Stockholm [1]

Stockholm [1]

Stockholm, 1) Län in Schweden, an die Ostsee im Osten u. Südosten, übrigens an die Län Södermanland od. Nyköping u. Upsala grenzend, von letzterem getrennt durch die lange gegen Norden ins Land schneidende Mälarbucht; begreift Ost-Upland od. Roslagen u. Ost-Södermanland od. Södertörn, enthält 134,235 (64,652 schwed.) QM. mit (1860) 121,737 Ew. Die Ostsee bildet zahlreiche Buchten, Inseln u. Scheeren, zwischen denen gewöhnlich tiefe, aber mit Klippen erfüllte Kanäle sich hindurch winden. Diese Inseln, so wie auch die Landschaften an der Ostsee u. am Mälar, haben die bergige u. felsige Scheerennatur; das Innere ist ebener u. hat fruchtbaren Boden; die Zahl der Landseen ist groß, doch ist keiner derselben bedeutend; Hauptbeschäftigungen sind Ackerbau u. Viehzucht, Waldwirthschaft, Bergbau (bes. auf Eisen), Schifffahrt u. Handel, etwas Fischerei in der Ostsee u. in den Binnengewässern. Eintheilung: 5 Gerichtssprengel, 6 Vogteien, 19 Härader, 22 Länsdistricte. 2) (Holmia), Hauptstadt von ganz Schweden, von dem Län gleiches Namens umgeben, aber nicht dazu gehörend, obgleich die obersten Behörden desselben hier befindlich sind, sondern eine eigene Oberstatthalterschaft bildend, liegt am Ausfluß des Mälarsees in die Ostsee, gewöhnlich Salzsee genannt, welche hier viele tiefe Buchten u. Inseln bildet, theils auf Felseneilanden (Holmen), theils auf dem Festlande. S. besteht aus drei Hauptgruppen, nämlich: a) Staden od. die eigentliche Stadt, auf einer Insel im Mittelpunkte des Ganzen, wozu auch noch die Ritter- u. Heiligengeistinsel gerechnet werden; dieser Theil enthält kaum 1/8 des Ganzen; b) die nördlichen Vorstädte Norrmalm (Nordvorstadt), Blasiiholm nebst dem Schiffs- u. Kastellholm, Ladugårdstandet, Thiergartenstadt u. Kungsholm (Königsinsel); diese Theile liegen im Norden, Nordosten u. Nordwesten der eigentlichen Stadt; c) Södermalm (Südvorstadt) im Süden, welche im Nordwesten mit den Mälarinseln Långholm u. Reimersholm verbunden ist. Dieser Stadttheil ist theils vom Mälar u. einer Bucht desselben (Årsta Wiken), theils von einem Landsee (Hammarby Sjö), theils von der Salzsee umgeben u. hängt nur an zwei Stellen im Süden u. Südosten, so wie mittelst einer Brücke u. dicht dabei eines für die Eisenbahn gemachten künstlichen Dammes mit dem Festlande. zusammen, wogegen die nördlichen Theile auf dem Festlande liegen. Im Osten der Stadt, zwischen Södermalm u. Ladugårdslandet, zu beiden Seiten des Schiffs- u. Kastellholmes, bildet die Salzsee den tiefen, geräumigen, sicheren u. bequemen Hafen, zu welchem jedoch die Einfahrt beschwerlich ist, indem dieselbe sich über zehn Meilen weit durch die vorgelagerten Inseln u. Scheeren hindurchwindet; doch wird diesem Übelstande jetzt durch Bugsirdampfschiffe abgeholfen. Da jedoch diese Einfahrt jährlich etwa fünf Monate lang durch Eis gesperrt wird, so ist man bedacht unweit Landsort bei Nynäs einen äußeren Hafen anzulegen, indem dieser kaum einen Monat lang mit Eis belegt ist, u. denselben mittelst einer Eisenbahn mit der Stadt zu verbinden. An der Westseite der Stadt zwischen Södermalm u. Kungaholm ist der inselreiche Mälar, welcher ebenfalls einen vortrefflichen Hafen bildet u. im Norden der eigentlichen Stadt zu beiden Seiten der Heiligengeistinsel durch den kleinen u. großen Nordstrom sein Wasser mit der Ostsee mischt. Über diese beiden Ströme, so wie zwischen denselben über die Heiligengeistinsel, führt die ganz von Granitquadern erbaute, 380 Fuß lange u. 64 Fuß breite Nordbrücke (Norrbro) mit 7 Bogen. Diese Brücke ist der lebhafteste Punkt in S.; im Osten derselben, am Ufer der Salzsee, ist das mit Parkanlagen versehene Stromparterre, zu welchem man von der Brüche auf zwei[855] breiten Granittreppen hinabsteigt. Hier ist in dem mittelsten Brückengewölbe eine Schweizerei