Orlamünde

Orlamünde

Orlamünde, 1) Stadt an der Saale im Gerichtsamtsbezirk Kahla des Herzogthums Altenburg, hat mit der Vorstadt Naschhausen (Nashausen) 1200 Ew.; sonst Amt, welches mit der Leuchtenburg vereinigt, nach Kahla verlegt wurde. Vormals war hier ein Wilhelmitenkloster, welches um 1350 gestiftet war, 1525 abbrannte u. dessen Einkünfte 1540 dem sich verheirathenden ehemaligen Abt desselben, Ellinger, vom Kurfürsten Johann Friedrich dem Großmüthigen geschenkt wurden. Von der Burg, Sitz der Grafen von O., gebaut im 10. Jahrh. u. zerstört 1344 in einer Fehde der Grafen mit den Landgrafen von Thüringen, sind noch Ruinen (die Kemmath, Kempte) übrig. Hier war Karlstadt 1523–24 Pastor u. Luther hatte viel mit ihm u. seinen Anhängern zu kämpfen, ehe er sich entfernte.

O. hatte ehedem eigene Grafen, deren Ursprung unbekannt ist. Sie besaßen in Thüringen außer O. die Vogtei Brembach, Buffart, Dornburg, Drömlitz, Eberstädt, Hardisleben, Hesler, Hummelshain, einen Theil von Jena, Kahla, Kötendorf, Magdala, Mattstedt, Mellingen, Olbersleben, Schauenforst, Teutleben, Torndorf, Vippach, Weimar, Wendelstein, Wiehe, Willerstedt, Zimmern, dergleichen die Advocatie über Memleben. Über alle diese Güter hatten sie zu O. ein eigenes Burgding (Hofgericht) unter den Burggrafen von Kirchberg, ihren Vasallen, niedergesetzt. Im Osterlande besaßen sie Droißig u. die übrigen Güter, welche Elisabeth von Arnshaugk an O. gebracht hatte; in Franken: Goldkronach, das Kloster Himmiskrone, Kulmbach, das Schloß Plassenburg, Mittelberge, Löbenstein u.a. Der erste bekannte Graf ist Friedrich, welcher 968 auf einem Turnier zu Merseburg vorkommt, dessen Gemahlin Apollonia, Tochter eines Grafen von Henneberg, war. Wilhelm II., Graf von Weimar, welcher von dem fränkischen Grafen Popo abstammte u. ein Sohn Wilhelms I., Grafen in Thüringen (st. 963), war, st. 1003; dessen ältester Sohn Wilhelm III. wurde vom Kaiser zum Landrichter von Thüringen ernannt u. wurde 1046 Markgraf von Meißen u. 1061 auch Landgraf von Thüringen. Auf einem Zuge gegen Ungarn wurde er gefangen, u. König Bela verlobte ihm seine Tochter Jojade, aber als Wilhelm sie 1062 abholen wollte, starb er auf der Reise. Ihm folgte sein Bruder Otto in Weimar u. O. u. wurde auch Markgraf. Die Beleihung mit den Gütern, welche beim Erzbischof von Mainz zu Lehn gingen, erhielt er dadurch, daß er sich anheischig machte, an das Erzstift den Herrenzins (Zehnten von allen Früchten u. allem Vieh) zu zahlen, wogegen ihm der Erzbischof den Zehnten der um O. gelegenen Güter erließ. Dadurch machte sich Otto in Thüringen verhaßt; er st. 1067 u. hinterließ drei Töchter. Die orlamündischen Güter kamen auf Poppos, des jüngeren Bruders von Otto, Sohn Ulrich I. Grafen von Weimar u. Markgrafen von Kärnten, u. als dieser 1070 starb, auf seinen Sohn Ulrich II. Ulrich st. 1112 u. mit ihm starb die ältere Linie der Grafen von O. im Mannsstamm aus. Kaiser Heinrich V. wollte nun die Orlamündischen Güter als erledigtes Lehn einziehen, aber dazu meldete sich ein Enkel Ottos. Nämlich Ottos dritte Tochter, Adelheid, hatte den Grafen Adelbert von Ballenstädt geheirathet, u. deren jüngerer Sohn Sigfried kämpfte mit dem Kaiser um O. u. behauptete sich, u. als er 1114 vom Grafen Hoyer von Mannsfeld erstochen wurde, folgte ihm sein u. der Gräfin Gertrud von Nordheim jüngerer[368] Sohn Sigfried II. Beide waren auch Pfalzgrafen bei Rhein, indem ihre Mutter Adelheid in zweiter Ehe mit dem Pfalzgrafen