Titulatur

Titulatur

Titulatur, das Prädicat, welches Jemand seinem Stande od. Amte gemäß, bes. in der Anrede beigelegt erhält; so A) im weltlichen Stande: bei Kaisern u. Königen: kaiserliche u. königliche Majestät (s.d. 2), bei ihren Descendenten: kaiserliche u. königliche Hoheit; bei Kurfürsten, Landgrafen u. Großherzögen: ehemals Durchlaucht, jetzt königliche Hoheit; bei Herzögen: sonst Durchlaucht, jetzt Hoheit; bei Fürsten, auch bei Prinzen: Durchlaucht; bei regierenden Grafen aus alten, sonst souveränen Familien: Erlaucht (s.d. a.), bei andern Grafen: Hochgeboren; bei den höchsten Staatsbeamten in Civil u. Militär: Excellenz (so bei Generallieutenants u. Wirklichen Geheimräthen, doch wird dieser Titel auch zuweilen außerordentlich ertheilt), bei Baronen: Hoch- u. Wohlgeboren, bei Adeligen, Offizieren u. höhern Staatsbeamten: Hochwohlgeboren; bei dem gesammten Mittelstand: Wohlgeboren, bei den niedrigsten Beamten, Kanzlisten, Copisten, Schreibern, Handwerkern u. dgl.: Hochedelgeboren; das Prädicat Edeln, welches sonst Kaufleuten u. andern Personen bürgerlichen Standes gegeben wurde u. welches sich im mercantilischen Styl am längsten erhielt, ist jetzt abgekommen u. man titulirt Kaufleute u. Fabrikanten Wohlgeboren. Ein gleichfalls abgekommener Titel, welcher dem Edeln gleich steht, ist das Hochachtbar; auch Hochwohledelgeboren u. das unter diesem stehende Wohledelgeboren, wie auch das Hochedele u. Wohledele, welche ehedem, wo noch das Hochedelgeboren blos dem Adel u. allenfalls bürgerlichen Doctoren der Rechte u. Wirklichen Räthen bei Landescollegien zukam, zur Abstufung des Prädicats der Bürgerlichen niedern Ranges dienten, sind jetzt außer Gebrauch. Den Titel Nutzbarer erhielt sonst der Scharfrichter. B) Für Corporationen: Ministerien u. höhere Collegien titulirt man Hoch ohne weiteren Zusatz; geistliche Collegien auch Hochpreislich; Regimenter, Facultäten u. manche den Collegien gleichstehende Behörden Hochlöblich; Justizämter, Amtshauptmaanschaften u. dgl. Wohllöblich; Stadträthe werden Hochweise titulirt, die in größern Städten auch Wohllöblich. C) Im geistlichen Stande hat der Papst den Titel: Ew. Heiligkeit; die Cardinäle fürstlicher Geburt: Hochfürstliche Eminenz, die nicht fürstlicher Geburt: Eminenz; Erzbischöfe fürstlichen Ranges: Hochfürstliche Durchlaucht u. Erzbischöfliche Gnaden, die nicht fürstlichen Ranges: Erzbischöfliche Gnaden; Fürstbischöfe: Fürstbischöfliche Gnaden; Bischöfe: Bischöfliche Gnaden; Weihbischöfe, Titularbischöfe, Coadjutoren: Hochwürdiger Bischof u. Coadjutor; Fürstäbte: Sr. Gnaden dem Fürstabt; Domherrn, Äbte u. andere hohe katholische Geistliche, auch Doctoren der Theologie u. evangelische Superintendenten: Hochwürden, andere Wohlerwürden u. Wohlwürden; Priorinnen:[629] Hochwürden; graduirte Klosterfrauen: Ehrwürden, Nonnen: Würden; evangelische Generalsuperintendenten: Magnificenz; evangelische Stadt- u. Landgeistliche: Hochehrwürden; Geistliche als Corporation erhalten auch zuweilen Hochwürdigste. Alle diese T-en sind sehr veränderlich; bis ins 17. Jahrh. nannte man nur den Ritter Ew. Edlen, u. den Fürsten Ew. Gnaden; erst 1659 gab der Herzog von Mecklenburg-Schwerin ein Edict, worin er die Benennung Durchlaucht verordnete. In der ersten Hälfte des 18. Jahrh. kam das Prädicat Hochedelgeboren nur adeligen Personen, das Wohlgeboren nur Freiherrn od. Grafen zu. Noch jetzt weichen die verschiedenen Kanzleien sehr in Ertheilung der oben aufgeführten Prädicate ab u. die höchsten Behörden unterlassen sie ganz. Die Vorschriften, wie diese Titel richtig zu gebrauchen sind, finden sich in besonderen Titulaturbüchern, in welchen zugleich die jedem Titel entsprechende Unterschrift, als: ehrfurchtsvoll, allerunterthänigst, unterthänigst, unterthänig, ganz gehorsamst, gehorsam, ergeben, dienstwillig etc. bemerkt ist. In neuester Zeitist das ganze Titelwesen sehr in Verfall u. namentlich auf Briefadressen des Mittelstandes u. der Geschäftswelt fast ganz außer Anwendung gekommen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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