Magnetismus

Magnetismus

Magnetismus, ist die Ursache, vermöge deren ein damit behafteter Körper (Magnet) andere Körper im Allgemeinen entweder anzieht (am stärksten weiches Eisen), od. abstößt (am stärksten Wismuth), von einem zweiten Magneten aber das eine Ende anzieht, das andere abstößt; frei beweglich aufgehängt eine ganz bestimmte Richtung annimmt; in genäherten Körpern denselben Zustand des M. erregt, entweder vorübergehend (wie im weichen Eisen, od. bleibend wie im Stahl); unter dem Einflusse von ruhenden elektrischen Strömen nach bestimmten Gesetzen bewegt wird, od. auch selbst ruhend jene bewegt u. endlich bei gegenseitiger Bewegung in dem Leiter einen elektrischen Strom erregt. I. Anziehung des Eisens durch natürliche Magnete. Schon den alten Griechen war die Eigenschaft des Magneteisensteins, welchen sie Magnes od. Magnessa (von Magnesia in Lydien) u. Herakleia Lithos (nach Einigen von Heraklea im lydischen Gebiet Magnesia, nach Einigen wegen seiner herculischen Kraft) nannten, bekannt, daß dieser kleine Eisenstücke, in viel schwächerem Grade auch Nickel u. Kobalt anziehe. Dieser Magneteisenstein heißt, weil ihm diese Kraft von Natur innewohnt, natürlicher Magnet. Taucht man einen natürlichen Magneten in eine Menge Eisenfeilspähne, so häufen sichdieselben immer an zwei, sich ungefähr gegenüberliegenden Punkten an, u. diese zwei, die stärkste Anziehungskraft besitzenden Punkte heißen die Pole, die sie verbindende Gerade aber die magnetische Achse des Magneten. Die Spähne werden hier so fest gehalten, daß es schwer ist, sie vollständig wieder abzulösen. Dagegen gibt es ungefähr in der Mitte zwischen beiden Polen eine Linie in der auf der Achse senkrechten Ebene, welche gar keine anziehende Kraft auf das Eisen ausübt u. daher die neutrale od. indifferente Linie ( Zone, Mittellinie) genannt wird. Jedoch zieht nicht allein der Magnet das Eisen an, sondern die Wirkung ist eine reciproke, es findet eine der Wirkung gleiche aber entgegengesetzte Gegenwirkung statt, wie man dies daraus wahrnimmt, daß auch von einem festgehaltenen Eisenstück jeder Pol eines frei beweglichen Magneten angezogen wird. Läßt man ein Eisenstück auf einem Uhrglase in einer Schale mit Wasser schwimmen, u. hält einen Magnetpol an die Außenseite der Schüssel, so wird das Eisen trotz der dazwischen liegenden Wand der Schüssel angezogen. Man erkennt daraus, daß der Magnet nicht blos in unmittelbarer Berührung wirkt, sondern auch aus der Ferne, u. daß überhaupt beliebige zwischengeschobene Körper die magnetische Wirkung niemals hindern. Die Taschenspielerkunst benutzt diese Eigenthümlichkeit des M. häufig, um irgend welchen Bewegungen, deren magnetische Ursache durch dergleichen Schirme verborgen sind, den Anstrich von Zauberei zu geben. Der eingeschaltete Körper darf nur nicht von Eisen sein, da dann der M. auf dieses eine gewisse Wirkung äußert, welche auf den jenseits befindlichen Eisenkörper nicht ohne Einfluß sein kann. Bringt man nämlich Eisen in die Nähe eines Magneten, so wird in ihm M. hervorgerufen (inducirt). Auf diese Mittheilung des M. an genähertes Eisen gründet sich der Kunstgriff, die natürlichen Magneten, deren Form oft zum Gebrauche unbequem ist, brauchbar zu machen durch eine Armatur (Bewaffnung), d.i. dadurch, daß man die Pole mit angepaßten Eisenblechen (Flügel der Armatur) belegt, welche in zwei nahe bei einander stehenden nach einer Seite[708] gerichteten Füßen (künstlichen Polen) endigen. Steht ein Stück weiches Eisen, welches durch einen Magneten selbst zum Magneten geworden ist, mit einem zweiten Stück Eisen in Verbindung, so wird auch dies magnetisch u.s.f. Taucht man daher einen Magneten in Eisenfeilspähne, so hängen sich nicht nur solche unmittelbar an den Magneten, sondern auch in großer Menge fadenförmig an einander. Vermöge dieser Anziehungserscheinungen zeigt der M. einige Ähnlichkeit mit der Elektricität, u. man hat in neuerer Zeit die Erscheinungen des M. sowie die der Elektricität auf Schwingungen zurückzuführen gesucht, analog den Erscheinungen des Lichts.

II. Polarität des Magneten. Hängt man einen Magneten an einem Faden auf u. nähert einem seiner Pole successive die beiden Pole eines anderen Magneten, so zieht der eine den ersteren an, der andere stößt ihn ab, zur Attractionskraft des Magneten kommt hiermit eine Repulsivkraft. Dieses entgegengesetzte Verhalten der beiden Enden des Magneten, welche in Beziehung auf das Eisen (s. oben) ganz identisch erschienen, nennt man Polarität, u. nennt den einen Pol den positiven (+), den anderen den negativen (-). Bestimmt man hierauf an einem dritten Magneten die beiden Pole durch ihr Verhalten gegenden nämlichen Pol des suspendirten Magneten nach derselben Regel, hängt den einen der beiden bestimmten Magneten an einem Faden auf u. nähert ihm successive die beiden Pole des anderen, so findet man, daß der + Pol den – Pol des anderen anzieht, den + Pol des anderen abstößt, der – Pol des ersten aber den – Pol des andern abstößt u. den + Pol anzieht. Daher das Gesetz: gleichnamige Pole stoßen sich gegenseitig ab, ungleichnamige ziehen sich an. Man nennt daher die ungleichnamigen auch freundschaftliche, die gleichnamigen aber feindliche Pole. Diese Anziehung u. Abstoßung der Magnete beruht aber im Grunde auf einer Anziehung u. Abstoßung der in denselben enthaltenen Magnetismen, deren man nunmehr zwei annehmen muß, nämlich + M. u.– M. Die Wechselwirkung dieser überträgt sich nur auf die Massen, u. dem entsprechend erklärt sich auch die Anziehung des weichen Eisens. Untersucht man nämlich die Enden eines weichen Eisenstücks, welches in der Nähe eines + Pols magnetisch wird, so entdeckt man in dem dem + Pol zugekehrten Ende einen – Pol, in dem abgewendeten einen + Pol; daher nennt man diese Erregung von M. auch Magnetisirung durch Vertheilung, weil die beiden Magnetismen in die entgegengesetzten Enden des Eisenstücks vertheilt werden. Da nun die anziehende Wirkung des + Pol auf den näheren – Pol stärker ist, als die abstoßende auf den weiteren + Pol, so folgt das Eisen der ersteren, u. somit erscheint auch die Anziehung des weichen Eisens nicht als Wirkung des M. auf die Eisenmasse, sondern als Folge der Wechselwirkung der Magnetismen. Hätte man das Eisen einem – Pol. genähert, so hätte dieser in dem zugewendeten Ende einen – Pol inducirt, in dem entfernteren einen – Pol, u. es wäre hier wieder die Anziehung der freundschaftlichen Pole vorwiegend gewesen; daher die Erscheinung, daß Eisen von beiden Polen angezogen wird. Auf derselben Wechselwirkung der Magnetismen beruht die Mekhode, die Kraft der Magnete zu conserviren u. zu vermehren. Sind die Magnete nämlich so gestaltet, daß die entgegengesetzten Pole nach einer Seite gekehrt neben einander liegen, wie die oben beschriebenen armirten natürlichen Magnete od. die Hufeisenmagnete (s. unten), so kann man durch einen Anker, d.i. durch ein Stück weiches Eisen, welches beide Pole gut berührt, verhindern, daß der Magnet etwa durch Stoß od. durch zufällige Näherung anderer Magnete seinen M. verliert. Denn in dem zunächst an dem + Pol anliegenden Ende wird durch letzteren ein – Pol, in dem anderen Ende ein + Pol hervorgerufen u. diese