Wien [2]

Wien [2]

Wien, 1) Stadtbezirk in Österreich unter der Enns von 1,085 geogr. QM., begreift 2) die Stadt W., Hauptstadt des Kaiserthums Österreich, größte Stadt Deutschlands u. der Größe nach die fünfte unter den Hauptstädten Europas (London, Paris, Constantinopel, Petersburg, W.), ist Residenz des österreichischen Kaisers u. Sitz der Hofämter u. Hofstäbe, des Reichsraths, der Ministerien u. Hofkanzleien, des Staatsrathes, der auswärtigen Gesandtschaften, des Militärappellationsgerichts, der obersten Rechnungscontrollbehörde, des obersten Gerichtshofes, des obersten Urbarialgerichts u. der übrigen Centralbehörden, ferner der niederösterreichlichen Statthalterei, des Oberlandesgerichts für Österreich unter u. ob der Enns u. Salzburg, des Landesgerichts, neun städtischer delegirter Bezirksgerichte, des Handelsgerichts, der Advocaten- u. Notariatskammer, der niederösterreichischen Grundentlastungsbehörden, der Finanzlandesdirection, der Finanzbezirksdirection, des Hauptzollamts, der Steueradministration, der Landeshauptkasse, der Forst-, Post-, Landesbaudirection, Handels- u. Gewerbekammer, der Polizeidirection, Staatsbuchhaltung etc., ferner eines katholischen Fürstbischofs, des Metropolitandomcapitels, des erzbischöflichen Consistoriums, des geistlichen Ehegerichts, des apostolischen Feldvicariats, der Consistorien Augsburger u. Helvetischer Confession, der Superintendenturen derselben für einzelne Kronländer etc. W. liegt auf dem südlichen Thalrande der Donau, 527 Fuß ü. M., weshalb die Straßen in der eigentlichen Stadt ziemlich steil nach Norden abfallen; die Donau theilt sich eine Stunde oberhalb W., bei Nußdorf, in mehre Arme, von denen der südlichste u. schmalste, der sogenannte Donaukanal, zwischen der inneren Stadt u. (Vorstadt) Leopoldstadt vorbeiströmt; eine Stunde unterhalb der Stadt vereinigen sich die Donauarme wieder. Östlich fließt das Flüßchen Wien, von Süden aus dem Wienerwald kommend, durch die Vorstädte, welches dann die südöstliche Seite der eigentlichen Stadt im Bogen umkreisend, bei der Vorstadt Landstraße in den Wiener Donaukanal fällt, es treibt Mühlen u. versieht viele Fabriken mit Wasser; westlich mündet die Alser, welche noch innerhalb der Vorstadt von dem Währingerbach verstärkt wird, in die Donau. Diese alle schwellen oft plötzlich an u. richten durch Austreten, Abwerfen der Brücken etc. großen Schaden an. Der Neustädter Kanal dient zum Transport von Brennmaterial, er wurde 1796 angelegt u. begann sonst bei Wienerisch-Neustadt, jetzt bei Ödenburg, bildet in der Nähe des Arsenals (Landstraße) einen Hafen, von wo er unterirdisch weiter geführt wird. In der Nähe des Kaiserbades am Quai landen die aus Oberösterreich kommenden Schiffe mit Obst, Gemüse etc. W. zerfällt in zwei Theile: die innere Stadt u. die Vorstädte, welche erstere umschließen. Es hatte bis 1809 eine doppelte Befestigung. Die innere Befestigung machte ein 40–60 Fuß tiefer Graben aus mit zehn regelmäßigen Bastionen, deren zwei Cavaliere hatten, nach altdeutschem System versehen; zehn Ravelins vor ihnen bildeten die Außenwerke; ein bedeckter Weg, in dessen eingehenden Winkeln Lunetten lagen., u. ein Glacis umgaben das Ganze. In Folge kaiserlicher Verordnung von December 1858 wurden sämmtliche Befestigungen demolirt, der dadurch gewonnene Raum theils zur Erweiterung der Stadt, theils zu Gartenanlagen verwendet. Die ehemaligen 36 Vorstädte, jetzt 2. bis 9. Bezirk, werden gegen Osten, Süden u. Westen von den sogen. Linien umschlossen, dieselben bestehen aus einem 12 Fuß hohen gemauerten Wall, welcher in scherenförmigem Winkel gebrochen ist, u. einem Graben vor demselben, sind 31/2 deutsche Meilen lang u. haben 13 Barrieren (von den Wienern Linien genannt), sie wurden 1703 gegen die ungarischen Insurgenten erbaut, dienen jetzt aber nur zur Aufrechterhaltung der städtischen Mauth. Dieselben sollen durch die neu anzulegende Gürtelstraße ersetzt werden. 17 Brücken u. Stege führen innerhalb der Linien über den Donaukanal u. die Wien, nämlich über ersteren die Augartenbrücke von 35 Klaftern Länge von der Lastenbrücke nach dem Augarten; die Karlskettenbrücke nur für Fußgänger, 501/2 Klaftern lang, zu der westlichen Leopoldvorstadt; die 1819 erbaute Ferdinandsbrücke, 34 Klaftern lang, zu der Leopoldvorstadt; die Aspernbrücke, von der Ringstraße nach der Jägerzeile; die Franzenskettenbrücke, 37 Klaftern lang, zwischen der Weißgerbervorstadt u. der Jägerzeile; die Sophienkettenbrücke, 57 Klaftern lang, in den unteren Prater, u. eine Eisenbahnbrücke; über die Wien führen eine Nevillsche Brücke, eine Bohlenbrücke, eine Kettenbrücke, ein Kettensteg, die Elisabethbrücke von 33 Klaftern Länge, eine im Bau begriffene steinerne Brücke, eine Nothbrücke, eine. eiserne Bogenbrücke, eine massive Pfeilerbrücke außerhalb der[179] Wollzeile (1402 erbaut), die steinerne Radetzkybrücke (1856 vollendet) u. drei hölzerne Stege. Der Alserbach ist innerhalb der Linien überwölbt. Im Ganzen hat W. über 60 Brücken u. Stege. Zahlreich sind die Anstalten, welche W. mit Wasser versorgen, nämlich fünf kaiserliche Hofwasserleitungen mit einem täglichen Lieferungsquantum von 6000 Eimern, sechs städtische Quellenleitungen (täglich zusammen 35,000 Eimer); die Albertinisch-Christinische Wasserleitung vom Herzog Albert von Sachsen-Teschen u. seiner Gemahlin, der Erzherzogin Christine, 1803 angelegt, ist von ihren Quellen bei Hütteldorf im Bezirk Hietzing durch 16,000 gußeiserne Röhren gegen zwei Meilen weit in die westlichen Vorstädte, Mariahilf etc. geleitet u. speist dort 13 Brunnen mit etwa 6000 Eimern; die Kaiser-Ferdinandswasserleitung schöpft durch zwei Dampfmaschinen aus einem bei Nußdorf angelegten Bassin täglich 200,000 Eimer Donauwasser u. versorgt damit 230 öffentliche Bassins u. Brunnen u. 250 Privatbrunnen; unter den 50 Artesischen Brunnen ist der stärkste der am Bahnhofe der südlichen Staatsbahn, welcher täglich 15,000 Eimer aus einer Tiefe von 712 Fuß liefert. W. hatte zu Ende des Jahres 1862: 9300 Häuser (1218 in der inneren Stadt u. 8082 in den Vorstädten), darunter 300 für Staats- u. öffentliche Zwecke, 50 katholische Kirchen, 1 unirte, 1 nichtunirte griechische Kirche, 2 lutherische u. 1 reformirte Kirche, 2 Synagogen, viele Kapellen. Gepredigt wird deutsch, ungarisch (in der Johannes- u. Malteserkirche), italienisch (Minoritenkirche), französisch (Annakirche), böhmisch (in Mariastiegen) u. polnisch (Salvatorkirche zur Fastenzeit). Jetzt (1864) werden 11,983 Häuser, worunter sich gegen 2000 noch unbebaute Hausgründe befinden, gezählt. Ordensstifter u. Klöster gibt es 22, nämlich das Benedictinerstift Schotten (gestiftet 1158 von Heinr. Jasomirgott), die Collegien der Barnabiten bei St. Michael (1626 gestiftet) u. auf Mariahilf (gestiftet 1660), der Convent der Dominicaner (1226 gegründet), der Convent der Franciscaner (1451 gegründet), der Convent der Kapuziner (1619 gegründet), der der Minoriten (1224 gestiftet), die Congregation der Redemptoristen dei Maria am Gestade, die Klöster der Barmherzigen in der Leopoldstadt (1614 gegründet) u. auf der Landstraße, das Kloster der Mechitaristen in St. Ulrich (1810 gegründet), die Collegien der Piaristen in der Josephstadt (1697 gegründet), im Löwenburgschen Convicte (1731 gegründet) u. auf der Wieden (1754 gegründet), das Kloster der Serviten in der Rossau (1639 gestiftet), die Brüder der christlichen Schulen im kaiserlichen Waisenhause, das Ursulinerinnenkloster (1660 gestiftet) mit 1858 erbautem Filialordenshause in Währing, die Klöster der Elisabethinerinnen (1710 gestiftet), der Salesianerinnen am Rennweg (1717 gestiftet), der Barmherzigen Schwestern in Gumpendorf (1832 gestiftet, mit Filialhaus in der Leopoldstadt), die Congregation der Redemptoristinnen am Rennweg u. die der Schulschwestern vom dritten Orden des St. Franciscus. Die Zahl der Einwohner W-s, welche 1754 nur 175,400 Seelen betrug, belief sich Ende 1663 auf 553,070 Menschen ohne die Garnison. Von den Einwohnern bewohnen 53,072 die innere Stadt, die übrigen die Vorstädte; der ganze Polizeirayon von W. umfaßt 723,000 Ew. Die Garnison W-s (etwa 20,000 M.) besteht gewöhnlich aus 26 Bataillonen Infanterie, 2 Regimentern Cavallerie, 1 Artillerieregiment Ihre Exercierplätze sind am Glacis zwischen der Burg u. der Josephstadt, in der Heumarktkaserne u.a. a. O. Die großen Manöver im September werden vor den Linien abgehalten. An der Spitze der Stadtverwaltung steht der Gemeinderath, welchen die aus der Mitte gegewählten u. von dem Kaiser bestätigten Bürgermeister u. dessen zwei Stellvertreter präsidiren. Die Polizei in W. besteht aus 1 Director, 1 Unterdirector, 6 Directionsadjuncten, 20 Ober- u. 20 Untercommissärs, 12 Actuaren etc. u. aus dem k. k. Militärwachcorps von 1 Oberstlieutenant, 6 Offizieren, 13 Unteroffizieren, 700 Gemeinen, worunter 40 beritten sind. Die innere Stadt bildet einen, die Vorstädte 13 Polizeibezirke. Gerichtsbezirke werden neun unterschieden: Innere Stadt, Leopoldstadt, Landstraße, Wieden, Margarethen, Mariahilf, Neubau, Josephstadt, Alsergrund. Die ordemlichen u. außerordentlichen Ausgaben für 1862 betrugen nach dem Entwurfe zum Gemeindebudget der Stadt 7,977,156 Gulden.

