Moschus [2]

Moschus [2]

Moschus, 1) (Bisam), die in den Beuteln des männlichen Bisamthieres enthaltene, mäßig weiche, körnige, dunkelbraune Substanz, von bitterlichem Geschmack, sehr durchdringendem, äußerst mittheilbarem, concentrirt widerlichem, bei größerer Vertheilung angenehmem, lange nachhaltendem Geruch. Die beste Sorte ist der Tunkinesische, Tibetanische od. Orientalische M. (Moschus tunquinensis), der aus China über Ostindien od. über Rußland, meist in Blasen od. runden versiegelten Beuteln, die mit Seidenpapier umwickelt, auf der einen Seite haarlos u. abgeplattet, auf der andern rund u. mit langen fahlen gegen die Mitte convergirenden Haaren besetzt sind, in den Handel gebracht wird. Auch findet sich meist noch ein Stück der abgeschnittenen Ruthe des Thieres, deren vordere Mündung mit einem braunen Haarpinsel besetzt ist, auch wohl ein Stück der Bauchhaut an denselben. Eine eben so seine Sorte kommt als Bengalischer M. in dunkelbraunen, mit helleren graugelblichen Haaren besetzten, weniger gut verschlossenen Beuteln, meist mit rothen Charakteren bezeichnet, in den Handel. Schlechter ist der Kabardinische, Sibirische od. Russische M., in größeren, mehr länglich ovalen pattgedrückten, oft unregelmäßig eckig zusammengeschrumpften, grauweißlangbehaarten Beuteln, von weniger angenehmem, dem Pferdeschweiß ähnlichem Geruch. Der Bucharische M., in sehr kleinen, rundlichen, mit sparsamen gelblichbraunen Haaren besetzten Beuteln, von schwachem Geruch, kommt seltener vor. Der M. muß sehr trocken aufbewahrt werden. Da ein Moschusbeutel gewöhnlich nur 3 Quentchen M. enthält u. so theuer ist, daß er schon in China oft mit Silber aufgewogen wird, so wird er selten ganz unverfälscht gefunden. Schon in Cochinchina wird künstlicher M. bereitet, der unter dem Namen Wampomoschus in genähten Beuteln in den Handel kommt, deren manche in Reispapier gewickelt sind, auf denen roth geschrieben ist: Musk collected in Nankin by Jung-t-hen chungchung-kee. Fast stets ist der M. mit getrocknetem Blut u. ähnlichen Substanzen vermengt, der außer den Beuteln verkauft wird (Moschus ex vesicis). Beim Kauf hat man genau darauf zu achten, ob die Beutel schon einmal geöffnet worden u. ob die Haare nicht mit Leim aufgeklebt sind, was sich durch Waschen mit lauwarmem Wasser ergibt. Die Beutel dürfen nur zwei ganz kleine Öffnungen besitzen u. unter der Lupe keine fibröse Stellen zeigen. Guter M. wird von kochendem Wasser zu 3/4 seines Gewichtes aufgelöst u. liefert eine Flüssigkeit, welche von Salpetersäure entfärbt wird. Als Seltenheit finden sich in den Moschusbeuteln dunkelbraune, außen rauhe u. matte, innen gleichförmige, harzartige, sehr angenehm riechende Concremente, welche in Ostindien sehr geschätzt u. dort meist für die einheimischen Fürsten herausgenommen werden. Der M. besteht aus einer starkriechenden, eigenthümlichen, organischen Substanz, die nicht isolirt dargestellt werden kann. Die chemische Analyse ergibt folgende Bestandtheile: starres Fett mit geringem Öl 1,1, Cholestearin mit etwas Öl u. Harz 4,0, bitteres Harz 5,0, freie Milchsäure u. Salze 7,5, in Wasser lösliche Salze 36,5, sandartiger unauflöslicher Rückstand 0,4, Wasser u. Ammoniak aus der Milchsäure 45,5. Der M. schmilzt in der Hitze, entzündet sich u. läßt geringe Kohle zurück. Mit Kali behandelt,[477] entwickelt er Ammoniak. Der M. wird als kräftiges, krampfstillendes, nervenstärkendes, belebendes Mittel, bei Krämpfen, bei sehr gesunkenen Lebenskräften, in asthenischen Fiebern, am besten in Zucker u. als Parfüm gebraucht. Präparate: Moschusjulep (Mixtura moschata), M. mit Zucker, arabischer Gummi u. Wasser zusammengerieben; Moschuskügelchen (Globuli moschati Ph. Würt.), Zucker, Stärkenmehl, Veilchenwurzel, etwas M. u. Zibeth, mit Tragantschleim zu Kügelchen geformt, sonst als Stuhlzäpfchen bei Kindern in krampfhafter Stuhlverhaltung benutzt; Moschustinctur (Tinctura moschi Ph. Edinb.), durch Digestion des M. mit Weingeist od. Schwefeläther (Tinct. m. aetherea), auch mit Zusatz von Ambra (Tinct. m. et ambrae); 2) Künstlicher M. (M. artificialis), orangegelbes, zähes, weiches Harz, welches man durch Vermischung von 1 Theil hellen Bernsteinöles mit 3 Theilen concentriter Salpetersäure u. Auswaschen mit Wasser erhält, es riecht moschusartig, ist in Weingeist löslich, wird als Surrogat des natürlichen M. angewendet.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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