Lungenprobe

Lungenprobe

Lungenprobe (Lumgenschwimmprobe, Docimasia pulmonum hydrostatica), Versuch mit den Lungen eines todtgefundenen Neugeborenen in einem hinlänglich tiefen Gefäße reinen kalten Wassers, um aus dem Schwimmen od. Niedersinken derselben auf das geschehene od. nicht geschehene Athmen zu schließen. Die L. gründet sich auf die specifische Schwere der Lungen, welche, so lange sie nicht geathmet haben, 11/4 specifisch schwerer als Wasser sind u. folglich darin untersinken, während sie nach einmal geschehener Anfüllung mit Luft niemals wieder ganz davon befreit werden können u. dadurch leichter als Wasser darin schwimmen. Die Untrüglichkeit der L. (schon von Galen gekannt, daher Galen'sche L., von Schreyer in Zeitz zuerst zu legalem Zwecke verwendet), ist vielfach u. mit Recht bestritten worden. Erstens kann die L. nur ausmitteln, ob das todtgefundene neugeborene Kind geathmet, nicht aber, ob es nicht ohne zu athmen dennoch nach der Geburt gelebt hat, wie das bei großen Schwächezuständen, Bildungsfehlern der Respirationsorgane, Geburt im Bade, vorsätzlichem Verstopfen des Mundes u. der Nase etc. der Fallist. Dann beweist die L. keineswegs das Leben des Kindes nach der Geburt unbedingt, indem das Kind schon vor u. während der Geburt geathmet haben kann. Ferner kann das Niedersinken der Lungen nicht unbedingt den Tod des Kindes vor der Geburt beweisen, indem die Lungen unter gewissen Bedingungen auch untersinken, wenngleich das Kind eine geraume Zeit nach der Geburt geathmet hat, wie in dem Falle einer unvollkommenen Athmung, wo die Luft nicht in die kleinsten Verzweigungen u. Luftzellen eindringt od. wenn die Lungen mit Schleim, Blut, Eiter u. Tuberkelmasse erfüllt sind. Endlich kann das Schwimmen der Lungen nicht unbedingt das Leben eines todtgefundenen neugeborenen Säuglings nach der Geburt beweisen, indem auch Lungen, welche nicht geathmet haben, schwimmen können, wenn z.B. Luft eingeblasen wurde od. sich durch Fäulniß Luft in der Lungensubstanz entwickelt hat. Gleichwohl ist die L. in zweifelhaften Fällen nicht zu vernachlässigen. Zur Unterstützung der L. sind noch folgende Versuche vorgeschlagen worden: die Blutlungenprobe von Ploucquet u. Daniel, bestehend in der Bestimmung der in der Lunge eines Neugeborenen enthaltenen Blutmenge, gegründet auf den bewiesenen Satz, daß durch die Einathmung beim Neugeborenen vermöge des nunmehr in die Lungen reichlicher einströmenden Blutes das Gewichtsverhältniß zu dem übrigen Körper verändert wird; die Leberprobe von Authenrieth u. Beck, welche aus dem Gewichte dieses Organs die Frage, ob das Kind nach der Geburt geathmet habe, zu entscheiden suchte; die Harnblasenprobe, darauf gegründet, daß ein Kind alsbald nach der Geburt mit Eintritt des Athmens den Urin entleere (jedoch kann der Urin schon vor der Geburt entleert werden); die Mastdarmprobe, noch unsicherer als die vorige, da auch bei todten Kindern Kindespoch entleert wird; die Nabelstrangprobe, der vertrocknete Nabelstrang deutet auf Leben des Kindes nech der Geburt,[613] während er aw todtgeborenen Kinde in Fäulniß übergeht.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Lungenprobe — Lungenprobe,   Lungenschwimmprobe, rechtsmedizinische Untersuchungsmethode zur Klärung der Frage, ob ein Neugeborenes tot geboren wurde oder als Lebendgeburt verstorben ist; sie besteht in einer Untersuchung der Schwimmfähigkeit von Probeteilen… …   Universal-Lexikon

  • Lungenprobe — (Pneumobiomantik, Docimasia pulmonum hydrostatica), der zuerst von Schreyer in Zeitz 1682 mit der Lunge eines neugebornen Kindes angestellte Versuch, der aus dem Schwimmen oder Niedersinken der Lunge im Wasser dartun soll, ob das Kind nach der… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Lungenprobe — Lungenprobe, Pneumobiomantik, der Versuch, ob die Lunge eines toten neugeborenen Kindes im Wasser schwimmt und daher lufthaltig ist oder nicht. Im ersten Falle hat das Kind geatmet, also gelebt …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Lungenprobe — (docimasia pulmonum hydrostatica), beim Verdacht von Kindsmord die gerichtsärztliche Untersuchung der Lunge, um daraus zu erkennen, ob das Kind bei der Geburt gelebt, d.h. geathmet habe. Die Lungen des Fötus sind dunkelfarbig, ohne Blut, nicht… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Lungenprobe, die — Die Lungenprobe, plur. die n, in den Gerichten, eine mit der Lunge eines neu gebornen Kindes angestellte Probe, indem man sie in ein Gefäß mit Wasser wirft, um aus ihrem Schwimmen oder Untersinken zu erkennen, ob das Kind todt zur Welt gekommen,… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Ploucquet — (spr. Plukäh), 1) Gottfried, geb. 1716 in Stuttgart; wurde 1750 Professor der Logik u. Metaphysik zu Tübingen u. st. daselbst 1790. Er war Anhänger der Leibnitz Wolfischen Schule u. schr.: Primaria monadologiae capita, Berl. 1748; Fundamenta… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Pneobiomantie — (v. gr.), 1) Lungenprobe; 2) der Inbegriff aller aus der Obduction eines neugebornen Kindes hergenommenen Beweise, daß dasselbe vor seinem Tode geathmet habe …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Pneumon — (gr.), die Lunge (s.d.); daher Pneumonisch, den Lungen dienlich od. an Lungenkrankheiten leidend. Pneumonĭca, Mittel gegen Lungenkrankheiten, bes. zur Beförderung des Auswurfs. Pneumonalgie, Lungenschmerz. Pneumonemphraxis, Überfüllung der Lungen …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Schreien — Schreien, 1) die natürlichste Anstrengung der Stimme in lauten unarticulirten Tönen; ist einfacher, durch den Instinct gebotener Ausdruck eines lebhaften Gefühls. Da aber das Gefühl zunächst an ein Bedürfniß geknüpft ist, so ist das S. zugleich… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Bernt — Bernt, Joseph, geb. 1770 in Leitmeritz, studirte Medicin u. wurde, nachdem er der Schutzpocken wegen einige Reisen unternommen u. für Einführung derselben in Böhmen mit Erfolg gewirkt hatte, 1808 Professor der gerichtlichen Medicin erst zu Prag,… …   Pierer's Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”