Die innere Stadt liegt fast in der Mitte der Vorstädte u. hat 2752 Klaftern im Umfang. Unter den 20 meist kleinen Plätzen sind zu erwähnen: der Hof, wo Herzog Heinrich Iasomirgott seine Hofburg erbaut hatte, er hat eine 1667 von Balthasar Herold unter Leopold I. errichtete metallene Mariensäule u. zwei Springbrunnen mit Bildsäulen von Fischer von Erlach; der äußere Burgplatz zwischen der Burg u. dem Burgthore, ein regelmäßiger, in große Rasenparterres abgetheilter Raum von bedeutendem Umfange, welcher seit 1860 mit der Reiterstatue des Erzherzogs Karl, von Fernkorn modellirt, geschmückt ist (zu derselben wird als Gegenstück die Statue des Prinzen Eugen von Savoyen ausgeführt); der Josephsplatz hinter der Burg mit bronzener, von Zauner gefertigter u. 1805 aufgestellter Reiterstatue Josephs II.; der Hohe Markt mit einem die Vermählung Marias mit Joseph darstellenden Marmordenkmal, 1732 nach den Entwürfen Fischers von Erlach gefertigt u. 1852 erneuert; der Neue Markt (Mehlmarkt) mit einem 1739 von Raphael Donner in Bleicomposition errichteten Brunnen mit der Bildsäule der Vorsicht u. den allegorischen Figuren der Flüsse Traun, Enns, Ips u. March; der Franzensplatz (eigentlich der Haupthof der kaiserlichen Burg), auf ihm befindet sich das Franzensmonument mit der bronzenen Bildsäule des Kaisers Franz I., von Marchesi entworfen, 1846 enthüllt; der Graben, eigentlich eine breite Straße mitten in der Stadt, mit einer marmornen, 1693 von Leopold I. in Folge eines Gelübdes bei einer Pest errichteten Dreifaltigkeitssäule u. zwei Springbrunnen mit Bildsäulen des St. Josoph u. St. Leopold von Fischer 1804 errichtet; der Stephansplatz mit der Stephanskirche, dabei der sogenannte Stock in Eisen, das Handwerksburschenwahrzeichen W-s, ein kurzer Baumstamm, angeblich ein Überrest des sonst bis hierher reichenden Wiener Waldes, mit Nägeln bedeckt, welche die hierher wandernden Schlossergesellen einschlugen, u. durch Klammern u. Schloß an ein Haus angeschlossen, welche ein Schlosserlehrbursche einst unter der Bedingung, daß, wenn es kein Meister öffnen könne, er sogleich losgesprochen werden solle, mit Hülfe des Teufels verfertigt haben u. dann vom Teufel geholt worden sein soll; die Freiung mit[180] einem 1846 von Schwanthaler ausgeführten Brunnen mit der Statue der Austria u. den allegorischen Flußgestalten der Donau, Elbe, Weichsel u. des Po; der Franz-Josephs-Quai, durch Abtragung des Rothenthurmthores u. der Bastei entstanden. Kleinere Plätze sind: der Franciscanerplatz mit einer Brunnengruppe, der Universitäts-, Dominicaner-, Lobkowitz-, Spital-, Peters-, Ruprechts-, Michaeler-, Juden-, Minoriten-, Ballplatz. Die Straßen sind meist krumm, eng u. die gewöhnlich sehr hohen Häuser verwehren dem Licht den Zutritt; indeß wird in neuester Zeit jenem Übelstande durch Straßenerweiterungen möglichst abgeholfen. Die wichtigsten Straßen sind die Kärntnerstraße (sehr lebhaft), Rothethurmstraße, der Kohlmarkt, die Wollzeile, der Fleischmarkt, die Wipplingerstraße, Singerstraße, die Schotten-, Herren- u. Augustinergasse, der Salzgries. Bemerkenswerth sind die zahlreichen sogenannten Durchbäuser, durch deren Höfe abkürzende Straßen für Fußgänger führen. Die Straßenbeleuchtung geschieht seit 1846 mit Gas (jetzt durch zwei Gesellschaften); das Pflaster ist ausgezeichnet, von den Wiener Pflastersteinen in behauenen Quadern von etwa 1 Fuß Größe netzförmig construirt; viele Straßen sind an den Seiten mit Trottoirs belegt.

Von den 19 Kirchen der inneren Stadt sind merkwürdig: die Stephanskirche (Metropolitankirche), obgleich unvollendet, eins der schönsten Denkmäler gothischer Baukunst, ist nach dem ersten, von Heinrich II. Jasomirgott 1144 gegründeten, 1147 eingeweihten Bau u. einer Restauration u. Vergrößerung im 13. Jahrh. von 1344 bis 1579 in Form eines Lateinischen Kreuzes ganz von Quadersteinen aufgeführt. Sie soll auf mächtigen Gewölben, fünf Stockwerke tief, ruhen; die drei unteren werden nie geöffnet, die zwei oberen mit 34 großen Gewölben sind zu Todtengrüften eingerichtet, worin die Leichname nicht verwesen, sondern nur vertrocknen; dieselben ruhen in dem Raum zwischen zwei Pfeilern (Kamerade), welcher, sobald er voll war, zugemauert wurde. Die kaiserliche Gruft befindet sich in der Mitte, in ihr werden seit Ferdinand II. die Eingeweide der kaiserlichen Familienglieder in kupfernen Urnen aufbewahrt (das Herz wird in der Lorettokapelle der Augustinerkirche, der Leichnam in der Kapuzinerkirche beigesetzt). Die Obere Kirche ist 333 Fuß lang, 222 Fuß breit u. 86 Fuß hoch u. umfaßt einen Flächenraum von 32,400 Quadratfuß. Der Bau des von sechs Pfeilern getragenen Chores begann 1359 im edelsten Gothischen Styl, das Schiff ist aus dem 16. Jahrh., zwölf starke Pfeiler, mit mehr als 100 Standbildern geziert, tragen das Gewölbe. Die südlichen u. nördlichen Giebel sind 1852 bis 1855 nach den Plänen des Architekten Ernst ausgebaut, überhaupt wird das Äußere in neuester Zeit stylgemäß hergestellt u. ergänzt; das Dach (105 Fuß hoch) ist mit bunten Glasziegeln gedeckt; den Haupteingang bildet im Westen das sogenannte Riesenthor. Das Innere, durch vielen, dem Gothischen Style widersprechenden Schmuck verunstaltet, hat eine große Anzahl Merkwürdigkeiten, so den Hochaltar aus schwarzem Marmor von Jakob Bock aus dem Jahre 1647, mit Altargemälde von Tobias Bock (Steinigung des St. Stephan), die 37 anderen Altäre, Gemälde von Sandrart, Correggio, Ender, Spielberger, Hempel u. A., Glasmalereien, Kanzel von Pilgram in Stein gearbeitet mit meisterhaften Steinbildwerken, schönen Taufstein von 1481 in der Katharinenkapelle, die geschnitzten Chorstühle aus dem 16. Jahrh. von Lerch, große Orgel von Neuhauser mit 32 Registern, an Grabmälern bes. den Sarkophag Kaiser Friedrichs III. aus roth u. weißem Marmor von Lerch gearbeitet, mit 32 Wappenschildern u. biblischen Darstellungen, von einem Marmorgeländer umgeben, das Grabmal des Prinzen Eugen von Savoyen in der Savoy'schen Kapelle, Albrechts III. u. seiner Gemahlin Elisabeth, des Erzbischofs Grafen Kollonitz, des Geschichtsschreibers Cuspinian u.a. An der äußeren nördlichen Seite des Chores befindet sich eine Kanzel, auf welcher 1451 der Franciscaner Joh. Capistranus den Kreuzzug gegen die Türken predigte. Der Dom hat fünf Eingänge u. 31 große Fenster, 41 Fuß hoch. Von den vier Thürmen des Domes stehen die zwei achteckigen, 202 Fuß hohen sogenannten Heidenthürme zu beiden Seiten der Façade, in ihnen bestudet sich das gewöhnliche Kirchengeläute. Die beiden anderen Thürme erheben sich an den Enden des Kreuzschiffes; von denselben ist der nördliche 1516 zu einer Höhe von 143 Fuß erbaut, wurde 1579 durch einen schließenden Aufsatz zu 205 Fuß Höhe weiter geführt u. hat eine 2081/2 Centner schwere Glocke; der südliche, der sogenannte Stephansthurm, ist 1360 unter Leitung Wenzla's von Klosterneuburg zu bauen begonnen, von Hans Prachatitz fortgesetzt u. 1433 von Anton Pilgram vollendet worden, er ist 4351 Par. Fuß hoch, bildet eine mit gothischen Verzierungen bedeckte Pyramyde u. trägt auf seiner Spitze einen Doppeladler von Kupfer u. über demselben das Kreuz (ehemals befand sich ein Halbmond auf seiner Spitze, indem der Großvezier Kara Mustapha nur unter dieser Bedingung den Thurm bei der Belagerung von W. zu schonen versprach). Die Spitze wurde bei der von 1839 bis 1842 andauernden Reparatur des Doms auf einem Gerippe von Eisen neu aufgesetzt, neuerdings war sie wieder schadhaft geworden u. mußte abgetragen werden, wurde aber bis Juni 1864 wieder ausgebaut u. hat jetzt eine Höhe von 72 Wiener Klaftern. Man besteigt den Thurm auf 553 steinernen u. 200 hölzernen Stufen, zuletzt die Spitze auf Leitern. Auf der Höhe zeigt man noch den steinernen Sitz, von wo aus Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg 1683 die Türken beobachtete. Der Stephansthurm enthält die größte Glocke W-s, die sogenannte Josephinische (354 Ctnr. schwer, mit Helm u. Klöppel 402 Ctnr., u. 10 Fuß weit, aus 180 im Jahr 1683 vor W. eroberten türkischen Geschützen 1711 gegossen). Die Augustinerkirche (Hofpfarrkirche) neben der kaiserlichen Burg, 1330 von Friedrich dem Schönen erbaut, 1783 umgestaltet, wo in der Lorettokapelle die Herzen der verstorbenen Personen aus der Kaiserfamilie in silbernen Urnen verwahrt werden, mit dem Mausoleum der Erzherzogin Christine (einem Meisterwerk Canovas) u. Grabdenkmälern des Kaisers Leopold II., des Feldmarschalls Grafen Daun u. van Swietens, des berühmten Leibarztes der Kaiserin Maria Theresia; an dieser Kirche war Abraham a. S. Clara Prediger. Die Michaeliskirche, 1220 gegründet, im 15. Jahrh. sehr verändert, mit schlankem gothischem Thurm, Gemälden von Bock, Unterberger, Schnorr, den Grabmälern der Freiherren Hans u. Sixtus von Trautson u. des italienischen Dichters Metastasio.[181] Die Kapuzinerkirche, 1632 erbaut, in deren unterirdischen Gewölben seit Kaiser Matthias die Leichname der kaiserlichen Familie (so Karl VI., Maria Theresia, Franz I., Joseph II, Leopold II., Franz II., der Herzog von Reichstadt) ruhen. Die Kirche St. Peter, 1702 von Fischer von Erlach nach der Peterskirche in Rom erbaut, mit Marmorportal, Fresko- u. Ölgemälden u. dem Grabmal des Historikers Wolfgang Lazius. Die Schottenkirche, vom Herzog Heinrich Jasomirgott gegründet, 1158 erst schottischen, dann 1418 deutschen Benedictinern eingeräumt, mit Gemälden von Sandrart u. den Grabmälern des Gründers u. des Grafen Ernst Rüdiger von Starhemberg; auf dem Platze vor dieser Kirche steht seit 1846 ein schöner Brunnen von Schwanthaler. Die gothische Kirche zu Maria Stiegen (Maria am Gestade), aus dem Anfang des 15 Jahrh., den Redemptoristen übergeben, mit Glasmalereien; der 180 Fuß hohe siebeneckige Thurm endet in einem Blumenkelch, aus welchem ein Kreuz hervorgeht. Die Kirche zu Maria Schnee (Minoritenkirche), 1276 durch Ottokar von Böhmen gegründet, 1330 vollendet, mit gothischem Portal, Raffaelis Mosaikcopie des Abendmahls von Leonardo da Vinci, Monument Metastasios von 1855 etc. Die Kirche zu den neun Chören der Engel am Hof von 1386, mit Gemälden. Die Universitäts- od. Jesuitenkirche, eine Basilica von 1631, mit Fresken von Pozzo. Die Kirche Maria Rotunda (Dominikanerkirche), 1639 erbaut, mit Gemälden von Kupelwieser, Bock, Spielberger, Pozzo. Die Kirche des Deutschen Ordens von 1316. Die Kirche zu Sta. Anna, 1747 erbaut, mit Fresken von Pozzo. Die Hofburgkirche, die Malteserordenskirche, die Ursulinerinnenkirche, die Franciscanerkirche, die Salvatorkirche. Die Kirche der unirten Griechen zu Sta. Barbara am Dominicanerplatz, 1852 hergestellt, mit reichem u. glänzendem Innern. Die Kirche der nichtunirten Griechen auf dem alten Fleischmarkt, neuerlich umgebaut, mit reichem Bilderschmuck. Die lutherische Kirche mit sehr guter Orgel von Deutschmann; die reformirte Kirche von Nigelli erbaut.

