Lombardei

Lombardei

Lombardei, hieß 1) der Theil von Oberitalien welcher von den Longobarden früher besessen wurde; er theilte sich in a) Oberlombardei, mit Piemont, Montferrat, Mailand; u. b) in Unterlombardei, mit Parma, Modena, Mantua, Ferrara, Bologna, Padua, Vicenza, Verona, Bergamo, Brescia, Cremona; auch theilte man sie in L. diesseit des Po (vom Po bis an die Apenninen), u. L. jenseit des Po (vom Po bis an die Alpen); 2) (Verwaltungsgebiet Mailand des Lombardisch -Venetianischen Königreichs), umfaßte als österreichisches Kronland den Theil Oberltaliens, welcher im Osten an Tyrol u. Venedig, im Süden an den Kirchenstaat, Modena u. Parma, im Westen an Sardinien u. im Norden an die Schweizercantone Tessin u. Graubünden grenzte, 392,15 QM. mit (Volkszählung vom 31. Oct. 1857) 2,866,396 Ew. Das Land wird im nördlichen Theile durch Ausläufer der Centralalpen durchzogen; deren höchste Gipfel sind: Monte Tonale, Adamello (10,296 Fuß), Avio, Serotti, Gavio (10,028 Fuß), Marmolata (10,800 Fuß), Sobretta, Foscagno, Pizzo Fontana, M. Rosso di Scerscen, M. Disgrazia (11,316 Fuß), Spluga, P. Campanile, M. Palanzolo, Resegone, Grigna, Legnone, P. Tresignori, M. Aralalta, Azzarini, Cadelle, P. Diabolo, M. Arera, Alben, Torena, Gleno, Presolan, Tredenos, Frerone, Dasdana, Moffetto, Guglielmo, Prealba. Dieser gebirgige Theil mit herrlichen Thälern (Val-Tellina od. Veltlin, Val Sassina, V. Brembana, V. Seriana, V. Camonica, V. Trompia, V. Sabbia) u. schönen Wasserfällen (der Nesso unfern dem Comersee, die Acqua Fraggia bei Chiavenna, die Pioverna bei Belluno), dacht sich allmälig ab u. verläuft in die mit einem dichten Netz von Wasseradern überzogene Poebene, eine der fruchtbarsten u. gesegnetsten Landschaften Europas. Im Nordwesten u. Nordosten führen über den Splügenpaß u. das Wormserjoch zwei Hauptstraßen aus dem Norden nach Julien, hauptfluß[478] ist der Po mit Ticino, Olonna, Lura, Lambro, Molgora, Muzza, Adda, Brembo, Serio, Oglio, Mella, Chiese, Osone, Mincio; Seen: Lago Maggiore, L. di Varese, L. di Lugano, L. di Como, L. di Mezzola, L. d'Iseo, L. d'Idro, L. di Garda; Producte: Rindvieh, Pferde, Esel, Maulthiere, Schafe, Ziegen, Schweine, Federvieh, Zugvögel, Fische, Schlangen, Seidenraupen, schöne Insecten; Reis, Mais, Weizen, Wein (der beste der Vino-Santo bei Brescia, die Weine der Brianza bei S. Colombano südlich von Lodi, der Rivierawein vom Gardasee bei Brescia), Citronen, Orangen, Oliven, Mandeln, Feigen, Granatäpfel, Kastanien, Pfirsichen, Apfel, Birnen, Pflaumen, Gemüse, Melonen, Lorbeer-, Maulbeer- u.a. Bäume, saftreiche Kräuter u. Gräser, Flachs (bes. zu Crema, Cremona u. Lodi), Medicinalpflanzen, Schwämme, Moose; Gyps, Kalk, Porzellanerde, Alabaster, Eisen, Blei, Kupfer, Arsenik, Braunkohle, Bergpech, Bittersalz etc. Mineralquellen sind in Masimo u. San Martino. Das Klima ist, außer in den Sumpfgegenden (wie bei Mantua), angenehm u. gesund, im nördlichen Theil rauh, im Süden mild, Mailand hat 10°56 R. mittlere Jahrestemperatur (größte Hitze 27°, größte Kälte – 16° R.), die Gebirgsgegenden dagegen 8 u. 7°. Die Einwohner sind meist Italiener, ein schöner Menschenschlag von weißer Hautfarbe u. schwarzem Haar; im Veltlin gibt es viele Cretins. Der Lombarde ist von Charakter gutmüthig u. zuvorkommend; aber sinnlich, reizbar u. nicht allzu arbeitsam. Für Volksbildung gibt es zahlreiche Elementarschulen, für Kunst- u. höhere wissenschaftliche Ausbildung sorgen die Universität zu Pavia, 64 Gymnasien u. viele höhere Lehranstalten; die Akademie der Schönen Künste zu Mailand, die drei Athenäen der Wissenschaften zu Brescia, Salo u. Bergamo, die Accademia Todini di belle arti zu Lovere, die Accademia Carrara di belle arti zu Bergamo, die Zeichnenschule Malaspina u. die öffentliche Malerschule zu Pavia, die Philharmonische Gesellschaft zu Cremona etc. Landbau, Viehzucht u. Seidenproduction bilden die hauptsächlichsten Beschäftigungen der Einwohner. Von der Viehzucht wird bes. viel Milch u. Käse gewonnen, so der berühmte Parmesankäse aus der Umgegend von Lodi u. Codogno, der in Gorgonzola bei Mailand erzeugte Käse u. der weiße Stracchinokäse. Die beste Seide wird in der Brianza bei Lodi, um Mailand, Bergamo, Brescia, Como u. Varese gewonnen. Die Industrie liefert Waaren in Glas, Porzellan, Eisen, Stahl, Kupfer, Gold, Silber, Bronze, Galanteriewaaren, ausgezeichnete Tischlerarbeiten, Papier (82 Papierfabriken), Seidenstoffe, Filzhüte, gefärbtes u. lackirtes Leder, Baumwollenwaaren, Flachs- u. Hanfarbeiten, Farben, Liqueur, Zucker, Chocolade, Bier etc.; viele Eisenhammerwerke gibt es in den Thälern Camonica, Trompia etc.; berühmte Violinen, Lauten u. Flöten werden in Cremona verfertigt. Der Handelsverkehr wird durch Straßen, Eisenbahnen (von der Lombardisch-venetianischen Ferdinandsbahn [Venedig-Mailand], die Strecke Peschiera-Mailand nebst Zweigbahn nach Camerlata-Como), Kanäle, Seen u. Flüsse (auf welchen Dampfschiffe gehen) befördert; die bedeutendsten Handelsplätze sind: Mailand, Bergamo u. Brescia; die Ausfuhr übertrifft bedeutend die Einfuhr; Ausfuhrartikel sind: Seide, Seidenwaaren Käse, Flachs, Garn, Zwirn, Getreide, Hülsenfrüchte, Reis, Wolle, Eisenwaaren etc. Unter österreichischer Oberhoheit war die L. in die 9 Provinzen od. Delegationen: Mailand, Bergamo, Brescia, Como, Cremona, Lodi, Mantua, Pavia u. Sondrio (Veltlin) eingetheilt. 3) Seit dem Präliminarfrieden von Villafranca 12. Juli 1859 (Definitivfrieden Zürich 10. Nov. 1859) zu Sardinien gehörig, 369 geographische QM. mit 2,710,400 Ew.; umfaßt das unter 2) beschriebene Gebiet mit Ausschluß des Theils der Provinz Mantua, östlich von einer Linie, welche beginnt an der Nordgrenze des Gardasees, mitten durch den See schneidet, einen Halbkreis von 3500 Mètres Rayonweite westlich um Peachiera beschreibt, von da an längs des Mincio bis zum obern See von Mantua u. von Le Grazie in gerader Linie gegen Scorzarola u. Luzzara am Po läuft, da dieser Theil zu Venetien gekommen ist.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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