Vertheilung durch den mit dem anderen Ende in Berührung stehenden – Pol verdoppelt. Da nun aber die im Anker gebildeten Pole auf den Magneten zurückwirken, so zieht der – Pol des Ankers noch mehr + M. in den + Pol des Magneten u. der. + Pol des Ankers neuen – M. in den – Pol des Magneten, bis der letztere den möglichst hohen Grad von M. erreicht hat, d. h. bis zur Sättigung. Von dieser Grenze an dient der Anker nur noch dazu, den M. ferner in dieser Quantität zu erhalten. Auf die entsprechende Weise kann man zwei gleich lange gerade Magnetstäbe armiren, indem sie parallel mit den entgegengesetzten Polen nach gleicher Seite neben einander legt u. die neben einander liegenden Pole durch weiche Eisenstücke verbindet. Unter Tragkraft eines Magnets versteht man die Größe des Gewichts, mit welchem man den Anker belasten darf, ohne daß er dadurch abgerissen wird. Wegen der von den Polen ausgehenden Vertheilung des M. im Anker u. der Rückwirkung dieses M. auf den Magneten beträgt dieses Gewicht mehr als das Doppelte dessen, was ein Pol allein tragen würde. Natürlich must aber der Ankerdie ganzen Endflächen des Magneten bedecken u. gut an ihnen abgeschliffen sein, damit an möglichst vielen Punkten die die Anziehung erzeugende Wechselwirkung eintreten kann. Da die Tragkraft von der Menge dieser Punkte, d.i. also von der Größe der Endflächen, abhängt, diese letztere aber bei ähnlich gestalteten Magneten proportional dem Quadrate ihrer Länge zunimmt, dagegen der körperliche Inhalt u. damit auch das Gewicht des Magneten proportional dem Cubus der Länge, so wird bei gleicher Güte des Stahls u. gleicher Stärke der magnetisirung die getragene Last bedeutend langsamer wachsen als das Gewicht des Magneten; daher ist das einfache Verhältniß des getragenen Gewichts zum tragenden kein passender Maßstab für die Güte des Magneten. Mit dem Begriffe der Wechselwirkung der Magnetismen steht der des gebundenen u. freien M. in inniger Beziehung. Aus ihm erklärt sich folgendes Experiment von Snow Harris. Hängt man ein Eisenstück an dem einen Arm eines Wagebalkens auf u. äquilibrirt es, so wird es durch einen darunter gehaltenen Magnetpol herabgezogen. Bringt man jedoch in eineangemessene Entfernung dieses Pols in horizontaler Ebene eine andere Eisenmasse, so hört der Pol plötzlich auf, das äquilibrirte Eisen anzuziehen. Er ist nämlich statt dessen damit beschäftigt, in der genäherten Eisenmasse einen sich entgegengesetzten M. hervorzurufen; dieser aber sucht nun das äquilibrirte Eisen in entgegengesetztem Sinne zu magnetisiren, als der ursprüngliche Pol, darum verschwindet die Wirkung ganz u. man sagt, der M. des ursprünglichen Pols ist durch den inducirten entgegengesetzten M. gebunden. Befindet sich ein kleiner Magnet von einem starken Magnetpol in einer solchen Entfernung, daß die Länge des Magneten gegen sie verschwindet, so wird die Anziehung[709] des freundschaftlichen Pols mit der Abstoßung des feindlichen wegen der fast ganz gleichen Entfernung gleich stark, vorausgesetzt, daß die Stärke des M. in beiden Polen gleich groß ist. Es wird dann nicht eine Anziehung des ganzen Magneten od. eine Annäherung seines Schwerpunktes, sondern nur eine Drehung des Magneten soweit stattfinden, bis die freundschaftlichen Pole einander zugewendet sind. Die Thatsache nun, daß die Erscheinung wirklich so eintritt, beweist, daß wirklich der + M. u. – M. in beiden Polen der Magnete in gleicher Quantität vorhanden ist. Diese Drehung des Magneten unter Einfluß eines anderen sehr entfernten gibt die Erklärung zu dem Phänomen, daß ein Magnet, welcher an einem Faden hängend od. auf dem Wasser schwimmend einer freien Bewegung überlassen wird, an jedem Orte der Erde eine ganz bestimmte Richtung annimmt, in welche er immer, wenn man ihn herausstößt, mit einer gewissen Richtkraft (Directionskraft) unter Oscillationen wieder zurückkehrt, ohne daß jedoch der Faden, an welchem der Magnet hängt, von der verticalen Linie abweicht od. der Magnet auf dem Wasser nach jener Richtung hinschwimmt. Diese Richtung ist in Europa im Allgemeinen eine solche, daß der eine Pol ungefähr nach Norden, der andere Pol nach Süden gerichtet ist; daher der erstere Pol auch von den Deutschen u. Engländern der Nordpol, der letztere Pol dagegen der Südpol des Magneten genannt u. hierdurch die Unterscheidung des + u. – M. ersetzt. Die durch die magnetische Achse eines freibeweglichen Magneten gelegte Verticalebene heißt der magnetische Meridian, u. der Winkel, welchen dieser mit dem astronomischen Meridian bildet, die magnetische Abweichung (magnetische Declination), die auf der Richtung der magnetischen Achse senkrechte Ebene dagegen der magnetische Äquator. Eine in horizontaler Ebene über einer Kreistheilung drehbare Magnetnadel, an welcher man die Richtung des magnetischen Meridians eines bestimmten Beobachtungsortes erkennen kann, heißt eine Declinationsnadel od. Declinatorium. Die beschriebene Richtung wird dem Magneten nach der zuerst von Gilbert aufgestellten Ansicht durch den in der Erde befindlichen Erdmagnetismus (s. unten) bewirkt, vermöge dessen die Erde als ein großer Magnet u. zwei, ihrem geographischen Nordpol u. Südpol nahe liegende Punkte als dessen Pole anzusehen sind, nach denen sich der bewegliche Magnet richtet. Gemäß der Bezeichnung der Deutschen u. Engländer muß daher der geographische Nordpol der Erde Südmagnetismus enthalten, weil er das Nordende des Magneten anzieht; der geograph. Südpol aber Nordmagnetismus; dagegen pflegt in den wissenschaftlichen Werken der Franzosen der dem geographischen Nord- od. Südpol angehörige M. resp. mit Nord- od. Südmagnetismus bezeichnet zu werden, so daß dann wegen der Anziehung uugleichnamiger Pole der in dem nach Norden weisenden Ende des Magneten enthaltene M. bei ihnen Südmagnetismus heißt. Wegen der in der Richtkraft des Magneten sich bethätigenden Polarität braucht man den M. im Compaß u. der Boussole (s. b.). Im dritten Jahrhundert n. Chr. war der Gebrauch des Magneten als Compaß auf den chinesischen Schiffen schon eingeführt u. im vierten Jahrh. leitete sie derselbe auf offenem Meere nach den Küsten Afrikas u. Arabiens. Höchst wahrscheinlich ist auf diesem Wege durch die Araber die Kenntniß dieser Eigenschaft des Magneten auch zu uns gelangt. Will man bewirken, daß der Erdmagnetismus eine Magnetnadel nicht in bestimmte Richtung bringe, so kann man dieselbe mit einer zweiten, gleichstarken Magnetnadel fest verbinden, u. zwar so, daß der Erdmagnetismus die letztere für sich gerade nach entgegengesetzter Richtung zu drehen strebt, als die erstere. Beide Richtkräfte werden sich dann einander aufheben. Man befestigt zu dem Ende die beiden Nadeln parallel, doch mit den gleichnamigen Polen nach entgegengesetzten Richtungen, an ein verticales Drahtstück od. einen Strohhalm u. nennt ein solches System eine Astatische Nadel. Sie ist von Nobili namentlich zum Galvanometer angewendet, da sie eine bedeutende Quantität M. enthält, auf welche der galvanische Strom um so stärker wirkt, ohne daß die richtende Kraft des Erdmagnetismus der ablenkenden des galvanischen Stroms einen Widerstand entgegensetzte; auf gleiche Weise dient sie, um höchst geringe