Westfalen [5]

Westfalen [5]

Westfalen, Provinz des preußischen Staates, 1815 gebildet aus Theilen der Hochstifte Münster, Minden u. Paderborn, dem Fürstenthum Siegen, dem Herzogthum W., den Grafschaften Mark mit Hohen-Limburg, Tecklenburg, Oberlingen u. Ravensberg, der gefürsteten Abtei Korvey, den Stauderherrschaften Salm-Aahaus, Salm-Bocholt, einem Theile von Rheina-Wolbeck (mit Ausnahme des hannöverschen Theils), Salm-Horstmar, Rietberg, Rheda, Anholt, Dülmen, Gehmen, Gronau, Bentheim-Steinfurt, Witgenstein-Witgenstein, Witgenstein-Berleburg u. Recklinghausen, der Freigrafschaft u. freien Reichsstadt Dortmund, dem Amte Reckeberg, dem Antheile an Lippstadt u. dem solmsischen Amte Neukirchen, wozu 1855 noch das am Eingange des Jadebusens liegende Jadegebiet gekommen ist; grenzt an die Niederlande, Hannover, Schaumburg-Lippe, Kurhessisch-Schaumburg, Lippe-Detmold, Braunschweig, Kurhessen, Waldeck, Großherzogthum Hessen, Nassau u. die Rheinprovinz; 367,96 QM. Der südöstliche Theil der Provinz ist Gebirgsland, von dem Westerwald, dem Sauerländischen Gebirge, Haarstrang, Eggegebirge, Teutoburgerwald u. Wiehengebirge (s.d. a.) durchzogen. Im Nordwesten breitet sich das Westfalische Tiefland zwischen dem Teutoburgerwald, dem Plateau von Paderborn u. dem Haarstrang aus mit den Stromberger Hügeln (zwischen Hamm u. Wiedenbrück, 300 bis 400 Fuß hoch), der Hardt nördlich von Recklinghausen u. der 367 Fuß hohen Koesfelder Hügelgruppe bei Billerbeck u. Horstmar. Flüsse sind die Weser mit Eder, Diemel, Emmer u. Werre; zum Rhein, welcher die Provinz nicht berührt, fließen die Lahn, Sieg, Wupper, Ruhr (mit Mönne, Lenne u. Volme), Emscher, Lippe, Issel, Berkel; in den Zuidersee mündet die Vechte mit Dinkel; die Ems, welche die Werse aufnimmt, geht außerhalb der Provinz in die Nordsee. Kanal: der Münstersche od. Max-Clemenskanal von Münster zur Vechte, 51/2 Meilen lang. Moore sind an der Bastau bei Minden, die Stockheide an der Lippe u. das Veen an der Vechte u. Berkel. Producte: Roggen, Weizen (wenig), Gerste, Hafer, Buchweizen, Erbsen, Saubohnen (vorzugsweise zur menschlichen Nahrung), Kartoffeln, Raps, Flachs, Hanf (bei Bielefeld u. Minden), Zuckerrüben, wenig Obst, Futterkräuter, Holz; Pferde, Rindvieh, wenig Schafe, viele Ziegen u. Schweine, Bienen; viel Steinkohlen, Torf u. Eisen, Zink, Bleierze, Kupferkies, Kobalt-, Vitriol- u. Alaunerze, Asphalt, Salz, Marmor, Kalk-, Sand- u. Bausteine. Unter den Mineralquellen sind das berühmte Soolbad bei Oeynhausen, die erdig-salinischen Eisenquellen zu Driburg u.a.