Schlösser, Palästen. öffentliche Gebäude. Die kaiserliche Burg od. das Residenzschloß bildet ein längliches, unregelmäßiges Viereck mit zwei kleinen Höfen u. dem 180 Schritt langen, 105 Schritt breiten Burgplatz od. Franzensplatz (s. oben S. 179). Die Burg ist zu verschiedenen Zeiten gebaut; der östliche u. zugleich älteste Theil heißt die alte Burg, auch Schweizerhof, nach dem in ihr befindlichen Hofe, in welchem sonst die Schweizerwache ihre Stelle hatte, u. ist vom Herzog Leopold VIII. zu Anfang des 13. Jahrh. gebaut u. 1853 renovirt worden. Der südliche Theil des Schlosses (der Leopoldinische Tract) ist der schönste u. unter Kaiser Leopold I. 1660 bis 1670 von Fischer von Erlach erbaut; ein Portal, von Giganten bewacht, ziert ihn. In ihm wohnten Maria Theresia, Joseph II. u. Ferdinand I., u. hier sind die Säle (u.a. der von Franz I. 1805 erbaute Rittersaal) u. Prachtzimmer, in welchen die Hoffeste stattfinden. Der westliche Flügel, in der Mitte des 17. Jahrh. unter Rudolf II. errichtet, heißt der Amalienhof, weil die Wittwe Josephs I., Amalie, hier wohnte; ebenda residirte Leopold II. Die Nordseite bildet die sonstige Reichskanzlei, unter Karl VI. 1728 von Fischer von Erlach erbaut, an den großen Thorhallen mit vier kolossalen Herculesgruppen von Matthielli, jetzt vom Kaiser bewohnt, mit dem Staatsarchiv etc. In der Burg befindet sich die Schatzkammer (im Schweizerhof) mit dem 1331/2 Karat schweren, 150,000 Ducaten geschätzten Diamant Karls des Kühnen, einem aus einem 2780 Karat schweren Smaragd gearbeiteten Salbgefäß, dem Krönungsschmuck Kaiser Karls des Großen (seit 1796 hier), demjenigen der österreichischen Kaiser aus den Zeiten Rudolfs II. u. einer Menge anderer Schmucksachen, Gold- u. Silberarbeiten, Elfenbein- u. Bernsteinschnitzereien, Holz-, Krystall., Erz- u.a. Bildwerken; ferner das Naturalien-, Münz- u. Antikencabinet (s. unten S. 185); auch die Gebäude des Zoologischen Museums, des Hofburgtheaters, der Hofbibliothek (alle diese s. unten) u. die Augustinerkirche sind an die Burg angebaut. Dabei ist auch die große kaiserliche Reitschule, welche gegen den Michaelerplatz die Fronte hat u. in welcher sich auf 46 steinernen Säulen eine ringsum laufende Gallerie u. dabei die großen Redoutensäle befinden, welche bei festlichen Gelegenheiten mit jener in Verbindung gesetzt werden. Diese Reitschule ist das Bruchstück eines neuen, von Karl VI. projectirten Schlosses u. 1735 unter Leitung Fischers von Erlach vollendet; in ihr wurden 1848 die Sitzungen des Reichstages gehalten. Die Verbindung des Burghofes mit den Vorstädten vermittelt das Burgthor (1822 von Nobile erbaut) durch fünf von zwölf dorischen Säulen gebildete Durchgänge. Andere ausgezeichnete Paläste u. öffentliche Gebäude sind: das Palais des Erzherzogs Albrecht (sonst des Herzogs von Sachsen-Teschen) auf der Augustinerbastei, das der Erzherzöge von Modena u. Maximilian, der Erzherzogin Beatrix, das Palais des Ministeriums des Äußern am Ballplatze, das des Finanzministeriums, des Ministeriums des Innern, des Handelsministeriums u. der Nationalbank, das Palais der Akademie der Wissenschaften mit prachtvollem Sitzungssaale (Aula) am Universitätsplatz, das Palais des Cultusministeriums, das fürstlich Liechtensteinsche Majoratshaus (das schönste Privatgebäude W-s, von Martinelli erbaut), die Palais des Fürsten Esterhazy, der Grafen Palavicini, Harrach, Hardegg, des Fürsten Kinsky, des Fürsten Lobkowitz, des Herzogs von Koburg, des Erzbischofs, des Fürsten Liechtenstein, der Fürsten Montenuovo, Schönborn, Festelitz, der Fürstin de Ligne, des Fürsten Schwarzenberg, das Kriegsministerium, das bürgerliche Zeughaus, das Gebäude der Creditanstalt am Hof, das Magistratsgebäude mit dem schönen Gemeinderathssaale in der Wipplingerstraße, das Statthaltereigebäude u. das Landhaus in der Herrengasse, das Postgebäude am alten Fleischmarkt, die Börse, das Gebäude der Gesellschaft der Musikfreunde, das herzoglich Savoy'sche Damenstift, zwei große 1856 vollendete Defensionskasernen auf der Dominicanerbastei. Hervorragende Privatgebäude sind außer den erwähnten Privatpalästen die sogenannten Höfe, Gebäudemassen, welche größtentheils großen geistlichen Stiftern u. Abteien des Landes gehören (z.B. der Schottenhof, einer der größten, vormals den 1158 von Heinrich II. Jasomirgott hierher berufenen schottischen, jetzt deutschen Benedictinern gehörig, 1831 umgebaut; der Melkerhof, Eigenthum der Abtei Melk; der Trattnerhof, von 400 Menschen[182] bewohnt, der Mozarthof, der Galvanihof, der Bellegardehof, der Seitenstätterhof); ferner das Sparkassengebäude, das Deutschordenshaus, das große Bürgerspital (mit zehn Höfen, über 200 Wohnungen u. 1400 Bewohnern), der Bazar, Hollauers Gebäude am Kohlmarkt, das Müllersche Gebäude u. mehre Hôtels (Wandel, Munth, Österreichische Hof u.a.).

Die Vorstädte umfassen mit Inbegriff der Insel Leopoldstadt 158, 538 Klafter, ohne diese 9998 Klafter; sie zeichnen sich fast durchgängig durch breite regelmäßige Straßen aus, haben meist 2–4 Stock hohe Häuser, aber nur in den Hauptstraßen Pflaster, da die Seitenstraßen chaussirt sind, schließen Gärten ein, werden durch die Linien geschlossen u. sind seit 1683 aufgebaut. W. hat 36 Vorstädte, von denselben liegen die folgenden am rechten Ufer des Donaukanals: Alservorstadt, Althan, Altlerchenfeld (von armen Arbeitern bewohnt), Breitenfeld, Erdberg (W-s Küchengarten), Gumpendorf (Sitz der Weber u. Spinner), Himmelpfortgrund, Hundsthurm, Hungelbrunn, Josephstadt (vom Kaiser Joseph I. angelegt), Laimgrube, Landstraße, Liechtenthal (gehört mit Rossau dem Fürsten Liechtenstein, arme Arbeiter wohnen dort), Laurenzergrund, Magdalenagrund, Margarethen, Mariahilf (mit schönen Kaufläden u. regem Handelsverkehr), Matzleinsdorf, Michelbeuerngrund, Neubau, Nikolsdorf, Rein prechtsdorf, Rossau (mit großen Holzplätzen), Schaumburgergrund, Schottenfeld (Sitz der Band. u. Shawlfabriken), Spittlberg, Strotzengrund, Thury, St. Ulrich, Weißgerbervorstadt (Gerber u. Fleischer), Wieden, Windmühle; die übrigen vier: Leopoldstadt (mit dem Augarten), Jägerzeile (mit dem Prater), Brigittenau u. Zwischenbrücken liegen auf einer Donauinsel. Diese Vorstädte sind 1862 in 8 Bezirke vereinigt, nämlich: Leopoldstadt, Landstraße, Wieden, Margarethen, Mariahilf, Neubau, Josephstadt u. Alsergrund. Plätze gibt es in den Vorstädten fast gar nicht. Nur der Platz auf den Heyden u. der Schraggasse in der Leopoldstadt, der Platz vor dem Rosumovski Palais u. der Kirchenplatz auf der Landstraße u.a. sind allenfalls solche. Die großartigste Straße ist die von der Ferdinandsbrücke nach dem Prater führende Praterstraße, zugleich die schönste Straße in W.; andere schöne Straßen der Vorstädte sind die Taborstraße in der Leopoldstadt, die Währinger, Alser- u. Favoritenstraße, der Rennweg, die Ungergasse, die Mariahilfer, Wiedener u. Landstraße. Die Kirchen der Vorstädte sind in neuem Styl gebaut; bes. ausgezeichnet sind die Kirche zu St. Karl von Borromeo (Karlskirche) auf den Wieden, Votivkirche Kaiser Karls VI. nach beseitigter Pest, in Italienischem Style nach Fischers von Erlach Plane 1736 u. 1737 von Phil. Martinelli gebaut, mit Fresken von Rothmayr u. dem Grabe des Dichters Collin; davor zu beiden Seiten zwei freistehende dorische Säulen mit den Thaten des St. Karl Borromeo. Die Kirche zu St. Johann von Nepomuk (Johanniskirche) in der Jägerzeile, 1846 von Rösner erbaut, mit Gemälden von Kupelwieser, Führich u. A. Die Kirche zu St. Leopold in der Leopoldstadt, 1728 vollendet, mit Fresken. Die Kirche zu Mariä Verkündigung in der Rossau, gestiftet vom Fürsten Ottavio Piccolomini, 1639 von Carlone vollendet, bei ihr ist die berühmte Kapelle des St. Peregrin. Die Kirche zu den vierzehn Nothhelfern in Liechtenthal, 1770 vollendet, mit Gemälden von Kupelwieser, Kohl u. Zoller. Die Kirche zu St. Laurenz in Schottenfeld, 1767 vollendet, hat marmornen Hochaltar, Öl- u. Freskogemälde u. Bildsäulen; die Kirche zu den sieben Zufluchten in Altlerchenfeld, nach den Plänen von Müller 1848–1853 im italienisch-mittelalterlichen Style von Ziegeln aufgeführt, mit Fresken von Binder, Blaas, Mayer, Engerth, Schönmann, Kupelwieser, Führich; die Kirche zu Mariä Verkündigung in St. Ulrich, den Mechitaristen gehörig, 1684 erbaut, mit Gemälden; die Kirche zu Maria Trost ebendaselbst von 1721, mit Gnadenbild; die Kirche zu Mariahilf auf der Laimgrube, 1730 vollendet, ebenfalls mit Gnadenbild; die Kirche zu St. Joseph in Margarethen, 1768 von Maria Theresia gegründet, mit ausgezeichneten Gemälden; die Kirche zu Mariä Heimsuchung am Rennweg, 1719 vollendet, mit Kuppel u. im Innern reich an Gold, Marmor u. Kunstschätzen; die Heilandskirche (Votivkirche) vor dem Schottenthor, vom Erzherzog Ferdinand Maximilian zum Andenken an die Rettung des Kaisers Franz Joseph I. am 18. Febr. 1853 aus Mörderhand (Libenyi) gegründet, in Gothischem Style nach Ferstels Plänen aufgeführt u. 1861 eingeweiht; die Kirche der Lazzaristen an der Mariahilfer Linie, nach Schmidts Plänen 1863 vollendet; die lutherische Kirche in der Vorstadt Gumpendorf, 1849 von Förster erbaut; die Synagoge in der Leopoldstadt, von Förster im Maurischen Style 1858 vollendet. Ausgezeichnete öffentliche Gebäude in den Vorstädten sind: das kaiserliche Lustschloß Belvedere am Rennweg, 1693–1724 als Sommerpalast des Prinzen Eugen von Savoyen durch den Architekten Hildebrand in zwei durch einen in französischem Geschmack angelegten Garten getrennten Gebäuden, dem untern u. obern Belvedere, im Italienischen Style erbaut, 1776 vom Kaiser gekauft u. jetzt die kaiserliche Gemäldegallerie, Antikensammlung u. die Ambraser Sammlung (s.u. Ambras) enthaltend; ferner die k. k. Theresianische Akademie in der Favoritenstraße, die medicinische Josephsakademie in der Währingerstraße, das Centralmilitärequitationsinstitut in der Ungergasse (im Normannischen Style gebaut), das Hauptzollamt, das 1836 erbaute Münzgebäude, Invalidenhaus, das Palais der Leibgardegendarmerie, das Militärgeographische Institut, die Heumarktkaserne, der kaiserliche Marstall (300 Schritte lang, für 400 Pferde geräumig), das Polytechnische Institut u. das 1836 errichtete Criminalgebäude, die Communaloberrealschule auf der Wieden, die Infanteriekaserne auf der Laimgrube, die Cavalleriekaserne in der Josephstadt, die Bahnhöfe, das Theater an der Wien, das Karlstheater in der Praterstraße, der Circus Renz, das neue Irrenhaus, das Arsenal vor der Belvederelinie, 1849–1855 in Gestalt eines Vierecks erbaut mit Fronten von 253 u. Langseiten von 663 Klaftern, so wie mit sieben dreistöckigen, an den Ecken u. in der Mitte der Seiten (mit Ausnahme der vordern Front) angebrachten Defensionskasernen für etwa 6000 Mann, im Innern befinden sich das Waffenmuseum, die Gewehrfabrik, Schmiedewerkstätte, Holzwerkstätten, Geschütz-, Guß- u. Bohrwerk, überhaupt Anstalten für jeden Zweig der Waffenfabrikation. An Militärkasernen bestehen überhaupt in W. 1 für Artillerie, 2 für [183] Cavallerie, 6 für Infanterie (darunter die Franz-Josephskaserne die schönste), 3 für den Train, 1 für die Trabantenleibgarde, 1 für die Gendarmerie, 1 für die Hofburggarde, der Gardehof für die Arcierenleibgarde. Durch ihre Größe zeichnen sich aus die Gebäude des allgemeinen Krankenhauses, das Rudolfsspital, die Josephsakademie u. der Infanteriekaserne in der Alserstraße, der Cavalleriekaserne in der Josephstädter Straße u. die Artilleriekaserne am Rennwege. Von hervorragenden Privatgebäuden in den Vorstädten sind zu nennen: die von Fischer von Erlach erbauten Palais des Fürsten Schwarzenberg u. des Fürsten Auersperg, die beiden Palais des Fürsten Liechtenstein auf der Landstraße u. Alsergrund, die Palais des Fürsten Metternich, des Erzherzogs Maximilian, der Fürsten Esterhazy (früher dem Fürsten Kaunitz gehörig), Dietrichstein u. Schönburg, des Freiherrn von Dietrich, das Starhembergische Freihaus (auch die Herrschaft Conradswörth genannt, 6 Höfe, 300 Wohnungen u. 2000 Bewohner enthaltend) auf der Wieden, das Gebäude der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft, das Sophienbad, das Dianabad, das Blindeninstitut u. das Löwenburgische Convict in der Josephstadt, das neue Gemeindehaus am Neubau, das Waisenhaus u. Findelhaus in der Alservorstadt, die k. k. Porzellanfabrik, die großen Schlachthäuser an der Schönbrunner u. an der St. Marxer Linie, seit 1849 erbaut, mehre große Hotels (Hotel National, Goldnes Lamm etc.). An öffentlichen Denkmälern sind die Vorstädte arm; am 18. October 1863 wurde auf dem neuen Schwarzenbergplatze der Grundstein zum Schwarzenbergdenkmal gelegt; außerdem verdienen Fischers Brunnengruppe in der Hauptstraße der Alservorstadt, der Brunnen im Hofe der Josephsakademie mit Fischers Bildsäule der Hygiea, Schallers Brunnengruppe auf dem Schloßplatze in Margarethen u. das Resselmonument vor dem Polytechnischen Institute Erwähnung.

