Harze

Harze

Harze, 1) (Resinae), organische Substanzen, welche in ätherischen Ölen gelöst als sogenannte Balsame aus mehreren Pflanzen fließen u. an der Luft erhärten od. sich in Zwischenräumen des Holzes finden; sie sind jedenfalls meist durch Oxydation der ätherischen Öle entstanden. Im Thierreich[73] treten ebenfalls harzartige Materien auf; im Mineralreiche finden sich fossile H. in den Kohlenlagern, den Überresten vorweltlicher Vegetationen. Welche Rolle die H. bei der Ernährung der Pflanzen spielen, ist zur Zeit noch nicht ermittelt worden. Man unterscheidet, je nachdem die H. bei gewöhnlicher Temperatur fest, hart u. spröde od. weich sind, Hartharze u. Weichharze; die meisten H. sind im reinen Zustand farblos, einige, wie das Chlorophyll, stellen selbst einen eigenthümlichen Farbstoff dar; sie sind geruchlos, doch besitzen viele H., wenn sie noch einen kleinen Antheil ätherisches Öl enthalten, einen starken Geruch. Sie sind nicht flüchtig, in der Wärme schmelzbar, meist amorph, selten krystallinisch; in Wasser sind sie vollkommen unlöslich, löslich dagegen in fetten u. ätherischen Ölen, in Alkohol lösen sich ebenfalls alle, manche schon bei gewöhnlicher Temperatur (Fichtenharze, Mastix, Sandarak, Elemi, Drachenblut, Benzoë, Storax, Laudanum, Guajak, Jalappenharz), manche aber selbst beim Sieden schwer (Copal, Bernstein, Judenpech, Mistelharz); in Äther sind viele H. löslich, ebenso in Schwefelkohlenstoff; sie sind Nichtleiter der Elektricität u. werden durch Reiben negativ elektrisch. Viele H. besitzen den Charakter von Säuren, ihre alkoholische Lösung reagirt sauer, sie gehen mit Metalloxyden Verbindungen ein; man unterscheidet unter diesen sauren H-n solche, welche sich in Ammoniak u. kohlensaurem Natron auflösen, u. solche, welche nur in kaustischen fixen Alkalien löslich sind (Halbharze); die alkoholische Lösung der sauren H. wird durch Ammoniak nicht gefällt; die Verbindungen dieser H. mit Alkalien heißen Harzseifen, sie unterscheiden sich von den Seifen der fetten Säuren dadurch, daß sie mit Kochsalz aus ihren Auflösungen nicht gefällt werden u. im concentrirten Zustand keinen Seifenleim bilden, durch die meisten Säuren werden sie zerlegt. Einige H. sind stickstoffhaltig u. besitzen den Charakter einer Basis, viele sind völlig indifferent. Viele H. gehen mit Wasser Verbindungen (Hydrate) ein, ziehen Wasser aus der Luft an u. werden dadurch weich u. zähe. Alle natürlichen H. sind Gemenge verschiedener, wahrscheinlich isomerer H., die man nach Berzelius nach dem Namen der griechischen Buchstaben, als Alphahärze, Betaharze, Gammahärze etc., unterscheidet. Bei der trockenen Destillation geben die H., außer gasförmigen Kohlenwasserstoffen, noch verschiedene flüssige Kohlenwasserstoffverbindungen u. im Rückstand eine poröse Kohle. Das Fichtenharz, als das in dieser Beziehung am genauesten untersuchte Harz, gibt für sich allein längere Zeit gekocht, außer Terpentinöl u. Wasser, später ein dickliches, geruch- u. geschmackloses, in Wasser unlösliches, bei 250° kochendes, brennbares Öl: Refinein = C10H9O. Bei der Destillation desselben mit Kalk werden außer den genannten Producten zwei verschiedene Öle erhalten: Resinon nach Fremy = C10H9O, schon 78° kochend; Resineon nach Fremy = C29H23O, bei 148° kochend. Das den Kohlenwasserstoff begleitende rohe, in dem Condensationsapparat der Harzgasfabriken sich sammelnde, dunkelbraune Öl (trockener Schiffstheer), ungefähr 30 Proc. des angewendeten H-s ausmachend, gibt bei der Destillation: a) bei 130°– 160° ein von den Fabrikanten flüchtige Essenz (Vive essense) genanntes Product, das bernsteinroth, von starkem Geruch, sauer reagirend ist. Bei der Destillation