Tempel

Tempel

Tempel (v. lat. Templum, s.d.), 1) das einer Gottheit geweihte u. zum Dienst derselben bestimmte Gebäude. Jede Stadt hatte einen T., auch mehre, wenn verschiedene Culte aufgenommen waren u. der Schutzgottheit der Stadt war dann der größte u. prächtigste gewidmet, so der Athene in Athen, der Artemis in Ephesos, in Olympia dem Zeus, in Rom dem Jupiter. Auch außerhalb der Städte standen T., u. zwar nicht allein die der ländlichen Gottheiten, sondern auch solche, welche von einem ganzen Stamme für die gemeinschaftliche Verehrung des Naionalgottes bestimmt waren, bei welchen sich die Stämme zu gewissen Zeiten versammelten, Bundesfeste feierten u. ihre gemeinschaftlichen Angelegenheiten besprachen. Solche T. waren der des Zeus Helikonios in Kleinasien, von den Ionischen Colonien gegründet (s. Panionion), der des Apollon Triopios der dorischen Bundesstaaten in Kleinasien, der des Zeus Karios bei Mylasa, welcher den Kariern, Lydiern u. Mysiern gemeinschaftlich gehörte, u.a.

Der Umfang der ältesten T. in Griechenland u. Rom war nicht groß, denn in ihnen stand nur die Bildsäule des Gottes u. der Opferaltar, u. nicht das ganze der Gottheit huldigende Volk betrat den Tempel, sondern nur der opfernde Priester mit seinen Begleitern. Größer wurden in der Folge die Haupttempel der Schutzgottheiten u. die Nationaltempel, ferner solche, in denen Schatzkammern (wie bei dem der Athene Polias in Athen), od. welche reich waren (z.B. die des Zeus zu Olympia u. des Apollon zu Delphi). Diese Größe aber erhielten die T. bes. durch die Säulengänge, in welchen sich das Volk versammelte, u. durch den Vorhof (Peribolos), welcher von einer Mauer umgeben war, welche den ganzen Tempelplatz (Temenos) einschloß. Die Lage eines T-s bestimmte man nach der Bedeutung der Gottheit, welcher er geweiht war; so finden sich die T. des Zeus, der Here u. Athene meist auf den höchsten Punkten der Stadt (z.B. der Athenetempel in Athen auf der Akropolis, der Jupitertempel in Rom auf dem Capitolium); die T. des Hermes auf den Märkten u. an den Handelsplätzen, die des Apollon u. Bakchos neben den Theatern, die des Herakles bei den Gymnasien u. Amphitheatern; vor der Stadt, jedoch den Thoren nahe, die des Ares, Hephästos u. der Aphrodite, auch die des Asklepios u. zwar an hohen, freiliegenden Orten, welche bes. eine gesunde Lage hatten; die der Demeter an stillen u. einsamen Orten, weil sie oft zur Feier der Mysterien dienten. Der Gestalt nach waren die T. viereckig od. rund. Die viereckigen T. waren meist noch einmal so lang, als breit; an der Außenseite war die Zelle od. das eigentliche Heiligthum (griech. Naos, Domos, Sekos, lat. Cella) mit Säulengängen (Porticus) umgeben (die Säulengänge an den Seiten hießen bes. auch Pteromata, Ptera, lat. Alae), welche bald an der vordern Fronte allein, bald an beiden zugleich standen, zuweilen rings herum gingen, od. auch nur den hintern Theil ausschlossen. Der vordere Theil hieß, je nachdem man darunter die Halle od. die vordere Ansicht verstand, in ersterem Falle Pronaos (Anticum), in letzterem Prodomos (Frons), der hintere Theil Opisthodomos (Posticum). Letztere Bezeichnung gilt auch für das besondere, hinter der Zelle angelegte Behältniß für Heiligthümer od. im T. deponirte Sachen. Über