Unter den Bildungsanstalten der Stadt W. steht die Universität (Rudolf. AlbrechtUniversität) oben an; dieselbe wurde 1365 aus der seit 1237 schon bestehenden Lateinischen Schule zur Hohen Schule erhoben, indem Rudolf IV. der Philosophie u. den Schönen Wissenschaften noch die Jurisprudenz u. die medicinischen Wissenschaften beifügte; unter seinem Nachfolger Albrecht III. kam auch noch die Theologie hinzu; 1622 wurde die Universität von Ferdinand III. den Jesuiten übergeben, 1756 unter Maria Theresia durch van Swieten umgestaltet; sie hat ein Vermögen von etwa 5 Mill. Gulden, 2900 Studirende, beinahe ebensoviele außerordentliche Zuhörer u. 127 Lehrer, von welchen im J. 1857 auf die theologische Facultät 7 Professoren u. 2 Docenten, auf die rechts- u. staatswissenschaftliche 19 Professoren u. 2 Privatdocenten, auf die medicinische 19 Professoren, 18 Privatdocenten u. 12 sonstige Docenten, auf die philosophische 29 Professoren, 8 Privatdocenten u. 11 sonstige Docenten kamen. Die medicinisch. chirurgische Facultät hat europäischen Ruf. Das ehemalige, 1753–55 errichtete Universitätsgebäude (mit der im J. 1848 so häufig genannten Aula) in der Nähe der Stephanskirche, ist für die 1846 gegründete Akademie der Wissenschaften eingerichtet. Mit der Universität sind verbunden: die Universitätsbibliothek, das Philologisch. historische Seminar, das Institut für österreichische Geschichtsforschung, die Sternwarte (1825 umgebaut), der Botanische Garten mit dem Botanischen Museum, einer bedeutenden Bibliothek u. dem großen kaiserlichen Herbarium (67,000 Phanerogamen), das Naturhistorische Museum (eine mineralogische u. zoologische Sammlung begreifend), das Physikalische Cabinet, die Centralanstalt für Meteorologie u. Erdmagnetismus (seit 1851 mit mehr als 100 Beobachtungsstationen in der Monarchie), das Physikalische Institut mit ausgezeichneten Instrumenten u. Apparaten, das Landwirthschaftliche Museum, das Chemische Laboratorium, das Pathologisch-anatomische Museum, das Museum der Anatomie des Menschen, das Museum der vergleichenden Anatomie (seit 1851), das Physiologische Institut, das Pathologisch chemische Laboratorium, die Sammlung chirurgischer. Instrumente u. Maschinen, die Pharmakognostische Sammlung etc. Andere wissenschaftliche u. Schulanstalten sind: die höhere Bildungsanstalt für Weltpriester zum St. Augustin, das Hausstudium der Mechitaristen, die Evangelisch-theologische Facultät, welche mit der Universität in keiner Verbindung steht, 1819 gegründet, 1821 eröffnet, 1850 neu organisirt, seit 1863 Facultät (früher nur theologische Lehranstalt), mit 7 Professoren; das Polytechnische Institut für Realwissenschaften, Gewerbe u. Handel, 1815 eröffnet, mit 55 Lehrern u. gegen 2600 Studirenden, Bibliothek, großen Laboratorien (bes. das chemische), mechanischen u. astronomischen Werkstätten u. Sammlungen von Mineralien, Modellen, mathematischen, mechanischen u. physikalischen Instrumenten (darunter die größte Elektrisirmaschine in Europa), chemischen Präparaten, Waarenmustern etc.; mit diesem Institut ist das Technologische Museum verbunden, welches eine sehr große Sammlung der mannichfaltigsten Fabrikate in den verschiedenen Stadien ihrer Herstellung enthält; die Medicinisch-chirurgische Josephsakademie (Josephinum) in der Währingergasse, 1785 von Joseph II zur Bildung von Ärzten u. Wundärzten für die Armee gestiftet, hat 6 Lehrer, 550 Schüler für die Militärschüler u. reichhaltige Sammlungen, bes. die berühmte anatomisch-pathologische Wachspräparatensammlung, welche Fontana in Florenz anfertigte u. später in Wien fortsetzte; das Thierarzneiinstitut (Thierspital) in der Vorstadt Landstraße, von Maria Theresia 1767 gegründet, 1821 von Franz I. verbessert, mit 11 Lehrern, gegen 1000 Zuhörern, Sammlungen von Präparaten, ausgestopften Thieren etc.; die Centralveterinärlehranstalt der Monarchie, 1812 organisirt; die k. k. Orientalische Akademie, 1754 von Maria Theresia gestiftet zur Heranbildung von Diplomaten, Juristen u. Dolmetschern, welche in den österreichischen Staatsdienst im Orient treten wollen; die Kriegsschule; die militär-administrative Lehranstalt, die Centralcavallerieschule (seit 1850); das Artillerieequitationsinstitut; 4 Obergymnasien (nämlich das kk. akademische, das zu den Schotten, das der Piaristen in der Josephsstadt u. das in der Theresianischen Akademie); die Handelsakademie (1858 eröffnet); mehre Handels-, Gewerbe- u. Industrieschulen, 4 Ober- u. 9 Unterrealschulen, 11 Hauptschulen (die Normalhauptschule bei Sta. Anna 1772 von Maria Theresia als Musterschule für die niedern Schulen des ganzen Kaiserstaates errichtet), eine protestantische Haupt- u. Unterrealschule mit einer Collateralschule, eine griechische Nationalschule,[184] 69 Elementarschulen, über 40 weibliche Arbeitsschulen, viele Privatschulen für fremde Sprachen, Schönschreiben, Stenographie etc. Die vorzüglichsten Erziehungsanstalten in W. sind: das erzbischöfliche Seminar, das Pazmanische Collegium, gestiftet von dem Erzbischof von Gran Pazman, für junge ungarische Cleriker; das Griechisch-katholische Clerikalseminar für 45 Zöglinge, das erzbischöfliche Knabenseminar, das Theresianum (Theresianische Ritterakademie) 1745 gestiftet, 1784 von Joseph II. aufgehoben, 1797 von Franz I. wiederhergestellt, bis 1848 nur für katholische Edelleute, jetzt auch andern Schülern zugänglich, mit Bibliothek; das gräflich Löwenburgsche Convict (1731 gestiftet), das kaiserlich königliche u. das israelitische Taubstummeninstitut (ersteres 1779 gegründet), das Blindenerziehungsinstitut (1804 gegründet) mit Beschäftigungsanstalt für erwachsene Blinde, das k. k. Waisenhaus (1742 gegründet), das herzoglich Savoysche Damenstift (1769 für 20 adelige Fräuleins gestiftet), das Civilmädchenpensionat (1786 von Joseph II. gegründet), die höhere Bildungsanstalt der Salesianerinnen, das Mannschaftstöchtererziehungsinstitut, 70 Privaterziehungsanstalten. Von gelehrten Instituten u. Gesellschaften sind zu nennen: die k. k. Akademie der Wissenschaften, 1846 errichtet, ist eine Staatsanstalt, welche aus zwei Klassen, der mathematisch-naturwissenschaftlichen u. der philosophisch-historischen besteht; die Geologische Reichsanstalt, 1849 zu dem Zwecke gegründet die geognostisch-geologischen Verhältnisse der Monarchie allseitig zu erforschen, besitzt ansehnliche geologische, mineralogische, paläontologische, oryktognostische u. andere Sammlungen u. gibt ausgezeichnete Karten u. Schriften heraus; das Militärgeographische Institut, 1839 von Franz I. gegründet, mit Sammlungen von Karten. Plänen etc.; die Direction der administrativen Statistik, die Centralcommission für Erforschung u. Erhaltung der Baudenkmale, die k. k. Gesellschaft der Ärzte (seit 1838), der Verein homöopathischer Ärzte (seit 1846), der Alterthumsverein zur Erhaltung der Denkmale der Geschichte u. Kunst in Österreich. seit 1853), die k. k. Zoologisch-botanische Gesellschaft (seit 1851), die k. k. Geographische Gesellschaft (seit 1856), der Juridisch-politische Leseverein (seit 1842), die k. k. Landwirthschaftsgesellschaft (seit 1807) mit Sammlungen von Modellen, Maschinen, Agriculturpflanzen, Holzarten etc., die k. k. Gartenbaugesellschaft (seit 1837), der Ingenieurverein zur Erweiterung u. Verbreitung technischer Wissenschaften (seit 1848), der Österreichische Reichsforstverein (seit 1852), der Stenographische Centralverein (seit 1849), der Verein zur Verbreitung guter Volksschriften u.a. Unterrichtsanstalten für die Kunst sind: die k. k. Akademie der bildenden Künste, gestiftet 1704 von Leopold I., erneuert 1812 durch Franz I., mit Schulen für Malerei, Bildhauerei, Architektur; sie besitzt eine Bibliothek u. Sammlungen von Gypsabgüssen, Gemälden u. Kupferstichen; auch Ausstellungen u. eine Kunstmaterialhandlung sind damit verbunden. Unterricht in der Musik wird in der Anstalt beim Theater an der Wien unentgeltlich an Knaben unter 12 Jahren in Gesang, Instrumentalmusik, Generalbaß, Declamation u. Italienischer Sprache ertheilt. Auch besteht eine Gesellschaft für Musikfreunde im Österreichischen Kaiserstaate, zur Beförderung der Musik in allen Zweigen; sie wurde von Sonnleithner 1812 gestiftet, besteht aus 1000 Mitgliedern, theilt sich in das Comité des Conservatoriums der Musik, welches in 18 Schulen durch 14 Professoren 200 Schülern Unterricht in der Musik ertheilen läßt, das Comité des großen Gesellschaftsconcerts (im kaiserlichen Redoutensaale jährlich vier Concerte) u. das Comité der Bibliothek u. des Musikarchivs, u. hat eine Bibliothek von 1000 Bänden über musikalische Gegenstände, Manuscripte über dieselben u. die Geschichte der Musik, 8000 Compositionen von 1000 Tonkünstlern, Sammlungen von Volksliedern, Autographen berühmter Tonsetzer, Portraits von Musikern etc. u. eine Orgelschule. Außerdem gibt es eine Menge von Musik-, Gesang-, Zeichnen- u.a. Schulen. An Kunstvereinen bestehen außer dem erwähnten noch: der Verein zur Beförderung der Bildenden Künste (1830 gegründet), der Österreichische Kunstverein zur Hebung des Interesses für die Kunst durch Ankauf von Kunstwerken u. Ausstellung derselben (seit 1850), der Verein zur Beförderung echter Kirchenmusik, die Kirchenmusikvereine bei den Pfarreien St. Johann, St. Karl u. in der Rossan, der Wiener Chorregentenverein zur Verbesserung der Kirchenmusik (seit 1838), vier Gesangvereine (seit 1815), der Verein zur Erhaltung u. Hebung der neu organisirten Gesang- u. Opernschule, die Gesellschaft ausübender bildender Künstler u. Kunstfreunde (seit 1846), die Singakademie (seit 1857).

