Italienisches Theater

Italienisches Theater

Italienisches Theater. Unter den Stürmen der Völkerwanderung verlor sich in Italien das alte Schauspiel, u. erst spät, als die Ruhe einigermaßen wiederkehrte, suchte sich das Volk in Italien durch Puppenspiele nach Art des jetzigen Pulcinello zu vergnügen. Noch später wurden diese zu Stegreifkomödien (Commedia dell' arte), wo ohne feste Schauspiele die Handlung nach gewissem vorgeschriebenen Typus vor sich ging u. der Dialog improvisirt wurde. Man hatte aber bestimmte Rollen, die nach den Larven, welche die Schauspieler trugen, Masken hießen, die einen gewissen Stand u. eine Landsmannschaft repräsentirten u. deren Charakter u. Costume deshalb bestimmt war. Von diesen waren einige durch ganz Italien dieselben, andere wechselten nach den Provinzen u. Städten. Die bekanntesten unter ersteren waren: der Dottore aus Bologna, mit einer Maske, deren Nase schwarz, Stirn u. Wangen roth sind; ein langweiliger u. pedantischer Raisonneur; er spricht stets den bolognesischen Dialekt. Pantalone, ein alter, reicher, venetianischer Kaufmann in schwarzer Kleidung in einer Zimara (einem langen Mantel mit kurzen Oberärmeln u. umgelegtem, schmalem Kragen), Strümpfen u. Beinkleider aus Einem Stück, die Weste verlängert u. Pantoffeln, dazu trägt er einen rund um das Kinn laufenden, vom spitzig zugehenden Bart. Er ist ein gutmüthiger Alter, oft verliebt u. wird meist von einem Nebenbuhler, Sohn od. Bedienten angeführt. Er spricht stets das venetianische Patois. Zwei sehr alte Masken sind die Zanni; einer derselben ist Arlechino (fr. Arlequin), aus Bergamo, der eigentlich als Bedienter Pantalones, auch zuweilen als Nebenbuhler desselben, als Liebhaber von dessen Tochter od. als dessen Sohn erscheint. Seine Tracht ist eine knappe Jacke u. lange, enge Beinkleider, beide von verschiedenfarbigen, viereckigen Stücken Tuch zusammengesetzt. An der Seite trägt er eine hölzerne Pritsche, das Haar ist abgeschoren, der Kopf mit einer spitzigen Filzmütze mit umgebogenen Krämpen, das Gesicht mit einer halben schwarzen Maske bedeckt; er ist ein einfältiger, aber schlauer Bedienter, welcher die Sucht, witzig zu sein, bis zum Boshaften treibt, ein Schmarotzer, welcher sich aber durch Furcht u. Eigennutz zu allen Betrügereien verleiten läßt. Der zweite Zanni ist Scapino, ebenfalls Bergamaske u. Bedienter, meist beim Dottore. Ihm ähnlich od. gleich u. nach Art des Mittelalters gekleidet ist der Brighella (Finochetto, Fichetto), ein seiner, verschmitzter Bedienter, welcher die Intriguen meist ersinnt, sie aber durch den Arlechino ausführen läßt. Er ist nach der Weise des 16. od. 17. Jahrh. gekleidet u. bes. mit einer Menge grüner Bänder geschmückt. Ferner der Narcissino, in der Pantomime die Charakterrolle des Einfaltspinsels, mehrentheils als Bedienter; erscheint stets in bolognesischer[143] Landestracht des 17. Jahrh. Die einzige weibliche Maske ist die Colombine; sie ist meist Arlechinos Geliebte od. Frau, oft auch die Tochter des Pantalone od. dessen verschmähte Geliebte u. des Dottore Tochter. Sie wird in dem buntscheckigen Costume Arlechinos, nur nach Frauenart gemacht, dargestellt, u. eben so hat sie die schwarze Maske Arlechinos vor. Oft wird sie daher auch von Neueren als Arlechinetta (Harlequinette) bezeichnet. Außerdem kamen noch seit dem 15. Jahrh. mehrere komische Personen auf die italienische Bühne, u. man bezeichnet sie am besten durch den Gesammtnamen Zanneschi. Dergleichen waren die alten Capitäns Spavento, Tracasso, Tempesta, welcher Letztere im 17. Jahrh. durch den Scaramuzzia (Scaramuz) ersetzt wurde, welcher als ein Alter in spanischer schwarzer Tracht dargestellt u. am Ende von Arlechino stets durchgeprügelt wird. Ferner Pedrolino, Bartolino, Trufaldino, Trivelino, Mezzolino u. der D. Pilone Balanzoni. Außerdem hat fast jede Stadt ihre eigenen, so die Römer den Gelsonimo (Stutzer, Petitmaitre), die Florentiner den Pasquale, die Sicilianer die Travaglini, die Messinesen den Giovanelli, die Mailänder den Girolamo, die Piemonteser den Gianduja, die Neapolitaner den Coviello od. Giangurgulo (einen ungeschickten, tölpelhaften calabresischen Bauer), den Pasquarimello u. den Pulcinella (Policinell); Letzter trägt weißwollene Beinkleider u. gleiches Oberkleid mit weißen Ärmeln, eine große Leinwandkrause u. eine weiße, wollene, in einer Spitze mit rothem Büschel endigende Mütze; das Viertel des Gesichts ist mit einer schwarzen Maske bedeckt, die Nase ist lang u. gleich einem Vogelschnabel gekrümmt; vorn u. hinten hat er einen Buckel. Diese Maske ging auch auf andere Theater Italiens über u. figurirt bes. im Puppenspiel.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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