Einwohner (im Jahre 1861) 1,618,065 (auf die QM. also 4397); nach den Confessionen wurden gezählt: 713,231 Evangelische, 887,420 Katholiken, 16,686 Israeliten, 598 Deutschkatholiken u. Mitglieder der Freien Gemeinden u. 129 Mennoniten. Sie wohnen in 99 Städten, 62 Marktflecken, 1824 Dörfern, 146 Vorwerken u. Höfen, 1054 Colonien u. Weilern, 11,908 einzelnen Etablissements. Die Westfalen sind der Abstammung nach Deutsche u. reden plattdeutsch u. hochdeutsch; nur im nordwestlichen Theile wohnen Holländer. Der Charakter des Westfalen besteht im Festhalten am Gewohnten u. Bestehenden, einem scharfen Rechtssinne, großer Vaterlandsliebe u. Hang zum Particulären. Der eigentliche Sitz des stärksten Conservatismus ist das Münsterland mit einer reichen, mächtigen, vom Bürgerthum sich streng absondernden Aristokratie. Diesem zunächst steht das an Naturschönheiten reiche Sauerland (Hauptstadt Arnsberg) mit seinen engen Thälern, dunklen, steilen Bergen, verfallenen Burgen, kleinen schmutzigen Dörfern, hie u. da Berg- u. Hüttenwerken u. gewaltigen Fabrikanlagen; hier überwiegt der Beamtenstand u. der Rang entscheidet überall. Dagegen herrscht Intelligenz, Fortschritt u. Lebendigkeit in der frühern Grafschaft Mark u. dem Ravensbergischen, wo durch den Kohlenbetrieb der Ruhrgegend, durch die Industrie auf der sogenannten Enneper Straße (zwischen Hagen u. Schwelm), durch die Kornproduction u. die Salzwerke des Hellweges, durch die Schifffahrt auf der Lippe u. durch den Handel mit der Bielefelder Leinwand schon frühzeitig der Verkehr nach Außen vermittelt wurde. Das platte Land ist dichtbevölkert, die Bewohner gesund, natürlich, scharfsinnig, aber in der äußeren Erscheinung ziemlich nachlässig u. ohne Bildung. Eine Anzahl Bauernhöfe (20 bis 70) bilden eine Bauerschaft (Biuerskop), mehre Bauerschaften od. Dörfer ein Kirchspiel (Kaspel). Der westfälische Hofbauer hat eine feste, sichere Haltung, Energie u. Beständigkeit des Charakters u. großes Selbstgefühl; sein Hof ist ihm wie etwas Unvergängliches, es gilt für eine große Schande, wenn Schulden halber einzelne Grundstücke verkauft werden müssen; daher auch die Heilighaltung der Grenze (Schnat) u. der Widerwille gegen die Eisenbahnen. Zu den Bewohnern eines [128] Bauernhofes kommen außer dem Besitzer u. dessen Familie u. Gesinde noch die Leibpächter, wenn solche vorhanden sind, die Kötter u. die Erbpächter, wenn deren da sind. Die Hofgebäude umfassen die Hauptwohnung für den Besitzer u. das G. finde mit Garten u. eingefriedigtem Hofraum, ein od. zwei Häuser für die Leibzüchtner, Scheuern, Speicher, Kotten u. Erbpachtswohnungen. Das Haupthaus, von Bäumen umgeben, besteht im Grundriß aus einem länglichen Viereck von 60 bis 120 Fuß Länge, dessen schmale Seiten nach Süden u. Norden stehen. Durch die Hausflur, welche so breit ist, daß zwei Wagen neben einander stehen können, wird das ganze Haus in zwei ungleiche Hälften getheilt, von denen die kleinere, nach Süden gewendete das Kammerfach genannt wird u. die Wohnstube des Besitzers, dessen Kammer u. die sogenannte Kleine Stube (für Besuch etc.) enthält; unter dem Kammerfach befindet sich der Keller, über demselben die Kornkammer, so daß das Haus in diesem Theile zweistöckig ist, während es im andern nur ein Stockwerk hält. Auf dem Hausflur steht der Herd, von welchem aus die Hausfrau das ganze Haus übersehen kann; der Rauch des Herdes muß, ehe er austreten kann, längs des Daches hinkreisen, um die dort unzähliger Menge an den Sparren hängenden Schinken zu räuchern. Auf der Hausflur mündet auch das große nördliche Einfahrtsthor. In dem zweiten, jenseits dem Flur gelegenen Theile des Hauses befindet sich auf der einen Seite eine Polterkammer, die Knechtekammer, eine Häckerlingsschneidekammer u. der Pferdestall, auf der andern Seite die Mägdekammer u. die Kuhställe. Die Hochzeiten sind mit großen Schmaußereien verbunden; die Mädchen werden von den Eltern früh verheirathet, ohne auf ihre Neigung wesentlich Rücksicht zu nehmen. Das Gesinde besteht aus dem Kuhhirten, dem Pferdejungen, dem kleinen u. großen Knechte, der kleinen u. großen Magd. Der Bauer ißt mit dem Gesinde an demselben Tische (neuerdings nicht mehr allgemein). Verheirathen sich Knechte u. Mägde, so miethen sie sich auf einem Hofe als Kötter ein u. können es bis zu einer Erbpacht od. wohl auch zu einer Neubauerei bringen Das Verhältniß der Kötter zu den Bauern ist dem zwischen dem römischen Clienten u. Patricius ähnlich, ihre Kinder dienen erwachsen wieder dem Bauer als Knechte u. Mägde. Leibzüchtner sind diejenigen Bauern, deren Anerben sich verheirathet u. den Hof überkommen haben; sie können im Haupthause wohnen bleiben od. die auf jedem Hofe sich befindende Leibzucht (bestehend in Wohnung, Garten, Ackerland, Lieferung an Holz, baarem Gelde u. Korn) beziehen. Die Neubauern, obgleich ganz unabhängig, nehmen in der Gemeinde eine untergeordnete Stellung ein. Die Handwerker arbeiten gegen Tagelohn u. Kost in den einzelnen Häusern.