Grade von M. in genäherten Körpern merkbar zu machen. Die Attractionskraft des Erdmagnetismus fällt aber nicht ganz in die horizontale Ebene, sondern dies scheint nur so bei Nadeln, welche sich eben nur in horizontaler Ebene bewegen können. Hängt man dagegen eine Stahlnadel genau in ihrem Schwerpunkte auf, od. führt man durch denselben eine horizontale Achse u. hängt die Nadel mit derselben so ein, daß sie sich in dem magnetischen Meridian bewegen kann, so wird sich die Nadel, nachdem man sie magnetisirt hat, durch die Kraft des Erdmagnetismus in eine gegen die horizontale Ebene bei uns um 67° geneigte Richtung einstellen; man nennt diesen Winkel die Inclination, die denselben messende Nadel eine Inclinationsnadel, das ganze Instrument ein Inclinatorium od. Inclinationsboussole. Da die Declinationsnadel genau in horizontaler Ebene schwingen soll, so muß man die das vordere Ende niederziehende Kraft durch ein das hintere Ende beschwerendes Wachskügelchen od. ähnliches Gewicht aufheben. Abgesehen von der Richtkraft des Magneten zeigt sich die polare Anziehung u. Abstoßung der entgegengesetzten Magnetismen durch den Erdmagnetismus auch darin, daß ein Stück weiches Eisen in die günstige Stellung zur Erde gebracht, eben so vorübergehend durch Vertheilung zu einem Magneten wird, wie in der Nähe jedes anderen Magneten; am besten bedient man sich hierzu eines großen Stabes, welcher bei uns in der ungefähren Richtung von Süden nach Norden u. in einem Neigungswinkel von 67° gegen die horizontale Ebene gehalten wird. Dann wird das nach Norden u. unten gerichtete Ende vermöge der Wirkung des Erdmagnetismus zu einem Nordpol, das obere nach Süden gerichtete zu einem Südpol. Diese Vertheilung des M. durch den Erdmagnetismus ist auch der Grund, warum man Magnetstäbe mit ihrem Nordpole in horizontaler Ebene nach Norden legen, od. mit demselben nach unten gerichtet anlehnen muß, weil in entgegengesetzter Lage der von der Erde angezogene Nordmagnetismus einen Theil des vorhandenen Südmagnetismus aufheben würde.

III Von den künstlichen Magneten. Wenn man in die Nähe eines Magnetpols, z.B. eines Nordpols, gehärtetes Eisen od. Stahl bringt, so wird auch dieses, wie das weiche Eisen, zu einem Magneten, dessen zugewendetes Ende den entgegengesetzten M. enthält, als der gebrauchte Pol, in unserem Beispiel Südmagnetismus, dessen abgewendetes [710] Ende aber den gleichnamigen Pol bildet, hier den Nordpol. Der Unterschied, welcher sich darbietet, je nachdem man sich des Stahls od. des weichen Eisens bedient, beruht nur darin, daß ein stärkerer M., eine längerdauernde Berührung od. ein wiederholtes Streichen nöthig ist, um den Stahl zu einem ebenso kräftigen Magneten zu machen, als das weiche Eisen, daß aber in ersterem dann auch bei Entfernung des ursprünglichen Magneten der M. permanent ist, während er beim weichen Eisen verschwindet. Da zur Magnetisirung nicht unmittelbare Berührung des Pols nothwendig ist, so erklärt sich nun auch die Entstehung der natürlichen Magnete. Der M. der Erde hat das ihrem Nordpol zugekehrte Ende zu einem magnetischen Nordpol, das andere zu einem magnetischen Südpol, den ganzen Stein zu einem permanenten Magneten gemacht. Ein Stahlstab, in welchem permanenter M. erregt worden ist, heißt ein künstlicher Magnet. Ihrer Gestalt nach sind geradlinige u. hufeisenförmige Stäbe, sowie Magnetnadeln die gewöhnlichsten; die letzteren haben in der Regel die Gestalt eines sehr schieswinklichen Rhombus, dessen lange Diagonale mit der magnetischen Achse zusammenfällt; in ihrem Mittelpunkte tragen sie ein Achathütchen, welches auf einer seinen Spitze aufgesetzt wird, wenn sie zum Compaß dienen sollen. Die einfachste Art einen Stahlstab zu magnetisiren besteht darin, daß man das eine Ende desselben mit dem Pole (z.B. Nordpole) eines Magneten in Berührung bringt; dann wird das berührende Ende ein Südpol, das abgewendete ein Nordpol. Jedoch gelingt auf diesem Wege eine vollständige Magnetisirung nur dann, wenn der ursprüngliche Magnet sehr stark u. der neue sehr klein ist; wo nicht, so bilden sich oft längs des neuen Magneten Consequenzpunkte (s. unten IV.). Man erfand daher verbesserte Methoden des Magnetisirens, u. es erlangten besondere Berühmtheit Duhamels Methode des getrennten Striches u. die von Michell erfundene, von Äpinus u. Coulomb vervollkommnete Methode des Doppelstriches (ungetrennten Striches); auch bediente man sich mit Vortheil dabei anstatt großer. streichender Magnete der Magnetischen Magazine, das sind Bündel dünner Magnetstäbe, welche alle die gleichnamigen Pole nach derselben Seite kehren. Seit man aber vermag, durch Hülfe des galvanischen Stromes Hufeisenmagnete von ungeheuerer Tragkraft herzustellen, ist das Magnetisiren nicht mehr so mühsam, als früher. Es genügt, die Enden des stabförmigen od. hufeisenförmigen Stahles wenigemale an den entgegengesetzten Polen des Elektromagneten zu streichen, um den Stahl bis zum Sättigungspunkte zu magnetisiren. Dasselbe kann auch unmittelbar durch einen galvanischen Strom geschehen, der in einer Drahtspirale um den zu magnetisirenden Stahl herumgeführt wird.

IV. Von der Vertheilung des freien Magnetismus in künstlichen geraden Magnetstäben. In einem regelmäßigen Magneten, der einen Nord- u. Südpol besitzt, ist der Nord- u. Südmagnetismus auf die beiden Hälften des Magneten zu gleichen Quantitäten vertheilt, so daß der Mittelpunkt der Achse ohne M. ist u. die entgegengesetzten Arten desselben nach beiden Seiten hin nach einerlei Gesetz zunehmen werden. Das Gesetz dieser Intensitätszunahme hat zuerst Coulomb durch Beobachtung der Anzahl von Schwingungen erforscht, welche eine kleine Magnetnadel. (dte Probenadel) während 1 Minute in der Nähe verschiedener Punkte des zu untersuchenden größeren Magnetstabes macht. Bricht man einen cylinderförmigen, glasharten Magneten nach seiner Mittellinie durch, so erhält man nicht einen Theil mit alleinigem Nord- u. einen mit alleinigem Südmagnetismus, sondern zwei vollkommene Magnete mit beiderlei Polen u. je einer neutralen Linie in ihrer Mitte. Wiederholt man den Versuch mit einer der beiden Hälften, so zeigt sich der nämliche Erfolg, u. soweit man auch dies Verfahren fortsetzt, so wird man nie auf Theile kommen, die nur eine Art M. enthalten, vielmehr erweisen sich auch die kleinsten Theile als vollständige Magnete mit Nord- u. Südmagnetismus. Hieraus muß man schließen, daß der M., welcher in einem Stahlstabe durch einen genäherten Magneten vertheilt wurde, nicht durch den ganzen Stab frei beweglich ist, so daß aller Nordmagnetismus an das eine Ende angezogen u. aller Südmagnetismus an das andere abgestoßen würde, sondern daß die Magnetismen sich nur in jedem einzelnen Molecül scheiden lassen. Mithin ist der Magnetstab aus unendlich vielen, unendlich kleinen Magneten zusammengesetzt, so daß in allen der gleichnamige M. nach derselben Seite hin liegt. Überall, wo sich nun der Nordpol eines Molecüls mit dem Südpol des nächsten berührt, wird die Kraft beider Pole neutralisirt (die Punkte, wo dies geschieht, heißen Consequenzpunkte), u. nur die äußersten Endflächen bleiben als solche übrig, wo die beiden Magnetismen sich nicht zerstören.