Heinrich bei Rhein vermählt war, u. da dieser mit Adelheid keine Kinder hatte, so nahm er seine Stiefsöhne Otto u. Sigfried I. an Kindes Statt an. Wie es nach Sigfrieds II. Tode (st. 1124 od. 1123) mit O. wurde, ist unbekannt; man glaubt, Albrecht der Bär, aus dem Hause Ballenstädt, habe die Grafschaft für seinen Sohn Hermann I. in Anspruch genommen, weil Sigfried aus dem Hause Ballenstädt stammte. Hermanns (st um 1180) u. der Adelheid Sohn war Sigfried III., welcher 1182 Sophie, Tochter des Königs Waldemar I. von Dänemark, heirathete; ihre Söhne waren Albrecht, welchen König Waldemar II. von Dänemark 1216 zum Grafen von Holstein (s.d. Gesch. I.), Stormaren u. Wagrien ernannte u. ihm auch Hamburg (s.d.) gab; u. Hermann II., welcher mit dem Landgrafen Ludwig II. in Krieg lag u. den Schauenforst erbaute. Albrecht soll 1224 nach O. zurückgekehrt, 1247 gestorben sein u. einen Sohn Albrecht, Grafen von Weimar, nachgelassen haben. Dessen Söhne waren wahrscheinlich Albrecht, Hermann III. u. Otto I., welche sämmtlich 1283 starben. Otto hatte Beatrix, Tochter des Herzogs Otto I. von Meran, geheirathet u. erwarb somit Ansprüche auf Meran, erhielt 1248, nach dem Tode seines Schwagers, des Herzogs Otto II., Plassenburg, Kulmbach, Prutzendorf, Goldkronach, Mengau u. andere Güter in Franken u. stiftete so die Plassenburgsche Linie, welche seine Söhne Hermann IV. (st. 1285) u. Otto II. (st. 1284) fortsetzten. Daß Ottos II. Gemahlin, Agnes, um den Burggrafen Albrecht den Schönen von Nürnberg zu heirathen, ihre beiden Söhne ermordet habe u. deshalb ins Gefängniß gesetzt worden sei, ist eine bloße Sage, denn Ottos II. Söhne folgten; Otto III. war Geistlicher in Bamberg, aber Hermann V. u. Otto IV. theilten; Otto IV. erhielt Plassenburg u. Kulmbach u. stiftete a) die eigentliche Plassenburgische Linie; Hermann V. behielt die weimarischen Güter u. gründete b) die Weimarsche Linie; c) die Löwensteinsche Linie war von Hermann III. gegründet, welcher sich mit der Wittwe eines Grafen non Arnshaugk, Neustadt a.d. O. u. Jena verheirathet haben soll; d) die Droißigsche Linie stiftete sein Sohn Friedrich II. 1336 verkaufte Graf Otto IV. von O. Kulmbach, Plassenburg u. Himmelskrone an die Burggrafen von Nürnberg. Auch mit Thüringen geriethen die Grafen von O. um diese Zeit in Fehde. Graf Friedrich III. von O. u. Hermann V. von Weimar reizten den Landgrafen Friedrich den Ernsthaften; zwar kam es 1328 zu einem kurzen Frieden, aber 1342 brach die Fehde wieder aus, u. 1344 vermittelte Kaiser Ludwig der Baier einen Vergleich, nach welchem beide Grafen ihre Besitzungen an Thüringen verkauften. Allein dieser Vergleich wurde nicht gehalten, u. in einer neuen Fehde 1345, wo die Landgrafen von Thüringen Wiehe, Schauenforst, Kahla u. Rudolstadt eroberten u. verbrannten, mußten die Grafen von O. endlich die Lehnsherrlichkeit Thüringens anerkennen u. erhielten dafür einen Theil ihrer thüringischen Besitzungen, jedoch nur auf Lebenszeit, zurück; O. behielt der Landgraf. Friedrich st. 1365 u. Hermann 1372, u. ihre Besitzungen fielen nun an Thüringen, obgleich noch Nachkommen da waren, welche in Gräfenthal, Lichtenberg, Lauenstein u. Lichtentanne residirten. Hier kommen die Grafen Wilhelm, Sigismund u. Otto vor. Mit Sigismund st. 1447 das Geschlecht der Grafen von O. aus. Vgl. Michelson, Urkundlicher Ausgang der Grafschaft O., Jena 1856.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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