Ackerbau. Während im Allgemeinen der Westfale, wie seine Vorfahren, nur Körnerfrüchte baut u. dem Fortschritte in der Agricultur abhold ist, sind im Siegenschen in neuerer Zeit gute Vorkehrungen für Berieselung getroffen; daselbst besteht auch die eigenthümliche Holzcultur der sogenannten Heuberge, bei welcher die gegen 20 Jahre alten Holzungen abgeschlagen werden, der Boden abgebrannt, mit Roggen besäet u. vom nächsten Jahre an die jungen Bäume wieder 20 Jahre wachsen gelassen werden. Vorherrschend ist die Dreifelderwirthschaft. Am fruchtbarsten ist die Grafschaft Mark u. stellenweise das Münsterland; in den bergigen Theilen des Südens aber gedeiht nur Roggen, Hafer u. Buchweizen. Das Ackerland beträgt 3,181,000 Magdeburger Morgen, die Waldungen 2 Mill. Morgen (größtentheils Laubholz, mit Ausnahme des Plateaus von Paderborn). Landwirthschaftliche Vereine sind die Landesculturgesellschaft zu Arnsberg, der Minden-Ravensberger Landwirthschaftliche Hauptverein zu Herford, der Paderbornsche Hauptverein zur Beförderung der Landwirthschaft, der Landwirthschaftliche Centralverein für den Regierungsbezirk Münster u. 34 landwirthschaftliche Kreisvereine. Rücksichtlich der Viehzucht gibt es ein Landgestüte zu Warendorf, das beste Rindvieh ist das auf dem Hellweg, von den Schweinen gewinnt man die berühmten Westfälischen Schinken. Es bestehen der Verein zur Hebung der Pferdezucht zu Soest, der Zuchtstutenverein zu Warendorf u. der Westfälisch-Rheinische Verein zur Beförderung der Bienenzucht u. des Seidenbaues zu Unna. In Bezug auf den Bergbau bildet W. einen der 5 Hauptbergdistricte der Monarchie u. lieferte 1857 für 485,367 Thlr. metallische Erze (Hauptfundorte derselben sind in den auf dem rechten Ruhrufer allmällig nach Norden sich abdachenden Hügelreihen) u. für 11,062,588 Thlr. brennbare Mineralien (die meisten in Preußen, bes. die Steinkohlen an der Ruhr von vorzüglicher Qualität u. der Torf im Münsterlande, wo auch der sogenannte Baggertorf, d.h. ganz reiner, schlammartiger Torf ohne organische Überreste gefunden wird). Eisenstein liefern die Bergamtsbezirke Siegen, Bochum u. Essen jährlich im Durchschnitt gegen 2 Mill. Centner; es gibt 5 Salinen. Der Westfälische Bergdistrict lieferte 1860: 21,829,172 Tonnen Steinkohlen, 871,392 Tonnen Eisenerze, 208,503 Tonnen Zink-, Blei-, Kupfer, Vitriolerze; 3,043,545 Centner Gußeisen, 2,493,184 Ctr. Schmiedeeisen, 343,861 Ctr. Stahl, 237,104 Ctr. Zink. Industrie. W. gehört zu den gewerbreichsten Provinzen des preußischen Staates. Im Jahre 1858 zählte man hier: 178 Eisenwerke, 152 Drahtwerke, 20 Nähnadelfabriken, 448 Eisen- u. Blechwaarenfabriken, 167 Stahlfabriken, 66 Stahlwaarenfabriken, 25 Messingwerke, 16 Glashütten, 28 Porzellan- u. Thonwaarenfabriken, 16 Fabriken chemischer Producte, 65 Baumwollspinnereien (im Regierungsbezirk Münster), 118 Baumwollwaarenfabriken, 36 Leinwandfabriken u. Bleichen (Hauptsitz der Leinweberei um Bielefeld u. Warendorf), 7 Bandfabriken, 11 Zwirn- u. Garnfabriken, 11 Seilerwaarenfabriken, 