Bibliotheken u. Archive: die k. k. Hofbibliothek in der Burg wurde von Maximilian I. zu Ende des 15. Jahrh. begonnen u. von Rudolf II., Ferdinand III., Leopold I., Karl VI., Maria Theresia, Joseph II., Franz I. vermehrt; das Bibliothekgebäude ist 1726 von Fischer von Erlach am Josephsplatz aufgeführt worden u. enthält einen 246 Fuß langen, 84 Fuß breiten, von Gran in Fresko gemalten Saal mit ovaler Kuppel, welcher mit dem Marmorstandbild Karls VI., des Erbauers, u.a. Fürsten des Habsburger Hauses geziert ist; die Bibliothek hat 300,000 Bände, 16,000 Handschriften (darunter bes. wichtige für die ältere Deutsche Literatur u. die bedeutende Sammlung orientalischer Handschriften durch Freiherrn von Hammer-Purgstall veranstaltet) u. 12,000 Incunabeln, außerdem ein Musikarchiv von 12,000 Bänden, eine, von Prinz Eugen begonnene Sammlung von Kupferstichen u. Holzschnitten (an 300,000 Nummern), das Original des Senatus consultum de Bacchanalibus, Bruchstücke des Livius, die Peutingersche Tafel im Original, die Originalhandschrift von Tassos Befreitem Jerusalem, mexicanische Hieroglyphenhandschriften etc. Ferner das k. k. Haus-, Hof- u. Staatsarchiv von Kaiser Maximilian gegründet, das Kriegsarchiv mit 25,000 Bänden, das Archiv des Finanzministeriums, das Stadtarchiv; die Primogeniturfideicommißbibliothek des Kaisers Franz I. mit 50,000 Bänden, 800 Incunabeln, 3500 Landkarten, 108 Atlanten, über 100,000 Kupferstichen u. Handzeichnungen (darunter Lavaters Portraitsammlung in 22,065 Blättern); die Bibliothek des Erzherzogs Albrecht von 40,000 Bänden, über 200,000 Kupferstichen u. über 15,000 Handzeichnungen, die Bibliotheken der Fürsten Metternich von 25,000, Liechtenstein von 50,000, Esterhazy von 36,000, Schwarzenberg von 80,000 Bänden, die der Grafen Schönborn[185] von 20,000 Bänden, Harrach, Tökely, Fries, Appony, Keglevics von Buzin, die fürsterzbischöfliche Bibliothek, die Bibliothek des Benedictinerstifts Schotten von 40,000 Bänden, der Dominicaner von 12,000 Bänden, der Piaristen in der Josephstadt von 18,000 Bänden, der Serviten von 23,000 Bänden u. vielen sehr werthvollen Manuscripten, der Franciscaner u. mehrer geistlichen Orden; die Bibliotheken der Universität. (150,000 Bände), des Theresianums (32,000 Bände), der Medicinisch-chirurgischen Josephsakademie, des Botanischen Museums, des Polytechnischen Instituts (9000 Bände), der Akademie der Wissenschaften (5000 Bände), der Geologischen Reichsanstalt (6000 Bände), des Löwenburgschen Convicts (12,000 Bände), der Akademie der Bildenden Künste (200,000 Kupferstiche u. 2000 Bände), des Thierarzneiinstituts (6000 Bände), der Orientalischen Akademie (3000 Werke u. viele orientalische Manuscripte), des Juridisch-politischen Lesevereins (14,000 Bände), der Landwirthschaftlichen Gesellschaft (8000 Bände), des Niederösterreichischen Gewerbevereins (5000 Bände), der Gesellschaft der Ärzte, der Gesellschaft der Musikfreunde mit Sammlung von 20,000 Musikwerken u.a. Wissenschaftliche Sammlungen: In der kaiserlichen Burg neben der Bibliothek befindet sich das Münz- u. Antikencabinet, schon von Ferdinand I., Maximilian II. u. Rudolf II., bes. aber von Franz I. zu einer der ersten Sammlungen dieser Art in Europa gebracht; es enthält im Ganzen über 120,000 Münzen u. Medaillen, darunter 41,000 goldne u. silberne Münzen des Mittelalters u. der neuern Zeit, 4000 Bronzemedaillen u. 60,000 antike griechische u. römische Münzen, ferner eine reiche Sammlung von antiken Bronzen (Statuetten, Büsten, Lampen), Terrakotten, Mosaiken, antiken u. modernen Gemmen (darunter die berühmte Apotheose des Augustus in Onyx geschnitten), antike Pasten, Gefäße u. Figuren aus Edelsteinen etc.; das Mineraliencabinet, von Franz I. gegründet, sehr vollständig in Bezug auf die eigentliche Mineralogie, weniger in Bezug auf die Versteinerungskunde, mit einer großen Anzahl Meteorolithen, enthält in drei Sälen im Ganzen über 100,000 Stücke, die eigentliche systematische Sammlung 10,500 machtvolle Schaustücke u. über 11,000 andere Exemplare: das Zoologische Cabinet, eins der reichsten in Europa, bes. an Vögeln, Mollusken, Conchylien u. Insecten, mit gegen 71,000 Arten in 364,000 Exemplaren; das Botanische Cabinet mit ungefähr 67,000 Species von Phanerogamen; das k. k. Ethnographische Museum, aus den angekauften James Cooke's Sammlungen in London entstanden; sämmtliche in der kaiserlichen Burg. Der mit der Universität verbundenen Museen u. Sammlungen, der des Polytechnischen Instituts, des Josephinums, der Geologischen Reichsanstalt, des Militärgeographischen Instituts, der Landwirthschafts- u.a. Gesellschaften ist schon oben gedacht worden. Das k. k. Waffenmuseum im Arsenale hat die Waffen- u. Tropäensammlungen des ehemaligen kaiserlichen Zeughauses, das Bürgerliche Zeughaus mehr als 16,000 Waffenstücke, viele Rüstungen, Fahnen etc. Auch die Ambraser Sammlung (s. oben S. 182) im Lustschloß Belvedere, mit welcher das Cabinet ägyptischer Alterthümer in Verbindung steht u. die Antikensammlung daselbst, welche Statuen, Büsten, Reliefs, Inschriften u. Mosaiken meist aus den österreichischen Kronländern enthält, sowie die k. k. Schatzkammer gehören zum Theil hierher. W. hat 17 botanisch-interessante u. wichtige Gärten, namentlich den Botanischen Garten der Universität, den durch Franz I. angelegten Garten für die österreichische Flora im Belvedere, den kaiserlichen Obstgarten, mit zahlreichen Obstsorten u. an 600 Sorten Wein, den Garten des Theresianums, den der Medicinisch-chirurgischen Josephsakademie, den Hofburggarten, die kaiserlichen Gärten auf der Landstraße u. im Prater u. fast alle Privatgärten bei den Palästen der Fürsten u. Grafen in den Vorstädten. Unter den Sammlungen von Kunstgegenständen nimmt die k. k. Gemäldesammlung im oberen Belvedere den ersten Platz ein. Ferdinand III. legte sie an, Karl VI. vermehrte sie ansehnlich u. Maria Theresia stellte sie 1775 zuerst im Belvedere auf. Sie ist nach den Schulen geordnet u. enthält gegen 1700 Gemälde (ungefähr 1000 Gemälde können wegen Mangels an Raum nicht aufgestellt werden), großentheils aus der Italienischen, Niederländischen u. Altdeutschen Schule, namentlich von Correggio, Rafael, Annib. Carracci, Guido Reni, Andr. del Sarto, Aless. Allori, Carlo Dolce, Giulio Romano, Tizian, Paul Veronese, Giorgione, Poussin, van Dyk, Rubens, Rembrandt, Teniers, Dürer, Cranach, Sandrart, Murillo u. A. Das erste Stockwerk, durch einen Marmorsaal in zwei Theile getrennt, enthält in den sieben Sälen rechts die Italienische, in den sieben Sälen links die Niederländische Schule nebst einigen spanischen u. französischen Bildern; das zweite Stockwerk rechts vom Marmorsaal in vier Sälen die Altdeutsche u. Altniederländische Schule, links in vier Sälen die neuere Deutsche Schule; das Erdgeschoß ist mit Statuen, Büsten, Gemälden, Marmorbildwerken etc. ausgeschmückt. Fernere Sammlungen sind die Gemäldesammlung der Akademie der bildenden Künste mit 800 Bildern; die fürstlich Liechtensteinsche Sammlung im Sommerpalast des Fürsten mit mehr als 1600 Gemälden aus der Italienischen, Flamländischen, ältern u. neuern Deutschen Schule; die fürstlich Esterhazysche Gallerie mit 800 der trefflichsten Gemälde aus der Italienischen, Spanischen u. Französischen Schule, neuern Bildhauerwerken von Canova, Thorwaldsen, Schadow u. A. u. einer Sammlung von 50,000 Kupferstichen u. 2000 Handzeichnungen; die gräflich Harrachsche Gallerie mit 400 Gemälden; die des Grafen Czernin von Chudenicz mit 350 Gemälden, der Grafen Schönborn, Brenner, Nato, Beroldingen u. A., das Schönfeldsche Museum, dem Baron Dietrich gehörig, enthaltend ältere Bilder u. Seltenheiten; hierher gehört auch zum Theil die oben erwähnte Ambraser Sammlung.

Krankenheilanstalten: das Spital der Barmherzigen Brüder, 1614 gegründet, hat 215 Betten u. nimmt die Kranken (jährlich gegen 4400) unentgeltlich auf; das allgemeine Krankenhaus in der Alserstraße, 1784 vom Kaiser Joseph II. gestiftet, welches sieben Höfe, 111 Zimmer mit 2000 Betten enthält, in ihm befinden sich auch die acht Kliniken der Universität, 30 Ärzte, 28 Internpräparanden, fünf Geistliche, 24 Verwaltungsbeamte, über 400 Wärter etc. sind an ihm angestellt, es nimmt jährlich an 24,000 Kranke auf; das Bezirkskrankenhaus auf der Wieden, 1841 als Privatanstalt gegründet, wurde 1851 eine Staatsanstalt, hat 860 Betten u.[186] nimmt jährlich gegen 8000 Kranke auf, welche von 19 Ärzten u. zwei Geistlichen versehen werden; das Krankenhaus der Elisabethinerinnen auf der Landstraße u. das Institut der Barmherzigen Schwestern in Gumpendorf (1832 gegründet, 1839 vergrößert) nehmen ausschließlich weibliche Kranke auf. Das neuste Krankenhaus in W. ist die für 1000 Personen berechnete Rudolfstiftung. Zur Aufnahme bestimmter Klassen von Kranken bestehen: zwei Garnisonsspitäler, das Priesterkranken- u. Deficienteninstitut auf der Landstraße, das Krankeninstitut der Wiener Handlungscommis in der Alservorstadt, das Israelitische Spital in der Rossau, das St. Annen Kinderspital in der Alservorstadt, das St. Josephs Kinderspital am Schaumburgergrund, das öffentliche Kinderkrankeninstitut in der Stadt (1787 gegründet), neun sogenannte Krippen (Säuglingsbewahranstalten), Privatheilanstalten für Augenkranke u. Hautkranke, eine Orthopädische Privatheilanstalt, ein Privatinstitut für schwedische Heilgymnastik, drei Elektromagnetische Privatheilanstalten, drei Privatinstitute für kranke Kinder, zwei öffentliche Irrenanstalten (die alte beim allgemeinen Krankenhaus für 310 Geisteskranke, die neue in der Vorstadt Michelbeuerngrund für 500 Kranke) u. zwei Privatanstalten für Gemüthskranke. Unter den Bädern, von welchen sich die meisten längs des Donaukanals befinden, sind die größten Schwimmbäder das Sophien- u. das Dianenbad, das erstere, in der Vorstadt Landstraße gelegen, hat eine lange, geräumige u. tiefe Schwimmhalle, deren Wasser stets 16 bis 18° warm erhalten wird u. von April bis Nov. benutzt wird, bei ihm sowie im Esterhazybade bestehen auch Douche-, Dampf- u. Schwitzbäder, ein russisches Schwitzbad auch in Gumpendorf. Ferner gibt es viele Schwimmschulen (darunter die Militärschwimmschule am Prater), u. Mineralwässertrinkcuranstalten sind im Stadtpark u. im Volksgarten. Die Wohlthätigkeits- u. Versorgungsanstalten u. Vereine, welche in W. bestehen, sind: die 1784 ge. gründete kaiserliche Gebär- u. Findelanstalt, eine Privatgebäranstalt, der Hauptverein der Kinderbewahranstalten mit 13 solchen Anstalten, vier Knabenbeschäftigungsinstitute, der Rettungsverein für verwahrloste Kinder, der Frauenverein für Arbeitsschulen, der Verein zur Kleidung armer Schulkinder, zwei Säuglingsbewahranstalten, der Centralverein für Kostkinderbeaufsichtigung u. Krippen, der Verein zur Heranbildung guter Dienstmägde, der Österreichische Thierschutzcentralverein, der Wiener allgemeine Hülfs- u. Sparverein, die 1819 errichtete Sparkasse u. die damit verbundene allgemeine Versorgungsanstalt, die Unterstützungsvereine der Studenten, der Verein der akademischen Nationen an der Universität, mehr als 100 Krankenunterstützungsvereine, acht Frauenvereine, die Gesellschaft adeliger Damen zur Beförderung des Guten u. Nützlichen, der Kreuzerverein zur Unterstützung von Handwerkern, sieben andere Unterstützungs- u. Wohlthätigkeitsvereine, 11 Wittwen- u. Waisenpensionsinstitute, acht Wittwenunterstützungssocietäten, vier Pensionsinstitute zur Unterstützung bedürftiger Vereinsmitglieder, der Privatverein der Hofbuchhaltungsbeamten, das kaiserliche Invalidenhaus, das Versorgungshaus für Dienstboten, das Armenversorgungshaus, die Versorgungsanstalt für erwachsene Blinde, der Verein zur Versorgung israelitischer Waisen, das k. k. Versatzamt (1707 gegründet) u.a. Vereine für religiöse Zwecke sind der Katholiken- u. St. Severinusverein zur Weckung katholischen Sinnes u. Förderung des sittlichen Lebens, derselbe ist in 12 Abtheilungen getheilt u. leitet drei Knabenbeschäftigungsanstalten, vier Lehrlingsbesuche u. den Severinuskünstlerkreis; ferner der katholische Gesellenverein, der Bonifaciusverein für katholische Mission in Österreich, das Generalcommissariat des Heiligen Landes zur Verbreitung der Katholischen Religion im Heiligen Lande u. zur Unterstützung der Pilger, die Leopoldinenstiftung für katholische Mission in Amerika u.a. Die sechs Begräbnißplätze befinden sich außerhalb der Linien; von berühmten Männern, welche auf ihnen ruhen, sind zu nennen: Beethoven u. Franz Schubert auf dem Währinger Kirchhofe, Gluck u. Graf Hardenberg auf dem Matzleinsdorfer, Mozart auf dem St. Marxer, Lenau u. Freiherr Joseph von Hammer-Purgstall auf dem Weidlinger; übrigens sind die Friedhöfe schmucklos u. ohne hervorragende Denkmäler.