dem Gebälke der Säulen an der Vorderseite erhob sich ein Giebel (Aëtos, Aëtoma, Fastigium), welcher später (angeblich nach Erfindung der Korinthier) auch an dem Hintertheile war, bes. wenn dort Säulen standen; war dies nicht der Fall, so waren die Giebel der Hinterseite einfacher u. ohne Kranz. Die Zahl der Säulen an den Fronten war stets eine gleiche, 4, 6,8,10 (daher Tetra-, Hexa-, Otto-, Dekastylos); an den Seiten meist eine ungleiche. In Bezug auf die Anordnung der Säulenreihen an den Seiten wichen römische u. griechische Architekten von einander[355] ab; Letztere setzten zu den Seiten des Hexa- od. Oktostylos dort 13, hier 17 Säulen, wobei die an den Ecken zweimal gezählk sind; Erstere nur 11 u. 15. Der Unterschied war also, daß die Griechen die Anzahl der Frontensäulen:✕ 2 + 1, die Römer aber die Zwischenräume derselben ✕ 2 + 1 als Zahl der Seitensäulen annahmen. Aus den verschiedenen Anordnungen bei diesen bestimmten Formen entstanden die verschiedenen Tempelformen. Für die ältesten hält man die länglichen, die viereckigen u. 5/6 der Länge breiten; die eine Hälfte wurde zum Tempelhause, die andere zur Vorhalle genommen. Von den 10 Theilen, worein die Breite getheilt war, wurden drei zu jeder Seite u. vier in der Mitte zu drei Zellen bemerkt. In der Vorhalle wurden an der Vorderseite (nach Newton, Rode u. Stieglitz) vier Säulen gestellt, u. zwar zwei den Eckwandpfeilern (Antae) der Nebenzellen gegenüber, zwei aber den Wänden der mittleren Zelle gegenüber; zwei andere standen an den Wänden der Vorhalle in gleicher Entfernung von den Anten u. den Ecksäulen der Vorderseite. So war der Capitolinische T. in Rom gebaut (s. Rom S. 245). Doch hatten die toscanischen T. nicht immer drei Zellen, sondern oft nur eine in der Mitte u. die beiden Seitenräume waren Säulengänge, welche hinten aber nicht offen, sondern durch die vortretende Mauer der Zelle verschlossen waren. Außer dieser Art von T-n nennt Vitruvius noch sieben andere: T. in antis, wenn die Vorhalle von den verlängerten Seitenmauern gebildet wird; Prostylos, wenn die Vorhalle von Säulen getragen wird; Amphiprostylos, wenn zwei Säulenvorhallen sind; Peripteros, wenn eine Säulenstellung ringsum geht; Pseudoperipteros, wenn statt derselben Halbsäulen an die Wand befestigt sind; Dipteros, wenn zwei Säulenstellungen umhergehen, u. Pseudodipteros, wenn eine derselben aus Halbsäulen besteht. Außerdem unterscheidet man die gewöhnlichen T. von den Hypäthraltempeln, welche letztere nur zur Hälfte getrennt sind, so daß Luft, Licht etc von oben freien Zutritt haben. Die runden T. scheinen eine spätere Erfindung zu sein. Auch sie schreiben sich wahrscheinlich von griechischen Künstlern her. Solcher runder T. gab es zwei Arten: Monopleros ohne Zelle, aus einer, in die Runde gestellten Säulenreihe bestehend, u. Peripteros mit einer, mit einem Säulengange umgebenen Zelle; bedeckt waren sie mit einer Kuppel, deren Höhe gleich war dem halben Durchmesser des Gebäudes; auf die Kuppel wurde eine Blume gesetzt, welche so hoch war als die Capitäle der Tempelsäulen, u. oben darauf gewöhnlich noch eine kleine Pyramide. Eine eigene Art runder T. war das Pantheon in Rom (s.d. S. 246), welches kein Tribunal (s.d.) hatte u. dessen Zelle mit keinem Säulengange umgeben war.