14 Seidenwebereien, 76 Zeugdruckereien, 2 Teppichfabriken, 52 Papierfabriken (Hauptsitz dieser Fabrikation in Preußen im Regierungsbezirk Arnsberg), 8 Papiertapetenfabriken, 10 Steinpappe- u. Papiermachéfabriken, 174 Tabak- u. Cigarrenfabriken, 2 Zuckerraffinerien, 73 Dampfmühlen u. viele Wasser-, Wind- u. andere Mühlen, 1176 Bierbrauereien, 545 Branntweinbrennereien, 28 Essigfabriken, 26 Seifen-, Lichter- u. Ölfabriken, außerdem viele Bronzewaaren-, Neusilber-, Pulver-, Schrot-, Knopf-, Blumen-, Litzen-, Hut- u. andere Fabriken; ein dem Lande eigenthümliches Fabrikat ist auch der berühmte westfälische Pumpernickel (s.d. 1). Ein gewerblicher Verein für Rheinland u. W. besteht in Düsseldorf. Handelsplätze sind Münster, Minden, Paderborn, Dortmund; der Handel wird durch die schiffbaren Flüsse Weser, Ruhr, Lippe u. Ems, sowie durch die Eisenbahnen gefördert; von letzteren durchschneiden die Provinz: die Westfälische Eisenbahn[129] (von Hamm über Soest u. Paderborn nach der Landesgrenze, 17,95 Meilen, von Hamm bis Münster. 4,64 Meilen u. von Münster bis Rheine 5,12 Meilen, im Ganzen 27,71 Meilen), ferner die Bergisch-Märkische Eisenbahn von Düsseldorf über Vohwinkel nach Dortmund u. von da nach Soest, die Köln-Mindner Bahn über Düsseldorf, Dortmund, Hamm u. Löhne nach Minden u. der schaumburg-lippeschen Grenze, die Köln-Gießener Bahn u. die Ruhr-Sieg Eisenbahn. Die Chausseen betrugen im Jahre 1859 eine Länge von 487 Meilen. Telegraphenlinien führen über Minden, Bielefeld, Hamm nach Duisburg etc; von Hamm über Soest nach Arnsberg; von Barmen über Iserlohn nach Arnsberg; von Hamm nach Münster; von Soest nach Kassel. Creditanstalten sind die Dortmunder Privatactienbank (seit 1857) mit Grundcapital von 1 Mill. Thlr. u. die Hagener Privatbank mit einem eben so großen Grundcapitale. Auch gibt es zahlreiche Handelskammern. Die geistigen Bildungsanstalten, die Wohlthätigkeits- u. Krankeninstitute anlangend, bestehen 5 Schullehrerseminare, 1953 öffentliche u. 112 Privat-Elementarschulen, 51 öffentliche u. 47 Privat-Mittelschulen, 6 Progymnasien, 15 Gymnasien, 8 Realschulen, 88 Handwerkerfortbildungsanstalten, 9 Gewerbeschulen, eine Handelsschule (Solingen), eine Theologisch-Philosophische Akademie, eine Philosophisch-Theologische Lehranstalt in Paderborn, katholische Priesterseminare in Münster u. Paderborn, katholisches Priesterhaus zu Gaesdonk, 3 adelige Fräuleinstifte, 39 Kleinkinderbewahranstalten, mehre Waisenhäuser (bes. das in Münster), 2 Rettungshäuser für verwahrloste Kinder, 5 Taubstummen u. eine Blindenanstalt, 77 Krankenheilanstalten (darunter 3 Irrenheilanstalten); ferner eine Gesellschaft für Vaterlandskunde in Paderborn u. ein Kunstverein (mit Gemäldeausstellungen) in Münster. An Zeitungen u. Zeitschriften erschienen im Jahre 1856 : 69, darunter 51 politische, Anzeige-, Kreis- u. Wochenblätter; es gibt 66 Buch- u. Notendruckereien, 50 lithographische Anstalten u. 68 Buch-, Kunst- u. Musikalienhandlungen. Eintheilung: in die drei Regierungsbezirke