Zirkel [1]

Zirkel [1]

Zirkel, 1) s. Kreis, Ring, z.B. Z. der Bäume, so v.w. Holzringe. Z. der Brustwarze, der Hof der Brüste, s.d. S. 381. Z. der Iris, die Kreise der Iris. 2) Werkzeug, womit man eine Kreislinie od. einen Bogen auf einer Fläche beschreiben od. womit man Maße abnehmen u. auftragen kann. Zum Verzeichnen von Ellipsen benutzt man einen Ellipsenzirkel od. Ovalzirkel. Es gehört dazu: a) der Stangenzirkel, s.d.; da die Spitzen desselben senkrecht gegen die Arbeitsfläche stehen, so gibt er eine große Genauigkeit im Abnehmen u. Auftragen der Maße; b) der Charnier- od. Schenkelzirkel; derselbe hat zwei gerade, entsprechend steife Schenkel od. längliche Stücken, welche unten spitz sind, oben einen Kopf haben u. daselbst durch ein Gewinde vereinigt sind. Die Z. sind von sehr verschiedener Größe u. Feinheit; die größeren sind aus Eisen od. Stahl, od. aus Holz mit Eisenspitzen; die feineren sind aus Messing od. Argentan mit eingesteckten Stahlspitzen. Bei manchen Z-n geht der eine Schenkel aus- u. andere Einsetzstücken einzuschrauben; diese sind z.B. ein Bleistifthalter, eine Reißfeder, der Geißfuß, welcher statt der Reißfeder dient, aber nicht nach Belieben erweitert werden kann. Feinere Z. haben an dem Gewinde eine dünne Platte, welche fester u. lockerer geschraubt werden kann, so daß sich die Schenkel schwer od. leicht verrücken lassen. In dieser Absicht sind in dieser Platte zwei Löcher angebracht, u. mit dem Zirkelschlüssel, einem Stück starken Bleches, welches zwei hervorragende in die Löcher passende Zapfen od. Spitzen hat, kann man die Platte herumdrehen. Besondere Arten der Schenkelzirkel sind der Handzirkel, kleiner Z. mit zwei gleichen Schenkeln ohne Einsatz; der Stell- (Bogen-) Z., an dessen einem Schenkel in der Mitte der inneren Seite ein Bogen befestigt ist, welcher durch den anderen Schenkel geht u. worauf der bewegliche Schenkel mit einer Schraube an dem Bogen festgeschraubt wird, wenn man die gemachte Öffnung des Z-s bei dem Gebrauch desselben unverrückt erhalten will; der Haar- (Schrauben-) Z., an welchem die Spitzen durch eine an selbigen angebrachte Feder u. mittelst einer Schraube einander genähert werden können, wodurch eine sehr genaue u. bestimmte Stellung des Z-s möglich ist; der Steck- (Reiß-) Z., bei welchem an dem einen Schenkel die untere spitzige Hälfte losgeschraubt u. dafür eine [654] Reißfeder, ein Bleistift od. ein Punktirrädchen angeschraubt werden kann; die Feuerzirkel dienen zum Abmessen der Arbeitsstücke beim Schmieden. Mit dem Eingriffszirkel prüft der Uhrmacher den Eingriff der Räder u. Getriebe u. die Entfernung der Zapfenlöcher. Der Kolbenzirkel hat einen unten in einen dicken Kegel auslaufenden Schenkel (Kolben), welcher mittelst einer Schraube verrückt werden kann, u. einen spitzigen durch eine Schraube höher od. niedriger stellbaren Schenkel; mit ihm wird um ein Loch, in welches der Kolben eingesetzt wird, ein Kreis beschrieben; der Schifferzirkel u. der Theilungszirkel (s.d.); der drei beinige od. drei schenkelige Z., er hat drei Schenkel u. wird bes. zum leichten Übertragen der Triangel gebraucht. c) Der Taster- (Greif- od. Dick-) Z., s.d.; ein solcher ist auch das Triebmaß (s.d.) der Uhrmacher. Der Röhrenzirkel ist ein doppelter Dickzirkel, dessen Schenkelpaare verschiedene Länge im Verhältniß 22: 7 haben, um zu gegebenem Durchmesser sofort den zugehörigen Kreisumfang zu liefern u. umgekehrt; mit einem solchen Z. erfährt man sofort den Durchmesser der Röhre, zu welchem sich ein vorliegendes Blech zusammenrollen läßt. d) Der Hohlzirkel mit auswärts gebogenem Schenkel, um die Weite von Höhlungen zu messen; verengt sich die Höhlung nach vorn, so kann man nur einen Doppelzirkel, bes. gut aber den Tanzmeister od. Seiltänzer (s.d. 2) brauchen. Ähnlich ist der