In Bezug auf die innere Einrichtung der eckigen T. sind zuerst die Zellen od. Tempelhäuser zu bemerken; sie waren noch einmal so lang, als breit; 5/8 der Länge war die Größe der eigentlichen Zellen, 3/8 derselben blieb für die Hallen; die Anten waren so stark als die Säulen der Porticus. In T-n, wo die Zellen unter 20 Fuß breit waren, blieb der Raum zwischen den Anten frei, so daß das Gebälk von den Anten selbst getragen wurde; waren die Zellen über 20 Fuß breit, so wurden zwischen den Anten zwei Säulen errichtet u. die drei Zwischenreihen zwischen den Anten u. den Säulen wurden mit Geländern aus Holz od. Stein verschlossen. Betrug die Breite der Zellen über 40 Fuß, so wurden innerhalb des Pronaos gegenüber den Säulen zwischen den Anten noch andere Säulen errichtet, um die Decke des Pronaos zu unterstützen. Die Zellen des Hypaithros waren oben offen u. nicht blos über das Doppelte ihrer Breite lang, sondern hatten auch zwei Pronaen, da an jeder Fronte ein Eingang war. Um einen Theil der Zelledes Hypaithros zu bedecken, war innerhalb derselben eine Porticus angelegt, in welcher zwei Reihen Säulen waren, wodurch zwei Gänge entstanden, deren oberster den untersten bedeckte. Mehre Zellen, u. zwar neben einander, hatten die toscanischen T., zuweilen auch griechische T., doch waren sie hier hinter einander, u. nur von einem uralten T. in Sparta werden zwei über einander erwähnt. Die Zellen waren gewöhnlich nach der Art gebaut, welche Isodomon (s.d.) hieß; der Fußboden auch etwas hö her, als der der Porticus, daher man aus dieser in jene auf einigen Stufen stieg. Die Treppen, welche in den Tempelhäusern auf das Dach, in dem Hypaithros auf den obern Gang der Porticus führten, waren in den Mauern neben dem vordern Eingange angelegt. Die Außenseite der Zellen war meist einfach, selten nur war der oben herumlaufende Kreis mit Bildnereien versehen; die Anten, Anfangs glatt, erhielten später ein Capitäl u. ein Fußgesims; die Mauern zwischen denselben waren glatt u. nur unten mit einem Fußgesims versehen, oben mit einem Gebälk. Im Innern der Zelle stand die Bildsäule des Gottes, welchem der T. geweihet war, auf einem Postament an der hintern Mauer dem Eingange gegenüber; in dem Hypaithros stand sie nahe an der hintern Thür, wo die Porticus zusammenstieß. Außer der Statue des Gottes standen oft in der Zelle od. in dem Pronaos noch andere Statuen. Vor dem Gottesbilde stand der Altar (s.d.), nach Morgen gerichtet. Die innern Wände der Zellen bei den meisten T-n waren mit Gemälden geziert, welche meist Thaten der Götter od. Heroen darstellten, denen die T. errichtet waren. Die Decken der T. waren meist aus Holz, selten aus Stein; gewöhnlich waren sie gerad (Dromikoi), später auch bisweilen gewölbt (Eilematikoi), u. man brachte allerhand Verzierungen in Schnitzwerken, Bildnereien, metallenen Überzügen, Gemälden etc. darauf an. Die Kuppeln der runden T. erhielten an ihrer innern Ansicht gewöhnlich vertiefte viereckige Felder, welche mit Simswerk eingefaßt u. mit großen Rosen besetzt waren. Die Fußböden der T. waren später mit musivischen Arbeiten geschmückt. An den Säulen der Porticus fanden sich Bildnereien in den Friesen, aufgehängte Schilde aus der Beute etc. Die Giebel entstanden durch das flach in die Höhe steigende Dach; der freie dreieckige Raum wurde zugemauert u. hieß das Giebelfeld (Tympanum), darauf wurde ein Kranz angebracht; auf diesen Kranz stellte man zur Verzierung Statuen, Vasen u. andere Zierrathen, u. damit diese auf der schiefen Fläche stehen konnten, so wnrden auf der Spitze des Giebels u. an den Ecken Akroterien (s.d. 2) angebracht Früher ließ man das Giebelfeld leer, später wurde es mit erhabener Bildhauerarbeit geschmückt. Stufen hatten nur die T., welche nicht auf Höhen lagen, man baute meist, u. bei den Griechen stets, um den ganzen T. Stufen u. erst später, u. zwar bei den Römern, nur an die[356] vordere Fronte. Die Anzahl derselben war gewöhnlich drei, auch fünf. Bei den T-n, welche nur an der vordern Fronte Stufen hatten, wurden die übrigen drei Seiten des Unterbaues wie ein Postament verziert. Der Peribolos um manche T. wurde meist mit Statuen, Altären u. Monumenten besetzt. Die Thüren zu den T-n waren gewöhnlich länglich viereckig u. so hoch, daß ihre Verdachung die Höhe der Capitäle der Porticussäulen erreichte. Fenster hatten die Zellen nicht, sondern sie bekamen ihr Licht entweder durch die geöffneten Thüren, od. wurden durch Lampen erleuchtet, welche entweder aufgehängt od. auf Candelaber gestellt waren; bei dem Hypaithros kam das Licht durch das offene Dach.

