Blitzableiter

Blitzableiter

Blitzableiter, Vorkehrung, elektrische Funken nach Willkühr zu leiten. Franklin, der Begründer einer umfassenden Elektricitätslehre, suchte zuerst (1749) durch Aufstellen metallener Spitzen auf die höchsten Theile eines Gebäudes eine vorüberziehende elektrische Wolke, ohne daß es zu einem elektrischen Funken komme, zu entladen; 1753 aber erklärte er sich dahin, daß dergleichen Spitzen den Ausbruch eines elektrischen Lichtfunkens in der Nähe derselben verhüteten u. auch einen durch die Wolken bis in ihre Nähe geleiteten Blitz auffingen u. nun so weit leiteten, als die Continuität der metallischen Masse nicht unterbrochen würde, daß daher, wenn die metallische Leitung, in einiger Entfernung von anderen Elektricitätsleitern, bis zum Erdboden reiche, auch der Blitz dahin gelangen werde, ohne den Gebäuden Schaden zuzufügen od. das Leben der Bewohner derselben zu bedrohen. In Deutschland wurden gleichzeitig (1753) von Winkler in Leipzig Vorschläge zur Blitzesableitung gethan, auch 1754 von Proc. Divisch in Mähren zur Ausführung gebracht. Indessen wurde doch zuerst mit entscheidendem Erfolg in NAmerika vom B. verbreitete Anwendung gemacht. In England war der erste B. 1762 zu Payneshall von Walson errichtet, in Hamburg erst 1769 einer auf dem Jacobithurm. Indessen fehlte es doch auch nicht an Bedenklichkeiten, bes. seitdem 1753 Richmann in Petersburg, als er während eines Gewitters durch eine metallene Stange den Blitz in sein Zimmer zu-, also nicht ableitete, durch den Blitz getödtet worden war, u. selbst Physiker (wie Nollet 1764) erklärten sich gegen die Nutzbarkeit der B. Bes. wurde geltend gemacht, daß metallene Spitzen elektrische Wolken anzögen u. zu ihrer Entladung gleichwohl nicht hinreichten. Wilson (1773) glaubte in stumpf endenden metallenen Stangen auf der Höhe der Gebäude einen sicheren Schutz für Gebäude gegen den Blitz gefunden zu haben. Gleichwohl hat die Erfahrung gelehrt, daß über ein Gebäude sich erhebende (zum Schutz gegen Rost vergoldete) Metallspitzen (Auffangestangen) den Vorzug behaupten u. sicher leiten, wenn nur die metallene Leitung (Ableitungskette) selbst völlig ununterbrochen ist u. keine zu kleine Oberfläche darbietet. Nach einem Berichte der französischen Akademie der Wissenschaften sollte die schützende Kraft eines B-s sich auf einen kreisförmigen Raum erstrecken, dessen Durchmesser viermal so groß, als die Höhe des B-s sich, so daß also ein Dach von 48 Fuß Länge eine Auffangestange von 12 Fuß Höhe, in der Mitte desselben errichtete erhalten müsse, um geschützt zu sein. Nach demselben Berichte, der in Ermangelung genauer Anhaltepunkte noch jetzt für die Anlage den B. den Maßstab gibt, besteht der B. am besten aus einer eisernen, am unteren Ende 50–60 Millim. dicken u. sich nach oben zuspitzenden Stange. Die Spitze ist von Kupfer u. vergoldet u. womöglich noch mit einer 5 Centimeter langen Platinnadel versehen. Am Fuße des auf das Holz des Daches befestigten B-s ist ein hervorragender Rand von Metall zum Schutz des Holzes gegen, aus dem herabrinnenden Wasser entstehende Fäulniß angebracht. Über diesem Rande schlingt sich ein eisernes Band um den abgerundeten Eisenstab. An dieses Band ist nun ein bis in die Erde führendes, starkes Eisenblech, od. aus 15fachem