Der Geistesverkehr in W. ist lebhaft; es leben in W. an 500 Schriftsteller; 50 Buch- u. 20 Kunst- u. Musikalienhandlungen vertreiben ihre Werke, sowie die des Auslandes. Unter den Buchdruckereien zeichnet sich vor allen die kaiserliche Hof- u. Staatsdruckerei aus, welche alle Zweige graphischer Darstellung, Buchdruckerei, Schriftgießerei, Stereotypie, Kupfer- u. Steindruck, Naturselbstdruck, Photographie, Galvanoplastik etc. in außerordentlicher Vollkommenheit vertritt. 38 andere Buchdruckereien (darunter eine neugriechische u. eine hebräische), eine Lithographische Anstalt, 80 Steindruckereien, 28 Kupferdruckereien sorgen für den Bedarf der Buchhändler. An 100 Zeitungen u. Journale erscheinen in W.; Leihbibliotheken gibt es 15 (die größte u. beste hat Rockenstein von 12,000 Bänden); viele Antiqare. In Bezug auf die Industrie nimmt W. im Inland den ersten u. auch dem Auslande gegenüber einen sehr hervorragenden Platz ein. Als wichtigste u. ausgezeichnetste, W. zum Theil eigenthümliche Fabrikate sind zu nennen: Drechslerwaaren, Meerschaum- u. Bernsteinarbeiten, musikalische Instrumente (Wiener Flügel), seine Tischlerarbeiten, Wagen, Lederwaaren (bes. Galanteriesachen, als Brieftaschen, Handschuhe, Reiselederwaaren), Gold- u. Silber-, Bronce-, Packfong- u. Chinasilberwaaren, Perlmutterarbeiten, seine Messer, Stahlsaiten, Pendeluhren, Zündwaaren, Stearinkerzen, chemische Farben, Tapeten, Parquete, Kleider, Putzgegenstände; auch die Erzeugung baumwollener u. halbwollener Stoffe, Seidenzeuge, Shawls, Posamentirwaaren, Leonischer Gespinnste etc ist von großer Bedeutung. Außerdem gibt es Fabriken in Hüten, Schirmen, Maschinen, mathematischen, optischen u. physikalischen Instrumenten, Spiegeln, Eisenguß, Nägeln, Schrauben, Porzellan, Blech- u. Messingwaaren, Kautschuk- u. Guttaperchawaaren, Stahlschreibfedern, Feuergewehren, Metallknöpfen, Cigarren, Spiritus, Liqueur, Zucker, Surrogatkaffee, Chocolade etc., im Ganzen im Jahre 1856 etwa 250 Fabriken. In demselben Jahre gab es in W. 27,630 Erzeugungsgewerbe, darunter 8126 für Kleidungsstücke u. Putzwaaren, 666 für Leder u. Lederwaaren, 620 für Gold-, Silber-, Stein- u. Perlenarbeiten, 309 für chemische Fabrikate, 352 für Musikinstrumente, 3689 für Holz-, Horn-, Bein- u. dgl. Arbeiten, Möbels u. Wagen,[187] 2399 für Gespinnste u. Gewebe etc. Seit Einführung des neuen Gewerbegesetzes steigt jedoch die Zahl der Gewerbe von Tag zu Tag; da dasselbe auf die Grundsätze der Gewerbefreiheit basirt ist, entfallen die früheren zunftmäßigen Einrichtungen. Sämmtliche Gewerbe sind in 89 Genossenschaften getheilt, welche ihre Vorstände etc. selbst wählen u. ihr Vermögen sowie ihre inneren Angelegenheiten unter Mitwirkung eines städtischen Commissärs selbst verwalten. Der Handel in W. ist der bedeutendste in der Österreichischen Monarchie u. erstreckt sich außer auf das Inland bes. nach Ungarn, der Türkei, Galizien, Rußland, Italien, England, Amerika, Spanien, Frankreich, Griechenland, Deutschland. W. hat zwei Märkte, jeden von vier Wochen, die aber ohne sonderliche Wichtigkeit sind. Für den Verkauf der verschiedenen Bedürfnisse sind besondere Plätze angewiesen, so der Wildpretsmarkt mit böhmischen Wildschweinen u. Fasanen, steyerschen Gemsen, Rehen u. Geflügel vom Platten- u. Neusiedlersee etc., der Fischmarkt, die Freiung u. der Obstmarkt am Hof mit den schönsten Früchten, der Platz vor dem Starhembergischen Hause für dieselben Gegenstände; auf der Seilerstatt u. Umgegend verkauft man dasselbe, auch Eier, Butter, Geflügel, auf dem Tandelmarkt wird der Trödel betrieben, Heu, Stroh, Getreide, Kalk u. Kohlen werden auf verschiedenen Punkten der Vorstädte verkauft. Eigenthümliche Erscheinungen sind die zahlreichen Hausirer, bes. in Gasthäusern, so die Bandelzwirnmänner, welche ein ledernes Tabourett bei sich führen, von welchem Bänder aller Art herabhängen, die Salamimänner, Lombarden u. Friauler, welche Würstchen aller Art u. Käse umhertragen etc.; die Fratschlerweiber sind Hökerinnen, welche sich bes. auf den Wieden u. am Schanzel finden, die Rastelbinder, slawakische Drahtbinder aus dem Wagthal in Ungarn, von eigner Tracht. Der Handel wird befördert zunächst durch die Dampfschifffahrt auf der Donau, welche seit 1837 bis Presburg, dann bis zu den Donaumündungen u. von da bis Constantinopel geht; auch die Donau aufwärts gehen täglich Dampfschiffe (seit 1837 nach Linz, seit 1839 auch nach Regensburg); außerdem wird die Donau mit gewöhnlichen Schiffen befahren. Zu Lande gehen viele Chausseen nach allen Richtungen u. in Bezug auf die Eisenbahnverbindung ist W. Knotenpunkt des österreichischen Eisenbahnnetzes. Von den vier Bahnhöfen aus führen nämlich vom Ende der Praterstraße die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn nach Lundenburg, Prerau etc., an welche sich die Zweigbahnen Florisdorf-Stockerau, Lundenburg. Brünn, die Brünner Flügelbahn u. Prerau Olmütz, sowie die k. k. nördliche Staatsbahn (Ölmütz Prag u. Brünn-Böhmisch-Tribau) u. die südöstliche Staatsbahn (Gänserndorf-Presburg-Pesth etc.) anschließen; von dem vor der Mariahilferlinie gelegenen, 1858 eröffneten Bahnhofe (Westbahnhof) die Kaiserin-Elisabeth-Westbahn von W. nach Linz etc.; vom Südbahnhof außerhalb der Favoritenlinie die k. k. südliche Staatsbahn von W. nach Glocknitz, über den Semmering nach Triest mit den Zweigen Mödling-Laxenburg, Neustadt-Ödenburg, Marburg-Klagenfurt u.a.; die Raaber Bahn von W. über Bruck an der Leitha nach Raab, Komorn etc. Endlich führt eine Verbindungslinie der genannten vier Bahnen durch die Vorstädte über die Franzensbrücke. Die den Handel u. die Industrie befördernden Anstalten u. Vereine sind: die Börse, die 1816 errichtete Nationalbank, die österreichische Creditanstalt für Handel u. Gewerbe (seit 1855 bestehend), die 1854 gegründete niederösterreichische Escomptegesellschaft, die Anglo-Austriabank (1864), die allgemeine wechselseitige Capitalien- u. Rentenversicherungsanstalt (seit 1839), die Wiener erste Immobiliengesellschaft (1851 gegründet), die Bodencreditgesellschaft (1864), die Gesellschaften der verschiedenen Eisenbahnunternehmungen, die Donaudampfschifffahrtsgesellschaft (1830 gegründet), die niederösterreichische wechselseitige Brandschadenversicherungsgesellschaft (seit 1824), die erste österreichische Versicherungsgesellschaft (1824 gegründet), die Lebens- u. Rentenversicherungsgesellschaft Anker, der 1839 gegründete niederösterreichische Gewerbeverein, die seit 1852 bestehende Centralgesellschaft für Flachs- u. Hanscultur, der Verein zur Beförderung der Handwerke unter den inländischen Israeliten (seit 1842), die Dampfwasch- u. Bleich-Actiengesellschaft (seit 1855), der orientalische Mercantilverein (seit 1849) u.a.m.