Eine geläuterte Periode des im Heroischen Zeitalter Griechenlands noch rohen Tempelbaues kam durch die Rückkehr der Herakliden; Sinn für Ebenmaß u. Übereinstimmung mit vorwaltender Neigung zum Ernsthaften, Würdigen u. Feierlichen zeichnete den Dorischen Stamm vor den übrigen Hellenen aus. Aus diesem Charakter ging auch die ernste, würdige, einfach erhabene, Dorische Tempelbaukunst hervor, neben welcher sich erst um das 6. Jahrh. v. Chr. der reichere, üppigere Ionische Tempelbau entwickelte, welcher Spuren orientalischer Sitte u. Kunst an sich trägt. Im Dorischen Tempelbau gewährten die Säulenhallen einen bedeckten u. doch offenen Ort für die Feierlichkeiten im Heiligthume; die konische Gestalt der Säulen, die starke Ausladung des Capitäls, der vorspringende Sims bezweckten Solidität; dabei aber hatten die T. dieser Bauart noch manche Formen von den früheren Holzbauten, so den Architrav, die Triglyphen nebst den Metopen, die kurzen u. stämmigen Säulen hin u. wieder mit Verzierungen. Der Grund zu einer reichern Ausbildung des Dorischen Tempelbaues wurde in dem reichen Korinth gelegt; hier schmückte man zuerst den Giebel mit Reliefs aus Thon u. später mit Statuengruppen. Im Ionischen Tempelbau hatten die Säulen schlankere Schäfte u. wurden durch Basen gehoben, die Capitäle waren geschmückter, das Gebälke ohne Beziehung auf die frühere Holzform. In der zweiten Periode griechischer Kunst (nach 580 v. Chr.) wurden beide, der Dorische u. Ionische Styl, zur höchsten Großartigkeit u. größten Eleganz ausgebildet; hierher gehören der Artemistempel zu Ephesos, der Demetertempel zu Samos, der T. des Olympischen Zeus zu Athen, der Neubau des Apollotempels zu Delphi nach dem Brande, der T. des Poseidon zu Pästum, der der Athene zu Syrakus u. auf Ägina. Jetzt verzierte man auch die Metopen, Friese etc. mit Steinbildwerken. Der dritten Periode (460 bis 336 v. Chr.), in welcher in Athen u. im Peloponnes der Charakter des reinsten Maßes, der gewähltesten Formen u. der vollkommensten Harmonie hervortrat, in Ionien mehr Glanz u. Pracht herrschte, die T. Siciliens aber, die alt-dorische Form festhaltend, durch Kolossalität u. Kühnheit emporstrebten, gehören das Theseion, das Parthenon, der T. der Athene Polias, der große T. zu Eleusis, der zu Olympia, der Here zu Argos etc. an. In der Zeit nach Alexander dem Großen bis zur Zerstörung Korinths wurden die T. durch Freigebigkeit der Privaten verschönert. Dabei wurde die Korinthische Form die gewöhnlichere u. bildete sich zu den festen u. gewählten Formen, welche die Römer nachher übernahmen. Aber aus dieser Zeit ist fast nichts erhalten worden. Der Toscanische od. Etruskische Tempelbau war von dem Orientalischen u. Dorischen ausgegangen, hatte aber in seiner Abweichung durch Breite u. Schwerfälligkeit nie das Ernste u. Würdige des Dorischen erreicht; die Säulen (s.d.), auf Basen stehend, waren schlanker u. standen weiter aus einander. Der Plan dieser T. erhielt durch die Rücksicht auf das etruskische Auguraltemplum (s. Templum) Modificationen; das Gebäude war mehr quadratisch, die Zelle im Hintertheil, die Vorhalle bestand aus Säulen. Wenn der T. drei Zellen hatte, so nahmen sie die ganze hintere Hälfte ein; hatte er nur eine, so wurden auch noch auf beiden Seiten der Zelle Säulen gestellt. Die Römischen T. wurden Anfangs von etruskischen Baumeistern gebaut; über sie s.u. Römische Mythologie S. 322.