eingerichtet. Im Westen der Brücke ist ein Bazargebäude, in welchem verschiedene Kaufläden u. eine Conditorei sich befindet. Im Süden soll die Stadt mit Södermalm zusammen gehangen haben, aber von dem norwegischen Könige Olaf dem Heiligen 1008 durch Durchstechung der Landzunge in eine Insel verwandelt worden sein. Hier vermittelt seit 1850 die neue, von Ericson erbaute Schleuße (anstatt der vorigen, jetzt als Fischhafen dienenden mit Bazargebäuden umgebenen) die Verbindung zwischen dem Mälar u. der Salzsee. Über den Schleußengraben führen zwei Zugbrücken auf den Karl Johanns Platz (auf welchem 1854 die Reiterstatue des Königs Karl XIV. Johann aufgestellt ist) u. von diesem nach Södermalm. S. hat keine Thore, u. selbst an den 15 Ausgängen od. Zöllen sind die ehemaligen um der Aquiseerhebung vorhandenen Barrieren weggenommen. Die Häuser sind im Allgemeinen solide, auswendig u. inwendig massiv gebaut, mit steinernen gewölbten Treppen u. versehen mit Brandböden u. Brandthüren unter den, bei vielen derselben mit eisernen Platten gedeckten Dächern. Die Straßen der eigentlichen Stadt sind mit wenigen Ausnahmen schmal u. krumm, in den Vorstädten aberbreit u. gerade. Die Zahl derselben ist 378, die der Plätze 27 (wovon jedoch die Hälfte unansehnlich u. klein, bes. in der eigentlichen Stadt). Außer 8 Territorialkirchen, deren Pastoren nebst denen an der deutschen u. finnischen das Stockholmer Stadtconsistorium bilden, sind noch 6 Kirchen u. mehre Kapellen (darunter auch für Ausländer u. Dissenters), so wie eine Synagoge vorhanden. S. ist Residenz des Königs, Sitz der Ministerien, des Staatsrathes, Commerzcollegiums, Kammergerichtes, Gesundheitscollegiums, Obergerichtes über die Seeversicherung u. vieler anderer höchster Behörden. Die Stadt steht unter einem Oberstatthalter, welchem 1 Unterstatthalter u. außerdem noch 11 Beamte, so wie 1 oberer, 2 untere Polizeimeister u. 9 andere bei der Polizei angestellte höhere Beamte untergeordnet sind. An der Spitze des Magistrates stehen (unter Präsidium des Oberstatthalters) 2 Bürgermeister u. 14 Rathsherren. Zur Handhabung der Communalangelegenheiten wählt die Bürgerschaft 50 Älteste. Die Rechtspflege in unterster Instanz wird verwaltet von dem Rathhausgerichte in sechs Abtheilungen; die nächtliche Bewachung besorgt die Polizei, sowie eine Stadtmiliz von 112 Mann.

A) In der eigentlichen Stadt (Staden) erhebt sich an der nördlichen Seite, der Nordbrücke gegenüber, auf einer Anhöhe das königliche Schloß, nach dem Brande des von Birger Jarl angelegten festen Schlosses Drei Kronen 1607 begonnen von Nic. Tessin; nach der Unterbrechung durch die Kriege Karls XII. fortgesetzt von Karl Gust. Tessin u. von Hårleman u. Cronstedt so weit vollendet, daß 1754 der Hof einziehen konnte. Dasselbe ist im Italienischen Style in Form eines großen Viereckes (418 Fuß lang, 391 Fuß breit), jede Seite in etwas verschiedenem Style erbaut, vier Stockwerke hoch mit einem platten italienischen Dache, einen großen Hof umschließend; vier niedrige Flügel erstrecken sich an der nördlichen u. südlichen Façade gegen Osten u. Westen, so daß die der Nordbrücke zugekehrte Façade 721 Fuß lang ist. Außerdem umschließen an der Westseite zwei halbrunde Flügelgebäude (in deren einem die Hauptwache) einen äußeren Schloßhof. Das Schloß enthält, außer den königlichen Gemächern u. Wohnungen für viele zum Hofe gehörigen Personen, den Reichssaal (in welchem die Reichstage durch eine Thronrede eröffnet u. geschlossen werden), die Schloßkapelle, die königliche (od. Reichs-) Bibliothek, das Steinmuseum (darin der schlafende Endymion, Apollo Musagetes nebst den 9 Musen, Minerva, Sergels Amor u. Psyche, Fogelbergs Odin, Thor u. Balder u.a.m.) u. die Gemäldegallerie (doch sollen diese Schätze der Gelehrsamkeit u. Kunst in das neue Museum [s. unten] gebracht werden). An