19. Mai die Ehrenberger Clause u. würde den Kaiser, welcher in Innsbruck gichtkrank darnieder lag, durch einen Gewaltmarsch überrascht u. gefangen genommen haben, hätte ihn nicht ein Aufstand seiner Soldaten wegen verweigerten Sturmsolds einen Tag lang aufgehalten, wodurch der Kaiser Zeit gewann nach Villach zu flüchten. Im Stillen waren die meisten Reichsstände über den Zug des Kurfürsten erfreut, selbst der König Ferdinand war dem Kurfürsten heimlich befreundet, da Karl V. ihn u. seine Familie von dem Kaiserthron verdrängen wollte. Durch dessen Vermittelung kam, als bereits die Feindseligkeiten wieder begonnen hatten, am 31. Juli der Passauer Vertrag zu Stande, welchen der Kaiser am 2. August unterzeichnete u. in welchem er versprach den Landgrafen Philipp von Hessen freizulassen, auf einem neuen, binnen 6 Monaten auszuschreibenden Reichstag über ein Mittel (Concil, Colloquium u. dgl.) zu berathschlagen, wie die getrennten Religionsparteien zu vereinigen wären, u. keinen der Augsburgischen Confession anhängenden Reichsstand seiner Religion wegen zu verfolgen. Selbst wenn der Religionsvergleich nicht zu Stande käme, sollte dies rechtskräftig bleiben. Der Kaiser erfüllte diesen Vertrag u. ließ nicht nur den Landgrafen Philipp, sondern auch den Kurfürsten Johann Friedrich, von welchem er ein Gegengewicht gegen Moritz erwartete, frei. Während Karl V. mit Frankreich beschäftigt war, Moritz aber dem König Ferdinand gegen die Türken beistand, setzte Markgraf Albrecht die Fehde gegen Mainz, Nürnberg, die Bischöfe von Bamberg u. Würzburg, trotz der Widersprüche des Kurfürsten, wiewohl unter heimlichem Vorschub des Kaisers, fort. Nach langem Unterhandeln schlossen letztere drei mit dem Kurfürsten u. dem Herzog Heinrich von Braunschweig einen Bund, u. es kam 9. Juli 1553 bei Sievershausen zur Schlacht, in welcher Albrecht zwar geschlagen, aber auch Moritz auf dem Schlachtfelde tödtlich verwundet wurde. In dieser blutigen Schlacht fielen über 4000 M. auf beiden Seiten, darunter 4 Fürsten (Karl Victor u. Philipp Magnus, die Söhne des Herzogs Heinrich, der Kurfürst Moritz st. 11. Juli u. der Herzog Friedrich von Lüneburg st. den 20. Juli an ihren Wunden), 9 Grafen u. 350 vom Adel. Am 12. September besiegte der Herzog Heinrich den Markgrafen Albrecht nochmals unweit Kloster Stederburg bei Gittelde. Der Kurfürst August, Moritzens Bruder u. Nachfolger, setzte seine Bemühungen als Haupt der Protestanten fort, u. so kam es den 26. Sept. 1555 zum Augsburgischen Religionsfrieden, worin den Augsburgischen Confessionsverwandten die Rechte bestätigt wurden, welche sie durch den Passauer Vertrag zugesichert erhalten hatten. Vgl. P. de Salazar, Coronica del Emperador Carlos V., en la que se trata la justissima guerra, que su Majestad movio contra los Lutheranos y rebeldes del Imperio, Sevilla 1552, Fol. (italien. Neapel 1558, Fol.); S. de Salazar, Historia de muchas guerras entre Christianos y Infideles desde el anno 1546 hasta el 1560, Medina del Campo 1560, Fol.; L. d'Avila y Zuniga, Commentarios de la guerra de Alemanna hecha por Carlos V. en 1546 y 1547, Vened. 1548, Fol. (deutsch vom Herzog Philipp Magnus von Braunschweig-Wolfenbüttel, Braunschw. 1552); Lambertus Hortensius, De bello germanico Caroli V., Basel 1560, Fol.; F. Hortleder, Handlungen u. Ausschreiben von Ursachen des deutschen Kriegs unter Karln V. im J. 1546 u. 1547, Frankf. 1617 f., 2 Bde., Fol., mit Anmerk. von Z. Prüschenk, Gotha 1646, 2 Bde.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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