Über die großartigen T. in Ägypten mit ihren Pylonen, Obelisken u. Sphynxalleen s.u. Baukunst S. 419 u. über die aus Felsen gehauenen (Felsentempel) u. gebauten T. (Pagoden) in Indien s. ebd. Von Babylonischen Tempelbauten sind nur Ruinen des Baltempels in dem Birs Nimrod, 11/2 Meile vom Euphrat, erhalten worden, s. Babylonischer Thurm. Die T. in Baktrien, Medien u. Persien waren, wie die babylonischen, auf Anhöhen terrassenförmig angelegt, so der T. der Anahid zu Ekbatana, in welchem Säulen, Balken, Lacunarien aus Cedern- u. Cypressenholz mit Gold- u. Silberblech überzogen, die Dachziegel aber ganz von Silber waren. So war auch der T. zu Susa babylonischer Art. Ob die Ruinen von Persepolis auch einem T. mit angehören, weiß man nicht; vermuthen läßt es sich, weil die T. gewöhnlich zugleich mit Palästen od. auch verbunden mit ihnen auf Anhöhen lagen, wie auch die persepolitanischen Ruinen liegen. Der Sonnentempel zu Heliopolis od. Baalbek war nicht in Asiatischem, sondern in Griechischem Styl unter Antoninus Pius erbaut. Die T. der Phönicier scheinen klein gewesen zu sein, wie der T. der Astarte zu Paphos, der T. des Melkarth zu Tyros u. Gades, der der Astarte auf der Burg in Carthago. Der Tempelhof des letztern war 150 Schritte lang u. 100 Schritte breit, in zwei gleiche Theile getheilt, deren einer das kleine Tempelhaus enthielt; vor demselben standen zwei Pfeiler, welche durch eine Kette verbunden waren. Einen Vorhof umgab ein halbrundes Geländer u. der mittlere Theil erhob sich hoch über die Nebenhallen.

