Wolken [1]

Wolken [1]

Wolken, ein atmosphärischer, in der Luft schwebender, in Masse zusammengehäufter sichtbarer Niederschlag. Ein jeder Raum (gleichviel ob luftleer od. lufthaltig) kann bei einer gegebenen Temperatur nur eine ganz bestimmte Menge Wasserdampf als Maximum in gasförmigem Zustand aufgelöst enthalten (von Dampf gesättigt sein) u. zwar um so mehr, je höher die Temperatur ist. Da nun folglich auch der in der Atmosphäre gasförmig vorhandene Wasserdampf sich nur so lange in diesem Zustande erhalten kann, als die Temperatur dies gestattet, so kehrt derselbe bei völliger Sättigung der Atmosphäre nach jedem Sinken der Temperatur in flüssigen Zustand zurück u. bildet einen die Luft mehr od. weniger undurchsichtig machenden Niederschlag, welcher auf der Oberfläche der Erde befindlich als Nebel, in größerer Höhe schwebend als W. bezeichnet wird, od. er fällt bei noch größerer Übersättigung auf die Erde als Regen, Thau od. bei einer Temperatur unter 0° R. als Schnee, Hagel (s.d. a.). Die Bedingung der Übersättigung mit Wasserdampf wird immer[336] erfüllt, wenn zwei Luftströme von verschiedener Temperatur, welche beide vom Sättigungspunkte nicht allzuweit entfernt waren, mit einander vermengt werden, weil die Capacität für Wasserdampf in rascherem Verhältniß abnimmt als die Temperatur u. folglich die Luft von mittlerer Temperatur nicht die mittlere Quantität von Wasserdampf aufgelöst erhalten kann. Je größer die Temperaturdifferenz, desto stärker ist der Niederschlag (vgl. Wasser III.). Die W. bestehen, wenn sie nicht hoch über der Erde schweben, aus Nebelbläschen, d.h. aus kleinen Hohlkugeln von Wasser; sobald sie sich aber in Regionen befinden, deren Temperatur unter dem Gefrierpunkte liegt, aus Schneetheilchen, mag es Winter od. Sommer sein. Man muß daher zwischen Nebelwolken u. Schneewolken unterscheiden. Nach ihrem äußeren Ansehen wurden von Howard drei verschiedene Hauptformen der W. unterschieden: a) der Cirrus (Federwolke, in der Schweiz Südwestwolke genannt), bestehend aus zarten Fäden, welche bald die Gestalt von Federpinseln, bald von gekräuselten Locken, bald von Netzen annehmen; b) der Cumulus (Haufenwolke, in der Schweiz Bise), in seiner einfachsten Form als Halbkugel mit horizontaler Grundfläche erscheinend, deren sich gewöhnlich mehre vereinigen u. am Horizonte stehend einem Gebirge, mit glänzenden Gipfeln u. Licht- u. Schattenpartien, gleichen; c) der Stratus (Schichtwolken), eine oben u. unten horizontal begrenzte Nebelschicht, wie sie an heitern Sommertagen nach Sonnenuntergang über Wiesen u. Gewässern sich bildet. Außerdem schließt Howard noch vier Unterarten an: Cirrocumulus (federige Haufenwolke), od. die zarten, runden, in Reihen geordneten Wölkchen, bei uns gewöhnlich Schäfchen genannt; Cirrostratus (federige Schichtwolke), flache Wolkenblättchen od. kurze, faserige Theilchen, welche aber schon dichter u. undurchsichtiger als bloße Federwolken sind; sie liegt stets horizontal u. erscheint im Zenith aus vielen zarten W. zusammengesetzt, am Horizont aber als eine lange schmale W.; Cumulostratus (gethürmte Haufenwolke), sich häufende u. dunkel gefärbte Cumuli, oft übergehend in den Nimbus (die Regenwolke), welche ein gleichförmig graues Ansehn u. einen fasrigen Rand zeigt, u. in welcher man nicht mehr die einzelnen zusammengeballten Partien wie im Cumulus unterscheiden kann. Wenn nach anhaltend schönem Wetter das Barometer langsam zu sinken beginnt, so beginnt die Wolkenbildung als Cirrus, d.h. als seine weiße Fasern auf blauen Grunde. Laufen diese Fäden od. Streifen parallel u. nach beiden Seiten aus, so nimmt die W. die Gestalt eines Pferdeschweifs an u. wird Windbaum (Wetterbaum) genannt. Oder es durchkreuzen sich mehre solcher Streifen u. die Wolke geht in den Cirrostratus od. Cumulus über. Man beobachtet diese oft sehr blendenden W. am besten in einem schwarzen Spiegel. Der Cirrus ist die höchste Art der W. u. erreicht oft eine Höhe von weit über 20,000 Fuß. Eigenthümlich ist es den Cirri, daß in ihnen die größeren Höfe u. Nebensonnen (s.d.) erscheinen, ein häufiges Phänomen, welches zufolge der Theorie der Höfe (s.d.) beweist, daß die Cirri aus Schnee, nicht aus Wasserbläschen bestehen. Sobald