der Nordseite führt eine 1824–1834 in ihrer jetzigen Gestalt aufgeführte, in Zickzack gehende Rampe mit einer Balustrade von behauenem Granit, von zwei dort aufgestellten großen bronzenen Löwen die Löwenterrasse (Lejonbacken) genannt, hinauf in das Schloß; an der Ostseite ist zwischen den beiden Flügelgebäuden u. dem Schlosse ein Baum- u. Blumenparterre (Logärden, Luchshof) mit herrlicher Aussicht auf den Hafen, an welchen eine Treppe von Granit hinabführt. An der Südseite des Schlosses ist ein sich nach dem Hafen senkender, nicht ganz regelmäßiger Platz (Slottsbacken, Schloßberg), welchen unten am Hafen die von Sergel modellirte Statue Gustavs III., enthüllt 1808, u. oben auf der Höhe ein 100 Fuß hoher Obelisk von Granit ziert. Diesen beschloß Gustav III. zum Andenken an die von der Stockholmer Bürgerschaft während des Finnischen Krieges bewiesenen Treue zu setzen, doch erst sein Sohn Gustav IV. Adolf vollendete denselben 1800. An demselben Platze sind folgende Gebäude: das Reichsarchiv nebst Antiquitätencabinet u. Münzsammlung (welche jedoch in das Reichsmuseum geschafft werden sollen), der Palast des Oberstatthalters, die Finnische Kirche u. die Nicolai- od. Große Kirche (Storkyrka), die Hauptkirche von S., sie ist die älteste Kirche der Stadt, erbaut von Birger Jarl 1264, von Gustav I. Wasa aber an der Ostseite verkürzt, weil sie dem damals festen Schlosse zu nahe stand, u. 1743 mit einem neuen Thurm versehen. In dieser Kirche, worin unter anderen zwei schöne große Gemälde von Ehrenstrahl, viele Epitaphien u. geschichtliche Merkwürdigkeiten sich befinden, werden die Könige gesalbt u. gekrönt, auch werden hier die Reichstage durch Gottesdienst eröffnet u. beendigt. Im Süden dieser Kirche steht an der Stelle des alten Rathhauses die 1776 erbaute Börse, deren unterer für die Versammlung der Kaufleute bestimmter Saal mit mehren Büsten verdienter Schweden geziert ist. An der Südseite der Börse ist der sogenannte große Markt (Stortorg), 200 Fuß lang, 120 Fuß breit, in welchen sieben Straßen münden (auf welchem am 7. Novbr. 1520 Christian II. 94 edle Schweden enthaupten ließ [Stockholmer Blutbad] s.u. Schweden S. 554). Nicht weit davon im Süden ist die deutsche St. Gertrudskirche, erbaut 1642, mit einem 222 Fuß hohen spitzen Thurm; in der Nähe das deutsche Nationallyceum u. die Synagoge. Außerdem noch: die Bank der Reichsstände zwischen dem Eisenmarkte (Jerntorg) u. der Schiffbrücke, so wie an dieser das Pack- od. Zollhaus; am Münzmarkte (Mynttorg) nordwestlich vom Schlosse das Kanzleigebäude (ehemals Münze), jetzt, sowie zwei daneben stehende Gebäude, mehren Behörden eingeräumt; hinter den letzteren das Zellengefängniß (erbaut 1852), u. unmittelbar daran[856] stoßend das Rathhaus, welches an den Ritterhausplatz (Riddarhustorg) stößt. An diesem mit der bronzenen Statue Gustavs I. gezierten Platze liegt das Ritterhaus, in dessen großem, mit den Wappenschildern der sämmtlichen schwedischen Grafen, Freiherren u. Adeligen geschmückten Saale der adelige Stand bei den Reichstagen seine Sitzungen hält. An der kleinen Neugasse ist die Post u. die Stockholmer Privatbank. Die 91 Straßen der eigentlichen Stadt sind eng u. krumm mit wenigen Ausnahmen (Stora u. Lilla Nygatan); doch die Hafenstraße oder Schiffbrücke im Osten längs der Salzsee verdient eher den Namen eines Platzes als den einer Straße. Das Ufer ist seit 1854, so wie auch der größte Theil des Mälarufers u. an Blasiiholm, mit einem Kai von behauenem Granit eingefaßt. Von dem Ritterhausplatze führt eine massive Brücke von nur einem gewölbten Bogen hinüber nach der Ritterinsel (Riddarholm, ehemals Kedjeskär, d.i. Ketteninsel), wo die Riddarholmskirche, früher Franciscanerkirche, in welcher seit 1807 kein Gottesdienst gehalten wird, außer bei den Begräbnissen königlicher Personen, welche hier in mehren