Abwägezirkel, Unruhwage, Ächt- od. Krummzirkel (s.d. 2) der Uhrmacher, u. der vierspitzige Z. der Böttcher. e) Der Federzirkel, dessen Schenkel oben statt durch ein Gewinde, durch eine bogenförmige Feder zusammenhängen; eine Schraube ist in der Mitte in dem einen Schenkel durch eine Schraubenmutter befestigt u. ragt durch ein Loch in dem anderen Schenkel hindurch, so daß sich dieser frei bewegen u. näher an den anderen geschraubt werden kann. f) Die Mikrometerzirkel gestatten sehr seine Abmessungen, indem sie das genommene Maß bedeutend vergrößert darstellen; in ihrer Einrichtung können sie sehr verschieden sein. Hauptsächlich kommen folgende drei Einrichtungen vor: aa) die Schenkel eines Dickzirkels sind jenseits des Charniers bedeutend geradlinig verlängert u. am Ende trägt die eine dieser Verlängerungen einen Gradbogen, die andere einen dazu gehörigen Nonius; bb) der eine Schenkel ist auf einem kleinen Gestell befestigt u. nur der andere ist beweglich u. jenseits des Drehpunktes in Form einer langen Nadel verlängert, welche als Zeiger auf einem festliegenden Gradbogen läuft u. die Größe der Zirkelöffnung bedeutend vergrößert angibt; cc) die eben genannte Einrichtung ist dahin abgeändert, daß die Fortsetzung des beweglichen Schenkels nicht selbst den Zeiger bildet, sondern durch Verzahnung od. sonstige Verbindung einen besonderen Zeiger treibt, welcher auf einem Gradbogen od. auf einem getheilten Kreise (Zifferblatt) läuft. Das von Zinken angegebene Akribometer ist eine Art kleiner Stangenzirkel, welcher längs eines schräg gestellten Maßstabes verschoben u. dadurch mehr od. weniger geöffnet wird, weil die Richtung der Bewegung mit dem Maßstabe einen Winkel bildet. Solche Mikrometerzirkel benutzen die Uhrmacher u.a. als Zapfenzirkel zum Messen der Zapfen der Räderwellen u. um zu prüfen, ob dieselben überall gleich dick sind. Auch durch Repetition kann man kleine Gegenstände sehr genau u. doch höchst einfach machen, z.B. die Dicke eines Drahtes, indem man denselben in mehren Lagen od. Windungen dicht aneinander um einen glatten Cylinder wickelt, die Länge der Bewickelung mit dem Z. abnimmt u. mit der Zahl der Windungen dividirt. 3) (Diallele), ist der Fehler im Denken, vermöge dessen man unter dem Scheine des Fortschritts von einer Gedankenbestimmung zu einer andern doch zu dem Ausgangspunkte zurückkehrt. Dies kann sowohl bei den Erklärungen (Definitionen) als bei den Beweisen geschehen. Eine Zirkelerklärung (Circulus in definiendo, Definitio in orbem) entsteht, wenn der zu erklärende Begriff mittelbar od. unmittelbar unter den erklärenden Merkmalen vorkommt, z.B. wenn der Tag als die Zeit von 24 Stunden u. die Stunde als der 24. Theil des Tages erklärt wird. Ein Zirkelbeweis (Circulus in probando) entsteht, wenn das, was bewiesen werden soll, mittelbar od. unmittelbar selbst als Beweisgrund angeführt wird, z.B. wenn das Dasein Gottes aus der Offenbarung u. die Offenbarung aus dem Dasein Gottes bewiesen wird. 4) (Mus.), das Versetzen der harten od. weichen Tonleiter od. auch einer melodischen Phrase eine Quarte od. Quinte höher, daher Quarten- od. Quintenzirkel. Da nun nach unserem temperirten Tonsystem die Töne cis u. des, gis u. as gleichklingend sind, so muß man bei dieser quarten- od. quintenweisen Versetzung auf die Tonleiter zurückkommen, in welcher man angefangen hat, u. sich gleichsam in einem Kreise herumbewegen; daher der Name, z. B:

Zirkel [1]
Zirkel [1]

[655] Auf gleiche Weise läßt sich auch der Z. auf die Moll-Tonleiter anwenden; 5) das Zeichen der Studentenverbindungen, gewöhnlich eine Chiffer aus den Initialen der Wörter vivat corpus (fratrum) u. des Namens der Verbindung, z.B. Thuringorum, Saxonum, Francorum zusammengezogen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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