V. Von der Veränderung der magnetischen Wirkung mit der Entfernung. Die Vermuthungen mehrerer Physiker, daß die magnetische Anziehung u. Abstoßung dem Quadrate der Entfernung der magnetischen Theilchen umgekehrt proportional sei, hat Coulomb zuerst durch Experimente bekräftigt, indem er die Wirkung eines festen Magnetpols auf einen kleinen beweglichen Magneten in verschiedenen Abständen maß. Er bestimmte die Wirkung auf doppeltem Wege, nämlich theils durch Schwingungen eines beweglichen Magneten, theils durch die Magnetische Drehwage (Torsionswage, s. Drehwage). Ein an einem Metalldrahte aufgehängter Magnet wurde durch einen festen Magnetpol bis auf eine Entfernung von 24° aus seiner Ruhelage abgestoßen, wobei er eine durch die Zahl 864 gemessene Torsionskraft zu überwinden hatte. Man mußte die Torsionskraft bis auf 3312 erhöhen, wenn die Abstoßung nur noch 12° betragen sollte. Beide Zahlen, also auch die magnetischen Kräfte, denen jene Torsionen das Gleichgewicht halten, verhalten sich nahe wie 4: 1 od. wie das Umgekehrte der Quadrate der Entfernungen, welches Resultat er auch bei der Messung der Schwingung erhielt. Diese Versuche gaben jedoch noch nicht genaue Resultate, weil es nie gelingen konnte, die alleinige Wirkung eines einzelnen Pols zu beobachten, sondern immer der übrige Magnetstab störend einwirkte. Die beste Bestätigung fand daher obiges Gesetz dadurch, daß man die Wirkung des ganzen festen Magneten auf den beweglichen bei so bedeutenden Entfernungen maß, daß gegen sie die Länge des Magnetstabes verschwindend war. Für diesen Fall berechnete Gauß, daß im Fall der Gültigkeit obigen Gesetzes die Totalwirkung des ganzen Magneten sich nahe umgekehrt, wie die dritten Potenzen der Entfernungen verhalten müßten.[711] Auch die Richtungslinie, nach welcher der gesammte Magnet auf einen beliebigen Punkt des Raumes wirkt, läßt sich nach einem von Gauß aufgestellten Gesetz berechnen, u. man könnte hiernach für jeden Punkt einer Ebene die auf ihn wirkende Kraft nach Größe u. Richtung bestimmen. Von dem Resultate dieser Rechnung gewinnt man schon eine Übersicht, indem man Eisenfeilspähne auf ein über den Magneten gehaltenes Papier od. eine Glastafel streut, u. dann der Tendenz derselben, unter Einfluß der Directionskraft des Magneten eine bestimmte Richtung anzunehmen, durch ein leichtes Anstoßen an das Papier od. Glas zu Hülfe kommt. Jedes Nädelchen nimmt dann eine Richtung an, welche von der des nächstfolgenden nur sehr wenig verschieden ist; es berühren sich also beide mit den ungleichnamigen Polen u. schließen sich an einander an, indem sie alle gemeinsam krumme Fäden od. gleichsam stetige Linien, magnetische Curven (Magnetkraftlinien) bilden, welche ein Totalbild der Wirksamkeit des Magneten darstellen. Diese Curven nehmen bei Magneten von zwei Polen ihren Verlauf von dem einen zu dem anderen. Das Bereich, innerhalb dessen die magnetischen Curven sich erstrecken, d. h. also soweit eine Wirkung des Magneten merkbar ist, nennt man das Magnetfeld.

VI. Theorie des Magnetismus. Alle bisher dargelegten, sich auf die Wechselwirkung zweier Magnete od. von Magnet u. Eisen beziehenden Thatsachen lassen sich durch folgende, nach Äpinus Vorgange von Coulomb ausgebildete Theorie erklären: sämmtliche magnetische Anziehungen u. Abstoßungen stammen von zwei imponderablen Fluidis, dem Nordmagnetismus u. Südmagnetismus, her, von denen die ungleichnamigen sich anziehen, die gleichnamigen sich abstoßen u. zwar mit einer Intensität, welche in demselben Verhältniß abnimmt, in welchem das Quadrat der Entfernung zunimmt. Beide Fluida befinden sich aber in allen einzelnen Molecülen des unmagneilschen Eisens od. Stahls zu gleichen Quantitäten u. so innig gemischt, daß die Wirkung des einen durch die des anderen aufgehoben wird. Vermöge der Wechselwirkung zwischen den Magnetismen ist ein genäherter Magnetpol im Stande, jene beiden Flüssigkeiten zu scheiden, so daß sich an dem zugekehrten Ende eines jeden Molecüls das entgegengesetzte Fluidum ansammelt, als welches der genäherte Pol besitzt, an dem abgewendeten aber das gleichnamige. Doch können sich die Flüssigkeiten hierbei nur innerhalb der dem Molecül angehörigen Sphäre bewegen, nicht zu einem anderen Molecül übergehen. Seit den letzten Jahrzehnten hat sich die Kenntniß des M. auch nach anderen Richtungen hin auf die merkwürdigste Weise entfaltet. Nicht genug, daß man seit 1820 gelernt dat, den M. durch bestimmte Äquivalente strömender Elektricität vertreten zu lassen, so ist auch heutzutage der M. nicht mehr eine dunkle, auf wenig einzelne Körper wirkende, sondern eine allgemeine, auf alle Substanzen ausgedehnte Kraft, von welcher die mannigfachsten Beziehungen zum Licht, der Wärme der chemischen Action, der Krystallisation u. Cohäsion der Molecüle entdeckt werden, u. mehr u. mehr nähert man sich derzuerst von Faraday mit Bestimmtheit ausgesprochenen Ansicht, daß alle Molecularkräfte gemeinschaftlichen Ursprunges, Äußerungen Einer Grundkraft seien.