Der berühmteste T. in Vorderasien war der Jüdische T. zu Jerusalem; dieser T. stand auf dem Berge Moria u. trat an die Stelle der Stiftshütte (s.d.) Schon David hatte den Platz zu dem T. bestimmen lassen, aber der eigentliche Erbauer war Salomon (daher T. Salomons, Salomonischer T.). Der Bau begann im 4. Jahre der Regierung Salomons, 1012 v. Chr., u. wurde nach sieben Jahren beendigt. König Hiram von Tyros schickte dazu auf Salomo's Verlangen phönicische Bauleute unter der Leitung des Baumeisters Hiram nebst Holz vom Libanon. Um eine breite Fläche auf Moria zu gewinnen, wurden Futtermauern von allen Seiten aus dem 600 Fuß tiefen Thale aufgeführt. Das Tempelhaus wurde massiv gebaut u. war 60 (hebräische) Ellen (à 1 Pariser Fuß 5 Zoll) lang, wovon auf den Chor 20 kamen, ohne die Kammern 20 Ellen breit u. 30 Ellen hoch u. mit einer flachen Decke von Cedernbalken u. Bretern überdeckt u. mit einem Steindach überdacht; die Seitenwände waren nach unten geböscht. An[357] der östlichen Seite war die Vorhalle (Ulam), 20 Ellen breit, 10 Ellen tief, 120 (100) Ellen hoch, welche den Durchgang bildete, durch welchen man in das Heilige kam; das Dach derselben trugen zwei eherne Säulen, Jachin u. Boas, jede war 19 Ellen hoch, wurde oben von sieben flechtwerkartig gezierten, 1 Elle breiten Bandstreifen umzogen, worüber sich dann ein 4 Ellen hohes Lilienwerk erhob, an welchem je 100 Granatäpfel in doppelter Reihe über einander angebracht waren. Bei der Zerstörung des ersten T-s wurden sie vernichtet u. das Erz mit nach Babylon geschafft (vgl. Meinhard Plesken, De columnis aeneis a Salomone in porta templi positis, Wittenb. 1729). Auf den drei übrigen Seiten umgaben das Tempelhaus, an dessen Mauer gelehnt, drei über einander gebaute Stockwerke von Zimmern (Jazia Elaoth), welche unter sich durch Thüren verbunden u. zu Kammern für geheiligte Kleider, Waffen, Gefäße u. Schätze bestimmt waren, 30 Ellen hoch; die des untern Stocks waren 5 Ellen breit, des mittlern 6, des obersten 7 (weil die Mauern der obern Stockwerke an Dicke abnahmen). Man kam in diesen Nebenbau durch eine Thür an der rechten, d.h. Südseite, u. aus dem untern Stockwerk in die obern durch eine Wendeltreppe. Die Fenster darin waren vermuthlich aus Gitterwerk u. in das Gebälke eingefügt. Das Dach war aus Cedernholz. In das Innere des Tempelhauses führte eine Thür aus Ölbaum- u. Cypressenholz. Dasselbe zerfiel in zwei Räume; der erstere, das Heilige (Hechal), 40 Ellen lang, 20 Ellen breit, 30 Ellen hoch. grenzte zunächst östlich an die Halle; das andere, das Allerheiligste (Debir), westlich von dem Heiligen, war 20 Ellen lang, breit u. hoch; die Fnßböden waren in beiden mit Cypressenholz belegt, die Wände u. Decke mit Cedernholz getäfelt, auf welchen letztern Schnitzwerk von Blumen, Palmen u. Cherubim u. darüber Goldblech gezogen war. In das Allerheiligste trat man durch eine Thür aus Olivenholz, vor welcher innen noch ein Vorhang von Blau, Purpur, Carmesin u. Byssus mit eingewebten Cherubim hing. In demselben stand blos die alte Bundeslade zwischen zwei kolossalen, 10 Ellen hohen Cherubim aus Olivenholz mit Goldblech überzogen; im Heiligen der Schaubrodtisch nebst neun goldenen Tischen, der Rauchaltar u. zehn goldene Leuchter in zwei Reihen vor dem Allerheiligsten. Um dies Tempelhaus gingen zwei gepflasterte Vorhöfe (Hhazerim): der äußere od. große war von Gallerien umschlossen, welche als Vorrathskammern dienten u. dem Volke zugängig waren (daher Vorhof des Volks); hier war z.B. die Kleiderkammer, links am Eingange, wo sich die Priester