im Ölbad gibt sie außer Naphthalin u. einer theerartigen, zurückbleibenden Materie ein flüchtigeres, bei 130° bis 160° destillirendes Öl, welches durch Behandlung mit Schwefelsäure u. Ätzkali gereinigt, eine leichte, vollkommen klare, angenehm riechende Flüssigkeit: Retinnaphtha, C7H8, gibt, diese schmeckt leicht stechend, bricht das Licht stark, siedet bei 108°, erstarrt noch nicht bei –20°. Durch Chlorgas in der Hitze entsteht eine ölige, schwere, sehr stechend schmeckende, meerrettigartig riechende, dem Chlorbenzoyl ähnliche, sauerstofffreie Flüssigkeit = Cl4C14H12. Durch Salpetersäure bildet sich Stickoxydgas u. Blausäure. Sie löst Schwefel u. Jod auf. Bei höherer Temperatur gibt die flüchtige Essenz Retinyi = C9H12, dieses ist, auf gleiche Weise wie das vorige gereinigt, vollkommen klar, am Lichte unveränderlich, siedet bei 150°, schmeckt stechender bitter; specifisches Gewicht 0,87, löst Jod u. Schwefel; b) aus dem rohen Öl (s. oben) destillirt bei 280° ein bräunlichgrünes, opalisirendes, trübes fixes Öl, welches, nachdem es durch Gyps filtrirt, dem Sonnenlicht ausgesetzt, mit Ätzkalilauge behandelt worden ist, zu Malereien an Gebäuden benutzt werden kann, nach vollständiger Reinigung auf obige Weise, eine klare, ölartige Flüssigkeit ohne Geruch u. Geschmack: Retinöl (Harztheer) = C8H8 darstellt, welches mit Chlor eine dicke, durchsichtige, schwach rosenartig riechende Masse bildet, mit fetten Körpern sich verbindet, mehrere H., auch Kautschuk auflöst, von 0,9 specifischem Gewicht; c) das letzte Product der Destillation des rohen Harzöles (s. oben) ist eine fette Materie (Harzfett, Melannaphthalin nach Pellet. u. Walter, Retisteren nach Dumas), stellt, durch gelindes Kochen, mehrmaliges Umdestilliren u. Auspressen zwischen Fließpapier, Behandlung mit Alkohol u. Schwefelsäure gereinigt, eine weiße krystallinische, geschmacklose, schwach riechende, bei 67° schmelzende, bei 325° siedende, in Wasser unlösliche, in heißem, absolutem Alkohol, leichter in Naphtha u. in Terpentinöl lösliche Masse = C16H7, dar, die mit Chlor eine grüne, mit Salpetersäure eine gelbe, harzige Verbindung gibt. Couërbe unterschied in der, aus dem Harzgas bei Compression sich absetzenden Flüssigkeit mehrere Kohlenwasserstoffverbindungen: C4H4 bei 25° kochend, C5H4 bei 50° kochend, C5H4 bei 80°, C5H3, C7H4 bei 100° u. C8H4 bei 136°–140° kochend, von denen mehrere wohl mit den eben beschriebenen identisch sind. Die Gewinnung der H. erfolgt durch Einschnitte in harzreiche Bäume, oft fließt aber auch das Harz von selbst aus; viele H. erhält man durch Auskochen des zerkleinerten Holzes mit Alkohol; die fossilen H. werden gegraben, od., wie der Bernstein, gefischt; künstlich stellt man H. aus Brandölen dar; auch auf anderen Wegen, z.B. bei der Behandlung von Aldehyden mit Salpetersäure, entstehen harzige Körper. Um die natürlichen H. von den ätherischen Ölen zu befreien, kocht man sie so lange mit Wasser, bis kein Öl mehr destillirt. Man benutzt die H. bes. zur Herstellung von Leuchtgas (s.u. Gasbeleuchtung), von Harzseifen (meist ein Gemenge von harzsaurem Alkali mit fettsaurem; in England u. Amerika bereitet man solche Seifen aus Palmöl u. Kolophonium mit fixem Alkali, man benutzt sie dort als billiges Reinigungsmittel, namentlich in den Fällen, wo der Harzgeruch derselben[74] die Anwendung nicht hindert). Ferner benutzt man die H. zur Bereitung von Firnissen, Kitten u. zum Dachdecken; auch finden sie in der Medicin Anwendung; ihre Wirkung auf den Organismus als Reizmittel scheint bes. auf der Beimengung von ätherischem Öl zu beruhen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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