Kasseïn

Kasseïn

Kasseïn (Coffeïn, Theïn, Guaranin, Chem.), C16H10N4O4 + 2 aq., eine Pflanzenbase, findet sich in den Kaffeebohnen, dem Thee, der Guarana (den Früchten von Paullinia sorbilis) u. dem sogenannten Paraguaythee (den Blättern von Ilex paraguayensis), bildet daher einen Bestandtheil der in Form von Aufgüssen od. Abkochungen von den Menschen am häufigsten genossenen Getränke. Es erscheint als farbloser, in seidenglänzenden Nadeln krystallisirender Körper, der bei 177° schmilzt, bei 384° sich unzersetzt verflüchtigt, bitter u. scharf schmeckt u. sich in Wasser, Alkohol u. Äther löst. Es reagirt neutral, bildet jedoch mit Säuren Salze, ist aber eine sehr schwache Basis; mit Goldchlorid, salpetersaurem Silberoxyd, Quecksilberchlorid etc. vereinigt es sich zu Verbindungen, welche zum Theil sehr schön krystallisiren. Mit Salpetersäure übergossen u. vorsichtig abgedampft, bleibt eine gelbe Masse zurück, die sich auf Zusatz von Ammoniak purpurroth färbt (Murexoln, s. unten), durch Kali wird diese Färbung zerstört (Unterschied von Harnsäure). Eine gesättigte Lösung von Jodquecksilber in Jodkalium fällt eine Kaffeïnlösung u. bildet in kurzer Zeit einen aus vielen farblosen Krystallnadeln bestehenden Niederschlag. Nach Rochleder enthält das K. einen Theil seines Kohlenstoffs u. Stickstoffs in Form von Cyan, da es mit geschwefeltem Schwefelammonium gekocht, eine Flüssigkeit liefert, welche mit Eisenchlorid eine vorübergehende Rhodanreaction gibt. Wenn man K. mit Wasser zu einem dicken Brei rührt u. Chlorgas hineinleitet, so entsteht zuerst gechlortes K. = C16H9ClN4O4, welches aus der wässerigen Lösung in kleinen farblosen Krystallen erhalten werden kann. Bei längerer Einwirkung von Chlor bildet sich salzsaures Methylamin u. Amalinsäure, C12H7N2O8. Diese erscheint in farblosen, durchsichtigen Krystallen ohne Krystallwasser, die unlöslich in Alkohol sind, sich wenig in kaltem, etwas leichter in heißem Wasser lösen; die Lösung röthet schwach Lackmus. Auf der Haut erzeugen die Lösungen der Amalinsäure rothe, unangenehm riechende Flecke, eben so wie dies eine Alloxanlösung thut. Die Amalinsäure reducirt Silbersalze. Mit Kali, Natron u. Baryt bildet sie Salze von dunkelveilchenblauer Farbe; durch Ammoniak werden die Krystalle dieser Säure erst roth, dann violett, indem sich Murexoïn = C36H23N10O15 bildet; aus der wässrigen od. alkoholischen Lösung scheidet sich dieser Körper in zinnoberrothen vierseitigen Prismen aus, von denen zwei Flächen das Licht mit goldgelber Farbe zurückwerfen. Beim Druck des Polirstahles nimmt das Murexoln Metallglanz u. Goldfarbe an. Das Murexoln verflüchtigt sich bei höherer Temperatur zum Theil unzersetzt als violetter Rauch, der sich an den kälteren Stellen des Gefäßes wieder verdichtet. Die Lösungen des Murexoïn verlieren beim Eindampfen ihre prachtvolle Farbe. Bei fortgesetzter Einwirkung von Chlor auf K. bildet sich ein Oxydationsproduct der Amalinsäure, das Cholestrophan, C10H6N2O6 (Nitrokheïm); es ist ein, in kleinen irisirenden Blättchen od. in zolllangen, breiten, silberglänzenden farblosen, durchsichtigen Blättern krystallisirender Körper, der bei 100° unzersetzt verflüchtigt werden kann, löst sich in Alkohol u. zerlegt sich, mit ätzenden Alkalien erhitzt, in Ammoniak, Oxalsäure u. einen nicht untersuchten Stoff. Das K. bewirkt schon in wenigen Grauen genommen heftige Aufregungen des Gefäß- u. Nervensystems: Herzklopfen, schnellen u. unregelmäßigen Puls, Brustbeklemmung, Kopfschmerzen, Umnebelung der Sinne, Ohrensausen, Schlaflosigkeit, Erectionen u. Delirien. Immer beobachtet man nach Genuß von K. eine Vermehrung von Harnstoff im Harn; vgl. Kaffee III.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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