an- u. auskleideten u. in 96 Kästen die Kleider der Priester aufbewahrt wurden; der innere, höher gelegene, 200 Fuß lang, 100 Fuß breit (Vorhof der Priester), war umgeben von einer niedrigen u. schmalen Mauer aus drei Reihen Marmorquadern u. einer Reihe Cedernbalken u. wurde nur von Priestern betreten; in ihm stand der eherne Brandopferaltar; das große sechseckige, 5 Ellen hohe u. 10 Ellen im Durchmesser haltende, kunstreich verzierte u. auf 12 ehernen Stieren ruhende Wasserbecken (Hajam Muzak, Ehernes Meer); die zehn ehernen Waschbecken (Bijuroth), fünf auf der rechten, fünf auf der linken Seite des Altars, sie ruhten auf Gestellen mit Rädern. Dieser T. wurde durch die Chaldäer unter Nebukadnezar 586 v. Chr. zerstört; Kyros ertheilte 536 den Juden die Erlaubniß ihren T. wieder aufzubauen u. gab ihnen auch die von Nebukadnezar weggeführten Geräthschaften, bis auf die Bundeslade, welche beim Brande zerstört war, wieder. Schon die erste Colonie unter Serubabel u. Josua begann den Neubau des T-s mit Hülfe phönicischer Künstler 534 (daher Serubabelscher T.), doch weil die Samaritaner von der Theilnahme an diesem Baue ausgeschlossen waren, hatten sie die Juden am persischen Hofe verleumdet, u. diese waren deshalb in dem Baue gehindert worden, bis unter Darios Hystaspis (520) derselbe fortgesetzt u. 516 beendigt wurde. Er war wahrscheinlich nach dem Plane des ältern angelegt, stand demselben aber an Pracht nach. 169 v. Chr. plünderte ihn Antiochos Epiphanes u. ließ darin Götzenbilder aufstellen, u. erst nach Vertreibung der Syrer ließ ihn 165 v. Chr. Judas Makkabäos wieder herstellen u. mit einer starken Befestigung umgeben. Alexander Jannäos ließ die beiden Vorhöfe durch ein hölzernes Geländer trennen. Unter Herodes begann eine gänzliche Umgestaltung des T-s im Griechischen Styl (daher Herodianischer Tempel), seit 20 od. 21 v. Chr.; das Tempelhaus wurde in 11/2, die Vorhöfe in 8 Jahren vollendet, doch bauten auch seine Nachfolger noch an den äußern Umgebungen fort, daß das Ganze erst 64 n. Chr. fertig wurde. Das ganze Gebäude schloß einen Raum von 400 Ellen ins Gevierte ein u. war terrassenförmig angelegt, so daß das Tempelhaus am höchsten lag u. in der ganzen Stadt gesehen werden konnte. Der äußerste Vorhof (Vorhof der Heiden) war am niedrigsten, lief um das ganze Gebäude u. hatte mehre Thore; an der Westseite waren deren vier, an der Südseite eins. Diesen Vorhof umgaben auf der Ostseite dreifache Hallen, an der Nord- u. Westseite doppelte. An der südlichen Umfassungsmauer zog sich die königliche Halle hin; sie bestand aus vier Reihen korinthischer Säulen, welche drei, mit Decken von Cedernholz bedeckte Gänge bildeten; der Fußboden desselben war mit bunten Steinen belegt (Mosaischer Fußboden, s.u. Mosaisch). In diesem Vorhofe war es, wo zu Jesu Zeit ein förmlicher Tempelmarkt gehalten wurde; Wechsler saßen da, welche die gewöhnlichen Münzen in die zur Tempelsteuer nöthigen umsetzten, Verkäufer mit Vieh, welches zum Opferdienste gebraucht wurde. Vier Stufen führten von ihm zu einem 3 Ellen hohen steinernen Geländer, über welches hinaus Nichtjuden nicht gehen durften; von da stieg man noch 14 Stufen u. kam in einen 10 Ellen breiten Zwinger, welcher um die innern Vorhöfe lief. Von den innern Vorhöfen war zuerst in Ost der Vorhof der Weiber, 135 Ellen im Quadrat, mit drei Thoren u. vier Zellen in den Ecken; hier standen die Schopharoi (Gotteskästen), 13 trompetenähnlich gestaltete Gefäße, worein die Leute Beiträge zur Erhaltung des T-s u. Tempelcultus legten. Kostbarkeiten, welche im T. zu brauchen waren, wurden in der nahe gelegenen Geschenkkammer aufgehoben. 