VII. Die Wechselwirkungzwischen Magnetismus u. Elektricität besteht in zwei Phänomenen: a) nach Örsteds Entdeckung von 1820 lenkt ein in der Ebene des magnetischen Meridians von Süden nach Norden über einer Declinationsnadel hingeleiteter positiver elektrischer Strom das Nordende der Magnetnadel nach West ab u. diese Einwirkung der Elektricität auf M. nennt man Elektromagnetismus (s.d.). b) Wenn man einen Stabmagneten mit dem einen Pole einer Drahtspirale schnell nähert od. von derselben entfernt, so wird dadurch in der Spirale ein elektrischer Strom erregt (inducirt), welchen man an einem Galvanometer wahrnehmen kann, mit dessen Multiplicator die Enden der Spirale in leitende Verbindung gesetzt worden sind, u. zwar ist der Strom gerade einem solchen entgegengesetzt, welcher eine Bewegung des M. nach der nämlichen Richtung gemäß dem elektromagnetischen Gesetze bewirkt hätte. Man begreift diese u. die analogen, von Faraday 1831 entdeckten Erscheinungen unter dem Namen der Magnetoinduction od. Magnetoelektricität. Es lassen sich noch mannigfache Abänderungen des Versuches machen, indem man durch die Drahtspirale einen weichen Eisenstab stecken u. letzteren plötzlich magnetisiren kann. Die Bewegung des M. innerhalb des Eisens ist dann von demselben Erfolge, als die mechanische Bewegung des permanenten Magneten. Diese Methode der Magnetoelektricität kommt z.B. im Neefschen Apparat u. der Saxtonschen Maschine zur Anwendung. Endlich kann man bei Gebrauch eines permanenten Magneten den Versuch auch dahin modificiren, daß man eine Drahtrolle, anstatt sie dem Magneten zu nähern, um eine auf der Richtung des Magneten senkrechte Achse dreht, indem jedesmal die Lage, in welcher die Ebene des Ringes mit der Richtung des Magneten zusammenfällt, einer unendlichen Entfernung des Magneten ähnlich ist, wogegen der Magnet in demselben Maße gleichsam genähert wird, je mehr ein an der Stelle des Magnetpols befindliches Auge durch das Innere der Rolle hindurch sehen kann. Nach diesem Princip kann man auch durch den Erdmagnetismus elektrische Ströme induciren. Derselbe wirkt bei uns nach einer um 67° gegen die horizontale Ebene geneigten Richtung u. kann daher nach den Regeln der Zerlegung der Kräfte in einen horizontalen u. einen verticalen Theil zerlegt gedacht werden. Je nachdem man nun die Inductionsspirale um eine horizontale im magnetischen Meridian liegende, od. um eine verticale Achse dreht, wird der verticale od. der horizontale Theil des Erdmagnetismus in dem Drahte einen Strom induciren; beide Ströme werden am Galvanometer gemessen u. ihr Verhältniß gibt das Verhältniß der verticalen u. der horizontalen Zerlegung u. somit den Werth der Inclination. Vereinfacht für Reisezwecke ist die Beobachtung durch das Inductionsinclinatorium von Weber. In einem Kupferringe, welcher sich um eine horizontale im magnetischen Meridian liegende Achse dreht, inducirt der verticale Theil des Erdmagnetismus einen Strom, welcher auf eine in der Mitte des Ringes befindliche Declinationsnadel ablenkend wirkt, während der horizontale Theil des Erdmagnetismus die Nadel in den magnetischen Meridian zurückzubringen strebt. Hierdurch erfährt man das Verhältniß beider Zerlegungen, woraus die Inclination zu berechnen ist; doch kann man durch ein Uhrwerk die Geschwindigkeit der Drehung so reguliren, daß die an einer Kreistheilung abgelesene[712] Ablenkung der Boussole unmittelbar die Inclination angibt. Die durch M. erregte Elektricität erweist sich nicht nur durch ihre Wirkung auf die Magnetnadel als solche, sondern der Strom kann eine solche Intensität erreichen, daß, wenn der Kreis nicht geschlossen ist u. die beiden Enden des Drahts in sehr kleine Entfernung von einander gebracht sind, ein lebhafter Funke (magnetischer Funke) überspringt. Schon bei Anwendung eines schwächeren Hufeisenmagnets kann man ihn durch ein nach Strehlke u. Faraday construirtes Instrument erlangen. Wie für physiologische Zwecke der Neefsche Apparat dient, indem man, bei einer Einschaltung des Körpers in den Kreis, den plötzlich entstehenden Strom wie den Schlag einer Leydner Flasche fühlt; so ist die Saxtonsche Maschine geeignet, die chemische Wirkung des Stromes zu zeigen, wenn man ihre Poldrähte mit den Platindrähten eines Wasserzersetzungsapparats verbindet. Die beiden Gesetze des Elektromagnetismus u. der Magnetoelektricität sallen mit denen der Elektrodynamik u. der Voltainduction zusammen unter der Bedingung, daß man einen von vorn gesehenen Südpol als einen im Sinn des Uhrzeigers gerichteten elektrischen Strom betrachtet, u. darauf gestützt stellt Ampère seine Theorie von den Molecularströmen auf.

VIII. Wechselwirkung zwischen Magnetismusu. Licht. Die ersten Versuche darüber, ob gewisse Lichtstrahlen den Stahl zu magnetisiren vermögen, stammen von Morichini, welcher zu dem Resultate gelangte, daß dies von den violetten, blauen u. grünen Strahlen gelte. Seine Behauptung hat durch Lady Somerville neue Bestätigung gewonnen. Setzt man die eine Hälfte der Stahlnadel dem violetten Theile des durch ein Prisma gebildeten Sonnenspectrums od. dem durch ein blaues Glas dringenden Sonnenlicht aus, schützt aber die andere Hälfte durch ein Papier, so wird die bestrahlte Hälfte nordmagnetisch. Ohne alle Wirkung haben sich die rothen, orangenen u. gelben Strahlen gezeigt. Den durch Lichterregten M. nennt man Photomagnetismus. Eine ganz andere Beziehung des M. zum Licht hat Faraday in der neuesten Zeit durch Anwendung colossaler Elektromagnete entdeckt. Alle Körper, auf welche der M. in anderer Weise wirkt, als auf magnetische Körper, nennt er diamagnetisch, ein einzelnes dem Experimente unterworfenes Individuum derselben ein Diamagneticum. Bringt man nun ein durchsichtiges Diamagneticum zwischen die beiden Pole eines starken Hufeisenmagnets u. durchläuft dasselbe ein polarisirter Lichtstrahl in der Richtung der die Pole verbindenden Geraden, d.i. der Achse, so wird die Polarisationsebene des Lichestrahls in demselben Sinne gedreht, in welchem sich der Zeiger einer Uhr bewegen würde, welche man sich an Stelle des Diamagneticums so vorstellt, daß das Zifferblatt dem Nordpol des Magneten zugekehrt ist. Die Drehung geschieht übrigens in derselben Richtung, mag der Lichtstrahl von dem Nordpol nach dem Südpol gehen, od. umgekehrt.