gewundenen Eisendraht bestehender Conductor von 13–20 Millimeter ins Geviert angelöthet, der zur Schützung des Eisens vor Rost getheert u. an das Gebäude (nur nicht an schon metallenen Stellen) durch Haken befestigt ist. Statt des eisernen Leiters bedient man sich in neuerer Zeit fast ausschließlich kupferner Blechstreifen, da Kupfer ein viel besseren Elektricitätsleiter ist. Aus diesem Grunde braucht die Kupferleitung auch bei Weitem nicht so stark zu sein, um das Abspringen des Blitzes zu verhüten, u. sie empfiehlt sich außerdem durch geringere Oxydationsfähigkeit u. die größere Leichtigkeit, mit der es verarbeitet u. an den Häusern befestigt werden kann. Solche Kupferblechleitungen brauchen höchstens 3 Zoll breit u. nur 1 Linie Park zu sein; man hat auch Drahtseile von Messing empfohlen, die jedoch nur geringe Anwendung gefunden haben. Befinden sich Schornsteine auf dem Gebäude, so thut man wohl, dieselben noch extra mit einer Auffangestange zu versehen u. diese mit der Leitung in Verbindung zu setzen; sind Gebäude ganz mit Kupfer gedeckt, so werden die Auffangestangen überflüssig u. man hat nur für eine Verbindung des Daches mit der Erde durch eine Kupferleitung zu sorgen. Den Ableiter führt man am besten bis zu 2 Fuß unter die Oberfläche der Erde herab, dort aber in[895] einer zur Mauer senkrechten Richtung von ihr entfernt, u. in einen Brunnen od. sonst benachbarten feuchten Ort; od. man läßt, 15–20 Fuß von der Mauer entfernt, ein senkrechtes Loch von etwa 12 Fuß Tiefe graben u. führt in dieses den B., den man hier, um ihn vor Rost zu bewahren, mit einem mit Bäckerkohlen gefüllten Kanal umgibt. Ist der Boden, in welchem der B. sich endigt, trocken, so läßt man ihn tiefer gehen, od. in mehrere Zweige sich theilen. Sind in od. an einem Gebäude beträchtliche Metallmassen, z.B. bleierne Röhren, Dachrinnen, so setze man sie mit dem B. in metallene Verbindung; dasselbe thut man, wo auf einem Gebäude mehrere B. errichtet werden. Bei Pulvermagazinen werden 2 od. auch mehrere hohe Auffangestangen neben dem Gebäude errichtet, das Magazin selber aber nur mit Ableitern versehen. Außer an hohen u. wichtigen Gebäuden werden B. auch an Masten von Schiffen angebracht. Da die Alten beobachtet hatten, daß der Blitz nie über 5 Fuß tief in die Erde fährt, so glaubten sich Furchtsame in Kellern u. tiefen Höhlen vor Gewittern sicher, od. gingen unter Zelte von Seekalbfellen, weil diese Thiere nicht vom Blitz getroffen werden sollten. In Indien hatte man eine Art B., indem man aus dem am Grunde einer goldausströmenden Quelle gefundenen Eisen Schwerter machte, die, in die Erde gesteckt, wie Wolken u. Hagel, so auch Blitzstrahlen abwenden sollten. Die Perser glaubten, der Dampf des Achates könne Blitze abwenden. Die Sage, daß die etruskischen Fulguritoren Blitze vom Himmel hätten locken können (s. Etruskische Religion), hat es Einigen wahrscheinlich gemacht, daß die Etrusker schon B. gehabt hätten u. von diesen hätten sie die Römer kennen lernen; vgl. Blitz. Luz, Lehrbuch der Blitzableitungslehre, neu bearbeitet von I. K. Gütle, Nürnb. 1804, 2 Thle.; Eisenlohr, Anleitung zur Ausführung u. Visitation der B., Karlsr. 1848.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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