15 Stufen höher als dieser lag der große Vorhof, welcher das Tempelhaus selbst einschloß; er hatte 10 Thore, acht in Nord u. Süd u. zwei in Ost, war 125 Ellen breit in Säulengängen u. Zellen eingeschlossen. Ein niedriges Gitter theilte ihn in den Vorhof der Israeliten u. den Vorhof der Priester mit dem Brandopferaltar. Der T. selbst lag noch 12 Stufen höher, hatte eine Höhe von 100 (120) Ellen u. war, wie beim Salomonischen T., in drei Theile getheilt, die Vorhalle,[358] das Heilige u. Allerheiligste, aus Marmor gebaut, innen mit reicher Vergoldung; er war 100 Ellen hoch, 100 lang; davon kamen 20 auf das Allerheiligste, 40 auf das Heilige, 10 auf die Vorhalle, 10 auf den hintern Anbau u. 20 auf die Dicke der Mauern; das Allerheiligste u. Heilige war 20 Ellen breit u. 60 Ellen hoch; beide Räume schied eine hölzerne Wand; über beiden waren noch 40 Ellen hoch Obergemächer. Im Allerheiligsten stand nichts, es wurde durch eine Thür mit prächtigem Vorhange (welcher bei Jesu Kreuzigung zerriß) vom Heiligen getrennt; das Heilige hatte einen Eingang mit zwei vergoldeten Thürflügeln, derselbe stand immer offen u. war nur mit einem gestickten Teppiche verhängt, in ihm war ein siebenfacher Leuchter, der Schaubrodtisch u. der Rauchaltar; das Thor in die Halle, wo der Brandopferaltar stand, war verschlossen. Der T. wurde durch Beiträge erhalten, welche später in einer wirklichen, zu bestimmten Terminen zu entrichtenden Steuer bestanden. Den Dienst am T. hatten die Leviten, früher noch die Nethinim. Die Aufsicht des T-s führten die 15 Haupleute des T-s, zum Theil Leviten od. Priester mit besonderem Wirkungskreis. Jeder dieser Hauptleute hatte im Vorhofe der Heiden eine Kammer, worin er des Nachts bleiben konnte, u. alle 15 standen unter der Aufsicht eines Obern (Statthalter des Hohenpriesters). Als Jerusalem von den Römern unter Titus 70 n. Chr. erobert wurde, wurde der T., obgleich der Kaiser ihn geschont wissen wollte, doch verbrannt. 136 ließ der Kaiser Hadrian an dem Tempelplatze einen Jupitertempel anlegen, u. Kaiser Julianus begann den alten T. der Juden durch Alypios wieder aufzubauen; doch durch unterirdisches Feuer wurde 363 der Weiterbau verhindert u. er unterblieb nachher ganz. Nach fast drei Jahrhunderten wurde auf dem Platz des T-s vom Khalifen Omar (644) eine Moschee erbaut. Der Salomonische T. ist beschrieben 1. Kön. 6,1–33. 7,13–51. 2. Chron. 3,3–4,22; von Josephos, Antiquit. judaic. 8,2; dann von mehren älteren seit dem 16. Jahrh., wie von Villalpando, Lightfoot (1650) u. Lamy (Par. 1720), in neuerer Zeit bes. von A. Hirt, Der T. Salomons, Berl. 1809; I. Fr. von Meyer, Der T. Salomo's, Berl. 1830; Keil, Archäologische Untersuchungen über den T. Salomo's, Dorp. 1839; Bähr, Der Salomonische T., Karlsr. 1848; Der Herodianische von Josephos, Antiquit. judaic., 15,11. Bell. judaic., 5,5; I. A. Ernesti, De templo Herodis magni, Lpz. 1752; Hirt, in den Abhandlungen der historisch-philosophischen Klasse der königlich preußischen Akademie der Wissenschaft 1816–1817 (Berl. 1819). 2) Der T., u. namentlich der T. Salomonis, dient in der Freimaurerei zu einem der gewöhnlichsten Symbole. Er ist auf dem Tapis (s.d.) abgebildet; ihn aufzurichten behauptet der Maurer, indem er für sittliche Vervollkommnung wirkt; er ruht auf drei Säulen, Weisheit, Schönheit u. Stärke; in ihm prangen die Säulen Jachin u. Boas etc.; 3) Gebäude in Paris, s. Temple.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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