IX. Wirkung des Magnetismus auf andere Körper, als Eisen. A) Auf solche Körper, bei denen keine Krystallisation in Betracht kommt. Faraday hat durch Versuche das Naturgesetz aufgestellt, daß der M. eine allgemeine auf. alle Substanzen wirkende Kraft sei, so jedoch, daß die verschiedenen Substanzen nicht blos cine quantitative, sondern auch eine qualitative Verschiedenheit dieser Einwirkung erblicken lassen, indem eine jede entweder angezogen od. abgestoßen wird. Körper, welche vom Magnet angezogen werden, heißen magnetische (paramagnetische Körper, werden sie abgestoßen, diamagnetische Körper, Der Weg, diese oftmals äußerst schwachen Kräfte wahrnehmbar zu machen, besteht in Folgendem: Zwischen den Polen eines Hufeisenmagneten werden von dem zu untersuchenden Körper cylinderförmige Stückchen an langen Coconfäden aufgehängt u. die Stellung beobachtet, welche sie einnehmen, sobald das Hufeisen magnetisch wird. Will man Flüssigkeiten untersuchen, so füllt man dünne Glasröhren mit ihnen an u. hängt diese auf die bezeichnete Weise auf. Verhält sich nun der geprüfte Körper qualitativ wie Eisen, ist er also paramagnetisch, so wird er von beiden Polen angezogen, daher int Allgemeinen aus jeder Lage so gedreht, daß die Längsrichtung des Cylinders mit der die Magnetpole verbindenden Geraden zusammenfällt, d. h. sich axial stellt, weil sich dadurch die Masse den Polen nähert. Die Wirkung, welche der M. auf diamagnetische Körper ausübt, kann man unter dem allgemeinen Begriff zusammenfassen, daß sie auf kürzestem Wege von Punkten ststärkerer Wirkung nach Punkten schwächerer Wirkung bewegt werden. Eine chemisch reine Wismuthkugel, welche an einen langen Coconfaden aufgehängt ist, wird von einem einzelnen Magnetpol. abgestoßen; bringt man sie jedoch zwischen die beiden Pole eines Hufeisenmagneten, u. zwar auf der Achse dem einen Pole näher, so wird sie beim Entstehen des M. nach der Mitte zurückgetrieben; weil der nähere Pol stärker abstößt, als der fernere; befindet ste sich auf der durch die Mitte der Achse gelegten senkrechten Richtung seitwärts, so wird sie durch den M. noch weiter seitwärts geschoben. Wendet man anstatt der Kugel einen Wismuthcylinder an, dessen Mittelpunkt mit dem Mittelpunkte der Achse zusammenfällt, so wird derselbe aus jeder schiefen Lage in die äquatoriale gedreht, weil in ihr alle Theilchen der möglichst geringen magnetischen Kraft unterworfen sind. Über die Intensität der paramagnetischen u. diamagnetischen Einwirkung auf die verschiedenen Körper hat Plücker Versuche angestellt. Am stärksten paramagnetisch ist Eisen, diesem folgen nach der Reihe: Nickel, Kobalt, Mangan, Chrom, Cer, Titan, Palladium, Platin, Osmium u. Sauerstoff; am stärksten diamagnetisch ist Wismuth, dann: Antimon, Zink, Zinn, Cadmium, Natrium, Quecksilber, Blei, Silber, Kupfer, Gold, Arsenik, Uran, Rhodium, Iridium, Wolfram, Phosphor, Schwefel, Jod, Wasserstoff. Das Verhalten von Verbindungen läßt sich nicht aus dem Verhalten der Componenten schließen. Im Allgemeinen ergibt sich, daß Eisen durch Eingehen chemischer Verbindungen, mit Ausnahme des Magneteisensteins, seine magnetische Intensität sehr rasch verliert. Übrigens haben Plücker u. de la Rive gefunden, daß viele Körper, z.B. Kohle od. eine Legirung von Wismuth u. Stanniol, die bei gewissen Entfernungen sich diamagnetisch zeigen, bei weiterem Abstande magnetisch werden, u. schließen daraus, daß M. u. Diamagnetismus alszwei ganz distincte Kräfte in den Körpern nebeneinander bestehen, von denen die erstere langsamer mit der Entfernung abnehme, als die letztere. B) Wirkung des M. aufkrystallinische Körper: a) Abstoßung der optischen Achse. Plückers Versuche mit optisch einachsigen Krystallen hahen das [713] Resultat gegeben, daß die optische Achse unabhängig von der magnetischen od. diamagnetischen Beschaffenheit der Substanz des Krystalls abgestoßen wird, u. daß die Abstoßungskraft bei Entfernung von den Polen langsamer abnimmt, als die auf die Krystallmasse wirtende magnetische od. diamagnetische Kraft. Für optisch zweiachsige Krystalle erwiesen Plückers Versuche, daß jede der Achsen mit gleicher Stärke abgestoßen werde u. zwar unter den analogen, die Abnahme der Intensität mit der Entfernung betreffenden Modificationen. Jedenfalls bezeugt diese Plückersche Entdeckung, daß die Form der kleinsten Massentheilchen in genauer Beziehung zu den magnetischen Kräften steht, ihr wichtigster Gesichtspunkt ist aber darin zu suchen, daß die Richtungen, deren Abstoßung aus der magnetischen Kraftäußerung resultirt, gerade diejenigen sind, welche zu dem Lichte in eigenthümlicher Beziehung stehen, daß nämlich in ihr das Licht beim Hindurchgehen keine doppelte Brechung erleioel. b) Anziehung der Magnekrystallachse. Bringt man von krystallisirtem Wismuth Stücke zwischen die Pole, bei denen sämmtliche Krystalle eine symmetrische Anordnung besitzen, so geschieht es bisweilen, obwohl sich das Wismuth an sich diamagnetisch verhält, daß er doch mit der größten Länge sich axial einstellt. Bei näherer Betrachtung findet sich dann, daß die Richtung der größten Länge auch diejenige ist, nach welcher sich die Wismuthrhomboeder an einander reihen. Faraday, welcher das Phänomen zuerst beobachtete, nannte diese auf der Richtung des Blätterdurchganges senkrechte Linie die Magnekrystallachse, die nach ihr sich äußernde Kraft die Magnekrystallkraft. Die diamagnetische Abstoßung fällt etwas geringer aus, wenn die Magnekrystallachse in der Richtung der magnetischen Kraftlinie liegt, als wenn sie senkrecht darauf steht. Außer dem Wismuth zeigt auch Antimon, Arsenik, schwefelsaures Eisenoxydul u. schwefelsaures Nickeloxyd magnekrystallische Phänomene. Die Magnekrystallkraft hat die offenbarste Beziehung zum Krystallgefüge der Körper u. deshalb auch zu der Kraft, vermöge welcher die Molecüle im Stande sind, Krystallmasse zu bilden, u. dies führt zu dem Schlusse, daß Magnetkraft u. die Kraft der Krystalltheile zu einander gleicher Natur seien. Zur weiteren Aufhellung der Natur dieser Kraft untersuchte Faraday den Einfluß der Wärme u. fand, daß bei einer gewissen Höhe der Temperatur der Krystall plötzlich indifferent wurde u. blieb, bis er bei allmäliger Abkühlung plötzlich u. mit voller Kraft wieder magnekrystallisch wurde.

X. Beziehungdes Magnetismus zur Wärme. Aus Versuchen Barlow' s geht hervor, daß Eisen von den verschiedensten Härtegraden bei Erwärmung bis zur Rothglühhitze einen höheren Grad der Magnetisirbarkeit durch Vertheilung annimmt, als im kalten Zustande, daß es dagegen bei der Weißglühhitze alle Fähigkeit, magnetisch u. mithin von Magneten angezogen zu werden, verliert. Der M. in Magnetstäben dagegen nimmt nach Coulombs Versuchen mit jeder Steigerung der Temperatur beständig ab, bis er bei Glühhitze gänzlich verloren geht. Kupffer fand ferner, daß wenn der Magnet von irgend einem höheren Grade der Temperatur an wieder abkühlt, ein Theil des verschwundenen M. wiederkehrt, ein anderer aber verloren bleibt u. zwar wird dieser letztere allmälig immer kleiner, je öfter man den Magneten nach jedesmaliger Abkühlung bis zu demselben Grade wieder erhitzt, bis der totale Verlust endlich so groß geworden ist, als er für die betreffende Temperatur möglich ist. Von der Eigenthümlichkeit, durch Erwärmung an M. zu verlieren, sind Magnete aus Bulatstahl innerhalb nicht zu weiter Grenzen der Temperatur ausgenommen.