an der Seite in verschiedenem Style aufgeführten Grabchören (so dem Carolinischen, Gustavischen u. dem Ponte-Corvo'schen Chor, das letztere für die jetzt regierende Dynastie) beigesetzt werden. Außer Königen liegen hier noch mehre berühmte Personen begraben, wie Oxenstierna, Torstensson, Gyllenstierna, Joh. Banér u. m. a.; auch werden hier erbeutete Tropäen aufbewahrt u. sind die Wappen der Ritter des Seraphinenordens aufgehängt. Der hohe Thurm wurde 1835 vom Blitze getroffen u. brannte nebst dem Dache ab. Der jetzige spitze Thurm von Gußeisen (302 Fuß hoch, der höchste in S.), wurde 1839 aufgeführt u. das Dach nebst den kleinen Thürmen auf den Grabchören 1841 u. 1842 in der vorigen Gestalt wieder hergestellt. Die übrigen Gebäude des Riddarholmes sind außer der Druckerei F. A. Norstedts u. Söhne (bei welcher im Mälar eine Schwimmschule) sämmtlich öffentlich; so das Reichsschuldencontor, das Commerzcollegium, die Freimaurerloge, die Stadtauctionskammer nebst dem Assistancecontor, das schwedische Hofgericht (erbaut von C. G. Wrangel, war von 1697–1754 Residenzschloß der Könige, daher noch jetzt das alte Königshaus genannt), das Kammergericht, das Gymnasium, das Haus der Reichsstände, in welchem die drei nichtadeligen Reichsstände (Geistliche, Bürger u. Bauern) bei den Reichstagen ihre Sitzungen halten, u.a. Alle diese Gebäude umgeben einen Platz, auf welchem 1854 die bronzene Statue Birger Jarls, des Gründers der Stadt (starb 1266), errichtet worden ist. Die Westseite der Insel bildet den Hafen für die Mälärdampfschiffe. Die Heiligengeistinsel (Helgeandsholm) hieß in den ältesten Zeiten der Stockholm, welcher Name später auf die größere daneben liegende Insel u. dann auf die ganze Stadt übertragen worden ist; den jetzigen Namen erhielt er von einem hier befindlichen Hospitale od. Heiligen Geisthause, welches später nach Danviken verlegt wurde, auch heißt er von dem 1673 aufgeführten königlichen Stalle bisweilen der Stallholm.

B) Die nördlichen Vorstädte. a) Die eigentliche nördliche Vorstadt (Norrmalm) ist der schönste Stadttheil mit breiten u. geraden Straßen, unter ihnen die Königinstraße (Drottninggata) mit ihren Fortsetzungen Königshügel (Kungsbacken), Observatorienplan u. Nordzollstraße (Norrtullsgata) über 1/4 schwedische Meile, u. die Regierungsstraße (Regeringsgata) fast eben so lang. An der Nordbrücke ist der Gustav Adolfsplatz, geziert mit der bronzenen Reiterstatue dieses Königs (enthüllt 1796). Im Osten dieses Platzes ist das königliche Theater u. gegenüber der Palast der Prinzessin Albertine, jetzt von dem Prinzen Oscar bewohnt, beide erbaut von Gustav III. Weiter nördlich ist der von Palästen umgebene Brunkebergsplatz u. noch nördlicher der Heumarkt (Hötorg). Kirchen: die Jacobi- (zu welcher auch die Johannis gehört), Clara- u. Adolf Fredrikskirche; letztere mit dem Denkmal des Cartesius von Sergel. Ferner sind zu bemerken das Observatorium auf einer Höhe, von welcher man eine schöne Übersicht hat, die Akademie der Wissenschaften (durch Neubau bedeutend vergrößert 1862) mit reichen Sammlungen, das Kriegscollegium, das Waisenhaus, das Gaswerk (welches seit 1814 die Erleuchtung der Stadt besorgt), der königliche Lustpark Bellevue mit Seidenzucht u.a.m. Außerhalb der Zölle ganz in der Nähe der Stadt liegen: die Porzellanfabrik Rörstrand, die Kriegsakademie (ehemals königliches Schloß) Karlberg mit Park, die Kirche Solna, der neue Friedhof, das königliche Lustschloß Haga mit Park, eine Schöpfung. Gustavs III., das Experimentalfeld der Landwirthschaftlichen Akademie u.a.; entfernter das Lustschloß Ulriksdal, mit Garten u. Park. Östlich von dem Gustav Adolfsplatze ist der größte u. schönste, als Promenade benutzter Platz der Stadt, der Platz Karls XIII., in der Mitte geziert mit der bronzenen Statue Karls XIII., enthüllt 1821, an drei