Münster, Minden u. Arnsberg, deren Provinzialregierungen unter dem Oberpräsidium zu Münster stehen. In Beziehung auf Rechtspflege ressortirt die Provinz von den Appellationsgerichten zu Münster, Paderborn, Arnsberg u. Hamm. Die Evangelischen stehen unter dem Consistorium zu Münster mit 19 Superintendenturen; die Katholischen unter den Bischöfen von Münster (mit 10 Dekanaten) u. Paderborn (mit 27 Dekanaten). Die Provinzialstände für W. bestehen aus vier Ständen, zusammen 72 Mitglieder, 12 aus den vormals unmittelbaren Reichsständen (Herzog von Aremberg, Fürsten von Salm-Salm, von Salm-Kyrburg u. von Kaunitz-Rietberg, Herzog von Looz, Fürsten von Witgenstein-Witgenstein, von Witgenstein-Berleburg, von Bentheim-Tecklenburg, von Bentheim-Steinfurt, von Salm-Horstmar u. Herzog von Croy); der zweite (Ritterstand), dritte (die Städte) u. vierte Stand (die übrigen Gutsbesitzer, Erbpächter u. Bauern) bestehen jeder aus 20 gewählten Mitgliedern. Zum Versammlungsort des Landtags ist Münster bestimmt. In kirchlicher Hinsicht bestehen für die Römisch-Katholischen zwei Diöcesen, Münster u. Paderborn, deren Bischöfe dem Erzbischof von Köln übergeben sind; die Evangelischen beschlossen 1815 in der Grafschaft Mark eine Synodal- u. Presbyterial-, in den übrigen Gebieten der neugebildeten Provinz eine Consistorialverfassung. Zur Beförderung der Union der beiden protestantischen Kirchen wurde die aus presbyterialen, consistoriaten u. rein politischen Elementen gemischte Kirchenordnung vom 5. März 1835 eingeführt, wornach jede Ortsgemeinde ein Presbyterium hat, mehre Ortsgemeinden eine Kreisgemeinde mit einer Kreissynode u. sämmtliche Kreisgemeinden die Provinzialsynode mit der Provinzialsynode bilden. Die Wünsche der Bevölkerung nach einer Ausgleichung dieser verschiedenen Elemente zu einem einheitlichen Kirchenwesen u. namentlich nach Veränderungen, welche die kirchliche Verwaltung freier stellen sollten, wie sie 1844 auf der vierten u. 1850 auf der sechsten Westfälischen Kreissynode u. 1851 mit der Rheinischen Provinzialsynode vereinigt ausgesprochen u. formulirt wurden, fanden seitens der Staatsregierung keine Gewähr; erst die auf der zehnten Westfälischen Provinzialsynode 1862 gefaßten Beschlüsse fanden theilweise von der Regierung Anerkennung, namentlich bezüglich des Kirchrechnungswesens. Vgl. F. Freiligrath u. L. Schücking, Das malerische u. romantische W., Lpz. 1841, mit Supplementen von Seibertz, Arnsb. 1844, u. Wiese, Barmen 1841; H. Hagendorff, Wegweiser durch die preußische Rheinprovinz, W. u. Nassau, Berl. 1858; G. Freiherr von Vincke, Sagen u. Bilder aus W., Hamm 1856; Seibertz, Landes- u. Rechtsgeschichte des Herzogthums W., Arnsb. 1839–54, 4 Bde.; Derselbe, Quellen der Westfälischen Geschichte, ebd. 1857–60, 2 Bde. Karten: Handtke, Wandkarte der preußischen Provinz W., Glogau 1850, 6 Bl.; Weiland, Die preußische Provinz W. u. die Rheinprovinz, Weim. 1851.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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