Gast- u. Speisehäuser. W. hat in der Stadt wie in den Vorstädten eine Menge Gasthöfe, Hôtels garnis, Restaurationen u. Kaffeehäuser. Bedienung u. Küche sind gut. Table d'hôtes gibt es nicht, man speist à la carte. In allen Cafés wird gespielt, namentlich Billard, Schach, Domino, Karte. Die eigentlichen Weinkeller werden nur von der untersten Klasse besucht. In den Mandolettsläden, Pastetenbäckereien, erhält man Kuchen, Pasteten u. Liqueurs. Zahlkellner u. Marqueurs erhalten nach Gewohnheit allenthalben Trinkgeld. Theater gibt es acht (mit Ausnahme des neuen, 1864 im Bau begriffenen Opernhauses, welches 3000 Zuschauer aufnehmen können wird), darunter fünf öffentliche u. zwei Privattheater; das Theater an der Burg (Hofburgtheater), wo nur deutsche Trauer-, Schau- u. Lustspiele gegeben werden, u. wo einst Brockmann, Krüger, Korn, Kunst, Sophie Schröder u. A. wirkten, faßt 2000 Personen. Das Kärntnerthortheater (Hofoperntheater), 1760 er baut, faßt 2500 Personen, gibt nur Opern u. Ballets; Barbaja leitete es einst u. damals fangen die Italiener Rubini, Lablache, die Pasta, Fodor u. A. hier. Beide sind die einzigen in der eigentlichen Stadt. Das Theater an der Wien, das größte u. schönste, seit 1854 restaurirt, ist für Schauspiele, Lustspiele, Possen, Zauber- u. Singspiele bestimmt; Schikaneder errichtete es um 1801, es faßt 3000 Zuschauer u. die Bühne hat Raum für 500 Personen, Karl stand ihm eine Zeit lang vor, Nestroy spielte hier. In dem Leopoldstädter Karls-Theater, von den Erben des Stifters, Marinelli, besessen, 1847 neugebaut für 2900 Zuschauer, werden Lustspiele, Localpossen u. Pantomimen gegeben; hier wirkten die Komiker Raimund u. Ignaz Schuster, dann Karl Scholz, Nestroy, Treumann. Das Josephstädter Theater für 1800 Personen, gibt nur Zauberpossen. Außerdem bestehen außerhalb der Linien noch zwei Sommertheater. Das Kasperle Theater, wo der deutsche Hanswurst, Kasperle, in der Rolle eines Bedienten u. Proteus, seine Späße riß, ist längst eingegangen. Marionettentheater gibt es zahlreich im Wurstelprater. Einen eleganten Circus für Equestrik hat E. Renz 1855 in der Leopoldstadt erbaut. Musik. In der Hofkapelle, in der Stephanskirche, bei den Augustinern, in St. Peter, der Michaelskirche hört man klassischen Kirchenstyl, welcher auch in den Concerts spirituels der alleinige ist. An öffentlichen[188] Orten hört man viele stark besetzte u. gute Musik, in welcher sich bes. Lanner u. Strauß auszeichneten. Concerte finden zahlreich u. gut, musikalische Akademien oft, bes. in den kaiserlichen Redoutensälen, Statt. Wachtparade mit Musik ist bei günstiger Witterung täglich (mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage) um 12 Uhr vor der Burg beim Kaiser-Franz-Denkmal. Tanz. Der Wiener tanzt gern u. viel, die Walzer stammen aus dieser Stadt u. haben sich über die ganze Welt verbreitet. Redouten werden zum Carneval in den kaiserlichen Redoutensälen gegeben. Die besuchtesten Tanzmusiken sind beim Sperl in der Leopoldstadt, bei Zeisig am Burgglacis, bei Zögernitz in Döbling, bei Dommeier in Hietzing, im Sophien- u. Dianenbade etc. Außerdem ist bes. zum Carneval in Privatgesellschaften, in den Privatwohnungen der Großen, der Gesandten, des Adels, der Kaufleute u. Fabrikanten viel Gelegenheit zum Tanzen. Spaziergänge u. öffentlichen Gärten. Durch Abtragung der Wälle u. das Verbauen der Glacis wurden die ehemaligen Promenaden der Stadt zerstört. Nach Vollendung der Ringstraße (welche zwei Alleen für Reiter u. Spaziergänger enthält) wird dieselbe deren Platz ersetzen. Jetzt bilden der 1863 vollendete Stadtpark u. der Volksgarten die Zufluchtsorte der Spaziergänger. Ansprechend ist der Volksgarten, 1824 vom Kaiser Franz angelegt, mit Tempel des Theseus (eine Nachbildung des gleichnamigen Bauwerks in Athen, 1823 von Nobile aufgeführt mit Canovas Marmorgruppe die Besiegung des Minotaurus durch Theseus); er liegt bei der Burg, steht mit dem Paradiesgarten, wo ein schönes Kaffeehaus ist, in Verbindung, wird von den schönsten Alleen durchschnitten u. Nachts erleuchtet. Unter dem Volksgarten ist der königlich kaiserliche Hofgarten, nicht groß, aber durch schöne Terrassen, Alleen u. Blumenbeete, große, durch korinthische Säulen gestützte Gewächshäuser u. die bleierne Reiterstatue Franz' I., des Gemahls der Kaiserin Maria Theresia, von Moll, merkwürdig. Der Raum des Stadtparkes vor dem ehemaligen Karolinenthore wird durch den Wienfluß in zwei Theile getheilt. Die Anlage desselben wurde 1861 in Angriff genommen u. 1863 unter Leitung eines vom Gemeinderathe bestellten Comités u. des Stadtgärtners Siebeck vollendet; die Kosten der Herstellung betrugen über 300,000 Fl. Der in demselben befindliche Teich wird im Winter zum Schlittschuhlaufen benutzt. Der Sammelplatz der Volksvergnügungen ist aber der Prater. Er liegt östlich bei der Leopoldstadt auf der Insel, welche der bei W. vorübergehende Donauarm bildet. ist 1766 vom Kaiser Joseph II. angelegt u. besteht aus einem reichen Laubholzwald, welcher jedoch von Maria Theresia im Unterholze bedeutend gelichtet wurde. Ihn durchschneiden fächerförmig fünf breite, gleich jenseit der Praterstraße bei einem großen Rondel, dem sogenannten Praterstern, beginnende Alleen. Die Allee rechts ist die Hauptallee, läuft, ist dreifach u. erstreckt sich über 1/2 Meile lang bis zur Donau; sie ist der Sammelplatz der Reiter rechts, der Equipagen in der Mitte u. der Schönen Welt zu Fuß links. Ostermontag Nachmittag ist große Praterfahrt, wo sich die Equipagen u. Livreen in ihrem Glanz zeigen u. hintereinander bis zum Rondel Umkehr u. dann zurückfahren; 200,000 Menschen sind dann bei heiterem Wetter im Prater versammelt. Abtheilungen Cavallerie erhalten an lebhaften Tagen die Ordnung, u. selbst der kaiserliche Wagen darf keinem andern vorfahren; 4 Kaffee- u. Traiteurhäuser sind hier befindlich, eben so ein Haus für Panoramen, ein Gymnastischer Circus u. mehre kleinere Häuser für Sehenswürdigkeiten. Die zweite Allee rechts heißt der Wurstelprater u. ist mit seinen Wein- u. Bierschenken, Schaubuden, Marionettentheatern, Ringelspielen, Schaukeln, Caroussels etc. an Sonntagsnachmittagen der Vergnügungsort der Wiener Bürger. Eine andere Allee führt nach Stuwers Feuerwerksplatz, wo im Sommer große Feuerwerke abgebrannt werden, namentlich am St. Annatage (den 26. Juli). Der nicht angebaute Theil des Praters, der sogenannte Wilde Prater, ist stark mit Wild besetzt. Links führt die Verlängerung der Hauptallee nach dem großen Augarten, einem 1775 von Kaiser Joseph II. eröffneten Park hinter der Leopoldstadt, mit Rasen- u. Blumenpark u. einer Terrasse, von welcher man eine herrliche Aussicht auf das Kahlengebirge hat. An den Augarten stößt die Brigittenau, eine große Wiese mit Gehölz, wo jährlich am Brigittentage das größte Wiener Volksfest begangen wurde, jetzt schon zum Theil mit Häusern besetzt; der Belvederegarten, in französischem Geschmack an gelegt, mit vielen Statuen, in seiner obern Partie aus Rasenplätzen, Blumengruppen u. Bassins bestehend, in der untern mit einigen schattigen Baumgängen. Rechts von der Hauptallee am Schüttel ist der Thiergarten; derselbe wurde 1862 auf kaiserlichem Grunde von Prof. G. Jäger angelegt, hat eine große Anzahl schöner u. seltener Thiere u. bildet im Sommer einen Lieblingsaufenthalt des eleganten Publicums. Ausgezeichnete Privatgärten, zu denen der Zutritt offen steht, sind der fürstlich Schwarzenbergische Garten auf der Landstraße u. der fürstlich Liechtensteinsche Garten in Liechtenthal. Miethwagen, Stadtpost u. dgl. Für den Verkehr innerhalb der Stadt u. Vorstädte u. nach den Umgebungen dienen etwa 660 zweispännige Fiaker, 600 Einspänner, über 800 Omnibus, welche nach allen Richtungen hin ihre bestimmten Fahrten haben, besondere Eisenbahnomnibus, welche die Verbindung zwischen dem Stephansplatz u. den Bahnhöfen unterhalten; Stadtlohnwagen, welche man bei den Eigenthümern bestellt, Gesellschaftswagen (Omnibus), für 4–12 Personen, in denen man nach den umliegenden Vergnügungsorten nach festgesetzten Preisen u. zu gewissen Stunden fährt. Eine Stadtpost (kleine Post) besteht seit 1772 u. befördert Briefe innerhalb W., besorgt auch Boten nach näheren Orten.

Charakter, Sitten u. Leben der Wiener. Gutmüthigkeit, Jovialität u. Genußliebe bezeichnen den Wiener Charakter. Stets ist der Wiener froh, er liebt Musik u. Tanz, bringt seine freien Stunden gern in fröhlicher Gesellschaft u. im Freien zu, besucht Theater u. alles Schaugepränge; außerdem arbeitet er rüstig. Die Freuden der Tafel stehen ihm sehr hoch. Die österreichische Polizei duldet keine Bordells, eine um so größere Zahl öffentlicher Mädchen sieht man, die vornehmern des Morgens u. Nachmittags im Prater, auf dem Kohlmarkt, Graben u. an andern Vergnügungsorten unter der eleganten Welt, die gemeinern Abends vor den Kaffeehäusern etc. herumwandern. Der Hof, meist des Winters in W., im Sommer in Schönbrunn od. sonst auf dem Lande residirend, ist fern von allem Prunke u. nur an besonders feierlichen Tagen finden Hoffeste in den[189] Prunkgemächern der Burg mit Etikette u. Ceremonie Statt; außerdem unterscheidet er sich nicht von der Familie eines Edelmanns. Der höhere Adel hat in W. noch seine frühere Stattlichkeit u. sein Ansehen, zeigt sich leutselig u. unterstützt Künste u. Gewerbe durch Munificenz. Der niedere Adel ist ziemlich mit dem höhern Bürgerstand in Eins verschmolzen. Dagegen ist es allgemein Gebrauch, selbst unter Bürgerlichen, sich gegenseitig mit »Herr von« u. »Frau von« anzureden. Der Wiener vornehme Handelsstand ist sehr reich u. zählt sehr viele Adelige, selbst Grafen zu seinen Mitgliedern. In dem Hause des Vornehmen, wie in dem des Kaufmanns, Fabrikanten u. reichern Bürgers wird der Fremde mit Herzlichkeit empfangen u. wo die Abendgesellschaften an bestimmten Tagen Statt finden, ist, wer einmal eingeführt wurde, den ganzen Winter eingeladen. Die Geistlichkeit genießt sehr viel Ansehen; sie sorgt, bes. die Mechitaristen u. Piaristen, für Volksunterricht, während andere Orden, wie die Barmherzigen Brüder etc., Sorge für Kranke, noch andere Erstrebung von Gelehrsamkeit zu ihrer Lebensaufgabe machen.

Umgebungen: die schönsten Standpunkte W. zu übersehen geben der Stephansthurm, Belvedere, die Spinnerin am Kreuz u. der Leopoldsberg, zwei Stunden von W., so wie der Kahlenberg. Zahlreich sind die Vergnügungsorte rings um W., bes. nach Süden Schönbrunn (s.d.), Hietzing, mit schönen Landhäusern, sehenswerther Kirche, einem Theater, Badehause u. der, dem vormaligen Erzherzog Ferdinand Maximilian gehörigen Schweizervilla Maxing; St. Veit, an der Wien mit erzbischöflichem Schloß, Fabriken in Baumwoll- u. Wollenwaaren, Leder, Wagen etc.; Hetzendorf mit k. k. Lustschloß, Nußdorf (s.d. 1), von wo die Dampfschiffe die Donau aufwärts abgehen, Heiligenstadt, mit vielen Landhäusern, Parquettfabriken, Wachsleinwandfabrik, Mineralquelle, Bade- u. Schwimmanstalt u. ausgezeichnetem Weinbau; Grinzing (s.d.), Penzing (s.d.), Dornbach, woher eine Wasserleitung nach Wien geht, der Galizinberg, mit Lustschloß des Fürsten Galizin; (Ober- u. Unter-) Döbling mit Privatirrenanstalt, Kinderbewahranstalt, Hutfabrik, Mineralbad u. der Villa Tullnerhof mit der Arthaberschen Gemäldesammlung (mehr als 100 ausgezeichnete Gemälde meist lebender Künstler), 3300 Ew., Währing (s.d.); Gersthof, mit Schloß, Pötzleinsdorf mit Schloß, großem Park u. Alxingers Denkmal. Entfernter (11/2 –21/2 Stunden weit) sind Klosterneuburg, Laxenburg, Mödling, u. noch weiter Baden, Weidling etc., s.d. a.