Seiten umgeben von einer vierfachen Lindenallee; an der vierten, dem Schlosse gegenüber, stößt der Platz an den Nordstrom. An demselben liegen u.a. das Generallandmessungscontor, das Wittwenhaus der Bürgerschaft u. das kleinere Theater. b) Blasiiholm, ehemals eine Insel, Käpplingen, jetzt unmittelbar an Karls XIII. Platz stoßend. Hier erhebt sich dem Schlosse gegenüber das in Renaissancestyl erbaute neue Reichsmuseum, wohin die jetzt an verschiedenen Orten theils nur provisorisch aufbewahrten Antiquitäten u. Kunstschätze gebracht werden sollen. Von diesem Gebäude führt in südöstlicher Richtung die 1861 erbaute, auf vier Granitpfeilern ruhende, 550 Fuß lange Brücke von gewalztem Eisen hinüber nach c) dem Schiffsholm (Skeppsholm), welcher der in S. befindlichen Abtheilung der Scheerenflotte eingeräumt ist, mit Werften, Vorrathshäusern, Kasernen. Von der auf einer Höhe gelegenen, 1842 vollendeten Karl Johanniskirche hat man eine schöne Rundschau. Der größte Theil des Holmes ist mit Alleen bepflanzt u. wird als Promenade benutzt, was auch der Fall ist mit d) dem Kastellholm, einer kleinen Felseninsel im Südosten der vorigen u. mit derselben verbunden durch eine hölzerne Brücke. Hier ist ein Castell mit Salutbatterie, aufgeführt 1848, nachdem ein älteres 1846 in die Luft gesprungen war. e) Ladugårdsland (Viehhofs-, Meierland) im Osten von Norrmalm mit breiten u. geraden Straßen, wo die Kasernen für die in S. garnisonirenden Regimenter, von denen die der ersten Garde das ehemalige königliche Schloß Frederikshof ist; der Artilleriehof, im Süden der Hedwig-Eleonorakirche, enthält die für die Artillerie erforderlichen Werkstätten. Ferner sind hier: ein Theater am Ladugårdslandmarkte,[857] die Veterinäre, das Forstinstitut u.a. Der gewöhnlichste Weg von Blasiiholm führt über den 1848 eröffneten, 464 Fuß langen, mit breiten Trottoirs versehenen Neubrückenkai, welcher nach Ausfüllung der Ladugårdslandbucht anstatt der früheren hölzernen Brücke angelegt worden ist; eine besuchte Promenade hier ist der 1853 eröffnete Berzeliipark, in der Mitte die 1858 aufgestellte bronzene Statue des Chemikers Berzelius. Im Norden stößt an diesen Park der Norrmalmsmarkt (ehemals Packmarkt), u. von demselben führt nördlich die Norrmalmsstraße nach dem Hopfengarten (Humlegården), einem großen Park mit Sommertheater. Im Norden von Ladugårdsland ist die große Ebene Ladugårdsgärde (Viehhoffeld), ehemals der Weideplatz der königlichen Rinderheerde, jetzt Exercirplatz für die jährlichen Übungen der Soldaten u. der Landwehr; hier ist auf dem Königinnenberge (Drottningberget) ein königlicher Pavillon aufgeführt. In östlicher Richtung führt eine 2600 Fuß lange schwimmende Brücke nach der fruchtbaren Insel Lidingö. Am südöstlichen Ende von Ladugårdslandet führt die 1847 erbaute, auf drei Granitpfeilern ruhende Löwenbrücke (Lejonbro) von Gußeisen hinüber nach dem Thiergarten. f) Die Thiergartenstadt mit hölzernen Häusern u. einer Werfte (letztere ist von der Stadt angekauft u. soll als Eisenmagazin od. Eisenwage benutzt werden anstatt der jetzigen, s. unten). In der Nähe ist das kleine Felseneiland Bäckholm od. Tjärhof (Pechinsel od. Theerhof), wo Magazine für Theer u. Pech u. zwei 1851 in den Felsen gesprengte Schiffsdocks zur Ausbesserung schadhafter Schiffe sich befinden. Der eigentliche Thiergarten (Djurgård, ehemals Waldemarsinsel) ist eine 1/2 schwedische Meile lange Halbinsel, jetzt durch den. Thiergartenkanal in eine Insel verwandelt, mit Parkanlagen u. die besuchteste Promenade bei S. Dort sind: ein Sommertheater, ein Circus, viele Wirths- u. Kaffeehäuser u. Villen; ruch besitzt der König dort das Lustschloß Rosendal, bei welchem eine 9 Fuß hohe, 12 Fuß im Durchmesser haltende Vase von geschliffenem rothem Porphyr, verfertigt bei Elfdal in Dalekarlien nach einer antiken Vase