XI. Vom Erdmagnetismus (Tellurischer Magnetismus). Der Erdmagnetismus äußert sich an jedem Orte in zwei Haupterscheinungen, in der Richtung, welche er einer frei beweglichen Magnetnadel verleiht, u. in der Intensität, mit welcher sie in diese Lage zurückzukehren strebt, wenn sie aus ihr entfernt wird. Doch da es sehr schwer ist, eine Nadel in ihrem Schwerpunkte so aufzuhängen, daß sie sich vollkommen frei nach allen Seiten bewegen könne, so zerfällt die Bestimmung der Richtung in zwei verschiedene, nämlich die Angabe des Winkels, welchen die Ruhelage einer in horizontaler Ebene beweglichen Nadel (der magnetische Meridian) mit dem astronomischen Meridian bildet, der Declination, u. des Winkels, welchen eine in der Verticalebene des magnetischen Meridians um eine horizontale Achse drehbare Nadel mit der Horizontalebene bildet, der Inclination. a) Die Declination anlangend, so hat man schon früh wahrgenommen, daß horizontal bewegliche Magnetnadeln im Allgemeinen nur für geringe gegenseitige Abstände als unter einander parallel angesehen werden können, daß sich hingegen mit einer Entfernung von mehren Meilen die Declination im Allgemeinen merkbar ändere, u. es von jedem Punkt aus nur eine Richtung gebe, nach welcher man fortgehen müsse, um sie ungeändert zu finden. Indem man nun alle die benachbarten Punkte der Erde auf einer Karte durch Linien verbindet, für welche diese Abweichung des magnetischen Meridians vom astronomischen gleich ist, so erhält man damit das System der Isogonischen Linien (Linien gleicher Abweichung), welche das Verhalten der Erdoberfläche in Bezug auf die erste Äußerung des Erdmagnetismus in einer bequemen Übersicht graphisch darstellen. Viele dieser Linien nehmen meridianartig, wenn auch mit vielen Krümmungen, ihren Verlauf durch beide Pole, viele bilden aber auch abgesonderte in sich geschlossene Systeme, dergleichen sich eins in Nordostasien, ein anderes in der Südsee findet. b) Auf gleiche Weise verbindet man alle die Punkte der Erde, denen gleiche Inclination zukommt, durch die Isoklinischen Linien. Der größte Werth, welchen die Inclination erreichen kann, ist 90°, u. dergleichen Punkte, wo dies der Fall ist, gibt es zwei, deren einer nach Gauß in 73°35' nördlicher Breite in Amerika, nach Roß 3°30' südlicher, der andere in 72°35' südlicher Breite zwischen Australien u. dem geographischen Südpol liegt. Diese Punkte, in denen die Inclinationsnadel vertical steht u. der horizontale Theil des Erdmagnetismus verschwindet, nennt man die Magnetischen Pole der Erde. Sie liegen einander nicht diametral gegenüber, sondern die sie verbindende Gerade ist eine Sehne, welche vom zugehörigen größten Kreise einen Bogen von 161° abschneidet. In nahe concentrischen, den Parallelkreisen zu vergleichenden Kreisen umgeben die Pole die Linien gleicher Inclination. Dieselbe nimmt allmälig ab, je weiter man sich von den Polen entfernt, u. so gelangt man endlich ungefähr in der [714] Mitte zwischen beiden Polen auf eine Linie ohne Neigung, den Magnetischen Äquator, welcher jedoch mit dem astronomischen nicht genau zusammenfällt, sondern ihn in zwei Punkten schneidet. c) Endlich versteht man unter Isodynamischen Linien solche, welche Punkte verbinden, für welche die Intensität des Erdmagnetismus gleich ist. Man kann die Intensität des Erdmagnetismus für verschiedene Orte vergleichen, indem man die Anzahl von Oscillationen zählt, welche an ihnen von einer u. derselben an einem Coconfaden befestigten Magnetnadel (Hansteensche Nadel) in gleich langer Zeit gemacht werden, u. zwar pflegt man dazu die Oscillationsdauer horizontalschwingender Nadeln zu beobachten u. mit Hülfe der gemessenen Inclination die totale Intensität daraus zu berechnen. Genauere Resultate liefert noch das Gaußsche Bifilarmagnetometer (s.d.). Man findet auf diese Weise, daß die totale Intensität des Erdmagnetismus in der Nähe des magnetischen Äquators ein Minimum ist, mit einem Fortschreiten nach den Polen aber allmälig zunimmt; doch stimmt das Gesetz dieser Znnahme nicht mit dem der Inclinationszunahme überein, daher die Isodynamischen Linien nicht den Isoklinischen parallel laufen. Sie weichen von denselben so wesentlich ab, daß es sogar in der Nordhemisphäre zwei Punkte gibt, an denen die Intensität ein Maximum, d. h. größer als an allen Orten der nächsten Umgebung, wird. Keiner dieser Punkte, die man bisweilen, obwohl mit Unrecht, Pole nennt, fällt mit dem nördlichen Magnetpol, wo die Inclinationsnadel sich vertical stellt, zusammen. In der südlichen Halbkugel gibt es dagegen nur einen Ort der größten Intensität. Zur Erklärung dieser in den Isogonischen, Isoklinischen u. Isodynamischen Linien graphisch dargestellten Erscheinungen hat man im Anfang die Hypothese zu Grunde gelegt, daß im Mittelpunkt ein sehr starker Magnet befindlich sei, von welchem alle jene Kraftäußerungen ausgehen. Da jedoch die Folge davon ein vollkommen regelmäßiger Verlauf der Curven sein würde, ein solcher aberdurch die Erfahrung nicht bestätigt wird, so hat Hansteen versucht, die Erscheinungen durch die Annahme zweier Magnete von ungleicher Stärke u. Lage in der Erde zu erklären. Weil man aber auf diesem Wege dem wirklichen natürlichen Verhalten sich durchaus nicht nähert, so hat Gauß den umgekehrten eingeschlagen; anstatt aus einer hypothetischen einfachen Vertheilung des M. in der Erde dessen Wirksamkeit auf irgend welche Punkte der Erdoberfläche mathematisch abzuleiten u. mit der Erfahrung zu vergleichen, deducirt seine Theorie des Erdmagnetismus die Beschaffenheit des ganzen Erdmagneten aus einer gewissen zu Grunde gelegten Zahl von Beobachtungen. Mag man nämlich den Erdmagnetismus als eine Scheidung der magnetischen Fluida nach Coulombscher Ansicht od. als Äußerung elektrischer Ströme ansehen, so wird die Gesammtheit der magnetisirten Theile der Erde auf jeden Punkt im Raume eine gewisse Wirkung ausüben, u. beschränkt man sich allein auf die auf der Erdoberfläche gelegenen Punkte, so reichen nach Gauß's Nachweisungen die Beobachtungen der Declination, Inclination u. Intensität von acht verschiedenen Orten hin, um daraus die Natur des Erdmagneten in soweit kennen zu lernen, daß man dessen Wirkung auf jeden beliebigen neunten Punkt der Erdoberfläche anzugeben vermag. Je nachdem man zu diesen acht Beobachtungsorten, welche der genauen Berechnung wegen möglichst weit von einander liegen müssen, verschiedene Gruppen auswählt, wird das Rechnungsresultat allerdings etwas schwanken, diese Differenzen werden aber immer innerhalb der Grenzen der Beobachtungsfehler liegen. In der That hat Gauß die Berechnung ausgeführt u. im Verein mit Weber hiernach die betreffenden Curven auf die Erdkugel verzeichnet (Resultat des magnetischen Vereins, 1838, u. Atlas des Erdmagnetismus, Lpz. 1840); die beobachteten Werthe unterscheiden sich durchgängig nur wenig von den theoretisch vorhergesagten. Das magnetische Moment od. die absolute Intensität des Erdmagnetismus, bestimmte Gauß durch Rechnung dahin, daß es 8464 Trillionen Mal das magnetische Moment eines einpfündigen auf das Maximum des M. gebrachten Stahlstabes übertrifft, so daß, da die Erde circa 1078 Trillionen Cubikmeter enthält, durchschnittlich jedes Cubikmeter die Kraft acht solcher Stäbe besitzen mußte. Da nun der bekannte Theil der Erdrinde durch den im Allgemeinen selten vorkommenden