Citation

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Citation (Citatio, Ladung, Vorladung, Rechtsw.), die ausdrückliche Verordnung eines Gerichts od. einer sonstigen öffentlichen Behörde an[162] eine Person, daß dieselbe persönlich od. durch einen Bevollmächtigten zu einer gewissen Zeit vor dem Gericht od. der Behörde erscheine, um einer Handlung beizuwohnen, od. eine solche vor der Behörde vorzunehmen, od. irgend eine Eröffnung zu erhalten. Die C. kann der Regel nach nur von einer solchen Behörde ausgehen, welcher die vorgeladene Person unterworfen ist; ist es nöthig, daß die Person vor einer anderen Behörde erscheine, so hat die letztere wegen der Vorladung sich zunächst an die zuständige Behörde zu wenden, damit diese die Vorladung bewirke u. für die Gestellung der betreffenden Person an die andere Behörde Sorge trage. Rücksichtlich der Form erfolgt die C. in der Regel schriftlich durch einen kurzen Befehl, welcher die Angabe der vorladenden Behörde, den Namen des Vorgeladenen, Tag u. Stunde, an welchen, u. den Ort, wo der Vorgeladene zu erscheinen hat, enthält; oft aber geschieht die C. auch nur mündlich durch eine bloße Aufforderung des Dieners, welche dann aber doch im Wesentlichen dieselben Erfordernisse enthalten muß. Schriftliche Ladungen, welche zugleich an Mehrere gerichtet u. welche jedem der Vorgeladenen bes. insinuirt werden, heißen Currentladungen, Patente. Über den Erfolg der Ladung hat der Diener der Behörde eine Meldung an dieselbe zu machen, u. von dieser wird sodann darüber ein kurzer Vermerk (Insinuationsregistratur, Insinuationsvermerk) zu den Acten gebracht. In der Regel hat jede Ladung nur an denjenigen zu erfolgen, an welchen sie gerichtet ist; wenn der Geladene indessen nicht anwesend ist, so kann sie mit gleicher Rechtswirkung auch an einen seiner Hausgenossen erfolgen, bei deren zeitweiliger Abwesenheit aber an die Thür genagelt werden (C. ad domum). Ist aber der Aufenthaltsort des zu Ladenden überhaupt gar nicht bestimmt bekannt u. deshalb eine Behändigung der C. gar nicht möglich, so tritt eine Edictalcitation ein, indem zu diesem Zwecke ein öffentlicher Aufruf in mehreren (gewöhnlich drei) Zeitungen, durch Aushängung am Gerichtsbret verschiedener Gerichtsorte, wo man den Vorzuladenden noch am ersten vermuthen kann, nöthigenfalls auch durch öffentlichen Anschlag an den Straßenecken od. Ausrufen auf öffentlichen Plätzen erfolgt. In gleicher Weise wird auch verfahren, wenn zur Zeit noch ganz unbekannte Gläubiger citirt werden sollen, wie dies z.B. bei der Eröffnung eines Concursprocesses od. bei Regulirung eines Nachlasses zu dem Zwecke, um die Anmeldung der Gläubiger herbeizuführen, vorkommt (vgl. darüber bes. Haase, Über Edictalladung außerhalb des Concurses, Lpz. 1817; Nibler, Über die Edictalcitationen in Gegenständen des Civilrechtes, Straubing 1817). Eine Realcitation (C. realis, C. personalis, C. actualis) endlich ist eine C., bei welcher der Diener befehligt wird, die Person, welche vor der Behörde erscheinen soll, nöthigenfalls mit Gewalt vor dieselbe zu bringen. C-n dieser Art kommen vorzugsweise im Criminalprocesse vor, wenn der Vorzuladende wegen eines Verbrechens sich verantworten soll; auch im Civilprocesse sind sie jedoch z.B. dann nicht ausgeschlossen, wenn der Vorzuladende mit keinem Vermögen angesessen u. der Flucht verdächtig ist, od. wenn er nach der besonderen Natur des Rechtsgeschäftes, wie beim Wechsel, auch mit seiner Person haftet, od. wenn er sich überhaupt gegen die Ausforderung des Richters hartnäckig ungehorsam gezeigt hat. Die Folgen des Ungehorsams gegen eine rechtsgültig erlassene C. sind verschieden, je nach dem Zwecke, zu welchem die C. erlassen wurde. Man unterscheidet dabei a) eine C. monitoria, wenn die geladene Person blos davon in Kenntniß gesetzt wird, daß zu einer gewissen Zeit eine bestimmte Handlung vorgenommen werden solle, es aber in ihr Belieben gestellt ist, ob sie daran Theil nehmen wolle od. nicht; u. b) eine C. arctatoria, wenn mit der Vorladung die bestimmte Aufforderung verbunden ist, vor der Behörde zu erscheinen. Im ersteren Falle zieht das Nichterscheinen keinen anderen Nachtheil nach sich, als daß die fragliche Handlung auch in Abwesenheit des Vorgeladenen doch vorgenommen wird. Dies ist z.B. der Fall bei der Citatio ad videndum deponi, C. ad videndum jurari, wo eine Partei nur vorgeladen wird, um sich von der richtigen Vornahme einer gerichtlichen Deposition od. einer Eidesleistung überzeugen zu können. Die Regel bilden jedoch die arctatorischen Citationen. Die eintretenden Rechtsnachtheile werden dann entweder in der erlassenen Ladung bes. angedroht, od. sie beruhen unmittelbar auf dem Gesetz; doch wird auch in letzterem Falle in der Regel durch die schriftliche Ladung auf die gesetzlich bestehenden Nachtheile noch bes. hingewiesen. Im Criminalprocesse bestehen dieselben für das Nichterscheinen von Zeugen u. Sachverständigen zunächst in einer Geldstrafe, bei wiederholtem Ungehorsam tritt Realcitation ein. Bei den Angeschuldigten wird in der Regel sofort zur Realcitation geschritten, u. nur bei geringeren Verbrechen begnügt man sich, nach manchen neueren Strafproceßordnungen, auch damit, daß alsdann der Angeschuldigte für geständig u. überführt erachtet wird, indem man annimmt, daß er durch sein Nichterscheinen auf seine Vertheidigung verzichten wolle. Dasselbe wird hinsichtlich der Anklage bei dem Nichterscheinen des Privatanklägers angenommen, u. wie bei dem Staatsanwalt tritt in der Regel insofern eine Abweichung ein, als, wenn dieser nicht erscheint, dies gewöhnlich nur die Vertagung der Verhandlung zur Folge hat. Im Civilprocesse gelten im Ganzen die nemlichen Regeln; nur wird hinsichtlich der Parteien der Grundsatz, daß ein auf eine Ladung ungehorsam Ausbleibender als auf die, für den Fall des Erscheinens ihm eingeräumten Vortheile verzichtend anzusehen sei, hier strenger durchgeführt. War ein Geladener außer Stande, dem an ihn ergangenen Befehle Folge zu leisten, so kann er, wenn er seine diesfallsigen Entschuldigungsgründe vor dem Termin anbringt, eine Verschiebung desselben erlangen; nach Verstrich desselben steht ihm unter gewissen Vorwandssetzungen, bes. wenn er zu bescheinigen vermag, daß ihn Krankheit, Abwesenheit, höhere Gewalt od. dergl. von dem rechtzeitigen Erscheinen abgehalten habe, die Möglichkeit offen, durch Nachsuchung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die wider ihn eingetretenen Rechtsnachtheile zu beseitigen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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