aus Herculanum, 1825 aufgestellt ist, u. in deren Nähe ein Wintergarten u. Orangeriegebäude angelegt sind. An einem von Eichen beschatteten Platze ist das Denkmal des Dichters Bellmann (s.d.), mit dessen von Byström modellirter Büste 1829 aufgestellt worden, wohin jährlich am 26. Juli, dem Tage der Enthüllung jenes Denkmals, die Stockholmer Welt wallfahrtet. Am östlichen Ende des Thiergartens ist der von vielen Landhäusern umgebene Seezoll. g) Die Königsinsel (Kungsholm) im Westen von Norrmalm, davon getrennt durch einen schmalen Arm des Mälar, über welchen zwei Brücken führen, enthält eine Kirche, eine Dampfmühle nebst Bäckerei, die königliche Münze, die Druckerei der schwedischen u. englischen Bibelgesellschaft, eine Baierisch-Bierbrauerei, eine Eisengießerei, eine Kachelofenfabrik, viele Gerbereien, die große Baumwollen- u. Stoffweberei u. Färberei Karlsvik u.a.m. Besonders aber ist dieser etwas entlegene Stadttheil zu den Anstalten für die Gesundheitspflege angewendet; hier sind: das große Seraphinerlazareth u. dabei das Carolinische Institut zur Bildung praktischer Ärzte mit reichen Sammlungen, das Garnisonkrankenhaus, das Kurhaus zur Heilung syphilitischer Kranken, das Entbindungshaus u.a.m. Außerhalb der Stadt liegen: das neue Irrenhaus bei Conradsberg, eröffnet 1861, die Lehranstalt Marieberg zur Bildung von Artillerieoffizieren u. die Insel Klein- (Lilla-) Essingen mit einer Schiffswerfte; etwas entfernter das dem Prinzen August gehörige Gut Christineberg u. eine schwedische Meile entfernt auf der Insel Lofö, welche aber durch Brücken mit dem Festlande verbunden ist, das königliche Lustschloß Drottningholm (s.d.) mit Park.

C) Södermalm, der größte Stadttheil mit regelmäßigen Straßen, aber sehr uneben u. noch viele Gärten u. Felder enthaltend, reich an Punkten, von denen man herrliche Aussichten hat, hängt mit dem Karl Johannsplatze mittelst zweier Brücken zusammen. Hier ist am Ufer des Mälar u. der Salzsee die Eisenwage (Jernvågen), ein Eisenmagazin (welches jedoch von hier nach der Werfte des Thiergartens verlegt werden soll, weil man von dem jetzigen, etwas weiter entfernt auf einem kleinen ausgefüllten See, Fatburen, von Holz aufgeführten provisorischen Bahnhofe die Eisenbahn unterirdisch durchsprengen, hierher leiten u. hier den eigentlichen Bahnhof anlegen will). Von den beiden Kirchen auf Södermalm, der Marien- u. Katharinenkirche, ist letztere, auf einer Höhe gelegen, die schönste in S.; in deren Nähe befindet sich der optische Telegraph, die Navigationsschule, das unmittelbar daran grenzende Schauspielhaus u. der Garten Mosebacke (Mosesberg), von welchem man die schönste Aussicht auf Stadt u. Umgegend hat u. in welchem im Sommer Volksbelustigungen u. Concerte à la Musard gehalten werden. Eine Feuersbrunst zerstörte hier 1857 über 20 Häuser; darauf hat man durch Absprengung einen großen Platz geebnet, welcher in der Mitte mit Parkanlagen verziert ist. Ein anderer großer Platz, der Adolf Frederiksplatz, weiter westlich, ist an den Seiten mit vierfachen Lindenalleen bepflanzt. Ferner sind zu bemerken: die Engeströmsche Bibliothek, die Wasserleitung am südlichsten Ende, welche seit 1861 die ganze Stadt mit gutem Trinkwasser versieht (dicht dabei die Kaltwasserkuranstalt Grundsberg u. die Ziegelei Eriksdal), eine Zuckersiederei (Tanto), eine Baierisch-Bierbrauerei, die Eisengießerei Bergsund u. viele andere Fabriken. An dem östlichen Ende, aber schon außerhalb der Stadt, liegt das Hospital Danviken (mit Kirche), mit welchem früher die jetzt nach Conradsberg verlegte Irrenanstalt verbunden war. Mit Södermalm durch hölzerne Brücken verbunden sind die beiden Mälarinseln Långholm u. Reimersholm, von denen jene, die größere, eine Schiffswerfte u. eine Straf- u. Besserungsanstalt für Männer enthält (die für Weiber ist auf dem Norrmalm).