W., wahrscheinlich ein altkeltischer Ort, hieß im Alterthum, als Stadt in Ober-Pannonien, Vindobona (Juliobona, Vindomana, Castra Flaviana) u. wurde, nachdem es als festes Lager den Übergang über die Donau gedeckt hatte, von den Römern vernachlässigt, im 2. Jahrhundert wurde es aber ein bedeutender Ort, bes. in dem Markomännischen Krieg, wo das Winterquartier einer römischen Legion angelegt u. seit dem Verfalle Carnuntums hier der Standort der Donauflotte wurde. Hier starb 180 Kaiser Marc Aurel; Gallienus hielt sich hier auf. Im 5. Jahrh. wurde es von Attila hart mitgenommen u. kam dann in den Besitz der Rugier (s.d.). Es erhielt sich in seiner Bedeutung, bis Odoacer die Besatzungen aus den Donaustädten zog u. dieselben ihrem Schicksal überließ. Darauf besetzten es die Longobarden u. nach deren Wegzug die Avaren, welche es bis zu Karls des Großen Zeit behielten. Dieser setzte in Österreich Markgrafen ein, welche zu Mölk u. seit Leopold von Babenberg, welcher 976 Markgraf geworden war, auf dem Kahlenberge residirten. Markgraf Heinrich II. gründete 1144 die Stephanskirche zu W. u. baute sich 1160 eine Burg am Hof, vergrößerte die Stadt u. legte das Schottenkloster an. Herzog Leopold VII. gab W. 1198 die Stapelgerechtigkeit, setzte auch einen Magistrat von 24 Bürgern ein u. baute um 1200 eine neue Burg auf der Stelle, wo jetzt die Hofburg steht, u. 1221 die Michaeliskirche. Gegen Herzog Friedrich den Streitbaren empörte sich W. u. fand bei dem Kaiser Friedrich II. Hülfe. Dieser kam selbst nach W., erklärte sie 1237 zu einer Freien Reichsstadt u. gab ihr mehre Begnadigungen, unter andern eine Lateinische Schule. Allein schon 1240 nahm der Herzog W. durch Hunger. 1246 starben die Babenberger aus u. W. wurde wieder Reichsstadt, doch Ottokar von Böhmen, welcher Herzog von Österreich werden wollte, gewann die Stadt durch Überredung u. Privilegien u. erweiterte ihren Umfang ansehnlich, indem er den Schottenhof u. die Burg mit einer Mauer umschloß u. so zur Stadt zog. Sein Gegner, Rudolf von Habsburg, belagerte W. 1276, u. vor der Stadt kam es zu einem Vergleich, worin Ottokar die deutschen Provinzen u. so auch W. abtrat. Nachdem Rudolf von Habsburg 1282 seinen Sohn Albrecht mit Österreich belehnt hatte, blieb W. Sitz der Habsburger. Unter Rudolf IV. erhielt die Stephanskirche ihre gegenwärtige Gestalt; auch stiftete er 1365 die Universität, indem er zu der Schule, in welcher Lateinische Sprache u. Philosophie gelehrt wurde, noch Lehrstühle der Rechtswissenschaft u. Medicin hinzufügte, einen dergleichen für Theologie stiftete erst sein Nachfolger, Albrecht III. 1370 u. 1381 herrschte die Pest; 1406 u. 1420 fanden Judenverfolgungen Statt. Hier 1448 Concordat des Papstes mit Kaiser Friedrich III (als Erzherzog Friedrich V.), wodurch alle Vortheile, welche dieser durch das Basler Concil zugestanden bekommen, wieder aufgehoben u. dieses aufgelöst wurde. Gegen ihn empörten sich die Wiener, u. als er 1462 die Stadt belagerte, überlisteten u. belagerten sie ihn in der Burg, aber Georg Podiebrad, König von Böhmen, entsetzte u. befreite ihn. 1480 wurde W. Sitz eines Bisthums. 1484 eroberte es Matthias Corvinus, König von Ungarn, welcher daselbst seine Residenz aufschlug, bis er 1490 starb, wo W. wieder an den Kaiser Friedrich kam. Maximilian I. schloß hier kurz vor seinem Tode im Jahre 1519 mit Wladislaw, König von Ungarn u. Böhmen, u. Sigismund, König von Polen, die Doppelehen ihrer Kinder, wodurch später Böhmen, Mähren u. Ungarn an das Haus Österreich kam. In demselben Jahre, bevor noch einer von Maximilians Erben, Karl u. Ferdinand, W. übernommen hatte, entstand eine Faction, welche sich der Landesverwaltung annahm; doch 1522 erschien Ferdinand I., strafte die Landesverweser mit Tod u. Verbannung u. zog in W. ein. Vom 27. Sept. 1529 an belagerte der Sultan Solymann II. mit 120,000 Mann W., welches nur von 16,000 Mann u. 5000 Bürgern unter dem Pfalzgrafen Philipp, Grafen Nikolas von Salm u. General von Roggendorf vertheidigt wurde, dennoch mußten die Türken am 15.[190] Oct. abziehen (s. Türkisches Reich S. 23). Schnell wurde nun W. stärker befestigt. 1541 u. 1564 wüthete die Pest in W., 1560 traf es ein bedeutendes Erdbeben; 1619 belagerten die malcontenten Protestanten, unter dem Grafen von Thurn, Ferdinand II. in W. (s.u. Dreißigjähriger Krieg S. 308), mußten jedoch abziehen. 1640 erschienen die Schweden vor W., um es durch Handstreich zu nehmen, zogen aber bald wieder ab. 1679 tödtete die Pest gegen 122,000 Menschen. Am 14. Juli 1683 erschienen die Türken unter dem Großwesir Kara Mustapha mit 200,000 Mann zur zweiten Belagerung von W., welche durch 13,000 M. u. 7000 Bürger, unter Graf Rüdiger von Starhemberg, vertheidigt wurde. Achtzehn Stürme wurden abgeschlagen u. W. am 12. Sept. durch den Herzog Karl von Lothringen, den König Johann Sobiesky von Polen u. die Kurfürsten von Baiern u. Sachsen entsetzt (s.u. Türkisches Reich S. 28). 1704 wurden die bei der Belagerung abgebrannten u. abgebrochenen, seitdem aber wieder erbauten Vorstädte gegen die ungarischen, bis nahe an W. streifenden Insurgenten unter Rakoczy, mit den noch stehenden Linien umgeben, auch die Wiener Börse, unter Direction des Fürsten Adam von Liechtenstein, errichtet u. 1706 als städtische Bank dem Magistrat übergeben. Joseph I. gründete 1705 die Akademie der Bildenden Künste. 1718 wüthete wieder die Pest; 1722 erhob der Papst das Bisthum W. zu einem Erzbisthum; 1722 setzte der Friede von W. mit Spanien den Prätentionen der ehrgeizigen Königin Elisabeth Farnese Grenzen. Im Österreichischen Erbfolgekriege wurde W. nicht beunruhigt; den 5. October 1735 hier Präliminarfriede zwischen Frankreich u. Österreich, in Folge dessen der Polnische Thronfolgekrieg (s.d. S. 309) beendet wurde. Den 18. Novbr. 1738 Definitiv-Friede zwischen Karl VI. u. Ludwig XV.; der Kaiser bekam für den Infanten Karl Neapel u. Sicilien u. die Herzogthümer Parma u. Piacenza; Sardinien bekam ein Stück von Mailand; König Stanislaus erhielt Lothringen u. Bar. 1746 errichtete Maria Theresia das Theresianum, 1762 die Zahlenlotterie (Lotto di Genova) durch Ottavio Cataldi, 1754 ließ sie die Universität durch van Swieten umgestalten u. stiftete die Militärschule. 1771 wurde das Glacis zu Spaziergängen umgewandelt. 1775 wurde der Augarten dem Publicum geöffnet. Am 3. Jan. 1778 hier Vertrag zwischen Österreich u. Kurpfalz, in Folge dessen der zweite Baierische Erbfolgekrieg (s.d. 2) ausbrach. Im März 1782 kam der Papst Pius VI. nach W., um den Kaiser Joseph II. von seinen Reformationen abzuhalten, richtete aber im Wesentlichen wenig aus. 1792, bei dem Regierungsantritt Franz' II., wurden von der Stadt W., statt ihn, wie üblich, mit drei Ehrenpforten zu begrüßen, die Buden u. Häuserchen abgebrochen, welche den Stephansplatz verengten. Am 13. Nov. 1805 wurde W. von französischen Truppen unter Napoleon besetzt, indem der Zustand der Stadt u. der Werke eine Vertheidigung der Festung nicht erlaubten. Am 12. Jan zogen die Franzosen, in Folge des Friedens von Presburg, wieder von W. ab u. am 16 kehrte der Kaiser zurück. 1809 versuchte W. sich Anfangs gegen die Franzosen zu vertheidigen, allein eine Beschießung in der Nacht vom 11. auf den 12. Mai setzte 14 Häuser in Brand u. in Folge dessen zog die Besatzung ab, W. wurde von den Franzosen besetzt u. litt in den Schlachten von Aspern u. Wagram bedeutend. In Folge des Friedens von Schönbrunn (auch Friede von W. genannt) wurde W. am 27. Nov. 1809 wieder geräumt, die Franzosen nahmen aber vorher die vorzüglichsten Kunstgegenstände weg u. sprengten theilweise die Festungswerke. Zwar wurde der Hauptwall wieder hergestellt, allein dennoch hörte W. später factisch auf Festung zu sein, u. die Werke wurden in Spaziergänge verwandelt. 1815 wurde hier der Wiener Congreß (s.d.) gehalten; später, seit dem 25. Nov. 1819, fand hier noch ein Ministercongreß Statt, dessen Ergebniß die am 15. Mai zu W. errichtete Wiener Schlußacte war (s. Deutschland S. 64, u. Deutscher Bund S. 880). Auch fand hier der Friedensvertrag zwischen Sachsen u. Preußen im Namen der Alliirten am 18. Mai 1815 Statt, wodurch die Theilung Sachsens legal ausgesprochen wurde. 1816 wurden Gehthore durch die Wälle für das Publicum eröffnet, ein Gerichtshaus, ein Münzhaus u. mehre Brücken erbaut. 1830 litt W. beim Eisgange durch das unerwartete Austreten des Wassers, namentlich die Leopold- u. Weißgerbervorstadt; 1832–36 wurde W. von der Cholera heimgesucht. Am 13. März 1848 brach ein Volksaufstand aus (s.u. Österreich S. 450 ff.). Am 2. April wurde die deusche Fahne am Stephansthurme aufgezogen u. am 6. April das Kloster der Ligorianer vom Volke zum Theil demolirt; am 3. Mai erfolgten feindliche Demonstrationen gegen den Erzbischof von W. u. den Grafen Ficquelmont; am 15. d. M. abermaliger Tumult der Studenten u. es wurden Barrikaden gebaut; am 17. verließ der Kaiser W. u. ging nach Innsbruck; am 25. Mai neuer Aufruhr wegen Einverleibung der Akademischen Legion in die Nationalgarde; am 3. Juni abermaliger Tumult u. Zerstörung der Werbehäuser der Freiwilligen, welche nach Italien abgehen sollten. Am 22. Juli wurde hier der österreichische Reichstag eröffnet; am 12. Aug. kehrte der Kaiser zurück; am. 21. u. 24. neue Arbeiteraufstände, welche blutig unterdrückt wurden. Am 6. Oct. erfolgte eine nochmalige Empörung, wobei der Kriegsminister Graf Latour ermordet u. das Zeughaus erstürmt wurde, worauf der Kaiser zum zweiten Male W. verließ u. nach Olmütz ging; am 11. erschienen Jellachichs Truppen vor der Stadt, u. es kam zu Gefechten vor der Marxer Linie, am 19. erschien Windischgrätz mit seinem Heere vor W., die Stadt wurde am 20. von Lundeburg aus in Belagerungszustand erklärt, am 20. begann der Kampf, bis zum 28. erfolgte die theilweise Eröffnung der Vorstädte, am 29. kam es zur Capitulation u. am 2. Nov hielt das Heer seinen Einzug in W. (s.u. Österreich S. 454 f.). Im Mai fand hier eine Versammlung der Kirchenfürsten Österreichs, im August eine Conferenz der protestantischen Superintendenten u. höhern reformirten Geistlichen Statt, so wie auch im October 1850 die griechischen Bischöfe Dalmatiens, Serbiens u. Siebenbürgens hier eine Synode hielten. 1852 wurden vom 4. Jan. bis 20. April u. vom 30. Oct. bis 22. Febr. 1853 die Deutsch-Österreichischen Zollconferenzen gepflogen (s. Zollverein). Am 18. Febr. 1653 hier Attentat von Johann Libenyi (s.d.) auf den Kaiser Franz Joseph (s.u. Österreich S. 461). Am 24. Jan. 1857 wurde hier die für den größten Theil von Deutschland noch jetzt gültige Münzconvention (s.d. g) geschlossen. In der Nacht vom 9. zum 10. Juni 1863 brannte[191] das Treumanntheater (Kaitheater) nieder. Am 1. Aug. 1864 wurden hier die Präliminarien zu dem Frieden mit Dänemark abgeschlossen, worin dieses die Herzogthümer Lauenburg, Schleswig u. Holstein ohne Vorbehalt an Österreich u. Preußen abtrat. Vgl. Fischer, Brevis notitia urbis Vindo bonae, Wien 1767; F. H. Böckh, Merkwürdigkeiten der Haupt- u. Residenzstadt W., Wien 1822–23, 2 Thle.; Pezzl, Beschreibung der Haupt- u. Residenzstadt W., ebd. 1826, 8. Aufl. von Franz Tschischka, ebd. 1841; Schmidl, W. wie es ist, 1833; Fidelis, Vier Wochen in W., 2. Aufl. ebd. 1841; Weidmann, W-s Umgebungen, ebd. 1824–27, 10 Bde.; Schmiedl, W., die Kaiserstadt, 4. Aufl. ebd. 1843; F. X. v. Sickingen, Darstellung der k. k. Haupt- u. Residenzstadt W, ebd. 1833, 3 Bde.; Schimmer, Gemälde von W., ebd. 1837; Schweickhardt, Beschreibung der Haupt- u. Residenzstadt W., ebd. 1839, 3 Thle.; Schmidl, W. u. seine nächsten Umgebungen in malerischen Originalansichten, Darmst. 1846 f. 3 Bde.; Koch, Der Fremde in W., 2. Aufl. Wien 1853; Weidmann, Die Umgebungen W-s historisch geschildert, ebd. 1853; Die Kunstschätze W-s in Stahlstich mit erläuterndem Text von A. R. von Perger, herausgegeben vom Österreichischen Lloyd, Triest 1854–57, 36 Hefte; Schmidl, W. u. seine nächsten Umgebungen, mit Rücksicht auf seine Sammlungen, 7. Aufl. Wien 1856; Weidmann, Neuester illustrirter Fremdenführer in W., 7. Aufl. ebd. 1859; Die österreichische Kaiserstadt, illustrirter Führer durch W. u. seine nächsten Umgebungen, Lpz. 1858; Statistik der Stadt W., herausgegeben von dem Präsidium des Gemeinderaths u. Magistrats in W., Wien 1857; Dasselbe, ebd. 1861; Neuester Wegweiser durch W., ebd. 1863; Das neue W., ebd. 1863; v. Hormayr, W., seine Geschicke u. seine Denkwürdigkeiten, ebd. 1823–24, 9 Bde.; Tschischka, Geschichte der Stadt W., Stuttg. 1846 f.; Schlager, Wiener Skizzen aus dem Mittelalter, Wien 1835–46, 5 Bde.; Schneidawind, Geschichte der Belagerungen W-s durch die Türken, Hamb. 1846; Bermann, Geschichte der Stadt W., ebd. 1864; Zappert, W-s ältester Plan, ebd. 1857.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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