Magneteisenstein jene Höhe des M. bei weitem nicht erreicht, aber auch das wahrscheinlich feurig flüssige Erdinnere kaum eines solchen M. fähig sein dürfte, so wird hierdurch die Ansicht unterstützt, daß galvanische Ströme, die sich in der Höhe der Atmosphäre od. an der Erdoberfläche fortpflanzen, durch ihren Elektromagnetismus die Ursache des Erdmagnetismus seien. Die Systeme der magnetischen Linien sind nichts Bleibendes, sondern im Lauf der Jahrhunderte Veränderliches (säculare Änderung), sowie die Elemente des Erdmagnetismus für. jeden Ort auch innerhalb kürzerer Perioden gewissen Variationen unterworfen sind. 1492 entdeckte Columbus 3° westlich vom Meridian von Flores zuerst eine Linie ohne Abweichung, u. damals war die Declination in Europa mehre Grade östlich; sie hat sich jedoch seitdem allmälig gemindert, so daß sie 1657 in London, 1669 in Paris durch den Nullpunkt in eine westliche Abweichung überging, welche in Deutschland endlich bis zu 18° angewachsen ist; erst seit 1817 nähert sich der magnetische Meridian wieder dem astronomischen, u. zwar betrug in Göttingen 1837 nach sechsjährigem Durchschnitt die jährliche Abnahme 41/4. So kommt es, daß die magnetischen Karten Hansteens aus dem Jahre 1780 von den dem Jahre 1700 angehörigen Halleyschen bedeutend differiren, u. zugleich ergibt sich hieraus die Nothwendigkeit, zur Entwerfung einer Declinationskarte von allen Punkten nur gleichzeitige Beobachtungen aufzunehmen. In neuster Zeit sind deren von Ermann für 1830 u. von Barlow für 1833 gefertigt worden. Die innerhalb der kürzeren Perioden eines Tages od. eines Jahres regelmäßig wiederkehrenden Variationen u. die unregelmäßigen Schwankungen der Declination sind alle von so geringer Amplitude (Winkelgröße), daß zu ihrer Beobachtung ein genaueres Instrument als die Boussole erforderlich ist. Man bedient sich hierzu des von Gauß erfundenen Magnetometers (Unifilarmagnetometers), d.i. eines großen (5–25 pfündigen) Magnetstabes, welcher mittelst einer ihn umschließenden Hülfe an einem mehre (7) F. langen Metalldraht od. einem Bündel von vielen (200) Coconfäden aufgehängt ist, u. an der einen seiner Endflächen rechtwinkelig auf der magnetischen Achse einen Planspiegel trägt. Ihm gegenüber in einer Entfernung von etwa 16 Fuß ist ein [715] Fernrohr aufgestellt, an dessen Stativ rechtwinkelig auf dem magnetischen Meridian eine mehre (4) Fuß lange in Millimeter getheilte Scala angebracht ist, so daß ein durch das Fernrohr sehendes Auge int Spiegel des Magnetometers ungefähr den Mittelpunkt der Scala erblickt. Bei der geringsten Schwankung des Magnetstabes kommen vor dem Fadenkreuz des Fernrohrs andere Scalentheile zum Vorschein, u. man kann hieraus nach den katoptrischen Gesetzen die Größe der Ablenkung auf das genauste messen. Weil bei jeder Änderung der Declination der Stab in Oscillationen geräth, welche die Beobachtung der unmittelbar darauf folgenden Veränderung stören würden, so umgibt man den Stab mit einem an den nothwendigen Stellen durchbrochenen kupfernen Gehäuse (Dämpfer), welches nach den Gesetzen der Magnetoinduction u. des Elektromagnetismus den Stab alsbald beruhigt. Im Allgemeinen lassen die mit Hülfe dieses Instruments angestellten Beobachtungen das Gesetz wahrnehmen, daß in unseren Gegenden das Nordende der Nadel von der 8. Stunde des Morgens bis 1h Mittag von Ost nach West, in der südlichen Halbkugel dagegen während derselben Zeit von West nach Ost fortschreitet, von 1h bis nach Sonnenuntergang wieder nach Ost (u. resp. West) zurückkehrt, in der Nacht dagegen ähnliche Schwankungen erfährt, die jedoch namentlich im Sommer von weit geringerer Amplitude sind. Zur Beobachtung der Variationen der Intensität des Erdmagnetismus in horizontaler Ebene dient das von Gauß erfundene Bifilarmagnetometer (s.d.), dessen Schwankungen man mit Hülfe eines Theodolithen mit Scala u. eines am Stabe angebrachten Planspiegels auf eine dem Unifilarmagnetometer analoge Weise beobachtet. Die Beobachtungen an diesem Instrumente geben ein Minimum der Horizontalintensität 10h Morgens, ein Maximum 8h Abends. Was endlich die Variationen der Inclination anlangt, so leitet man sie aus denen der Declination u. der Intensität durch Rechnung ab u. findet ein Maximum 10h Morgens, ein Minimum 7h Morgens. Die unregelmäßigen, d. h. nicht periodisch wiederkehrenden Schwankungen erreichen oft eine weit bedeutendere Größe u. sind dann gewöhnlich mit Nordlicht (Magnetisches Ungewitter) verbunden.

Seit 1828 sind auf Anregung Humboldts Magnetische Vereine gestiftet (Mittelpunkt Göttingen) u. mit Unterstützung der Regierungen die ganze Erde mit einer großen Zahl magnetischer Observatorien bedeckt worden, d.i. mit Gebäuden, die unter Fernhaltung alles Eisens eigens dazu erbaut sind, um an den darin aufgestellten Instrumenten nicht nur die absoluten Elemente für den betreffenden Ort mit aller Genauigkeit zu messen, sondern auch an vorher allgemein bekannt gemachten magnetischen Terminen den Stand der Declinationsnadel sowie des Bifilarmagnetometers zu verzeichnen, um auf diesem Wege das Gesetzmäßige der Veränderungen zu ergründen. Die Beobachtungen zerfallen in laufende Beobachtungen, Terminbeobachtungen u. Störungsbeobachtungen; die Terminbeobachtungen werden seit 1834 alle Monate 24 Stunden lang fortgeführt, sodaß alle Beobachter auf der ganzen Erde zur nämlichen Zeit beobachten, u. zwar von 5 zu 5 Minuten nach Göttinger Zeit regulirt. Die Beobachtungen beginnen 10 Uhr Abends u. zwar im Februar, Mai, August u. November am letzten Göttinger Freitag in diesen Monaten, in den übrigen Monaten wird an der Mittwoch angefangen, welche dem 21. am nächsten liegt. Von 5 zu 5 Minuten werden alle 3 Elemente bestimmt u. zwar um 10 Uhr Declination, 10h 1' 40'' Horizontalintensität, 10h 3' 20'' Inclination, 10h 5' Declination u.s.f. Die ersten magnetischen Vereine wurden in Berlin, Freiberg, Paris, Petersburg, Kasan, Nikolajew, Archangel, Columbia, Peking etc. errichtet. Dove, Weber u. Gauß, Letztere durch ihre Beobachtungen in Göttingen, erwarben sich besondere Verdienste um die magnetischen Beobachtungen; sie brachten 1834 einen zweiten Maguetischen Verein zu Stande, dessen Centralpunkt Göttingen ist u. an welchem mit einem Gaußischen Apparat Altona, Algier, Augsburg, Berlin, Bonn, Bombay, Braunschweig, Breda, Breslau, das Cap, Freiberg, Greenwich, Halle, Hannover, Heidelberg, St. Helena, Kasan, Kassel, Kopenhagen, Krakau, der Seeberg bei Gotha, Leipzig, Mailand, Marburg, München, Neapel, Nertschinsk, Upsala etc. Theil nehmen. Vgl. Gilbert, Physiologia nova de magnete magneticisque corporibus, Lond. 1600; Haug, Exposition de la théorie de l'électricité et du magnetisme d'après les principes de Mr. Aepinus. Altenb. 1801; Hansteen, Untersuchungen über den M. der Erde, Christiania 1819; Gauß, Intensitas vis magneticae terrestris, Gött. 1833; Brewster, Treatise on Magnetism, Edinb. 1837; Becquerel, Traité de l'électric. et du magnétisme, Par. 1834 ff., 7 Bde.; Gauß u. Weber, Resultate des Magnetischen Vereins, 1836–41; Häcker, Zur Theorie des M., Nürnb. 1856; Die Untersuchungen von Faraday, Plücker, Weber, Hankel, Reich etc. über M. u. Diamagnetismus in vielen der neusten Bände von Poggendorffs Annalen der Physik.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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