Wissenschaftliche Anstalten. Akademien der Wissenschaften (mit Sternwarte, naturhistorischen, ethnographischen u.a. Sammlungen u. Bibliothek), der Schönen Wissenschaften, Geschichte u. Alterthumskunde, der freien Künste, der Musik, der Kriegswissenschaften, des Landbaues (mit Experimentalfeld), die Schwedische (der Achtzehner) u.a. Vereine. Sammlungen: die königliche (Reichs-) Bibliothek, das Steinmuseum, die Gemäldegallerie, das Antiquitätenmuseum, das Münzcabinet, die Leibrüst- u. Kleiderkammer (welche sämmtlich in das neue Reichsmuseum versetzt werden sollen), das Reichsarchiv, die Engeströmsche Bibliothek u.a. Unterrichtsanstalten: außer der hohen Artillerieschule[858] auf Marieberg, der Kriegsakademie auf Karlberg, den Schulen der Akademie der Musik, der Akademie der freien Künste u. mehren Privatschulen gibt es in S. 74 öffentliche Lehranstalten, davon sind zwei vollständige gelehrte Schulen (in Schweden Elementarschulen, ehemals Gymnasien genannt), 53 theils in der klassischen Linie nicht, in der Reallinie aber vollständige, theils höhere od. untere Bürger-, theils Volksschulen u. fünf Kleinkinderschulen. Unter den übrigen sind als höhere Fachschulen zu bemerken: das Karolinsche medicinisch-chirurgische Institut, welches mit den medicinischen Facultäten bei den Universitäten gleiches Ansehen genießt u. für den Staatsdienst examinirt, das von Ling gestiftete Gymnastische Centralinstitut, das Technologische Institut, die Handwerksschule, die Navigationsschule, die Veterinäranstalt, das Pharmaceutische u. das Forstinstitut. Wohlthätigkeitsanstalten: das große u. das Freimaurerwaisenhaus, die Murbecksche Stiftung, das große Entbindungshaus auf Kungsholm u. ein anderes (Pro Patria) auf Norrmalm, das Taubstummen- u. Blindeninstitut auf Manilla im Thiergarten, das Irrenhaus auf Conradsberg, das Hospital zu Danviken, das Seraphiner- u. das Garnisonlazareth, so wie das Kurhaus auf Kungsholm, ein Lazareth auf Södermalm, mehre Hospitäler u. Krankenhäuser u. viele Barmherzigkeils-, Unterstützungs-, Versorgungs- u. Pensionsanstalten. Öffentliche Anstalten: Corrections- u. Spinnhaus, mehre Arbeitshäuser, Brandversicherungscomptoir der Stadt, die Versicherungsgesellschaft Scandia, Sparbank, Assistancecomptoir. Einkünfte der Stadt jährlich über 914,000, Ausgaben fast 893,000, Schulden fast 700,000 Rthlr.; doch besitzt die Stadt Grundstücke von über 1 Mill. Rthlr. an Werth nach dem Versicherungswerthe. Fabriken u. Manufacturen: 11 Zuckerraffinerien, 29 Tabaksfabriken, 21 Seiden- u. Bandfabriken, 14 mechanische Fabriken, 9 Stearin- u. Talgfabriken, 5 Leinen- u. Baumwollenfabriken, 11. Leder- u. Saffianfabriken, 2 Eisengießereien. Übrigens sind fast für alle Gegenstände Fabriken vorhanden. Der Handel in S. ist außerordentlich lebhaft, da S. der Stapelplatz für einen großen Theil des Reiches ist; er theilt sich in den Land- u. Seehandel. Die Stadt besitzt (1862) eine Handelsflotte von 112 Fahrzeugen mit einer Tragfähigkeit von 14,510 Lasten u. 40 Dampfschiffen mit 2561 Pferdekräften. Der Werth der Einfuhr betrug 351/2 u. der der Ausfuhr über 14, die Zolleinnahme über 5,2 Mill. Rthlr. Als Beförderungsmittel des Handels sind zu nennen: die Reichsbank, die Stockholmer Privatbank u. elf andere Privatbanken, welche hier sämmtlich Wechselcomptoire haben, die Börse, an welcher 1860 für über 68 Mill. Rthlr. Wechselgeschäfte gemacht wurden, die Seeassecuranz u.a.m. S. ist seit 1862 durch eine Eisenbahn mit Götheborg (121/2 schwedische Meilen) verbunden. Die mittlere Jahrestemperatur ist + 6°. Lebensweise. Im Sommer wohnen alle Begüterten auf dem Lande, u. nur die Männer begeben sich um ihrer Geschäfte willen in die Stadt, eilen aber gern jeden Abend hinaus zu den Ihrigen u. in die schöne Natur, wozu ihnen die vielen Dampfboote, welche in allen Richtungen die von Gewässern durchschnittene Umgegend besuchen, so wie jetzt auch die Eisenbahn Gelegenheit darbieten. Wer in der Stadt bleiben muß, hat zu seiner Belustigung zwei Sommertheater (im Hopfengarten u. im Thiergarten), einen