sich Cirri bilden, ändert sich gewöhnlich die Witterung; im Sommer folgt Regen, im Winter Thauwetter od. Kälte. Der Wind schlägt dann gewöhnlich nach Süd od. Südwest um. Daraus folgt, daß diese W. durch Zutritt wärmerer od. feuchterer Luftmassen zu den oberen Regionen der Atmosphäre gebildet werden. Allmälig erstreckt sich dieser südliche Wind zu den tieferen Regionen herab, die Cirri werden dichter, senken sich immer mehr, werden grau u. gehen nach Umständen in Regen über. Unter ähnlichen Umständen können auch Cirrocumuli entstehen, welche ganz aus Nebelbläschen bestehen, locker sind u. das Sonnen- u. Sternenlicht durchlassen, mit Bildung von Lichtkränzen (s. Hof). Solche W. bedeuten in der Regel warme Witterung. Der Cumulus wird bes. durch den aufsteigenden Luftstrom hervorgerufen. Er steigt oft bis zu bedeutender Höhe, doch nie so hoch als der Cirrus. Am vollkommensten erscheinen die Haufenwolken an schönen Sommertagen, wo sie sich nach Aufgang der Sonne zu bilden anfangen, bis zur größten Tageswärme an Masse zunehmen u. dann bis Sonnenuntergang wieder verschwinden. Je voluminöser, desto höher sind sie; am niedrigsten des Morgens u. Abends. Diese W. entstehen dadurch, daß der aufsteigende warme Luftstrom die Wasserdämpfe in die oberen kalten Regionen führt, wo sie sich bald verdichten u. W. bilden, mit Abnehmen jenes Luftstroms (gegen Abend) aber wieder tiefer herabsinken u. sich wieder in unsichtbare Dämpfe auflösen. Aus dieser Entstehungs- u. Vergehensart erklärt sich auch die runde Gestalt der Cumuli, denn wenn eine Flüssigkeit durch die andere geht, nimmt erstere eine Säulengestalt an, od. erscheint als eine Kette von Kugeln, wie wenn man Milch in Wasser tropft; außerdem bilden sich schwache Wirbel an den Rändern der Wolkenmasse, welche auch zur Abrundung beitragen. Oft vermehren sich die Cumuli des Abends, werden dunkler u. gehen in Cumulostratus über, welcher mit Regen u. Gewitter droht. Dann ist die Atmosphäre der Sättigung nahe, der südliche Wind der Höhe u. der aufsteigende Luftstrom bewirken mannigfache Vermischungen feuchter Luftmassen von ungleicher Temperatur, u. die Bedingungen einer Entladung sind gegeben. Eine andere Art W. entsteht Nachmittags als rundliche od. gedehnte Massen mit unbestimmten Rändern, nimmt gegen Abend zu, überzieht in der Nacht den ganzen Himmel u. verschwindet einige Stunden nach Sonnenaufgang wieder, um dann der Bildung von Cumuli, welche höher gehen als jene, Platz zu machen. Sie gehören mehr dem Stratus als dem Cumulus an; Kämtz nennt sie Stratocumulus od. haufenartige Schichtwolke. Sie bedecken oft im Winter wochenlang den Himmel u. entstehen dadurch, daß die Luft in mittler Höhe kälter ist, als man nach der Bodenwärme erwarten sollte. Beim Hochsteigen der Sonne werden diese wieder aufgelöst u. gehen dann in Cumuli über. Wir haben demnach W., welche von den Strahlen der Sonne gebildet, u. W., welche von denselben aufgelöst werden. Daher hört Morgenregen (wenn es nicht geradezu ein Landregen ist) oft gegen neun Uhr auf u. Nachmittagsregen gegen Abend. Im ersteren Falle war ein Stratocumulus, im anderen ein Cumulostratus vorhanden. Das Schweben der W., deren kleinste Theilchen doch offenbar schwerer sind, als die atmosphärische Luft, läßt sich folgendermaßen erklären. Die W. sind keine fertigen, unbeweglichen Körper, fortwährend sind in den W. die kleinsten Theilchen in Bewegung, u. zwar, wofern[337] keine Gegenkräfte einwirken, im Fallen begriffen, fortwährend lösen sich daher am unteren Rande der W. Nebelbläschen od. Eistheilchen auf, wofür aber am oberen Rande sich immer wieder neue bilden. Dann trägt der aufsteigende Luftstrom dazu bei, daß die Theilchen der W. nicht fallen, sondern im Gegentheil werden sie durch diesen Strom in die Höhe geführt, weshalb auch die Cumuli des Mittags, wo der aufsteigende Strom am kräftigsten ist, am höchsten stehen, mit Abnahme desselben aber wieder dem Gesetz der Schwere folgen u. herabsinken. Vgl. Hube, Über die Ausdünstung, Lpz. 1790; Forster, Untersuchungen über die W. etc., ebd. 1819; H. W. Brandes, Beiträge zur Witterungskunde, ebd. 1820.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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