Circus (im Thiergarten), schöne Promenaden, als: Stromparterre, Karls XIII. Platz, Berzeliipark, Hopfengarten, Schiffs- u. Kastellholm, Thiergarten, Karlberg, Haga u.a., kann auch mit Dampfschiffen Ausflüge machen nach Drottningholm, Ulriksdal u. nach entfernteren Stellen, z.B. dem Lustschlosse Rosersberg bei Sigtuna u. dem alten Schlosse Gripsholm (s.d.) bei Mariefred. Im Winter, welcher Alle wiederum in der Stadt versammelt, beginnt das gesellschaftliche Leben, welches dem in anderen großen Städten gleich ist. Der Ton in den höheren Ständen ähnelt dem französischen, ist jedoch umständlicher u. förmlicher, wozu wohl viel der Umstand beiträgt, daß in der Schwedischen Sprache kein Anredewort für das deutsche Sie gebräuchlich ist u. man daher stets den Titel des Angeredeten im Munde führen muß. Die Zahl der Einwohner 1860 war 116,972 (sie betrug 1805_: 72,652, 1835_: 82,655). Vgl. J. Elers, Stockholm, Stockh. 1800, 4 Bde. (deutsch von Gerken, Halle 1805–8); P. R. Ferlin, Stockholmsstad i juridiskt, administrativt, statistiskt och borgerligt hänseende, Stockh. 1854–58, 2 Bde.; C. F. Frisch, Stockholm, Berl. 1860. Karten über die Umgegend: eine große von dem Topographischen Corps 1861 in 9 großen Blättern; kleinere sind zwei von C. O. Funk 1846 u. 1852, eine andere 1862 vorhanden.

Verheerende, räuberische Einfälle in den Mälar, z.B. 1188, da die Esthen u. Karelen die damalige Hauptstadt Schwedens, Sigtuna, zerstörten, so wie auch die übrigens günstige Lage bewogen den Birger Jarl, welcher die Regierung für seinen Sohn Waldemar I. führte, 1255 an dem Einlaufe des Mälar ein festes Schloß anzulegen u. den Stockholm, auf welchem bisher nur einige Fischerfamilien gewohnt hatten, zu einer Stadt zu erheben, welche aber damals nur den inneren Theil der jetzigen eigentlichen Stadt u. die Heiligengeistinsel umfaßte, u. diese mit Befestigungen zu umgeben. Lange blieb die Stadt innerhalb dieser Grenzen, obgleich der Raum für die wachsende Bevölkerung zu eng wurde u. oft Versuche mit dem Anbau der Vorstädte gemacht wurden, aber bei Belagerungen wurden dieselben abgebrannt, z.B. von Margaretha nach Albrechts Gefangennehmung 1389, da die Stadt von den Vitalinern vertheidigt wurde, ja noch Gustav I. ließ die Vorstädte abbrechen, damit die Gebäude einem anrückenden Feinde nicht Schutz gewähren möchten. Belagert wurde die Stadt außerdem während der Zeiten der Calmarischen Union von Christian I.; doch wurde dieser 1471 (auf dem Brunkeberge) geschlagen u. mußte fliehen. Seinem Sohne Johann öffnete S. seine Thore 1497; als er aber abgesetzt war, mußte sich das Schloß den Schweden ergeben. Christian II. wurde wieder als König von Schweden anerkannt, u. S. öffnete ihm 1520 seine Thore, nachdem er das Versprechen einer allgemeinen Amnestie gegeben hatte. Gleichwohl ließ er 94 edle Schweden auf dem Großen Markte enthaupten (Stockholmer Blutbad, s.u. Schweden S. 554). Als hierauf Gustav Wasa den König Christian II. verjagt hatte, konnte er S. erst nach einer langen Belagerung 1523 einnehmen, während welcher die Bevölkerung von 1200 Familien auf 80 herabgesunken war. Erst seit den Zeiten Johanns III. (1569–92) sind die Vorstädte angebaut u. erst unter Christina (1632–54) diese[859] in administrativer Hinsicht mit der Stadt vereinigt worden. Durch Feuersbrünste hat S. in der ältesten Zeit viel gelitten, doch auch noch in der späteren, z.B. 1697, wo das Schloß, 1725, 1751 u. 1759, wo die Katharina-, die Maria- u. die Clarakirche nebst vielen Gebäuden abbrannten; die neuesten Brände waren 1835, wo die Ritterholmskirche beschädigt wurde, u. 1857 auf Mosebacken (s. oben). Auch die Pest hat in älteren Zeiten oft Verheerungen angerichtet, so wie 1834 u. 1853 die Cholera. Hier wurde 1720 der Friede zwischen Schweden, Hannover, Preußen, Dänemark u. Polen abgeschlossen. Die Aufstände 1838 u. 1848 waren von keiner Bedeutung, aber es wurde dennoch scharf geschossen u. floß Blut.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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